Die Altsteinzeit

ca. 2.500 000 - 10 000 vor heute

Landesgeschichtliche Einordnung

Autoren:
Johannes Hof (Arbeitskreis RP Freiburg)
Dr. Michael Hoffmann (Kompetenzzentrum)

Vor über 30 000 Jahren
Venus vom Hohlefels

Schwäbische Alb
Der Löwenmensch

 

Älteste Kunst der Menschheit
Löwenköpfchen

Gliederung:
  1. Frühe Altsteinzeit (Altpaläolithikum) von ca. 2 500 000 bis 200 000 vor heute:
  2. Mittlere Altsteinzeit (Mittelpaläolithikum) von ca. 200 000 bis 40 000 vor heute:
  3. Späte Altsteinzeit (Jungpaläolithikum) von ca. 40 000 bis 10 000 vor heute:
  4. Altsteinzeit in Baden-Württemberg: Historische und didaktische Relevanz

 

Die Altsteinzeit - Überblick und Fundstätten in Baden-Württemberg

Die Archäologie setzt den Zeitraum der Altsteinzeit von ca. 2500000 bis 10000 Jahren vor heute an. Sie gliedert ihn entsprechend den Entwicklungsstufen der benutzten Werkzeuge und anderen Artefakte in folgende Abschnitte:

1. Frühe Altsteinzeit (Altpaläolithikum) von ca. 2 500 000 bis 200 000 vor heute:

Früheste Geröllgeräte des Oldowan (Fundort "Olduway-Schlucht" in Ostafrika) in Afrika und Eurasien vor 2 Millionen Jahren: grob zugerichtete Gerölle mit erkennbaren Arbeitskanten, gewonnen durch Abschläge von Kernen, Schnittspuren auf Knochen.

Faustkeile des Acheulean vor ca. 1,5 Millionen Jahren in Ostafrika und Eurasien: durch Abschläge dreidimensional gestaltet, mit abgerundetem Griff und ausgearbeiteter Spitze. Der Faustkeil blieb mit nur geringfügigen Änderungen für fast 1,4 Millionen Jahre das Universalwerkzeug.

Vor spätestens 600 000 Jahren drangen Acheulmenschen (Homo erectus) aus den tropischen Regionen Afrikas in kältere nördliche Zonen vor (Homo heidelbergensis), zogen sich aber in der folgenden Kaltzeit nach 500 000 Jahren vor heute noch einmal aus dem nördlicheren Europa zurück, traten nördlich der europäischen Alpen und der asiatischen Gebirge mit Beginn der Warmzeit vor 400 000 Jahren wieder auf, wichen aber mit dem kälter werdenden Klima der Eiszeiten wieder in gemäßigtere Zonen zurück. Zur Menschenform des Homo erectus zählt der Homo heidelbergensis aus der Zeit zwischen 700 000 und 400 000 vor heute, dessen Unterkiefer 1907 in einer Sandgrube in Mauer bei Heidelberg gefunden wurde. Zwischen Homo erectus und dem späteren Homo sapiens steht der Frauenschädel von Steinheim aus der Zeit von 300 000 bis 200 000 vor heute.

Unterkiefer des Homo Heidelbergensis aus Mauer (Rhein-Neckar-Kreis)

Unterkiefer des Homo Heidelbergensis aus Mauer (Rhein-Neckar-Kreis)
© Universität Heidelberg (Geologisch-Paläontolog. Institut)

Schädel des Steinheimer Menschen

Schädel des Steinheimer Menschen
© Staatl. Museum Naturkunde Stuttgart / Hans Lumpe


2. Mittlere Altsteinzeit (Mittelpaläolithikum) von ca. 200 000 bis 40 000 vor heute:

Erstes Auftreten von Holzgeräten (Keulen) und verfeinerten Steinartefakten in Ostafrika (Messer, Klingen und Waffenspitzen) vor 200 000 bis 140 000 Jahren (Homo sapiens, Neandertaler und Zeitgenossen). Auch in Europa kommen ähnliche Funde aus dieser Zeit vor. Dem Homo sapiens vom Typ Neandertaler, dem 30 Fundstellen in Südwestdeutschland zuzuordnen sind, gehören die Funde vom Vogelherd aus dem Lonetal auf der Ostalb an (70 000 bis 50 000 vor heute). Die Neandertalerpopulation in ganz Südwestdeutschland wird auf einige hundert bis zu tausend Personen geschätzt.

Steingeräte aus dem Lonetal

Steingeräte aus dem Lonetal
© Ulmer Museum

Die je nach Erdregion als Wald-, Steppen- und Tundrenjäger zu klassifizierenden Menschen verfügten über verbesserte Jagdwaffen durch Einsätze von Stein- und ersten Knochenspitzen. Außerdem kamen erste Bestattungen vor.

Die Lebensumstände der Menschen der Altsteinzeit waren über weite Strecken von der letzten Zwischeneiszeit (Eem-Interglazial) und der letzten Eiszeit (Würm- oder Weichsel-Glazial) geprägt. Es herrschte kaltes und sehr trockenes Klima, welches sich erst mit dem Rückzug der Gletscher vor etwa 16 000 Jahren änderte und zu einer flächendeckenden Bewaldung Südwestdeutschlands führte. Man geht davon aus, dass die Jagd auf Großtierherden, vermutlich bereits planerisch als Treibjagd vorbereitet, in dieser Zeit die dominierende Form des Nahrungserwerbs war, neben dem Sammeln natürlich. An der eiszeitlichen Jägerstation Engen am Petersfels (Lernortmodul) ist diese Form der Jagd didaktisch aufbereitet.

Leben in der Eiszeit am Petersfels Petersfels von oben
Schautafel am Eiszeitpark: Leben in der Eiszeit am Petersfels
© Johannes Hof
Petersfels von oben
© Thomas Hölz

3. Späte Altsteinzeit (Jungpaläolithikum) von ca. 40 000 bis 10 000 vor heute:

Mit der Klimaerwärmung im Laufe der späten Altsteinzeit veränderten sich auch die Lebensumstände der Menschen. Wurden zuvor hauptsächlich große Säugetiere gejagt, differenzierte sich die Nahrung nun zunehmend aus: aus den Höhlen der Schwäbisch Alb kann man Wildpferd, Steinbock, Ren und Hirsch als bevorzugte Speisen nachweisen, dazu kamen geröstete Haselnüsse oder Bärlauchpaste. Allgemein führte die Verbesserung der Lebensumstände zu einer Vergrößerung der Population und einer Weiterentwicklung von Technik und Kultur, die sich an verschiedenen Fundorten niederschlug. Bedeutende Fundstücke vomn Gebiet des rechten Oberrheingrabens finden sich mit didaktischem Material im Badischen Landesmuseum Karlsruhe.

Blick in den Ausstellungsraum:

Blick in den Ausstellungsraum:
Nachbildung einer Wohnstätte mit Felsloch aus der Alt- und Mittelsteinzeit und eines Hauses der Jungsteinzeit
© Badisches Landesmuseum Karlsruhe

Nach den entsprechenden Fundorten wird diese Epoche in Europa untergliedert in das Mousterien, das Aurignacien (Homo sapiens sapiens), das Gravettien und das Magdalénien.

Das Mousterien stellt die Übergangsphase vom Mittelpaläolithikum zum Jungpaläolithikum dar.

Das Aurignacien, das über ganz Europa verbreitet ist, weist neben weiter verfeinerten Steinwerkzeugen gut entwickelte Knochen- und Elfenbeinspitzen auf sowie, als ganz neues Phänomen, die Herstellung von Gravierungen (Strichbündel, Zeichenserien, Vulven), Skulpturen (Beutetiere wie Mammut, Bison, Pferd und Raubtiere, "Löwenmensch" vom Stadel) und Reliefs ("der Grüßende" vom Geißenklösterle) in differenzierter Formensprache in Materialien aus Stein, Knochen und Elfenbein. Sie stammen aus der Zeit um 35 000 vor heute und stellen die ältesten Kunstwerke der Menschheit dar.

Im Gravettien setzen sich die Darstellungsformen des Aurignacien fort, darüber hinaus treten in Mähren erste Keramiken von Tierbildnissen und Darstellungen der weiblichen Fruchtbarkeit in Form nackter, entindividualisierter Frauenfiguren sowie in Westeuropa ausgemalte Höhlenheiligtümer auf.

Im Magdalénien tauchen neben weiter verfeinerten Steinwerkzeugen Harpunen aus Rengeweihstäben, Pfeile und Nähnadeln aus Knochenspänen auf, die Kleinkunst zeigt größeren Formenreichtum und realistischere, oft sehr einfühlende Tierdarstellungen sowie die erste Darstellung des Sterbens.

4. Altsteinzeit in Baden-Württemberg: Historische und didaktische Relevanz

Fundplaetze_Jungpalaeolithikum_liste Fundplaetze_Jungpalaeolithikum_karte
Fundplätze des späten Jungpaläolithikums
© Uni Tübingen (Institut Ur-/Frühgeschichte)/ Verlag Archaeologica Venatoria

Die Bedeutung der Funde gerade in Baden-Württemberg kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Baden-Württemberg ist das deutsche Bundesland mit der größten Dichte altsteinzeitlicher Fundstätten. Sie befinden sich im Hegau westlich des Bodensees und entlang der oberen Donau mit ihren Seitentälern, vereinzelt auch im Breisgau, im Stuttgarter und im Heidelberger Raum.

Es handelt sich um Höhlen, Abris (Felsvorsprünge) und Freilandstationen.

Einige der Fundstätten besitzen aber auch aufgrund der Reichhaltigkeit, des Alters oder der Einzigartigkeit der Artefakte überregionale archäologische Bedeutung. So wurden in den Höhlen der Schwäbischen Alb, insbesondere im Achtal und im Lonetal, die ältesten mobilen figürlichen Kunstwerke der Menschheit entdeckt, sie entstammen ungefähr der Zeit von vor 43 000 Jahren. Besonders berühmt sind der Löwenmensch vom Hohlenstein, die Mammutfigur und die Löwenfigur vom Vogelherd oder die sogenannte Venus vom Hohlen Fels. Daneben bezeugt die Elfenbeinflöte von Geißenklösterle, dass die Steinzeitmenschen nicht nur kunstvolle Artefakte herstellten, sondern auch Musik machten.

Die bedeutenden Funde und Fundumstände werden mittlerweile auch der Öffentlichkeit in einer steinzeitliche Merkmale nachahmenden musealen Form präsentiert, insbesondere im Archäopark Vogelherd in Niederstotzingen.

Didaktisches Material für einen Lerngang vor Ort oder auch in der Schule liegt darüber hinaus auch für diese und andere Höhlen im Lonetal und Achtal vor.

Löwenmensch (Lonetal) Tierplastiken aus der Vogelherdhöhle
Mammut (Vogelherdhöhle)
links oben:
Löwenmensch (Lonetal)
© Ulmer Museum / Thomas Stephan
links unten:
Mammut (Vogelherdhöhle)
© Universität Tübingen/Institut für Ur- und Frühgeschichte; W. Strauß
rechts:
Tierplastiken aus der Vogelherdhöhle
© Landsmedienzentrum B-W

Im Hinblick auf die im Bildungsplan geforderte vergleichende Perspektive mit der Hochkultur in Ägypten bleibt festzuhalten, dass gerade die Funde aus Baden-Württemberg eine fortgeschrittene ästhetische, musikalische und kulturelle Entwicklung der Menschen der späten Altsteinzeit belegen. Ob es sich bei den figürlichen Darstellungen um Schmuck, quasi-religiöse Symbole oder um identitätsstiftende Zeichen eine Gruppe handelt, muss offen bleiben. Diese Deutungspluralität der Funde eignet sich damit in besonderem Maße dazu, den Konstruktcharakter von Geschichte offen zu legen.


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Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de

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