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Motive und Antriebskräfte: Wirtschaft

Der wirtschaftliche ist der am weitesten fortgeschrittene Sektor der europäischen Integration. Schon seit 1860 ist ein Freihandelssystem entstanden, das auf die Initiative von Großbritannien und Frankreich zurückging und im sog. Cobden-Chevalier-Vertrag von 1860 fixiert worden ist. Die Meistbegünstigungsklausel half dem innereuropäischen Warenverkehr; dank dem Kapitalexport nach Skandinavien und Russland ab 1870 konnten neue Märkte erschlossen werden; die innereuropäische Arbeitsmigration im Zuge der Industrialisierung (z.B. Baugewerbe während des Eisenbahnbaus) - all dies waren Strukturen, auf die man im 20. Jahrhundert aufbauen konnte.

Palais du Rhin, Strasbourg: Sitz der Zentralkommission für Rheinschiffahrt
Palais du Rhin, Strasbourg: Sitz der Zentralkommission für Rheinschiffahrt
Foto: Wikipedia Commons by Jonathan Martz
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Auch die wirtschaftspolitischen Wurzeln der europäischen Integration muss man im 19. Jahrhundert suchen: die Zentralkommission für die Rheinschifffahrt, ist die erste internationale Organisation im modernen Sinne und existiert seit 1816. Der deutsch-österreichische Telegraphenverein folgte zur Jahrhundertmitte, die Internationale Fernmeldeunion (UIT) 1865, der Weltpostverein 1865/78 und das Zentralamt für internationalen Eisenbahnverkehr 1893. Meist auf Initiative der Privatwirtschaft wurden Regeln getroffen und vielfach handelte es sich um den Kommunikationssektor, bei dem Grenzen eine vergleichsweise geringe Rolle spielten. Die Integration wurde aber noch nicht als Gesamtprozess gesehen.

Nach dem 2. Weltkrieg stellt im westlichen Europa der Marshallplan, der ursprünglich lediglich als wirtschaftliche Ergänzung der Containmentpolitik konzipiert war, einen Meilenstein in der wirtschaftlichen Annäherung dar. Über Freihandel und Ausnutzung der komparativen Vorteile spezialisierten sich die einzelnen Volkswirtschaften immer stärker. Zwischen 1945 und 1990 wurde der Freihandel im westlichen Europa kaum hinterfragt, sondern eher seine friedenssichernde Dimension gesehen – nicht zuletzt um der wirtschaftlichen Selbstbehauptung Europas in der Welt willen. Die europäische Zollunion von 1968 und die dadurch entstehende Freihandelszone sorgten für intensiveren Warenaustausch und eine Angleichung des Preisniveaus innerhalb Europas. Die Arbeitsmigration zeigte jedoch schnell, dass die Sprachenvielfalt ein Hindernis für den Integrationsprozess darstellt; jedoch war der Kapitalmarkt seit spätestens 1992 sehr verflochten. Selbst das Konzept, den Nationalstaat über Supranationalität zu retten, stellte sich als nur scheinbar paradox dar, galt die europäische Integration doch als Reaktion auf die Krise des Nationalstaats, bei der man Handlungsfähigkeit nur auf höherer Ebene zeigen konnte. Doch begann bei der Dimension der sozialen Sicherheit diese Einigkeit zu schwinden: Die zunächst positive Vorstellung von einer dem demokratischen Prozess entzogenen Expertokratie, bei der man unterstellte, dass demokratische Prozesse ineffizient und nicht immer am Gemeinwohl orientiert seien, wich einer Überzeugung, dass Staaten doch effiziente Akteure im politischen Prozess sein können. Skepsis gegenüber der Währungsunion und der Europäischen Zentralbank (EZB) innerhalb der Bevölkerung in der EU taten ein Übriges, die positive Einschätzung supranationaler Strukturen zu überdenken.

Eurotower, Frankfurt: Sitz der EZB
Eurotower, Frankfurt: Sitz der EZB
Foto: Wikipedia Commons by Epizentrum
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