Quoi de neuf - Nouvelles du bilingue - 1/2016

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Gemeinsame, vollständig integrierte Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern in Mainz und Dijon - ein Zukunftsprojekt

Lehrkräften kommt im Bildungssystem eines Landes, insbesondere hinsichtlich des Erlernens der Sprache des Nachbarlandes, eine besondere Multiplikatorenfunktion zu. Angesichts dieser Tatsache ist der Ausbau der deutsch-französischen Kooperation im Bereich der Lehrerausbildung fundamental. So haben sich die Deutsch-Französische Hochschule (DFH) und ihre Arbeitsgruppe Lehrerbildung in den letzten Jahren insbesondere die Förderung von deutsch-französischen Studiengängen, die zur Lehramtsausbildung führen, zu eigen gemacht. Ein sichtbares Ergebnis dieser Bemühungen war im November 2014 die Konferenz zur deutsch-französischen Lehrerbildung, die, von der DFH finanziell unterstützt, im Mainzer Landtag stattfand ( http://www.dt-frz-lehrerbildung.uni-mainz.de/).

Die Einrichtung und Durchführung deutsch-französischer Studiengänge im Lehramtsbereich ist im Vergleich zu binationalen Studiengängen anderer Fachdisziplinen äußerst kompliziert und mit einer Vielzahl von Herausforderungen verbunden, die sich aus den unterschiedlichen Schul-, Rekrutierungs- und Ausbildungssystemen beider Länder ergeben. Die wichtigsten Unterschiede sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengefasst:

Deutschland Frankreich
Föderalismus Zentralismus
Zwei-Fach-Lehrer Ein-Fach-Lehrer
Bachelor of Education mit bildungswissenschaftlichen und
fachdidaktischen Inhalten (in Rheinland-Pfalz).
Rein fachwissenschaftlicher Bachelor (Licence).
Kein Lehramtsstudium in der Bachelorphase
Staatsexamen / Master of Education Master « Métiers de l'enseignement,
de l'éducation et de la formation » (MEEF).
Beginn des lehramtsbezogenen Studiums.
Am Ende des ersten Jahres des Masters "MEEF" (M1):
Concours - Rekrutierungswettbewerb, bei Erfolg:
Anwartschaft auf Planstellen im Schuldienst
Referendariat Schulpraktische Ausbildungsphase
während des zweiten Jahres
des Masters "MEEF" (M2)
10 Semester Regelstudienzeit
+ 18 Monate Referendariat (in Rheinland-Pfalz).
Keine gesicherte Aussicht auf eine Anstellung als Lehrer/in
10 Semester Regelstudienzeit,
die bereits die schulpraktische Ausbildung und
die Einweisung in eine Beamtenstelle enthalten

Aus diesen Differenzen ergibt sich für ein deutsch-französisches Lehramtsprojekt ein hohes Maß an Komplexität. Der Prozess der Konzeption und Inkraftsetzung eines solchen Vorhabens erfordert die koordinierte Mitwirkung einer hohen Anzahl involvierter Akteure (u.a. Universitäten, Zentrum für Lehrerbildung, écoles supérieures du professorat et de l'éducation, Ministerien, Rectorat, Studienseminare, Fachleiter, Inspecteurs pédagogiques régionaux, Schulen). Erschwert wird die Kooperation auf dem Gebiet des Lehramts darüber hinaus durch die unterschiedlichen akademischen Kalender mit einem um mehrere Wochen verschobenen Beginn des akademischen Jahres; dies hat Auswirkungen auf verschiedene lehramtsspezifische Ausbildungselemente (Praktika, Concours, Abschlussarbeiten). Und letztlich erfordert eine Zusammenarbeit auch im Gebiet der schulpraktischen Qualifikation die Berücksichtigung und dann auch Abstimmung der vielfältigen juristischen Aspekte (wie Verbeamtung, Beförderungen, Rentenansprüche, Versetzungen).

Vor dem Hintergrund dieser Strukturunterschiede ist die Zahl der binationalen Studiengänge im Bereich der Lehrerbildung sehr gering. In der letzten Zeit ist sogar der Wegfall zweier Projekte zu beklagen, so dass augenblicklich nur noch drei deutsch-französische Universitätspartnerschaften auf dem Sektor der universitären Qualifikation von Lehrkräften aktiv sind, was, in Anbetracht der gesellschaftlichen Relevanz des Lehrerberufs, eine viel zu geringe Zahl ist. Hierbei handelt es sich um die Kooperationen Freiburg/Mulhouse (Lehramt an Grundschulen), Leipzig/Lyon 2 (höheres Lehramt in Deutsch und Französisch) und Mainz/Dijon (multidisziplinärer Bachelorstudiengang mit fakultativen Drittlandelementen). Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und die Université de Bourgogne in Dijon (uB) arbeiten im Bereich der universitären Lehramtsausbildung bereits seit langen Jahren zusammen. Im Zuge der Bologna-Reform konnten die JGU und die uB bis jetzt die Umstellung der Lehramtsstudiengänge auf der Bachelorebene bewerkstelligen (Phase 1). Im Rahmen dieses durch die DFH geförderten und evaluierten Studiengangs mit den beiden Abschlüssen Bachelor of Education und Licence sind die Fächer Französisch und Bildungswissenschaften verpflichtend zu belegen; diese werden wahlweise mit den Fächern Deutsch, Englisch, Geographie, Geschichte oder Philosophie kombiniert. Ein beliebtes Element ist hierbei der fakultative einsemestrige Aufenthalt an der Université de Sherbrooke, Québec, Kanada, der insbesondere für die gewählte Fächerkombination Französisch/Englisch einen hohen Mehrwert für die entsprechend ausgewählten Studierenden bietet.

Eine solch große Fächervielfalt, wie sie von der Kooperation Mainz/Dijon angeboten wird, ist für einen deutsch-französischen Studiengang sehr ungewöhnlich - widerspricht sie doch der in Frankreich seit langem gültigen Ein-Fach-Kultur. Zwar wurde dem Cursus Mainz/Dijon diese Fächervielfalt schon häufiger im Sinne mangelnder Präzision und Konzentration kritisch vorgehalten. Jedoch muss im Rückblick der vergangenen Jahre festgehalten werden, dass nur eine solche Fächervielfalt dem auch von potentiellen Studierenden erwarteten Prinzip des Lehramtsstudiums mit einer - in gewissen Grenzen - freien Fächerwahl Rechnung trägt.

Eine weitere Besonderheit der Kooperation Mainz/Dijon besteht im Studienmodul "Bilingualer Unterricht", das ebenfalls seit langen Jahren an der JGU eingerichtet ist. Es kann zwar von allen entsprechend qualifizierten Studierenden belegt werden, wird aber besonders häufig von Teilnehmern des integrierten Studiengangs Mainz/Dijon zur Erweiterung der späteren Berufsperspektive gewählt. Die Zusatzausbildung wird sowohl für den französisch- als auch für den englischsprachigen Unterricht in den Fächern Geschichte, Geographie, Sozialkunde und seit neuestem auch Biologie angeboten (in Sozialkunde und Biologie lediglich in Verbindung mit der englischen Sprache).

Nachdem der binationale Bachelor of Education schon seit Jahren erfolgreich läuft und sehr gut angenommen wird, ist nun das mittelfristige Ziel der JGU und der uB die Einrichtung eines lehramtsbezogenen, deutsch-französischen Masterstudiengangs (Phase 2). Darüber hinaus ist angedacht, in einem späteren Schritt das Referendariat / Stage en alternance (MEEF M2) zu integrieren (Phase 3). Langfristiges Ziel der deutsch-französischen Lehramtsausbildung im Rahmen der Regionalpartnerschaft Rheinland-Pfalz/Burgund-Franche Comté ist damit die gleichzeitige Erlangung der Lehrbefähigung an deutschen und französischen Schulen der Sekundarstufe 2.

Das Drei-Phasen-Modell (Bachelor/Licence, Master, Referendariat/Stage en alternance) sieht derzeit den nachfolgend dargestellten Verlauf vor, wobei es den Studierenden nach Abschluss jeder der Phasen offen steht, ihr Studium im rein nationalen System zu beenden. Hierdurch soll den Studierenden eine größtmögliche Flexibilität zugestanden werden, die den unterschiedlichen Lebenszielen aller Teilnehmenden Rechnung tragen soll.

  Semester Studienstart Mainz Studienstart Dijon Abschlüsse
  universitär außeruniversitär
1. Phase 1. Mainz Dijon Bachelor of Education (D)
Licence (F)
 
2. Mainz Dijon
3. Mainz Dijon
4. Mainz Dijon
5. Mainz Dijon
6. Mainz Dijon
Möglichkeit, im jeweils nationalen System das Studium zu beenden.
2. Phase 7. Mainz Mainz Master of Education(D)
MEEF (M1/F)
Erste Staatsprüfung (D)
Concours (F)
8. Mainz Mainz
9. Dijon (M1) Dijon (M1)
10. Dijon (M1) Dijon (M1)
Möglichkeit, im jeweils nationalen System die schulpraktische Ausbildung zu absolvieren.
3. Phase 11. Dijon (M2) Dijon (M2) MEEF (M2/F) Referendariat (D)
Zweite Staats-
prüfung (D)
Stage en alternance (F)
12. Dijon (M2) Dijon (M2)
13. RLP RLP
14. RLP RLP

Wie es sich aus dem Modell ersehen lässt, hat die Kooperation Dijon/Mainz noch viel Arbeit zu leisten. Da der Entwurf für den integrierten binationalen Master of Education/Master MEEF bereits in den wesentlichen Zügen vorliegt, können sich die Mitglieder einer eigens für das Projekt "Lehramt dritte Phase" gegründeten deutsch-französischen Arbeitsgruppe in diesem und im nächsten Jahr intensiv den besonderen Herausforderungen der berufspraktischen Ausbildung, der Qualifikation und der Rekrutierung widmen. Die Basis hierfür wurde in einem Briefwechsel des zuständigen Landesministeriums mit dem Rectorat de Dijon/Besançon und schließlich mit einer zweisprachigen offiziellen Erklärung der beiden zuständigen Behörden zur Zusammenarbeit bei der gemeinsamen Lehramtsausbildung zu Beginn des Jahres 2016 gelegt.

Lutz Baumann, lbaumann@uni-mainz.de, Dijonbüro, Philosophisches Seminar der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Tanja Herrmann, herrmant@uni-mainz.de, Abteilung Studium und Lehre, Johannes Gutenberg-Universität Mainz

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