Versammlung der medienanstalt rlp fordert Paradigmenwechsel beim technischen Kinder- und Jugendmedienschutz
Ludwigshafen, 25. März 2019
Die Versammlung der medienanstalt rlp hat sich in ihrer Klausurtagung am 22. März 2019 am Nürburgring für einen Paradigmenwechsel beim technischen Kinder- und Jugendmedienschutz ausgesprochen und dazu ein Positionspapier verabschiedet.
Albrecht Bähr, Vorsitzender der Versammlung, sagte: „Kinder und Jugendliche sind heutzutage nur einen Mausklick von höchst verstörenden Inhalten, wie Enthauptungsvideos oder der Darstellung sexuellen Missbrauchs, entfernt. Unser bisheriges Kinder- und Jugendschutzsystem kommt durch den rasanten, technischen Fortschritt an seine Grenzen. Die Versammlung der medienanstalt rlp fordert daher ein Umdenken beim technischen Kinder- und Jugendmedienschutz. Denn nur ein umfassender und technisch zeitgemäßer Kinder- und Jugendmedienschutz kann unsere Kleinsten vor den Abgründen des Internets bewahren.“
Diskutiert wurde das Thema auch mit der rheinland-pfälzischen Medienstaatssekretärin Heike Raab. Sie forderte: „Der Jugendmedienschutz muss mit den technischen Entwicklungen und den wandelnden Nutzungsgewohnheiten mithalten, um wirksame Instrumente anbieten zu können. Hier sind insbesondere die Anbieter gefordert, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Ziel muss es sein, Kindern und Jugendlichen einen unbeschwerten Zugang zum Internet zu bieten, damit sie von den vielfältigen Möglichkeiten, die dieses Medium bietet, profitieren können.“
Auch Stefan Glaser, Leiter von jugendschutz.net, der während der Versammlungsklausur über den Status Quo des technischen Kinder- und Jugendmedienschutzes und dessen Perspektiven referierte, sieht Handlungsbedarf: „Bei der Nutzung von Instagram, YouTube oder Snapchat können Kinder und Jugendliche mit Beiträgen konfrontiert werden, die sexuelle Gewalt zeigen, zum Hass anstacheln oder ihre persönliche Integrität durch Mobbing und Belästigung gefährden. Zeitgemäßer Jugendmedienschutz muss diesen Risiken Rechnung tragen und auch auf Geräten wie Smartphones dafür sorgen, dass junge Userinnen und User das Netz unbeschwert nutzen können. Dazu brauchen wir auch ein technisches System, das altersgerechten Schutz bietet, fortschrittliche Mechanismen der Inhaltserkennung einbezieht und einfach zu verwalten ist.“
Das Positionspapier der medienanstalt rlp enthält sechs wesentliche Punkte:
1. Content- und Dienste-Anbieter müssen ihre Verantwortung stärker wahrnehmen. Medienkompetenz und das Verlagern von Verantwortung auf Erziehende und Lehrende reichen nicht aus. Hier muss ein Paradigmenwechsel stattfinden, der die Verursacher und Anbietende wieder stärker in den Blick nimmt.
2. Die gängigen Betriebssysteme müssen mit Schnittstellen und Konfigurationsmöglichkeiten versehen werden, an die nicht systemimmanente technische Lösungen, insbesondere Filterprogramme, andocken können.
3. Dienste-Anbieter müssen ihren Nutzern, die Content anbieten, eine differenzierte Klassifizierung ihrer Inhalte ermöglichen und von ihnen verlangen.
4. Technische Standards der automatisierten Inhaltserkennung und ihre Potenziale müssen für den Kinder- und Jugendmedienschutz genutzt werden.
5. Netzwerk-Filter, die an der Infrastruktur (Router oder Provider) ansetzen, und in der Standardeinstellung aktiviert angeboten werden, sind umsetzbare Handlungsoptionen.
6. Die verfassungsrechtlich geschützte Meinungsfreiheit und der verfassungsrechtlich geschützte Kinder- und Jugendmedienschutz stehen in einem stetigen Spannungsverhältnis zueinander. Dies muss immer wieder ausgelotet werden.
Die medienanstalt rlp setzt sich künftig verstärkt für einen zeitgemäßen technischen Kinder- und Jugendmedienschutz ein und wird entsprechende Initiativen einleiten.
Zum Positionspapier geht es hier.
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