Brot und Krieg für die Welt – Carl Bosch (1874-1940) und die Folgen der „Lösung“ des Stickstoff-Problems zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Methodenvorschlag

Verlaufsplanung mit Materialien

 

Zeit/
Phase
Inhalte/
methodische Hinweise
Material
G M E (G8/G9)
1. Doppelstunde
Einstieg und Problematisierung Als Einstieg in die Thematik dient eine Bildcollage, bestehend aus einem Foto von Carl Bosch, einem Ausschnitt aus einer Gedenkplakette, die ihn als Nobelpreisträger würdigt, sowie einem Gemälde, das einen Soldaten und einen Bauern vor der Kulisse des Ammoniakwerks Merseburg zeigt und damit die doppelte Bedeutung der in dieser Fabrik genutzten Technologie allegorisch versinnbildlicht. Anhand dieser drei im Unterrichtsgespräch zu beschreibenden und aufeinander zu beziehenden Abbildungen sollen zunächst Hypothesen zur Person und Bedeutung von Carl Bosch entwickelt werden. Drei den Abbildungen beigegebene Kurzzitate können dazu dienen, die Hypothesenbildung zu unterstützen bzw. die von den Schülerinnen und Schülern formulierten Hypothesen (Erfinder einer für die Sprengstofferzeugung im Ersten Weltkrieg bzw. die Düngemittelproduktion maßgeblichen Technologie) zu überprüfen und weitergehende (Problem-)fragen aufzuwerfen: Wer war Carl Bosch? Wann, wo und wie lebte er? Wie funktionierte das von ihm entwickelte Verfahren genau? Was hat Salpeter mit Ammoniak bzw. Stickstoff zu tun? Welche Bedeutung hatte die Ammoniakfabrik Merseburg? Welche Auswirkungen hatte Boschs Erfindung auf den Kriegsverlauf? Trifft Bosch eine Mitschuld?  AB 1  AB 1  AB 1
 Erarbeitung I In einem ersten Erarbeitungsschritt erfolgt zunächst eine Annäherung an die Persönlichkeit Carl Boschs und die wichtigsten Stationen seiner Ausbildung bzw. seines beruflichen Lebens. Letztere werden durch eine Liste mit biographischen Daten sowie ein lückenhaftes Bewerbungsschreiben umrissen, welches die Schülerinnen und Schüler mittels der Datenliste aktiv vervollständigen sollen. Erstere wird in einem Nachruf von Alwin Mittasch fasslich, anhand dessen – sowie auf einige illustrative Abbildungen zum Lebensumfeld Boschs seit den 1920er Jahren gestützt – die Schülerinnen und Schüler einige Charakterzüge, die persönlichen Interessen, sowie den Führungs- und Lebensstil Boschs erschließen sollen.  AB 2 AB 2 AB 2
 Erarbeitung II Bevor es um die historischen Implikationen bzw. die gesellschaftlichen Auswirkungen des von Bosch entwickelten Verfahrens gehen kann, müssen die Schülerinnen und Schüler in einem zweiten Erarbeitungsschritt zuerst mit dessen naturwissenschaftlichen und technischen Grundlagen vertraut gemacht werden. Dazu eignet sich ein etwa dreiminütiger Auszug aus einem im Internet verfügbaren Lehrfilm der Sendereihe ‚Meilensteine der Naturwissenschaft und Technik‘, dessen Inhalte über einen vorab an die Schülerinnen und Schüler auszugebenden Lückentext gesichert werden. Als Impuls zu einer selbstständigen, bilanzierenden Erklärung der bei der Ammoniaksynthese wirksamen Zusammenhänge kann außerdem ein stark vereinfachtes Prozessschema dienen. Die bei der großtechnischen Umsetzung des Verfahrens auftretenden Probleme und ihre geniale Lösung durch das verfahrenstechnische Geschick Carl Boschs werden abschließend anhand eines Selbstzeugnisses sowie eines authentischen Augenzeugenberichts von A. Mittasch erarbeitet.  AB 3 AB 3 AB 3
2. Doppelstunde
 Erarbeitung I Nach der Beschäftigung mit dem Erfinder und der von ihm entwickelten Technologie geht es im zweiten Hauptteil des Unterrichtsmoduls um die Auseinandersetzung mit den Folgewirkungen der zivilen bzw. militärischen Nutzung des Haber-Bosch-Verfahrens zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Grundlegend hierfür ist das auf allen Niveaustufen einsetzbare AB4. Dieses nimmt einleitend Bezug auf die Explosion eines Düngemittelsilos in Oppau im Jahre 1921, welche die zugleich nutzbringende und zerstörerische Kraft von Stickstoffverbindungen besonders sinnfällig werden lässt. Die Ambivalenz ihres Einsatzes in Krieg und Frieden soll sodann anhand von Text- und Bildquellen sowie einer Statistik weiter vertieft werden: Ein von den Schülerinnen und Schülern zu analysierender Auszug aus einer Rede, die Carl Bosch anlässlich der Trauerfeierlichkeiten für die Opfer von Oppau hielt, unterstreicht die Bedeutung der Stickstoffindustrie für die Ernährung der (deutschen) Bevölkerung und wirft nebenbei die generelle Frage nach der Beherrschung der Natur durch den Menschen auf. Im Gegensatz dazu steht eine während des Ersten Weltkriegs im Leuna-Werk entstandene Fotografie eines Kesselwagens mit der Aufschrift ‚Franzosen-Tod! Glück auf‘, welche die (indirekt) todbringende Wirkung des durch das Haber-Bosch-Verfahren erzeugten Ammoniaks drastisch verdeutlicht. Die dahinter stehende Haltung sollte nach entsprechender historischer Einordnung der Quelle erläutert und mit der in Boschs Rede zum Ausdruck kommenden (gewandelten) Auffassung von der Bedeutung der Stickstoffindustrie verglichen werden. In Verbindung mit einer Statistik, die einen deutlichen Mangel an Stickstoffdünger während des Krieges ausweist, bietet sich abschließend die Interpretation einer Scherzpostkarte aus den Kriegsjahren an, welche die vor dem Hintergrund des Salpeterbedarfs für die Munitionsindustrie überflüssige bzw. dringend erforderliche Düngung mit Stickstoff aufs Korn nimmt. AB 4 AB 4 AB 4
 Erarbeitung II Im Sinne einer Erweiterung kann auf M-Niveau entweder der Aspekt der Bedeutung des Stickstoffs im Ersten Weltkrieg (AB 5) oder der Aspekt der bis heute ungelösten Folgewirkungen der Ausbringung von Stickstoffdüngern (AB 6) untersucht werden.
Nur für das E-Niveau ist der Einsatz beider Arbeitsblätter gedacht, wobei die Bearbeitung von AB 4 in diesem Falle bereits am Ende der 1. Doppelstunde erfolgen sollte.
Unter Verwendung eines etwa zehnminütigen Ausschnitts aus einem im Internet verfügbaren ARTE-Dokumentarfilm thematisiert AB 5 zunächst den Modernitätscharakter des Ersten Weltkriegs und die Folgen der mit der Schlacht an der Marne eingetretenen Kriegswende. Anhand von Quellen- und Darstellungstexten sollen die Schülerinnen und Schüler anschließend den wechselseitigen Zusammenhang zwischen Krieg und Privatwirtschaft ergründen und erkennen, dass die Fortführung des Krieges die Lösung des Stickstoff-Problems zur Voraussetzung hatte, die Erfordernisse des Krieges umgekehrt aber auch die Entwicklung eines entsprechenden Verfahrens zur Verarbeitung von Ammoniak zu Salpetersäure beschleunigten und damit letztlich den Interessen der Privatwirtschaft zugute kamen. Ferner sollen die Schülerinnen und Schüler in diesem Zusammenhang  die spezifische Rolle Boschs (Salpeterversprechen) kritisch reflektieren und abschließend über seine Verantwortung bzw. Mitschuld am Krieg urteilen.
 

AB 5

oder

AB 6

 AB 5 
 Erarbeitung III AB 6 beleuchtet die Folgen der Entwicklung und des massenhaften Einsatzes von Stickstoffdüngern seit Kriegsende. Anhand einer Graphik, die u. a. den Zusammenhang zwischen Mineraldüngereinsatz und Wachstum der Weltbevölkerung zeigt, soll den Schülerinnen und Schülern einerseits die unverminderte Bedeutung des Haber-Bosch-Verfahrens verdeutlicht, andererseits vor dem Hintergrund des Minimumgesetzes von Liebig aber auch die gegenwärtige Problematik der übermäßigen Stickstofffreisetzung bewusst gemacht werden.      AB 6

 


- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Karlsruhe -

 


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