Das Innere Team

Ein Stürmer und Dränger, besonders Karl von Moor, hat an vielen Stellen seines Lebens einen inneren Konflikt mit seinen zwiespältigen Gefühlen. Aber innerlich gänzlich zerrissen und besonders verknotet ist Karl von Moor auf jeden Fall in dem Moment, in dem er, bereits entschieden, wieder nach Hause zurückzukehren, den Brief seines Bruders Franz erhält, in dem dieser ihm von ihrem Vater ausrichten lässt, dass ihm die Rückkehr verweigert wird (I,2,). Karl ist wie vor den Kopf gestoßen und rennt in seiner Verwirrung von den anderen Räubern weg hinaus aus der Schenke, wohl um dieses unerwartete Ereignis allein zu verarbeiten. Ohne sich über seine widerstreitenden Gefühle klar zu werden und natürlich ohne "Berater", der ihm dabei hilft, trifft er im Grunde eine Fehlentscheidung, wird Räuber, ja sogar Räuberhauptmann, lädt Schuld auf sich und – Ironie des Schicksals – tötet letztendlich seinen Vater, indem er ihm seelische Schmerzen zufügt, eine Methode, mit der sein Bruder Franz den Vater umbringen wollte, was ihm aber nicht gelingt. Nachdem der erste Akt ausführlich mit den Schülerinnen und Schülern besprochen worden war, Max von Moor und Franz in ihrer Sprache und Handlungsweise charakterisiert sind und ebenso Karl von Moor mit Spiegelberg im Eingangsdialog von II,1 kontrastiert wurde, kann Karls Inneres Team in dem Moment, als er Franz' Brief gelesen hat, betrachtet werden.

Im Unterricht imaginiert man nun mit der Gruppe eine Beratungssituation. Nach den Prinzipien der Logotherapie sollten Klient und Berater das Problem gemeinsam lösen bzw. der Berater sollte dem Klienten mittels einer passenden Methode nur helfen, sein Problem selbst zu lösen. Die Schülerinnen und Schüler sollen sich entsprechend vorstellen, sie seien Karl von Moor. Dann werden sie aufgefordert, Karls Problem möglichst genau zu schildern und zu benennen: Er war von zu Hause weggegangen, eigentlich um zu studieren, hat den einen oder anderen Unsinn getrieben und möchte nun wieder zurück, u.a. um das väterliche Erbe anzutreten, das ihm als Ältestem zusteht, aber auch, um seine geliebte Amalia zu heiraten, also um ein normales Leben zu führen. Da sein Vater ihm immer besonders wohlgesonnen war und ihn dem Bruder Franz vorgezogen hatte, was er im Drama zwar nie ausspricht, aber sicher gefühlt hat, denn Franz war diese Ungleichheit ja sehr präsent, geht er selbstverständlich davon aus, dass er zu Hause mit offenen Armen wieder aufgenommen wird und ihm seine Ausschweifungen verziehen werden. Nun ist er von der Ablehnung tief getroffen.


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