Kamera und Auge: ein Vergleich.


0.) Wichtige Grundlagen.

Für Sammellinsen gilt folgende Beziehung, die Linsengleichung:

Linsengleichung

Dabei ist:

  • g die Gegenstandsweite - die Entfernung des Gegenstandes von der Linse,

  • b die Bildweite - die Entfernung der "Leinwand" (Film, Netzhaut) von der Linse,

  • f die Brennweite - die Entfernung des Brennpunkts der Linse von der Linsenmitte.
    (Der Buchstabe f kommt von "Focus", dem englischen Wort für Brennpunkt.)

Weiterhin hängt bei Sammellinsen (Konvexlinsen) die Brennweite von ihrer Wölbung ab.

Linse kleine Brennweite
stark gewölbt -> kleine Brennweite f
große Brechkraft
Linse große Brennweite
schwach gewölbt -> große Brennweite f
kleine Brechkraft

1.) Kamera.

Die Linse in einer Kamera ist aus Glas und hat daher eine festgelegte Wölbung. Damit liegt die Brennweite f der Kameralinse fest.

Wegen der Linsengleichung bedeutet dies, dass sich die Bildweite b (Abstand Linse-Film) ändern muß, wenn sich die Gegenstandsweite g (Entfernung Gegenstand-Linse) ändert.


1.1.) Aufnahme eines nahen Gegenstandes.

Da die Brennweite f der Kameralinse konstant ist, hat die linke Seite der Gleichung (unten) eine feste Größe.
Wird der Gegenstand näher an die Kamera gebracht, so wird g kleiner, 1/g wird also größer.
Daher muß 1/b nun kleiner werden, die Bildweite b muss also vergrößert werden.

Linsengleichung naheKamera: naher Gegenstand

Achte einmal auf des Objektiv einer Kamera, wenn dich jemand in kurzer Entfernung mit einer Kamera aufnehmen möchte, die zuvor auf "unendlich" eingestellt war: Die Linse "fährt heraus", sie entfernt sich also vom Film, die Bildweite b wird größer.

1.2.) Aufnahme eines entfernten Gegenstandes.

Vergleiche die folgende Abbildung mit der von oben: Die Brennweite f ist dieselbe, der Ort des Bildes (Film) liegt an derselben Stelle, die Linse ist aber nun näher am Bild (Film).Warum ist das so?

Linsengleichung fernKamera :Gegenstand weit entfernt

Soll ein Gegenstand in großer Entfernung aufgenommen werden (g groß, 1/g klein), muß also 1/b größer und damit b kleiner werden.
Die Linse "zieht sich in die Kamera zurück", rückt also näher an den Film heran.

Ist der Gegenstand sehr weit entfernt (g wird unendlich), dann ist 1/g praktisch 0. Die Bildweite b ist dann so groß wie die Brennweite f, d.h. der Film ist dann gerade um die Brennweite f von der Linsenmitte entfernt.

Bei der Kamera ist die Brennweite f der Linse konstant.
Beim Scharfstellen wird die Bildweite b, also der Abstand Linse-Film, verändert.

Mit dem nachfolgenden Java-Applet kannst zu dies ausprobieren.
Wenn du mit der Maus in die Linse fährst, kannst du sie mit gedrückter linker Maustaste verschieben und so das Objekt scharf auf dem Film abbilden.
Die Brennweite der Kameralinse kann nicht verändert werden (s.o.)

Position Gegenstand :

Du kannst auch das Objekt (den "Pfeil") verschieben und das Objekt in der Größe verändern, bzw. näher an die Kamera bringen.

  • Versuche durch Verschieben der Linse das Objekt auf dem Film abzubilden.
  • Versuche das Objekt so nahe wie möglich an die Kamera zu bringen und es noch auf dem Film scharf abzubilden.

Du wirst feststellen, dass dies nur bis zu einer Mindestdistanz funktioniert.


2.) Auge.

Würde das Auge so arbeiten wie die Kamera, so müssten wir die Entfernung der Augenlinse zur Netzhaut verändern können, wir müssten dann die sprichwörtlichen "Stilaugen" haben.

Dieses Prinzip gibt es in der Natur bei Augen durchaus (z.B. bei Tintenfischen), das menschliche Auge funktioniert aber anders.

Beim Menschen bleibt die Bildweite b, also der Abstand Augenlinse-Netzhaut, konstant.
Weil aber auch für uns die Physik gilt, bedeutet dies, dass sich dann die Brennweite f der Augenlinse (also ihre Krümmung) verändern muß, um Gegenstände in verschiedenen Entfernungen scharf sehen zu können. Diese Aufgabe übernimmt der Ziliarmuskel (mehr dazu weiter unten auf dieser Seite).

Beim menschlichen Auge bleibt die Bildweite b (Abstand Augenlinse-Netzhaut) konstant.
Beim "Scharfstellen" wird die Brennweite f, also die Krümmung der Augenlinse, verändert.


2.1.) Sehen eines entfernten Gegenstandes.

Die Bildweite b, also auch 1/b ist eine feste Größe.
Wenn ein entfernter Gegenstand gesehen werden soll ist g groß und damit 1/g klein. Da b und damit auch 1/b konstant ist, muß die linke Seite der Gleichung (1/f) ebenfalls klein werden. Das bedeutet, dass die Brennweite f groß werden muß.

Sehen in Entfernung : Große Entfernung g -> große Brennweite f

Linsengleichung Auge fernLinsengleichung Auge fern

2.2.) Sehen eines nahen Gegenstandes.

Beachte wieder den Unterschied zum Bild darüber: der Abstand Linse-Netzhaut (die Bildweite b) ist gleich geblieben, die Linsen liegen also untereinander.
Die Brennweite der Augenlinse ist nun aber kleiner, da sie stärker gewölt ist.

Linsengleichung Auge nahLinsengleichung Auge nah

Soll ein Gegenstand in der Nähe gesehen werden (g klein, also 1/g groß), so muß die linke Seite der Gleichung ebenfalls groß sein (1/b ist ja immer noch gleich). Es muß also 1/f groß werden, bzw. die Brennweite f klein werden.

Sehen in die Nähe : kleine Entferung g -> kleine Brennweite f


Der Gegenstand ("Pfeil") lässt sich mit der linken Maustaste in der Größe verändern und auch verschieben.

Klickt man mit der linken Maustaste in die Augenlinse, so bekommt man die Brennpunkte angezeigt.
Diese lassen sich mit der Maus ebenfalls verschieben. So kann die Brennweite der Augenlinse (und damit auch ihre Wölbung) verändert werden.
Die Augenlinse kann nicht verschoben werden. (s.o.)

Ein Klick auf "Nah" oder "Fern" verschiebt das Objekt nahe an die Augenlinse bzw. an den linken Bildrand.

Position Gegenstand :

Klicke auf "Nah".

  • Klicke in die Augenlinse und versuche ihre Brennweite f (Abstand Brennpunkte - Linsenmitte) so zu verändern, dass wieder eine Abbildung auf der Netzhaut entsteht.
  • Wie verändert sich die Wölbung der Augenlinse dabei?

Physlets am Davidson College

Die Simulation entstand mit Hilfe von Physlets von Wolfgang Christian und Mario Belloni vom Davidson College, USA (Copyright Hinweise)
© Javascript dieses Problems und alle Grafiken dieser Seite: Klaus-Dieter Grüninger, Landesbildungsserver Baden-Württemberg


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