Der Bundestag

Bundestag
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Der Bundestag geht als einziges Organ auf Bundesebene aus der direkten Wahl durch das Volk hervor und genießt von daher eine besondere Legitimation. Auf dieser demokratischen Legitimation beruhen alle politischen Prozesse im Bund. Er kann durch normale verfassungsmäßige Bestimmungen nicht aufgelöst werden.

Außerdem weist ihm das Grundgesetz zentrale Funktionen zu:
- Der Bundestag wählt den Kanzler als Spitze der Exekutive und wirkt bei der Besetzung anderer Organe des Bundes mit, er kann ihn auch über das Konstruktive Misstrauensvotum abwählen,
- er ist letzte Instanz bei der Verabschiedung einer Vielzahl von Gesetzen,
- er kontrolliert die Arbeit der Regierung durch ein vielfältiges Instrumentarium an Kontrollmöglichkeiten,
- schließlich ist er der Ort, wo sich die Funktion der Parteien bei der politischen Willensbildung im Volk mediengerecht manifestiert.

Von diesen Funktionen teilt er sich allerdings einige mit anderen Organen, so die Gesetzgebung mit dem Bundesrat und die Kontrollfunktion mit dem Bundesverfassungsgericht. Dass auch die Medien eine starke Kontrollfunktion haben, ergibt sich nicht direkt aus dem Grundgesetz, entspricht aber der politischen Tradition.

Diese vier Funktionen umfassen folgende Bereiche:
- die Arbeitsweise des Parlaments, die Kompetenzverteilung zwischen Plenum (Redeparlament) und Ausschüssen (Arbeitsparlament),
- die Rollenverteilung zwischen Regierungskoalition und Opposition, die die Regierungskoalition als Akklamationsorgan der Regierung erscheinen lässt,
- die Rollenverteilung zwischen Fraktion und Plenum, die die eigentlichen Sachdiskussionen in den Fraktionssitzungen stattfinden lässt,
- die Kompetenzverteilung zwischen Bundestag und Bundesrat in der Gesetzgebung mit zustimmungspflichtigen und nicht zustimmungspflichtigen Gesetzen,
- die medienwirksame "Abrechnung" der Opposition mit der Politik der Regierung in den Haushaltsdebatten, die den Wahlkampf für die nächste Wahl bereits zu Beginn der Legislaturperiode einsetzen lässt.

Festzustellen ist, dass im Bewusstsein der öffentlichen Meinung der Bundestag oft nicht den Stellenwert hat, der ihm zukommt. Die Arbeit wird nur auf die Plenarsitzungen reduziert, während die Arbeit in den vielfältigen Ausschüssen und anderen Gremien eher hinter verschlossenen Türen vor sich geht. Dennoch sind diese Gremien gerade die Orte, wo die eigentliche Arbeit geleistet wird. Die Kontrollfunktionen können nicht an den tatsächlichen Einflussmöglichkeiten der Opposition gemessen werden, sondern am Einfluss der Opposition auf die Bildung der öffentlichen Meinung in den Medien.

Relativiert werden Aussagen über die zentrale Stellung des Bundestags im politischen Prozess durch Versuche der Regierung, zentrale Fragen der politischen Gestaltung nicht im Parlament, sondern im Zusammenwirken mit Interessengruppen ("Kanzlerrunden", z.B. mit Vertretern der Gewerkschaften und der Arbeitgeber, oder das Aushandeln von Maßnahmen mit den Ministerpräsidenten der Länder) zu regeln. Dazu gehören auch die Vorgaben der Gesetzgebung, die in den Koalitionsvereinbarungen getroffen und den Koalitionsfraktionen zur Genehmigung vorgelegt werden. Die Tatsache, dass sich hier in aller Regel wenige Änderungen ergeben, könnte einerseits für die These sprechen, dass diese die Arbeit der Regierung eher stützen, könnte aber auch ein Zeichen des völligen Konsenses sein.