Methodenvorschlag

"Zwischen Welt und Gott": Das Augustinerchorfrauenstift Inzigkofen in der Frühen Neuzeit

Lernorterkundung

Hauptschule / Werkrealschule, Realschule / Gymnasium (Sekundarstufe I):

Die Lernorterkundung geht auf eine Idee aus dem Unterrichtsmodul „Kloster Bebenhausen: Lebensalltag im Kloster“ von Dieter Grupp (Arbeitskreis RP Tübingen) auf dem Landesbildungsserver zurück.

Die Schülerinnen und Schüler bereiten in Gruppenarbeit ein kleines Rollenspiel zu einem bestimmten Teilaspekt klösterlichen Lebens in Inzigkofen vor, bei dem sich meistens zwei Positionen konträr gegenüberstehen (AB 1 bis AB 10). Das Rollenspiel wird während der Lernorterkundung an einem zum Thema passenden Standort vorgeführt. Jede Gruppe leitet in die Thematik des Rollenspiels ein und überlegt sich eine Frage für das sich an das Rollenspiel anschließende Gespräch.
Darüber hinaus ist jede Gruppe mit einem „Kreuzworträtsel“ ausgerüstet, dessen einzelne Fragen sich auf die an den einzelnen Stationen sichtbaren Zeugnisse klösterlichen Lebens beziehen ( AB 12a , AB 12b ).

1. Vorbereitung der Lernorterkundung im Klassenzimmer (Doppelstunde)

a) Legespiel ( AB 11a oder AB 11b , eine oder zwei Unterrichtsstunden)

Anhand des Legespiels erarbeiten die Schülerinnen und Schüler in der Gruppe wesentliche Merkmale des klösterlichen Lebens in Inzigkofen. Die einzelnen Text- und Bildteile auf AB 11 werden vom Lehrer / der Lehrerin laminiert, ausgeschnitten und an die Gruppen ausgeteilt. Die Schülerinnen und Schüler suchen zu jedem Text das dazu gehörende Bild und legen beides nebeneinander. Die entstehenden Paare können zu Themenblöcken gruppiert werden. Aus den Texten werden Grundbegriffe für das klösterliche Leben herausgearbeitet und in einem kleinen „Lexikon“ festgehalten (siehe Arbeitsanweisung auf AB 11).

  • Hinweis: Die Illustration der drei Pfeile im Herz Jesu auf AB 11 befindet sich an der Decke der Nonnenempore. Die drei Pfeile stehen für die Dreifaltigkeit, in Klöstern aber auch oft für die drei Gelübde Armut, Keuschheit und Gehorsam.
  • Mögliche Fragen, mit Hilfe derer die Text-Bild-Paare auf AB 11 gruppiert werden können:
    - Woher weiß man etwas über das Inzigkofer Augustinerchorfrauenstift?
    - Was ist ein Augustinerchorfrauenstift?
    - Wer hatte im Kloster etwas zu sagen?
    - Welche Ideale verfolgte die klösterliche Gemeinschaft?
    - Wie lebte man im Kloster?
    - Wie kam es zum Ende des Klosters?
  • Wichtige Begriffe, die aus den Texten auf AB 11 abgeleitet werden können:
    Augustinerchorfrauenstift, Beichtiger, Chordienst, Chorfrauen und Laienschwestern, Consulent, Klausur, Kloster, Klosterchronik, Klosterstatuten, Konvent, Mystik, Novizin, Ordensregel, Priorin, Profess, Pröpstin, regulierte Chorfrauen, Säkularisation, Stiftung, Visitator, vita activa und vita contemplativa, Vogt

b) Vorbereitung der Rollenspiele (ca. 3 Unterrichtsstunden)

Die Schülerinnen und Schüler der Klasse werden in 10 Gruppen eingeteilt. Jede Gruppe erhält eines der Arbeitsblätter (AB 1 bis AB 10), das die Arbeitsanweisung zu einem Rollenspiel und entsprechende Materialien bereitstellt. Sie überlegen sich eine Frage für das sich anschließende Reflexionsgespräch zum jeweiligen Thema.
Bei folgenden Gruppen bietet es sich an, zusätzlich zum Arbeitsblatt Bildmaterial zur Verfügung zu stellen:
AB 1: B 4 , B 5 , B 6 , B 7 , B 16 , B 17 , B 18 , B 19 , B 22
AB 3: B 4 , B 7 , B 12 , B 17 , B 18 , B 28
AB 4: B 17 , B 18 , B 22 , B 24 , B 25
AB 5: B 24 , B 25
AB 7: B 3 , B 14 , B 26
AB 8: B 17 , B 18 , B 19 , B 23 , B 33 , B 34 , B 35
AB 9: B 18 , B 29 , B 30
AB 10: B 29 , B 30

  • Hauptquellen der Arbeitsblätter sind zum einen die Klosterchronik, die im Jahre 1525 begonnen und bis 1813 fortgeführt wurde, die noch unveröffentlichten Klosterstatuten des Jahres 1643 und eine 410 Seiten starke Beschwerdeschrift der Inzigkofer Chorfrau Monika Hafner an den Visitator aus dem Jahre 1756. Die beiden ersten Quellen sind bezüglich ihres „offiziösen“ bzw. rein normativen Charakters zu hinterfragen und mit den Informationen zur klösterlichen Lebenspraxis zu vergleichen. Einen außergewöhnlich detaillierten Einblick in den Klosteralltag bietet hingegen Monika Hafner. Aber auch hier gilt es die Perspektivität der Quelle zu berücksichtigen. Hafners massive Kritik an den aus ihrer Sicht zu laxen Sitten im Kloster war geprägt von der generellen und grundsätzlichen (aber wohl auch persönlich geprägten) Auseinandersetzung um konträre Konzepte klösterlichen Lebens. Kritik an „laxen Sitten“ kann auf eine Aufweichung klösterlicher Normen hindeuten, genauso aber auch auf eine Verschärfung klösterlicher Idealvorstellungen bei einem Teil des Konvents.

2. Durchführung der Lernorterkundung (ca. 170 oder 215 Minuten)

a) Rollenspiele an den verschiedenen Standorten (ca. 170 Minuten)

Die einzelnen Stationen der Lernorterkundung, Erläuterungen zum Standort, Hinweise zum jeweiligen Thema und Hilfen für mögliche Anschlussfragen finden sich auf T 1 . Die Lernorterkundung selbst wird vom Fachlehrer durchgeführt. Eine Aufsichtskraft des Klostermuseums dient der Führung durch die entsprechenden Räumlichkeiten und der zusätzlichen Aufsicht. Wege und Treppen sind teilweise nicht für größeren Publikumsverkehr ausgelegt – auch hier gilt Vorsicht und Umsicht!

Ansprechpartner: siehe Volkshochschule Inzigkofen (vhs-inzigkofen.de) (Stand: 08/2022)

Führungen durch das Museum und das Kloster oder durch den fürstlichen Park werden für Gruppen unabhängig von den Öffnungszeiten auf Anfrage angeboten (siehe Das Klostermuseum (vhs-inzigkofen.de) (Stand: 08/2022)

Zu Beginn des Lerngangs erhält jede Gruppe das Kreuzworträtsel zum selbstständigen Ausfüllen ( AB 12a , AB 12b ).
Die einzelnen Stationen der Lernorterkundung sind folgendermaßen gegliedert:
1. Kurze Hinweise des Lehrers zum Standort ( T 1 ).
2. Kurze Einführung in das Thema des Rollenspiels durch die Schülergruppe (evtl. unterstützend durch den Lehrer)
3. Rollenspiel (ca. 5 Minuten)
4. Fragen und weiterführendes Gespräch zum Thema des Rollenspiels anhand der von der Gruppe vorgegebenen Anschlussfrage mit der gesamten Klasse (mögliche Anschlussfragen: T 1)
5. Ausfüllen des Kreuzworträtsels (AB 12a , AB 12b ) durch die Gruppen

Möglichkeiten für „ganzheitliche Erfahrungen“ während des Lerngangs:
- Bei Station 5 können als Klangbeispiele A 1 und A 2 abgespielt werden (ein Abspielgerät muss selbst mitgebracht werden, Strom ist nicht vorhanden). Es handelt sich dabei um Klangproben der Inzigkofer Klosterorgel mit zwei Stücken aus dem „Ochsenhauser Orgelbuch“, das den „weltlichen“, sinnenfrohen und einfachen Charakter oberschwäbischer, barocker Klostermusik anschaulich wiedergibt. Das Ochsenhauser Orgelbuch ist 1735 als eine Art „Gebrauchsanweisung“ für die dort gerade fertiggestellte Klosterorgel von Joseph Gabler (1700 bis 1771) entstanden.
- Station 7 befindet sich in oder unmittelbar vor einem halbstöckigen Geheimraum hinter einem Küchen-Kellerraum. Der Aufenthalt kann zusätzlich durch mitgebrachte Taschenlampen „inszeniert“ werden.

Das Ergebnis des Kreuzworträtsels kann nach dem Lerngang vor Ort oder im Klassenzimmer besprochen werden.

b) Optional: Selbstständige Recherche der Schüler auf dem Klosterareal (45 Minuten)

AB 14 : Die Schüler erhalten 45 Minuten Zeit, um die auf den Fotos auf AB 14 abgebildeten Details zu entdecken und auf der Rückseite zu erläutern. Dazu bewegen sie sich frei zwischen Kirche und nördlichem Ende der äußeren Klostermauer, nicht aber im fürstlichen Park.
Lösungen des Suchspiels: T 4

c) Nachbereitung im Unterricht

- Besprechung des Kreuzworträtsels
- Arbeitsauftrag: Schlage nochmals die Begriffe aus dem kleinen Lexikon zum Kloster Inzigkofen auf. Finde zu jedem Begriff eine Beobachtung oder Information, die du vom Lerngang in Erinnerung behalten hast, und notiere diese in einer anderen Farbe als „Erläuterung“ hinter der Erklärung des entsprechenden Begriffs.

Sekundarstufe II

Für die Sekundarstufe II kann eine „konventionelle“ Führung vereinbart werden (Kontakt siehe Volkshochschule Inzigkofen (vhs-inzigkofen.de)


Behandlung des Themas in der Schule

Hauptschule/Werkrealschule, Realschule/Gymnasium (S I):

Das Legespiel ( AB 11a oder AB 11b ) und die Rollenspiele (AB 1 bis AB 10) können auch im Klassenzimmer durchgeführt werden (siehe Lernorterkundung).

Sekundarstufe II

In der Sekundarstufe II bietet es sich an, die kulturelle Bedeutung des Inzigkofer Augustinerchorfrauenstift, seine „Außenwirkung“ trotz strenger Klausurierung und damit letztlich die kulturstiftende Funktion klösterlichen Lebens generell zu thematisieren. Ausgangspunkt ist die existenzielle Bedrohung des Inzigkofer Konvents durch die „aufgeklärte“ Reformpolitik des Josephinismus, die die Kirche, insbesondere aber die klösterliche Welt v.a. vom Aspekt der „Nützlichkeit“ für Staat und Gesellschaft beurteilte. Die Schüler erarbeiten Reden, in denen sie vom Kriterium der „gesellschaftlichen Nützlichkeit“ ausgehend für bzw. gegen die Auflösung des Inzigkofer Stifts plädieren (als Pröpstin des Inzigkofer Konvents bzw. als Vertreter des Sigmaringer Hohenzollernfürsten).

Mögliche didaktische Konzeption:

  1. Einführung: „Legespiel“ zur Einführung ( AB 11a oder AB 11b , evtl. ohne Aufgabe 4)
  2. Einführung in die Thematik, Begriffsklärung „Josephinismus“, Aufgabenstellung ( AB 15 )
  3. Auswertung der Materialien (GA): AB 15 , AB 1 , AB 3 , AB 8 und AB 9
  4. Schreiben der Reden (GA)
  5. Vorführung der Reden
  6. Unterrichtsgespräch:
    - Gesellschaftliche Bedeutung des Inzigkofer Konvents und der klösterlichen Welt insgesamt
    - Kulturelle „Strahlkraft“ des Inzigkofer Konvents und der klösterlichen Welt insgesamt
    - „Nützlichkeit“ – ein adäquates Kriterium zur gesellschaftlichen Beurteilung der klösterlichen Welt?


Das Thema in 2 Unterrichtsstunden

Hauptschule/Werkrealschule, Realschule/Gymnasium (S I):

Das didaktische Konzept der Lernorterkundung wird in seiner Grundstruktur übernommen:

  1. Legespiel ( AB 11b , ohne Anlage eines Lexikons)
  2. Vorbereitung von Rollenspielen (vier Gruppen)
    Anstelle der zehn Rollenspiele tritt eine Auswahl von vier oder fünf Rollenspielen: AB 1 , AB 3 , AB 6 , AB 8 ,
  3. Durchführung der Rollenspiele im Klassenzimmer mit jeweiligem Anschlussgespräch (mögliche Anschlussfragen: siehe T 1 )

 

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- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Tübingen -


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