Quoi de neuf - Nouvelles du bilingue 2021
Integrierter deutsch-französischer Studienkurs Rechtswissenschaften /
Filière intégrée franco-allemande en droit
in Düsseldorf und Cergy-Pontoise
Der „Integrierte deutsch-französische Studienkurs Rechtswissenschaften“ („Filière intégrée franco-allemande en droit“) ist ein bilingualer Begleitstudiengang zum Jurastudium, der gemeinsam von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und der Université de Cergy-Pontoise angeboten wird. Gefördert wird er von der Deutsch-französischen Hochschule.
Der sog. Grundstudienkurs erstreckt sich über drei Jahre und schließt mit einem Doppeldiplom ab, das sowohl die deutsche Zwischenprüfung (Zulassungsvoraussetzung für das erste Staatsexamen) im Fach Jura als auch die französische Licence en droit beinhaltet.
Der Studiengang sieht zwei Studiensemester an der Universität im Partnerland sowie mehrere Praktika, die in den Semesterferien absolviert werden, vor.
Im Anschluss besteht die Möglichkeit, am integrierten Aufbaustudienkurs teilzunehmen und ein weiteres Doppeldiplom zu erwerben.
Juristische Fakultät der Université de Cergy-Pontoise. - Universität Düsseldorf: Deutsch-Französischer Studienkurs (hhu.de)
Erfahrungsbericht aus der Sicht einer deutschen Studentin (Ariane Velten)
Studienwahl
Da ich während meiner Schulzeit immer sehr gerne Sprachen gelernt habe, wollte ich einen mehrsprachigen Studiengang mit integriertem Auslandsaufenthalt beginnen. Ich hatte das AbiBac gemacht und wollte daher die Sprache Französisch gerne beibehalten. Unter mehreren deutsch-französischen Studiengängen, die teilweise auch in die wirtschaftliche Richtung gingen, habe ich mich schließlich für das Jurastudium in Düsseldorf und Cergy entschieden, weil Jura ein breit gefächertes Studium ist, mit dem man in vielen Bereichen arbeiten und auch in die Wirtschaftsbranche umsiedeln kann.
Ariane Velten. - Quelle: privat
Bewerbung
Das Bewerbungsverfahren in Düsseldorf (für deutsche Studenten) läuft i.d.R. bis Mitte Juli. Man bewirbt sich hier zum einen nach dem gängigen Einschreibungsverfahren auf einen Jurastudienplatz (über das Portal Hochschulstart) und zum anderen separat für den deutsch-französischen Studienkurs. Letzteres erfolgt durch ein Motivationsschreiben und ein anschließendes Bewerbungsgespräch in beiden Sprachen.
Grundkonzept des Studiengangs
Das Studium beginnt zum Wintersemester und ist wie folgt konzipiert: im ersten Studienjahr studieren deutsche und französische Teilnehmer jeweils an ihrer Heimatuniversität. Das zweite Studienjahr findet für alle in Düsseldorf, das dritte in Cergy-Pontoise statt.
In allen drei Jahren werden parallel deutsche und französische Fächer unterrichtet, sodass beide Rechtsordnungen und Sprachen kontinuierlich und intensiv praktiziert werden. Da das Doppeldiplom keinen deutschen Bachelor, sondern die Zwischenprüfung beinhaltet, kann später trotz des an den bilingualen Studienkurs angepassten Stundenplans das deutsche Staatsexamen absolviert werden.
Die Fächer, die nicht speziell für den bilingualen Studienkurs, sondern für alle Jurastudierenden vorgesehen sind, werden auch mit allen Jurastudierenden des Jahrgangs unterrichtet, sodass die Möglichkeit bleibt, Studierende außerhalb des deutsch-französischen Studiengangs kennenzulernen. Da der deutsch-französische Studienkurs auf 15 Teilnehmer pro Universität beschränkt ist, lernt man gleich zu Beginn des Studiums Kommilitonen näher kennen, mit denen man sich austauschen und gemeinsam in die größeren Vorlesungen gehen kann. Innerhalb unseres Kurses herrschte eine sehr angenehme Atmosphäre, die mich manchmal an meine AbiBac-Zeit erinnert hat: auch dort waren wir ein kleinerer Kurs, dessen Teilnehmer „dasselbe Schicksal teilten“.
Auslandsaufenthalte und Studiensysteme
Die französischen Studierenden sowie die Universität in Cergy haben wir im Rahmen einer Studienfahrt am Ende des ersten Semesters besucht. Dabei hatten wir auch die Gelegenheit, uns Cergy anzuschauen und einige interessante Exkursionen zu machen (Bsp.: Tribunal de Pontoise, Cour de cassation in Paris).
Cergy liegt mit dem RER etwa 30 Minuten von Paris entfernt und ist eine sehr überschaubare Stadt, sodass wir uns während unserer Auslandssemester öfter treffen konnten. In Düsseldorf war uns das nicht immer möglich, da wir alle aus verschiedenen Städten kommen. Cergy ist sicher nicht die schönste Stadt Frankreichs, hat aber durchaus einige schöne Ecken: der Hafen und die Île-de-Loisirs mit dem dazugehörigen See bieten sich für Treffen mit Kommilitonen an. Während unserer Zeit in Cergy haben wir außerdem ein gutes Verhältnis zu den Studierenden des Aufbaustudienkurses entwickelt, die zeitgleich mit uns in Cergy waren. Sie standen uns sowohl in unserem ersten Jahr in Düsseldorf als auch in unserem Jahr in Cergy für Fragen zur Verfügung und unser Jahrgang hat dies für den Jahrgang unter uns übernommen.
Hatte ich das französische Studiensystem während der ersten beiden Jahre in Düsseldorf bereits kennengelernt, so war es an der Universität Cergy doch nochmal viel ausgeprägter. Die französischen Vorlesungen ähneln einem Diktat; es wird wenig Visualisierung genutzt. Das mag für den ein oder anderen vielleicht abschreckend klingen, aber mir hat dieses Konzept im pandemiebedingten Online-Unterricht sehr geholfen, konzentriert zu bleiben, da ich durch das Schreiben während der gesamten Stunde gefordert wurde und nicht nur auf eine Bildschirmpräsentation gestarrt habe.
Allgemein habe ich den französischen Teil des Studiums als sehr viel theoretischer als den deutschen empfunden: während der Fokus im deutschen Jurastudium auf der Arbeit mit Fallbeispielen liegt, werden in Frankreich auch Dissertationen (eigener französischer Begriff - nicht im Sinne von Doktorarbeit!) sowie Kommentare zu Gerichtsurteilen, Gesetzestexten u.Ä. verfasst. In Frankreich wird außerdem auch in den Klausuren sehr viel kulturelles und historisches Hintergrundwissen verlangt, sodass viel auswendig gelernt werden muss. Ich hatte oft den Eindruck, dass in Frankreich weniger mit dem Gesetzestext gearbeitet wird als in Deutschland. Das war zwar nicht immer einsichtig, aber gerade diese Unterschiede zwischen den beiden Systemen haben mir das Studium nicht nur fachlich und sprachlich, sondern auch lerntechnisch sehr abwechslungsreich gemacht.
Nichtsdestotrotz sollte man sich bewusst sein, dass der Studiengang sehr arbeitsaufwendig ist und eine Menge Zeit in Anspruch nimmt. Zu den Nachbereitungen des Vorlesungsstoffes kommen u.a. die Vorbereitung der französischen „Travaux dirigés“, die jede Woche stattfinden und einige Blockveranstaltungen, die über ein paar Tage gehen und sich bis in den Abend ziehen können.
Zwar hatte ich durch die Corona-Pandemie nur eingeschränkt die Möglichkeit, in Frankreich Präsenzveranstaltungen an der Uni zu besuchen, etwas zu unternehmen und französische Studenten kennenzulernen. Ich sehe meine Auslandssemester aber trotzdem keinesfalls als vertane Zeit an: ich hatte die Chance, das französische Studiensystem nicht nur in Deutschland, sondern direkt in Frankreich zu erleben und habe zumindest eine französische Studentin außerhalb unseres Kurses kennengelernt, mit der ich immer noch in Kontakt bin. Allein dadurch, dass ich in Frankreich gelebt habe, konnte ich den französischen Lebensstil miterleben. Daneben habe ich auch sehr viel über mich selbst gelernt, in beruflicher wie in persönlicher Hinsicht.
Ebenfalls viel gelernt und einen interessanten kulturellen Austausch hatte ich durch die Praktika, die ich im Laufe des Studiums in Deutschland und Frankreich absolviert habe.
Die Deutsch-französische Hochschule gewährt für alle Auslandsaufenthalte eine Mobilitätsbeihilfe; im Auslandsjahr kommt noch ein Erasmus+-Stipendium dazu. Eine Unterkunft muss man sich selbst organisieren, auch hier gibt es aber immer die Möglichkeit, Absolventen zu kontaktieren und nach Tipps zu fragen.
Aufbaustudienkurs
Nach dem Grundstudienkurs besteht die Möglichkeit, am integrierten deutsch-französischen Aufbaustudienkurs im Wirtschafts-, Arbeits- und Sozialrecht teilzunehmen. Dieser erstreckt sich über zwei Jahre, von denen das erste in Cergy, das zweite in Düsseldorf stattfindet. Das Doppeldiplom, mit dem der Studiengang abschließt, setzt sich aus dem französischen Master und der deutschen Schwerpunktbereichsprüfung zusammen, die einen Teil des ersten Staatsexamens darstellt. Wer am Aufbaustudienkurs nicht mehr teilnehmen möchte, kann wahlweise das klassische deutsche oder französische Jurastudium weiterführen.
Ich selbst werde den Aufbaustudienkurs nicht mehr absolvieren, was aber einzig und allein daran liegt, dass ich mich aktuell in anderen Rechtsgebieten (nicht im Wirtschafts-, Arbeits- und Sozialrecht) sehe. International möchte ich später aber trotzdem tätig sein, und diesbezüglich hat das dreijährige bilinguale Studium meinen Horizont sehr erweitert: ich hatte die Möglichkeit, parallel einen sehr intensiven Einblick in zwei Rechtsordnungen zu bekommen, wie ich sie sonst in dieser Form wahrscheinlich nicht gehabt hätte. Der französische Teil des Studiums wird mir die nächsten Jahre auf jeden Fall fehlen.
Bei Fragen können Sie mir gerne eine Mail schreiben: a.velten@hotmail.de
Erfahrungsbericht aus der Sicht eines französischen Studenten (Paul-Adrien Viala)
Studienwahl
Ich habe mich der Europäischen Union immer sehr verbunden gefühlt. Als junger, überzeugter Europäer wollte ich in einem binationalen Programm studieren. Als ich mein Abitur machte, hatte ich bereits sieben Jahre lang Deutsch gelernt, und ein Schüleraustausch hatte meine Leidenschaft für Deutschland geweckt, als ich 15 war. Es war daher naheliegend, dass ich einen deutsch-französischen Studiengang wählte. Jura war ein Fach, das mich interessierte, und das ambitionierte Programm, das die Universitäten Cergy und Düsseldorf anboten, überzeugte mich.
Paul-Adrien Viala. - Quelle: privat
Bewerbung
Das Bewerbungsverfahren in Cergy (für französische Studenten) findet auf Parcoursup statt, der französischen Plattform, die Abiturienten ihren Platz in einem Hochschulkurs zuteilt. Bewerber für diesen selektiven Kurs müssen in der Mitte des Jahres ein Auswahlgespräch führen, bei dem ihre Deutschkenntnisse und ihre Motivation beurteilt werden.
Auslandsaufenthalte und Studiensysteme
Wir hatten auch die Gelegenheit, deutsche Studenten auf einer Studienreise nach Düsseldorf im Januar 2019 zu besuchen. Wir besuchten die Stadt und viele rechtlich wichtige Orte wie den Landtag und das Landgericht Düsseldorf.
Düsseldorf ist eine angenehme Stadt, die durch ihr dichtes Netz an öffentlichen Verkehrsmitteln sehr gut erreichbar ist. Das Semesterticket, das mit der Zahlung der Studiengebühren zu Beginn des Jahres erworben wird, ermöglicht freie Fahrt in der gesamten Region. Das ist ein großer Vorteil, denn so kann das Jahr in Düsseldorf genutzt werden, um die Stadt und vor allem die Region Nordrhein-Westfalen zu entdecken, die eine facettenreiche Region mit vielen Sehenswürdigkeiten und interessanten Städten ist.
Die Kurse, wie sie in Deutschland unterrichtet werden, können für französische Studenten verwirrend sein. Der Unterricht in Deutschland unterscheidet sich in der Tat sehr vom Unterricht in Frankreich, aber das macht auch den Reichtum unseres bilingualen Studiengangs aus.
Ich würde sagen, dass die deutschen Kurse anders sind. Die Studierenden sind autonomer, weil die deutschen Dozenten die Arbeit nicht wie die französischen Dozenten überwachen. Diese plötzliche Autonomie kann für Schüler, die es nicht gewohnt sind, allein zu arbeiten, verwirrend sein.
Der große Vorteil des deutschen Unterrichts ist seine praktische Seite im Gegensatz zu den theoretischen Kursen in Frankreich. Die deutschen Fälle ermöglichen ein viel schnelleres Verständnis dessen, was erwartet wird. Die Studenten waren sich einig, dass es einfacher sei, einem Plan und einer Gliederung auf der Grundlage von Gesetzestexten zu folgen als eine Dissertation wie im französischen Recht zu verfassen. Das deutsche Recht ist sehr textbasiert, was für ausländische Studierende eine echte Erleichterung ist.
Nach Ausbruch der Pandemie wurden die Kurse auf Fernunterricht umgestellt. Trotz all der harten Arbeit und des Engagements der Dozenten und Studenten würde ich sagen, dass sich die Lernbedingungen unweigerlich verschlechtert haben. Meines Erachtens ist das Erlernen einer Fremdsprache mit einem Fernstudium überhaupt nicht vereinbar. Die gesundheitliche Situation hat auf allen Schultern gelastet, und die Teilnahme an Fernkursen war besonders einschränkend, wie die Klasse einhellig feststellte. Diese Gesundheitskrise zwang uns jedoch, tief in uns selbst zu gehen, um verborgene Ressourcen zu finden und sie zu überstehen. Ich denke, dass die Solidarität zwischen den deutsch-französischen Studenten sehr wichtig war.
Ich möchte mich bei der Deutsch-Französischen Hochschule für das Stipendium bedanken, das es uns ermöglicht hat, diese Begegnungen und die deutsch-französische Freundschaft in vollem Umfang zu erleben. Mit dem Zuschuss konnten wir die Kosten für die Unterkunft in Düsseldorf decken, wofür wir sehr dankbar sind. Ich muss auch der Universitätsverwaltung dafür danken, dass sie uns die begehrten Unterkünfte auf dem lebhaften Studentencampus in der Nähe der Fakultät zur Verfügung gestellt hat. Es ist wirklich entspannend, in einem fremden Land anzukommen, ohne sich um eine Unterkunft kümmern zu müssen.
Aufbaustudienkurs
Ich für meinen Teil bleibe im deutsch-französischen Masterstudiengang. Ich konnte mir trotz einiger Unsicherheiten zu den im Aufbaustudienkurs behandelten Fächern nicht vorstellen, diesen Kurs abzubrechen. Ich wünsche Ariane und allen, die den Kurs verlassen, alles Gute für ihr Studium, auch wenn meine Zukunft in diesem Doppelstudium liegt.
Gegenseitige Unterstützung
Ein letzter Punkt, über den wir zu wenig gesprochen haben, der mir aber äußerst wichtig erscheint: die gegenseitige Hilfe. Die Größe der Gruppe ermöglichte es uns, einander schnell kennenzulernen, sodass eine angenehme Atmosphäre herrschte. Die deutsch-französische Freundschaft, die sich in den vielen gemeinsamen Veranstaltungen zwischen den Doppelstudenten widerspiegelte, ging über eine einfache Freundschaft hinaus; die meisten von uns entwickelten ein echtes Gefühl der gegenseitigen Unterstützung. Ich erinnere mich an lange Abende in den Arbeitsräumen der Bibliothek an der Universität in Düsseldorf, wo deutsche Themen noch einmal geduldig erklärt wurden.
Auch in Cergy hat der Anfang des Jahres trotz des Rhythmus der Vorlesungen niemanden verloren, da wir unsere Notizen gegenseitig ausgetauscht haben.
Durch diese starke gegenseitige Hilfe konnten wir uns enorm verbessern, und ich wüsste nicht, ob ich ohne die wertvolle Hilfe vieler Klassenkameraden heute meinen Abschluss gemacht hätte.
Abschließend möchte ich sagen, dass die Erlangung dieses Doppeldiploms zwar eine ziemlich hohe Arbeitskapazität und Stressresistenz erfordert, dass aber alles getan wird, um uns zum Erfolg zu bringen, und dass wir bei den Prüfungen mit den verschiedenen Studenten des Kurses einen echten Zusammenhalt entdeckten.
Ich empfehle dieses Doppelstudium jedem, der fleißig und aufgeschlossen ist und ein Gefühl der Zugehörigkeit zu Europa hat, was meiner Meinung nach sehr wichtig ist, um die Herausforderungen dieses Studiums zu bewältigen.
Wenn Sie Fragen haben, zögern Sie bitte nicht, mir eine E-Mail zu schicken: pauladnarbonne@gmail.com.
Für weitere Informationen: Website des Studiengangs / Studiengangsflyer
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