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Entdeckung und Kolonisation Amerikas am Beispiel der Azteken

„Vor die traurige Aufgabe gestellt, die acht oder zehn größten Verbrechen der Menschheit zu benennen, müsste man drei den seemächtigen Europäern in Amerika zurechnen.“ (Alexander Demandt, Sternstunden der Geschichte. München: C.H.Beck 2000, S. 71)

Alexander Demandt versteht unter diesen drei Verbrechen der Menschheit in Amerika die Brutalität der spanischen Conquistadoren gegenüber den Indios in Mittelamerika, den Import von beinahe zehn Millionen afrikanischer Sklaven sowie den drastischen Rückgang der indianischen Bevölkerung aufgrund des weißen Siedlers. Die Nachwirkungen der europäischen Kolonialherrschaft scheinen in diesen Ländern auch noch heute allgegenwärtig. 

In der ersten der beiden dramapädagogischen Doppelstunden geht es zunächst darum, das Volk der Azteken näher kennenzulernen sowie ein Bewusstsein für deren Hochkultur zu schaffen. Daran anschließend soll geklärt werden, welche Sichtweise Azteken und Spanier auf das jeweilige andere Volk haben. Denn es kann festgestellt werden, dass diese Sichtweisen größtenteils von Vorurteilen geprägt sind und damit gar nicht so sehr voneinander differieren. Darauf wird in der zweiten Doppelstunde die Begegnung der beiden Völker und die damit verbundenen Folgen wie Krieg und Zerstörung, Plünderung, Krankheit, Zwangsarbeit, Sklaverei und Handel sowie die christliche Missionierung  thematisiert. Hierbei soll die provokante Frage im Zentrum stehen, ob bei der Entdeckung Amerikas von einem Kulturaustausch oder einer Kulturzerstörung gesprochen werden kann. 

Die Schülerinnen und Schüler haben im Rahmen zweier Doppelstunden mehrfach die Möglichkeit, sich in historische Rollen einzufühlen. Aus der Perspektive der Azteken und der Konquistadoren erarbeiten sie sich die damalige Situation mit ihren vielschichtigen Konflikten. Die verschiedenen Möglichkeiten zur Rollenübernahme eröffnen multiperspektivische Einblicke in die Überzeugungen und Handlungsmotive des historischen Aufeinandertreffens in Amerika.

Der Einstieg in die erste dramapädagogischen Doppelstunde ("Azteken und Spanier – zwei unterschiedliche Sichtweisen")- führt über einen Faktenlauf in die Lebenswelt der Azteken ein. Die Schülerinnen und Schüler erfahren Grundlegendes aus den verteilten Informationstexten im Klassenraum hinsichtlich der Architektur, Religion, Kultur etc. der Azteken. Im nächsten Schritt bekommen die Schülerinnen und Schüler in zwei Gruppen (Azteken und Spanier) jeweils eine Quelle ausgeteilt; in der einen werden die Spanier aus der Sicht der Azteken und in der anderen die Azteken aus der Perspektive der Spanier beschrieben. Im Anschluss daran versammeln sich die Schülerinnen und Schüler im Kreis um platzierte Metaplankarten, die mit Attributen (barbarisch, primitiv, ungläubig, exotisch usw.) aus den Quellen und einer Definition auf der Rückseite zum Nachlesen beschrieben sind. Unter diesen Karten befinden sich ebenfalls falsche Attribute (wie friedfertig oder dankbar) die nicht in den Quellen vorkommen, ebenso Attribute, die auf Spanier und Azteken gleichermaßen zutreffen. Jeder Schüler und jede Schülerin aus der Gruppe der Azteken sucht sich ein Attribut aus, dass in ihren Augen die Spanier aus Sicht der Azteken beschreibt, wie in den Quellen. Daraufhin stellen sich die zwei Gruppen – Azteken und Spanier – gegenüber, so, dass jedem Kind einem Partner oder Partnerin zugehörig ist. Mit der Methode wird die Multiperspektivität bei Schülerinnen und Schüler gestärkt, indem beide Gruppe, als Geformte und Formende, sich somit körperlich und geistig in die Perspektiven der Spanier und Azteken hineinversetzen und lernen dadurch etwas über die konträren Handlungsmotive und Überzeugungen der beiden Kulturen.

 

Das Aufeinandertreffen von Cortés und Montezuma

Altmexikanische Bilderhandschrift der Tlaxcalteken aus dem 16. Jahrhundert

Die zweite Doppelstunde ("Entdeckung Amerikas – Kulturaustausch oder Kulturzerstörung?") beginnt mit einem Raumlauf, der von Musik begleitet wird, indem die Schülerinnen und Schüler rekapitulieren, wie sie sich das weitere Aufeinandertreffen von Azteken und Spaniern vorstellen. Hierfür steht ein Stuhl in der Mitte des Raumes, auf dem ein Fernglas bereitliegt als Symbol für einen Blick in die Zukunft. Die Schülerinnen und Schüler können bei Verstummen der Musik sich auf den Stuhl setzen, das Fernglas ergreifen und ihre Hypothesen vortragen und danach den Stuhl wieder freigegeben.

Im nächsten Schritt wird den Schülerinnen und Schülern eine Bildquelle präsentiert, auf der sich Azteken und Spanier bei deren Ankunft gegenüberstehen, die von ihnen beschrieben und interpretiert wird. Im Anschluss daran bekommen die Schülerinnen und Schüler in vier Gruppen Informationstexte ausgeteilt zu den Themen Krieg, Sklaverei, Krankheiten, Plünderung etc., aus diesen die Schülerinnen und Schüler mehr über den historischen Verlauf des Aufeinandertreffens der Spanier mit den Azteken erfahren. Mit diesen Informationen und der Bildquelle stellen die Gruppen szenisch, mit Hilfe der Methode Diashow, einander die zerstörerischen Auswirkungen der Entdeckung Amerikas durch die Spanier vor. Das Ausgangsfoto der Show ist für jede Gruppe bindend die anfangs analysierte Bildquelle. Darauf folgen zwei bis drei weitere Fotos der Schülerinnen und Schüler. Die statischen Fotos werden zum Themenverständnis von einer Regisseurin bzw. Regisseur mit wenigen Sätzen kommentiert und somit für den Rest der Klasse erläutert. Übergeordnet zu den darstellenden Gruppen gibt es eine Person aus der Klasse, die die Rolle des Geschichtsschreibers bzw. -schreiberin inne hat, der oder die in den Gruppen umherläuft, sich in Informationen einholt und nach den Darbietungen seine Ergebnisse zu den Themenbereichen im Plenum vorträgt und abschließend in einem Fazit die Leitfrage der Stunde beantwortet. Mit Hilfe des Geschichtsschreibers/-schreiberin und dem Beobachten und Darstellen der Diashow erlangen die Schülerinnen und Schüler, wie bereits in der ersten Doppelstunde, durch das Einfühlen, Betrachten und Darstellen der verschiedenen historischen Akteuren und Akteurinnen einen Kompetenzerwerb hinsichtlich der Multiperspektivität im Geschichtsunterricht.

 

Ausdehnung des aztekischen Reiches vor dem Eingreifen der Europäer

Sprachliche Dimension des dramapädagogischen Ansatzes

Die fachlichen Ziele der Unterrichtseinheit werden in der dramapädagogischen Umsetzung mit den sprachlichen Zielen verknüpft. Allen voran gilt es für diese Unterrichtseinheiten die sprachlichen Fertigkeiten der Schülerinnen und Schüler zu präzisieren und zu erweitern. Der Wortschatz der Schülerinnen und Schüler wird spielend ausgebaut durch die Verwendung der ausgelegten Attribute auf den Metaplankarten für das Bilden der Statuen-Allee. In diesem Schritt kommt die Klasse mit Begriffen wie ‘animalisch‘, ‘exotisch‘ oder ‘habsüchtig‘ in Kontakt. Die Erläuterungen auf der Rückseite dienen den Schülern zur Rückversicherung der richtigen Verwendung. Im Anschluss daran bilden die Schülerinnen und Schüler Satzkonstruktionen mit Hilfe der Attribute aus den Quellen, indem sie die Satzkonstruktion als helfenden Rahmen zur Beschreibung ihrer Statue verwenden: „In den Augen der Azteken sind die Römer habsüchtig“. Oder: „In den Augen der Römer sind die Azteken ungläubig.“

Am Ende der ersten Doppelstunde sollen sich die Schülerinnen und Schüler über den Ausgang des Aufeinandertreffens der Spanier und Azteken mit Hilfe von Hypothesen als Konditionalsätze Gedanken machen und diese Vermutungen verschriftlichen. Diese Hypothesen werden mit Beginn der zweiten Doppelstunde, als Wiederholung und Einstieg dienend, wieder aufgegriffen. Dafür wird im Klassenzimmer ein Stuhl aufgestellt mit einem darauf liegenden Fernrohr. Die Schülerinnen und Schüler bewegen sich durch den Raum mit Begleitmusik und immer, wenn die Musik verstummt, darf sich eine Schülerin oder Schüler auf den Stuhl stellen, das Fernrohr ergreifen und eine Hypothese vortragen: „Ich glaube, dass die Azteken und Spanier Freundschaft schließen.“ Alle anderen Schülerinnen und Schüler bewegen sich beim Vortrag nicht, sondern hören dem oder der Vortragenden zu.

Eine letzte sprachliche Übung, im Rahmen der dramapädagogischen Einheit, kommt am Ende der zweiten Doppelstunde zum Einsatz. Mithilfe von Modalverben und unter der Verwendung von Konditionalsätzen im Konjunktiv, sollen die Schülerinnen und Schüler, rückblickend auf die Kulturzerstörung der Spanier, ihren eigenen Umgang in der Begegnung mit fremden Kulturen überdenken und verschriftlichen. Dafür sammeln die Schülerinnen und Schüler Alltagssituationen, in denen sie in Kontakt mit andersartigen Kulturen kommen, wie Schulaustauschprogrammen, Geflüchteten oder im Urlaub. Die Schülerinnen und Schüler bekommen anschließend auf einem Arbeitsblatt anhand eines Beispiels drei mögliche Formen der Satzkonstruktionen als Hilfestellung und die Modalverben angegeben, z.B.:

  • Wenn ich in ein fremdes Land reise, dann sollte ich freundlich zu den Menschen dort sein.
  • Wenn ich in ein fremdes Land reise, sollte ich freundlich zu den Menschen dort sein.
  • Ich reise in ein fremdes Land, dort sollte ich freundlich zu den Menschen sein.

 

Haarschmuck aus Federn, der Montezuma zugeschrieben wird


1. Doppelstunde: Azteken und Spanier – zwei unterschiedliche Sichtweisen?  (1. Doppelstunde)

1.1 Einstieg:  Rückblick auf die vergangene Stunde: Motive der Spanier für ihre Entdeckungsfahrten.  (UG)   

1.2 Erarbeitung I: Begegnung der Spanier mit den Azteken - Faktenlauf (Raum ohne Tische)

  • Partnerarbeit; im Raum sind vier Texte zu den Azteken verteilt; jeder Text behandelt ein anderes Thema.
  • Ihr bekommt ein Arbeitsblatt, welches ihr gemeinsam mit eurem Partner ausfüllen sollt: Einer von euch läuft zu einem beliebigen Text und liest sich 1-2 Sätze davon durch und versucht sich den Inhalt zu merken (ihr müsst euch nicht alles wörtlich merken, achtet auf fettgedruckte Stichwörter); währenddessen bleibt der andere am Platz beim AB und wartet, bis der erste Partner wieder zurückkommt. Sobald der Partner zurückkommt, darf der andere losgehen.
  • Während der zweite Partner am Lesen und Merken ist, schreibt der erste Partner die Inhalte, die er sich merken konnte, stichwortartig in das dem Thema entsprechende Feld des Arbeitsblattes auf; es muss stets ein Schüler beim AB sein und einer bei einem der vier Texte (es dürfen nicht gleichzeitig beide SuS bei den Texten oder am AB sein)
  • Ziel ist es alle Felder auf dem AB auszufüllen

1.3 Ergebnissicherung I: AB Aztekische Kultur 

Erwartungshorizont: AB Aztekische Kultur (ausgefüllt)

1.4 Erarbeitung II: Perspektivität - Statuenallee:

  • Gruppe 1: Sicht der Spanier auf die Azteken (Q 1: Sepúlveda über die Azteken)
  • Gruppe 2: Sicht der Azteken auf die Spanier (Q 2: Aztekische Schilderung der Spanier (1529))
  • Jede Gruppe erhält eine Quelle; diese wird in Einzelarbeit durchgelesen; Arbeitsauftrag: Unterstreiche Begriffe, die die Spanier beschreiben. Die Klasse stellt sich an einer Linie gegenüber. An der Linie liegen Metaplankarten mit passenden und unpassenden Attributen; Arbeitsauftrag: Sucht euch ein passendes Attribut heraus.
  • Anleitung Statuenbau: auf Gestik/Mimik achten; bei der Ergebnissicherung II soll der Statuenbauer folgende Formulierung verwenden: „In den Augen der Azteken benehmen sich die Spanier XY und deshalb habe ich das Attribut XY gewählt." Zudem soll ein Quellenbezug hergestellt und die Auswahl des Attributs begründet werden                

1.5 Ergebnissicherung II      

Gegenüberstellung der SuS an der Linie. Zunächst bauen alle Azteken die Spanier, danach werden diese der Reihe nach nachdem vorgegebenen Prinzip vorgestellt. Wechsel der Rollen: Spanier bauen die Azteken und stellen diese danach vor.   

1.6 Hypothesenbildung/Hausaufgabe  

Arbeitsauftrag: Bildet Hypothesen, wie die Begegnung zwischen den beiden Kulturen weiter verlaufen könnte. Verwendet hierzu die folgenden sprachlichen Strukturen:

  • Vorstellbar wäre, dass …
  • Vermutlich wird …
  • Ich vermute, dass …

Bringt eure Hypothesen in der kommenden Woche bitte wieder mit, da wir damit weiterarbeiten wollen.    

 

Aztekisches Pueblo, New Mexico, USA

 

2. Doppelstunde: Entdeckung Amerikas – Kulturaustausch oder Kulturzerstörung?

2.1.Rückbezug zur vergangenen Stunde: Blick in die Zukunft

  • Ihr habt Hypothesen gebildet, wie die Begegnung zwischen den Spaniern und Azteken verlaufen könnte; Arbeitsauftrag: Lest euch nochmals eure Hypothesen durch.
  • Methode Blick in die Zukunft erklären: Sobald die Musik startet, bewegt ihr euch bitte so durch den Raum, dass ihr euch nicht berührt.Wer seine Hypothese mitteilen möchte, nimmt das Fernglas, welches auf dem Stuhl liegt, in die Hand. Dann ertönt ein Klang und alle bleiben stehen. Dann kann die Hypothese laut und deutlich vorgelesen werden. Danach ertönt wieder ein Klang und ihr könnt euch wieder durch den Raum bewegen.             
  • Medien: Fernglas, Musik, Lautsprecherbox

2.2 Erarbeitung I: Das Aufeinandertreffen von Cortés und Montezuma

       Was/Wer ist zu sehen? Welche Kleidung tragen die Personen?

  • Methode Diashow den SuS erklären: 4 Gruppen á 7 SuS (6 SuS sind Darsteller, 1 SuS ist der Erzähler); ein SuS ist der Geschichtsschreiber, der für die Nachwelt während der Gruppenarbeit alles zusammenfasst.
  • M 6-M 9 an die Gruppen verteilen: Sklaverei und Handel; Plünderung und Krankheit; Krieg und Zerstörung; Christianisierung 
  • Arbeitsauftrag: 
    • Baut das Bild nach. (Ausgangsbild)
    • Lest euch euren Text durch und baut die Auswirkung der Begegnung nach. (Differenzierung: 1-2 Fortsetzungsbilder)
    • Überlegt euch einen Satz, der bei dem Aufeinandertreffen gesprochen werden könnte.

2.3 Ergebnissicherung I: Gruppen stellen ihre Diashows vor.

Geschichtsschreiber fasst die Ergebnisse zusammen. Die Notizen des Geschichtsschreibers werden kopiert und in der kommenden Stunde an die SuS ausgegeben).      

2.4 Erarbeitung II: Transfer in die heutige Zeit - Wann und wo begegne ich anderen Kulturen?

Sammeln der SuS-Antworten über eine Mindmap an der Tafel 

2.5 Vertiefung: Verhaltensregeln gegenüber Fremden

Arbeitsauftrag: Formuliert entweder zum Thema Urlaub oder Begegnung mit Flüchtlingen bzw. Austauschschülern Verhaltensregeln zu

  • 3 Dingen, die man tun müsste/sollte/dürfte …
  • 3 Dingen, die man nicht tun dürfte/sollte …                                                                                                

Sammlung der Verhaltensregeln an der Tafel in Form einer Tabelle, die die SuS in ihr Heft übernehmen sollen.                      


Diese Unterrichtseinheit wurde entwickelt und erprobt von Xenia Rohn, Philipp Gühr, Werner Rietzschel und Marvin Pfister (Gymnasium Wilhelmsdorf).

Nähere Informationen zum Ansatz von Prof. Christiane Bertram finden Sie unter:

Bertram, C. & Bryant, D. (2019, in Druck). Geschichte – Sprache – Theater: Sprachbildung und Förderung historischen Denkens mit dem dramapädagogischen Ansatz. In C. Bertram & A. Kolpatzik, A. (Hrsg.), Sprachsensibler Geschichtsunterricht. Von der Theorie über die Empirie zur Pragmatik. (S. 138-148). Frankfurt a.M.: Wochenschau-Verlag.


Weitere Materialien zum Thema Azteken auf dem LBS 


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