Stickstoff-Bilanzbestimmung an Menschen

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Bei Eiweiß-Bilanzversuchen handelt es sich um einen Vergleich der gegessenen Stickstoffmenge mit der ausgeschiedenen Stickstoffmenge. Diese verteilt sich auf den Stickstoff im Harn, im Kot und auf die Verluste durch Haarausfall und Hautabschil­ferung. Diese Anteile sind sehr unterschiedlich. Im Harn sind etwa 60 bis 80 % enthalten, im Kot 10 bis 30 %. Verluste durch Haut und Haar betragen etwa 7 bis 10 %.

Subtrahiert man die ausgeschiedene Stickstoffmenge von der aufgenommenen, so erhält man die Stickstoffbilanz. Würde mehr ausgeschieden als aufgenommen, läge eine negative Bilanz vor; würde weniger ausgeschie­den als aufgenommen wäre die Bilanz positiv. Ist die Differenz null, so spricht man von einer ausgeglichenen Bilanz. Die kleinere Menge, mit der sich der Körper über längere Zeit ins Gleichgewicht setzen kann, heißt Bilanzminimum. Je wertvoller ein Nahrungsprotein, mit desto kleineren Mengen davon kann man einen Bilanzausgleich erzielen.

Das Bilanzminimum ist also ein Maß für die biologische Wertigkeit (BW) eines Proteins.

Die N-Bilanz ist negativ:                                  N-Ausscheidung > N-Aufnahme

Die N-Bilanz ist positiv:                                   N-Ausscheidung < N-Aufnahme

Die N-Bilanz ist ausgeglichen:                       N-Ausscheidung = N-Aufnahme

 

Bilanzminimum: kleinste Eiweißmasse, mit der sich der Organismus über längere

Zeit in einer ausgeglichenen N-Bilanz halten lässt, entspricht dem Eiweiß-Minimalbedarf.

Wie geht man bei einer Stickstoff-Bilanzbestimmung vor?

  1. Nicht nur alle Ausscheidungen, sondern auch die aufgenommene Nahrung sind genau zu analysieren. Es genügt nicht, Tabellenwerte aus Nahrungsmitteltabellen zu übernehmen.
  2. Der Kalorienbedarf des Körpers muss voll gedeckt sein, andernfalls wird Protein verbrannt und damit die Ergebnisse verfälscht. Das bedeutet, dass das Körpergewicht der Versuchspersonen mindestens konstant bleiben muss. Als Energieträger kommen natürlich nur stick­stofffreie Nahrungsmittel in Frage wie Fett, Zucker und vor allem Stärke. Das macht die Kost so eintönig. Täglich gibt es vier Teller Stärkebrei mit 30 bis 40 % Fett. In diesen Brei sind die zu testen­den Proteine eingekocht.
  3. Vitamine und Mineralstoffe werden in der nötigen Höhe zugeführt. Als Maß für den Bedarf dienen die Empfehlungen der Deutschen Gesell­schaft für Ernährung.
  4. Um die Darmperistaltik und damit den Stuhlgang aufrecht zu erhalten, werden in den Stärkebrei Zellulosepulver und Agar-Agar eingekocht.

 

Wie sieht so eine Bilanzbestimmung an Menschen praktisch aus?

Die Auswahl der Versuchspersonen muss mit besonderer Sorgfalt vorgenom­men werden. Nur völlig gesunden Menschen, die willig und zuverlässig sind, kann man die oft schwierigen und lang dauernden Ernährungsformen zumuten. Über die körperliche Gesundheit gibt eine ärztliche Unter­suchung Aufschluss. Sie umfasst den klinischen AIIgemeinbefund, Blut­senkung, Blutbild, Harnuntersuchung, Nierenfunktionsprüfung, Grund­umsatzbestimmung.

Die ärztliche Kontrolle erstreckt sich über die gesamte Versuchsdauer, insbesondere werden in Abständen von wenigen Tagen Bestimmungen der Alanin-Transaminase sowie der Aspartat-Transaminase durchgeführt, weil sich schon geringe Störungen des Leberstoff­wechsels an einer Erhöhung dieser Transaminasen bemerkbar machen.

Die am Versuch beteiligten Personen werden eingehend mit ihren Aufgaben vertraut gemacht und unterwerfen sich freiwillig der Disziplin der Versuchsanordnung, was durch einen schriftlichen Vertrag festgehalten wird. Ein besonderes Überwachungssystem gibt es nicht, denn Verstöße gegen die Versuchsbedingungen werden aus den Analysen schnell erkannt und haben die Auflösung des Vertragsverhältnisses zur Folge. Es kam nie vor, dass eine Versuchsperson sich andere Nahrung aus unkontrollierten Quellen zuführte. Hingegen kamen einige Mal Unterschlagungen von Aus­scheidungen vor. Es ist nämlich außerordentlich lästig, über viele Monate mit einer Sammelflasche für Harn ausgehen zu müssen.

Eine Unterbringung der Versuchspersonen im Institutsgebäude erwies sich als unerlässlich. Die Einzelzimmer sind hübsch und zweckmäßig eingerich­tet und liegen in demselben Stockwerk, in dem sich die Diätküchen, die den Küchen angeschlossenen Speiseräume sowie die Toiletten befinden. Dort muss jeder Versuchsperson eine eigene Kabine zum Sammeln der Aus­scheidungen zur Verfügung stehen. Bade- und Duschräume sind vorhanden, außerdem Gemeinschaftsräume mit Fernsehgerät. Es herrscht keine Krankenhausatmosphäre, sondern eher die eines Studentenheimes. Mit den Ver­suchspersonen werden Verträge über 6 oder 12 Monate abgeschlossen, die die gegenseitigen Verpflichtungen, das Honorar und die Hausordnung genau festlegen.

Die Definition der BW nach Kofranyi

Die BW berechnet sich jetzt also nach „Kofranyi“  aus dem Minimalbedarf an dem jewei­ligen Nahrungsprotein bei ausgeglichener N-Bilanz, wobei die Wertigkeit des Vollei-Proteins (als biologisch hochwertigstes Protein mit geringstem Minimalbedarf) durch Definition gleich 100 gesetzt wird.

Die Definition der BW nach Kofranyi:

Die BW ist die auf das Vollei bezogene Größe des Eiweißminimalbedarfs eines Nahrungseiweißes:

z. B. BW von Kartoffelprotein

Die folgende Tabelle zeigt den mit dieser Methodik ermittelten Minimalbe­darf an Proteinen aus verschiedenen Nahrungsmitteln bezogen auf kg Körpergewicht (KG) und der daraus bestimmten BW:

Nahrungsmittel

Minimalbedarf

[mg/kg KG]

BW

Vollei

500

100 (Definition)

Kartoffel

512

98

Rindfleisch

547

91

Milch

568

88

Weizenmehl

665 – 866

75 – 59

Bohnen

685

73

Mais

699

72

 

Es wird deutlich, dass der Minimalbedarf eher mit tierischem als mit pflanzlichen Protein zu decken ist. Eine Ausnahme bildet das Kartoffel­protein.

Da zur menschlichen Ernährung nie das Protein eines Nahrungsmittels benutzt wird und die Verwendung nur tierischer oder nur pflanzlicher Eiweißträger in den Industriestaaten kaum vorkommt, hat die Kenntnis der biologischen Wertigkeit einzelner Nahrungsproteine nur einen begrenzten theoretischen Wert, zu unseren Verzehrsgewohnheiten gehört die gemischte Kost tierischer und pflanzlicher Herkunft. Deshalb kommt die Bestimmung des Minimalbedarfs an Eiweiß aus Gemischen verschiedener Nahrungsmittel der Praxis näher. Mischungen von Nahrungsmitteln mit bekannter biologischer Wertigkeit  wurden getestet. Dazu wurden die Nahrungsmittel in unterschiedlichen Verhältnissen kombiniert und der Minimalbedarf der Eiweißmischung wie oben ermittelt. Dabei stellte man u.a. folgende Ergebnisse fest.

Proteingemisch aus:

Proteinprozente

Minimalbedarf

[mg/kg KG]

BW

Vollei + Kartoffel

36 + 64

369

135

Vollei + Soja

60 + 40

405

123

Milch + Weizen

76 + 24

455

110

Bohnen + Mais

51 + 49

501

100