Brot und Krieg für die Welt – Carl Bosch (1874-1940) und die Folgen der „Lösung“ des Stickstoff-Problems zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Methodenvorschlag

Didaktische Hinweise

Der landeskundliche Anknüpfungspunkt des Moduls liegt in der Person des Chemikers, späteren BASF-Vorstandsvorsitzenden und Wahlheidelbergers Carl Bosch, dem seit 1998 in Heidelberg ein Museum gewidmet ist. Die Beschäftigung mit der Biographie und Persönlichkeit dieses bedeutenden Erfinders und Industriellen bildet allerdings nur einen Erarbeitungsschwerpunkt, der den SuS in altersgemäßer Weise einen möglichst konkreten und anschaulichen Zugang zu der übergeordneten Thematik eröffnen soll. Was letztere, d. h. das Haber-Bosch-Verfahren in seiner grundlegenden Bedeutung bzw. mit seinen ambivalenten Folgen für die Gesellschaft seit dem frühen 20. Jahrhundert angeht, steht das Modul jedoch zugleich in weit über das Leben Boschs und die Landesgeschichte hinausweisenden Zusammenhängen.

Das Modul ist im Prinzip fächerverbindend konzipiert, setzt jedoch keine spezifischen Kenntnisse hinsichtlich chemischer Reaktionen oder des Stickstoffkreislaufs voraus, zumal diese Zusammenhänge in den Fächern Chemie (Standard 3.2.2.1) bzw. Biologie  (Standard 3.3.3.8) erst in Klassenstufe 9 und 10 Unterrichtsgegenstand sind.

Mit Blick auf das Fach Geschichte will das Modul der nach Maßgabe des BP 2016 deutlich gestiegenen Bedeutung der Hochindustrialisierung Rechnung tragen und exemplarisch die übergreifende Perspektive des Teilstandards 3.2.5 („Die SuS können Modernisierungsprozesse des späten 19. Jahrhunderts analysieren und ihre Bedeutung für die Gegenwart beurteilen“) bedienen. Dementsprechend soll das Haber-Bosch-Verfahren als eine der bedeutendsten Errungenschaften der chemischen Industrie am Vorabend des Ersten Weltkriegs ins Bewusstsein gehoben und in seinen bis in die Gegenwart spürbaren Auswirkungen einer differenzierten Betrachtung unterworfen werden. Insbesondere die Auseinandersetzung mit der Tatsache, dass die Lösung des Stickstoff-Problems durch Carl Bosch der Welt letztendlich auch ein neues Stickstoff(-emissions)-Problem beschert hat, folgt im Übrigen auch der vom BP für diesen Teilstandard vorgegeben Leitperspektive BNE, wonach sich die SuS gerade im Kontext der Industrialisierung mit der „Bedeutung und Gefährdung einer nachhaltigen Entwicklung“ auseinandersetzen sollen.

Da die Durchsetzung des Haber-Bosch-Verfahrens jedoch erst im Kontext des Ersten Weltkriegs erfolgte und während des Krieges primär militärisch genutzt wurde, weist das Modul zugleich auch viele Bezüge zum Teilstandard 3.2.6.2 („Die Ursachen des Ersten Weltkriegs analysieren und seine Auswirkungen beurteilen“) auf. In dieser Hinsicht soll deutlich werden, dass der Erste Weltkrieg ohne die von Bosch und Mittasch entwickelten Verfahren zur Ammoniak- bzw. Salpetersäureerzeugung möglicherweise bereits in einem sehr frühen Stadium einen ganz anderen Verlauf genommen hätte, und ferner nachvollzogen werden, inwiefern sich die „Lösung“ des Stickstoff-Problems auf den Charakter des Krieges auswirkte. Am Beispiel der Stickstoffindustrie sollen die SuS mithin exemplarisch erarbeiten, weshalb man den Ersten Weltkrieg häufig auch als ‚industrialisierten‘ Krieg bezeichnet und wodurch das Gesicht dieses ‚modernen‘ Krieges geprägt war. Die Konfrontation mit Aussagen über den erbarmungslosen „Feldzug der Materie“, wie er etwa von Rathenau organisiert wurde, fordert zu einer generellen Reflexion über den Wert von Menschenleben und die Einstellung zum Krieg in Geschichte und Gegenwart heraus. Ausgehend von der Frage nach einer Mitschuld Carl Boschs bzw. der Führung der BASF am Verlauf des Ersten Weltkriegs kann und sollte darüber hinaus auch eine Erörterung der stets virulenten Frage nach den Möglichkeiten und Gefahren des militärischen Missbrauchs ziviler Technologien und der Verantwortung von Erfindern bzw. der Privatwirtschaft Gegenstand des Unterrichts sein.


- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Karlsruhe -

 


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