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1983 - das gefährlichste Jahr des Kalten Krieges

    • Am 10. November 1982 starb der langjährige KPdSU-Generalsekretär Leonid Breschnew. Sein Nachfolger wurde der ehemalige KGB-Direktor Juri Andropow.

Personalausweis von Juri Andropow (1980)

  • Am 22. November 1982 kündigte Präsident Reagan die Aufstellung von 100 neu entwickelten MX-Interkontinentalraketen mit insgesamt 1.000 atomaren Sprengköpfen an.
    • Die streng geheime National Security Decision Directive 75 vom 17. Januar 1983 — deren Inhalt jedoch bereits im März an die Öffentlichkeit gelangte — definierte als Ziel der amerikanischen Politik eine Änderung des politischen Systems der UdSSR in Richtung auf größeren Pluralismus.
    • In einer Rede vor der Veteranenvereinigung American Legion kritisierte der US-Präsident im Februar 1983 die "massive sowjetische Aufrüstung".
    • Am 8. März nannte Reagan die UdSSR in einer Rede das "Reich des Bösen" ("evil empire"). Zwei Wochen später kündigte er Forschungen zur Entwicklung eines weltraumgestützten Raketenabwehrschirms ( Strategic Defense Initiative) an. Mitglieder seiner Administration wie Verteidigungsminister Caspar Weinberger sprachen sich dafür aus, die Option eines Ersteinsatzes von Atomwaffen in einem Konflikt offen zu halten. Am 31. März verurteilte der Präsident in einer Rede die sowjetische Aufrüstung der vergangenen 15 Jahre.
    • In den Monaten April und Mai 1983 führte die amerikanische Pazifikflotte mit Fleetex 83 das größte Manöver seit dem Zweiten Weltkrieg durch, an dem sich drei Flugzeugträger und 40 weitere Schiffe beteiligten. Dabei überflogen amerikanische Marineflieger wiederholt sowjetische Militärinstallationen auf den Kurileninseln nördlich von Japan.
    • Am 1. September wurde ein südkoreanisches Passagierflugzeug über der Halbinsel Sachalin abgeschossen, das sich in den Luftraum der UdSSR verirrt und nicht auf Funksignale reagiert hatte. Sowjetische Abfangjäger hatten die Boeing 747 vermutlich mit einem amerikanischen Aufklärungsflugzeug vom Typ Boeing 707 verwechselt, das am gleichen Tag entlang der sowjetischen Ostgrenze patroullierte.
    • Am 26. September kam es in einer sowjetischen Raketenabwehranlage nahe Moskau zu einem Fehlalarm. Satelliten meldeten einen begrenzten amerikanischen Raketenangriff auf die UdSSR. Nur der Entscheidung des diensthabenden Offiziers, der sich über seine Vorschriften hinwegsetzte und den Alarm nicht an die nächsthöhere Dienststelle weiterleitete, war es zu verdanken, dass es im Herbst 1983 nicht zu einem Nuklearkrieg gekommen ist.
    • Im Oktober begann die von der UdSSR heftig kritisierte Verschiffung amerikanischer Mittelstreckenraketen vom Typ Pershing sowie von Marschflugkörpern (cruise missiles) nach Europa im Rahmen des Nato-Nachrüstungsbeschlusses von 1979.

Pershing-II-Rakete und Werfer mit Zugmaschine vom Typ MAN M 1001 im Wald von Mutlangen

  • Am 25. Oktober landeten etwa 7.000 amerikanische Marineinfanteristen und Heeressoldaten im Rahmen der Aktion Urgent Fury auf der Karibikinsel Grenada und stürzten die dortige sozialistische Regierung.
  • In der ersten Novemberhälfte führte die Nato das Stabsmanöver Able Archer durch, in dem der politische Abstimmungsprozess der Nato-Mitgliedstaaten vor dem Einsatz von Atombomben in einem Krieg geprobt wurde. Die sowjetische Führung sah dieses Manöver als Deckmantel für einen tatsächlich bevorstehenden atomaren Schlag gegen die UdSSR an. Erst als der Westen durch übergelaufene sowjetische Geheimdienstagenten über diese Besorgnisse des Kremls erfuhr, wurde das Manöver modifiziert.
  • Am 23. November trafen die ersten Pershing II-Raketen in der Bundesrepublik ein. Noch am gleichen Tag brach die Sowjetunion die Genfer Abrüstungsverhandlungen über Mittelstreckenwaffen in Europa ( INF) ab. Am 8. Dezember verließen die Sowjets die Start-Verhandlungen zur Begrenzung der strategischen Rüstung.

[...] Die Ereignisse des Herbstes 1983 erinnern vordergründig an jene des Oktober 1962, als sich amerikanische und sowjetische Kriegsschiffe vor Kuba feindlich gegenüber standen. Dennoch besteht ein großer Unterschied zwischen den Ereignissen 1962 und 1983. In der Kuba Krise war allen Beteiligten das Ausmaß der Bedrohung von Beginn an bewusst gewesen. Vor dem Hintergrund, dass beide Seiten davon ausgingen, dass keine Seite einen Krieg wollte, gelang es Präsident John F. Kennedy und Generalsekretär Nikita Chruschtschow, den Konflikt innerhalb weniger Tage durch Kompromisse beizulegen. Die zentrale Bedrohung des Jahres 1983 lag in der Ungewissheit über die tatsächlichen Absichten des Gegners. Die sowjetische Führung unter Generalsekretär Andropow fühlte sich durch Reagans Maßnahmen und Äußerungen in ihrem Verdacht den USA gegenüber bestätigt. Die Rhetorik des Präsidenten und die amerikanischen Aufrüstungsbemühungen schienen auf aggressive Absichten hinzudeuten. Den USA ist es erst im Nachhinein deutlich geworden, wie die eigene Politik in Moskau wahrgenommen worden ist. [...]


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