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Tödlicher Ausbruch der Pandemie in der zweiten Welle

Kaum war die erste Welle im Juli 1918 abgeebbt, baute sich bereits die zweite, weitaus tödlichere Welle auf. Mit Hilfe der zeitgenössischen Statistik in Großbritannien lassen sich die drei Wellen – eine weitere sollte auch noch kommen - der Grippepandemie an den wöchentlich gezählten Toten durch Grippe bzw. Lungenentzündung abbilden.

Todesfälle in Großbritannien durch Influenza/Lungenentzündung 1918/19

Centers for Disease Control and Preventio

 

Der Ausbruch der zweiten Welle wurde im letzten Augustdrittel 1918 in Frankreich, Westafrika und den USA registriert. Man geht davon aus, dass das Virus sich nochmals genetisch verändert hat und nun eine etwa fünfundzwanzig- bis dreißigfach höhere Mortalität aufwies als eine normale saisonale Grippe. Die meisten Lokalzeitungen in Deutschland beginnen mit ihrer Berichterstattung über den zweiten Ausbruch der Grippe ab Anfang Oktober. In Württemberg hat es früh und schwer die Gemeinde Laichingen (Alb-Donau-Kreis) getroffen, wo die Grippe erste Todesopfer forderte. In Laichingen konnte dann auch eindeutig festgestellt werden, dass es sich entgegen aller ins Kraut geschossenen Befürchtungen, um eine Influenza-Form und keine Lungenpest oder Typhusseuche handle. In vielen Lokalzeitungen finden sich im Oktober die ersten Todesanzeigen über „unerwartet“ oder „nach kurzer schwerer Krankheit“ verstorbene Personen mittleren Alters, meist Frauen, bei denen es sich um die ersten Opfer der Grippe gehandelt haben dürfte.

Die lokalen Ausbrüche nahmen nun von Tag zu Tag zu, meist waren zunächst die Kinder erkrankt, weshalb die Schulen schlossen, anschließend erkrankten die Erwachsenen. Es gab kaum eine größere Stadt in Süddeutschland, die bis Ende Oktober 1918 keinen nennenswerten Ausbruch der Grippe zu verzeichnen hatte, wobei wohl in der Regel zunächst die städtischen Bewohner, mit etwas Verspätung dann auch die Bewohner der Dörfer, Weiler und Höfe zunehmend getroffen wurden. Der Anstieg der Sterblichkeit im Vergleich zum langjährigen Mittel ist fast überall zu erkennen, meist lag diese Übersterblichkeit um den Faktor 2-4 höher als die Norm. Die von der medizingeschichtlichen Forschung aufgestellte These, wonach eher Frauen zwischen 20 und 45 Jahren, eher gesunde als schwache Personen, und prozentual eher Personen in abgelegenen Höfen und Weilern als in den Städten tödlich infiziert wurden, bestätigt sich in vielen Gebieten des Südwestens. Dieser Befund wird zum einen dadurch erklärt, dass viele Männer in diesem Alter zwar auch an der Grippe starben, aber bei den Verlusten im Feld geführt wurden. Die Anfälligkeit vor allem der jüngeren und mittleren Jahrgänge für die Grippe wird sodann damit erklärt, dass deren leistungsfähigen Immunsysteme sich wohl in einer Art Überreaktion gegen die eigenen Körperzellen gewendet haben. Die große Streuung in fast jedem Weiler und Hof ist ebenfalls typisch: Man geht davon aus, dass gerade in den abgelegenen Weilern die vorigen Influenza-Züge nicht angekommen waren, also gar keine Antikörper im Sinne einer Grundimmunität gegen Grippeviren in der Landbevölkerung vorhanden waren.


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