Wir wollen zunächst die dynamische Beschreibung eines Quantensystems in einer speziellen Form, dem sog. Schrödingerbild gewinnen. Dies erhalten wir durch unmittelbare Identifikation der Operatoren und Zuständen mit den entsprechenden Elementen in der Ortsdarstellung. Die Wellenfunktion ist zeitabhängig, während die Observablen durch zeitunabhängige Differentialoperatoren beschrieben werden. Daher sind die Eigenfunktionen der Observablen selber zeitunabhängig. Identifizieren wir also, wie oben gezeigt, über die verallgemeinerten Eigenzustände des Ortsoperators die Wellenfunktionen mit Kets im Hilbertraum vermöge
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Es ist klar, daß wir auch umgekehrt vorgeben können, und
durch Lösen der Anfangswertgleichung
Ein Vergleich mit der Ortsdarstellung für den Fall des freien
Teilchens zeigt, daß es sich bei um den
Hamiltonoperator handelt, der die Energie des Teilchens
repräsentiert.
Die genaue Form des Hamiltonoperators für ein gegebenes Systems ist natürlich durch physikalische Prinzipien zu gewinnen und kann nicht mathematisch hergeleitet werden. Als sehr tragfähig haben sich in der gesamten modernen Physik die Symmetrieprinzipien erwiesen, aus denen heraus man Wechselwirkungen postulieren kann. Dabei spielt das Noethertheorem eine wesentliche Rolle, daß jeder unabhängigen Symmetrieoperation (das sind in der Quantentheorie im wesentlichen die unitären Transformationen), die den Hamiltonoperator invariant läßt, ein Erhaltungssatz entspricht. Durch die empirische Beobachtung von Erhaltungsgrößen lassen sich nun aber umgekehrt auch die Symmetrieprinzipien gewinnen, die zur Aufstellung des Hamiltonoperators benutzt werden können. Wir können hier nicht näher auf diese fundamentalen Zusammenhänge eingehen, das soll einem nächsten Teil der Quantenmechanik-FAQ vorbehalten bleiben. Es sei aber betont, daß letztlich nur der Vergleich mit Beobachtungen im Experiment die Richtigkeit eines Ansatzes für den Hamiltonoperator entscheiden kann. Wir werden dann auch sehen, daß z.B. in der Atomphysik überraschend einfache Prinzipien zu brauchbaren Beschreibungen führen, während die scheinbar so ähnliche Sachlage in der Kernphysik sich als äußerst kompliziert erweist und sowohl theoretisch wie experimentell aufwendige Untersuchungen notwendig sind um auch nur halbwegs brauchbare Hamiltonoperatoren aufstellen zu können.
Nehmen wir nun an, der Hamiltonoperator sei zeitunabhängig. In dem
bis jetzt ausschließlich benutzten Schrödingerbild heißt das, daß
er eine Funktion der fundamentalen Operatoren
und
und nicht der Zeit ist. Dann ist die Lösung der
Anfangswertaufgabe (85) formal sehr einfach. Wir können
dann nämlich für einen Augenblick die Gleichung als eine für
komplexwertige Funktionen ansehen, denn es treten keine Probleme mit
irgendwelchen Operatorordnungen auf. Dann ist die formale Lösung
durch
Wichtiger ist noch die Frage nach den stationären Zuständen. Dies
war ja einer der Ausgangspunkte für die Entwicklung der
Quantentheorie, nämlich die Lösung des Problems, wie es stabile
Atome geben kann, was klassisch ja nicht mit den Rutherfordschen
Beobachtungen bzgl. der um den Kern ,,kreisenden`` Elektronen
vereinbar ist (vgl. Abschnitt 1). Für die Quantentheorie stellt das
deshalb kein Problem dar, weil wir nach Zuständen suchen können, die
sich zeitlich nicht ändern. Beobachtbar sind aber Zustände direkt
nicht, nur die Meßwerte von Observablen (Eigenwerte der
dazugehörigen Operatoren) am Einzelsystem bzw. deren Erwartungswerte
und Wahrscheinlichkeiten für eine große Zahl von gleich
präparierten Systemen (Ensembles). Das bedeutet aber, daß zwei
Zustände
und
, die sich nur durch einen
,,Phasenfaktor``, also durch Multiplikation mit einer
komplexe Zahl vom Betrag
, unterscheiden, die gleiche physikalische
Situation beschreiben und im Sinne der Quantentheorie als der gleiche
Zustand angesehen werden müssen. Damit ist
ein
stationärer Zustand, wenn für jeden Zeitpunkt
eine reelle Zahl
existiert, so daß
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Andererseits folgt aus (79) zusammen mit (85) die Bewegungsgleichung für die Zustände
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Wir können also festhalten: Stationäre Zustände eines Systems sind genau die Eigenzustände des Hamiltonoperators. Wegen ihrer Wichtigkeit nennt man die Eigenwertgleichung des Hamiltonoperators in der Ortsdarstellung auch zeitunabhängige Schrödingergleichung.