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Erklärungsmuster und Therapien

Weder 1892 noch 1918 wusste man, dass Influenza keine bakterielle, sondern eine Virusinfektion ist. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts verfügte die Medizin noch nicht über Elektronenmikroskope, mit denen man die im Vergleich zu Bakterien wesentlich kleineren Viren als Krankheitserreger hätte identifizieren können. Der Influenzavirus wurde erst 1933 entdeckt.  Wissenschaftler versuchten, über die Erstellung von Mortalitätskurven und den Nachweis des sogenannten Pfeiffer-Bazillus, ein Bakterium, das sich an eine Grippeerkrankung oft anschließt, aber eben nicht der Influenza-Virus selbst ist, einen Nachweis für die Krankheit zu liefern. Obwohl die Wissenschaft immer wieder darauf hinwies, dass es sich um eine Influenza-Grippe handelte, verbreiteten sich in den USA und Frankreich schnell Verschwörungstheorien: In den USA verdächtigten manche Zeitungen deutsche Spione, die Krankheit eingeschleppt zu haben, die renommierte New York Times sprach sogar von der Deutschen Grippe.  Ferner geriet das Bayer-Produkt Aspirin in den Verdacht, von den Deutschen so manipuliert worden zu sein, dass es nun die Krankheit verursachte. In Frankreich spekulierte die Presse, dass die Infektion entweder von deutschen U-Booten angelandet oder von Kriegsgefangenen eingeschleppt worden sei. Für Deutschland lassen sich solche Verschwörungstheorien in die andere Richtung nur teilweise nachweisen, im Gegenteil zur Beruhigung der Bevölkerung wurde immer wieder auf vergangene Influenza-Pandemien hingewiesen, die man ja auch überlebt habe.

Mortalitätsraten zeigen die Gleichzeitigkeit der Pandemie in den USA und Europa mit dem Kriegsende.

National Museum of Health and Medicine

 

Dazu passt auch, dass recht schnell alle möglichen mehr oder weniger sinnvollen Ratschläge zur Behandlung der Grippe auftauchten. Ein Arzt aus Wörishofen riet z.B. dazu, bei Erkrankung regelmäßig Oberkörperwaschungen mit brunnenfrischem, kalten Wasser durchzuführen, dazu Brustwickel, mit Essig versetzt, als eine mehrtägige Behandlung; als Getränk sollte Lindenblütenaufguss oder Tee mit Minze oder Erdbeerblätter gereicht werden. Andere rieten, dazu, rote Rüben bei Erkrankung als Salat über acht Stunden hinweg zu verspeisen, damit das Fieber zurückgehe. Andererseits äußerten auch schon damals Experten, wie der Berliner Medizinalrat Professor His, dass Abstand die schärfste Waffe gegen die Grippe sei: man solle Kranke meiden, ebenso Massenversammlungen, und sich natürlich nicht anhusten lassen.


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