„Darum ergibt sich aus der Schrift, dass wir frei sind, und deshalb wollen wir's sein.“ - Der Baltringer Haufen als Aufbruch zu Freiheit und Demokratie?!
Autor: Lars Mayr
Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte an der ZSL-RegionalstelleTübingen
Kurzbeschreibung des Moduls:
1. Hintergrund
Das vorliegende Unterrichtsmodul widmet sich in einer Doppelstunde der Geschichte des Baltringer Haufens und damit auch der Entstehung der berühmten „Zwölf Artikel“ als zentralem Forderungskatalog und programmatischem Schreiben im Bauernkrieg 1525. Die Schülerinnen und Schüler sollen dabei nicht nur mit der ereignisgeschichtlichen Entwicklung des Bauernkriegs in Oberschwaben in der Region des Baltringer Haufens vertraut gemacht werden, sondern vor allem auch allgemein auf Formen des Protests aufmerksam gemacht werden. Zudem sollen sie zu der Beurteilung der demokratiegeschichtlichen Bedeutung dieser historischen Prozesse angehalten und letztlich auch zum Bewusstsein der Gewordenheit heutiger demokratischer Strukturen angeregt werden. Zu diesem Zweck wird neben der genauen Analyse der Bauernforderungen vor allem die Person Ulrich Schmids für die Schülerinnen und Schüler im Mittelpunkt stehen, dessen Werte und Ziele uns aus heutiger Sicht modern und gleichsam vorbildhaft anmuten mögen.
a) Historische Einordnung
1524 spitzt sich die Lage für die Bauern Oberschwabens zu. Immer mehr Belastungen gesellschaftspolitischer und sozialer Art veranlassen sie, nach einer Form der Organisation zu streben und ihre Anliegen gesammelt vorzutragen, wie es eben auch im kleinen Dorf Baltringen und seiner Umgebung der Fall war. Dieser Wunsch wird nicht zuletzt durch den fortschreitenden Einfluss der Reformation geschürt. Die Grundherren nehmen schnell das Bedrohungspotenzial, das sich aus diesen Bauernversammlungen und deren Forderungen ergibt, wahr und wählen eine Taktik des Hinhaltens, um sich auch militärisch aufstellen zu können. Den Bauern wird in Aussicht gestellt, dass über ihre Forderungen, so sie denn geordnet vorgetragen und auf einer klaren rechtlichen Grundlage entwickelt würden, verhandelt werde. Somit finden in Memmingen verschiedene Bauernhaufen zusammen und einigen sich auf einen gemeinsamen Forderungskatalog, die Zwölf Artikel. Die jedoch in der spannungsgeladenen Lage der Zeit immer wieder vorkommenden gewaltsamen Ausbrüche lassen schließlich den Konflikt gänzlich eskalieren und die Truppen des Baltringer Haufens werden vom Schwäbischen Bund vernichtend geschlagen.
b) Historische Bedeutung
Der Baltringer Haufen und vor allem sein Anführer Ulrich Schmid lassen sich nach Ansicht verschiedener Historiker und Institutionen heute als demokratiegeschichtlich bedeutend einschätzen, wie gerade auch das in diesem Jubiläumsjahr 2025 breite gedenk- und erinnerungsgeschichtliche Bemühen belegt. So sind nicht nur die konkreten inhaltlichen Forderungen, etwa nach Wahlrechten, Teilhabe an Ressourcen und rechtssicheren Prozessen, bemerkenswert, sondern auch die auf Dialog, rechtlich fundierter Konfliktbewältigung und im Falle Schmids klar formulierter Gewaltfreiheit basierenden Handlungskonzepte aus heutiger Perspektive deutlich positiv und modern zu bewertende Aspekte der Geschichte des Baltringer Haufens. Gerade diese Urteilsfrage, wie stark die Vorgehensweise und die Forderungen der Baltringer Bauern und ihres Anführers als Aufbruch zu einer demokratischen Entwicklung verstanden werden können, soll im vorliegenden Modul auch die Schülerinnen und Schüler als roter Faden begleiten.
2. Das Thema im Unterricht
a) Impulse und Material für den Unterricht mit didaktischen Hinweisen
| Zeit / Phase | Inhalte / methodische Hinweise |
| Doppelstunde | |
| Einstieg | Impuls durch Link / Homepage „Köpfe der Demokratie“ und der Ergänzung durch Porträts / Bilder Ulrich Schmids (Arbeitsblatt 1) |
| Hypothesenbildung | Schülerinnen und Schüler formulieren Leitfragen; Lehrkraft fixiert diese an der Tafel, zum Beispiel: Kann Ulrich Schmid als Vorbild / Kämpfer für die demokratische Entwicklung dienen? Ist der Bauernkrieg ein Schritt oder Aufbruch hin zur Demokratie? Welche Eckpfeiler und Errungenschaften prägen überhaupt eine Demokratie? Gibt es nicht viel wichtigere demokratische Etappenpunkte? etc (siehe Tafelanschrieb im Sammelordner) |
| Überleitung1 und Erarbeitung 1 | Durch einen Quellenimpuls (Arbeitsblatt 2) erarbeiten die Schülerinnen und Schüler auf der Basis von Arbeitsblatt 3 die Lage der Baltringer Bauern. |
| Auswertung 1 und Überleitung 2 | Besprechung und Sicherung der Ergebnisse der ersten Arbeitsphase an der Tafel (Tafelanschrieb); Überleitung mit kleiner ereignisgeschichtlicher Darstellung auf Quellengrundlage (Arbeitsblatt 4) führt zur nächsten Erarbeitung. |
| Erarbeitung 2 | Arbeitsteilige Erarbeitung mit den Arbeitsblatt 5, Arbeitsblatt 6, Arbeitsblatt 7 und Arbeitsblatt 8 zu den Zwölf Artikeln: Die Schülerinnen und Schüler erfassen Forderungen der Bauern und systematisieren und hierarchisieren diese. |
| Auswertung 2 und Epilog | Die Schülergruppen präsentieren ihre Ergebnisse; gemeinsame Vervollständigung des Tafelanschriebs; letztes Quellenimpulsblatt (Arbeitsblatt 9) stellt das „Ende“ des ereignisgeschichtlichen Ablaufs dar. |
| Reflexion | Unterrichtsgespräch zu den Leit- und Beurteilungsfragen vom Stundenbeginn; auch denkbar als Hausaufgabe |
b) Bildungsplanbezug
Inhaltbezogene Kompetenzen:
3.2.2 Wende zur Neuzeit – neue Welten, neue Horizonte, neue Gewalt
(4) die Reformation als Umbruch charakterisieren und ihre politischen Folgen erklären (Reformation, Bauernkrieg, Reich: Territorialstaat, Konfessionalisierung; pax universalis)
Prozessbezogene Kompetenzen:
1. Fragen an die Geschichte formulieren und vorgegebene historische Fragestellungen nachvollziehen
3. Hypothesen aufstellen
1. Hypothesen überprüfen
4. Sach- und Werturteile analysieren, selbst formulieren und begründen
5. die Übertragbarkeit historischer Erkenntnisse auf aktuelle Probleme und mögliche Handlungsoptionen für die Zukunft erörtern
5. wichtige Gruppen in den jeweiligen Gesellschaften unterscheiden sowie deren Funktionen, Interessen und Handlungsmöglichkeiten beschreiben
6. historische Sachverhalte in Zusammenhängen darstellen (Narration)
7. regionalgeschichtliche Beispiele in übergeordnete historische Zusammenhänge einordnen
Leitperspektive
Leitfaden Demokratiebildung [PDF, 5,7 MB]
Literatur
Blickle, Peter, Der Bauernkrieg. Die Revolution des Gemeinen Mannes, 4. Aufl., München 2012.
Diemer, Kurt, Der Baltringer Haufen, in: Der Bauernkrieg in Oberschwaben, hg. von Elmar L. Kuhn, Tübingen 2000, S. 67-95.
Liesch, Franz: Der Baltringer Haufen, in: Geschichte lernen, 55, Januar 1997, S. 20–27.
Links
Übersicht über die verschiedenen Museen zum Bauernkrieg:
Erinnerungsstätte zum Baltringer Haufen / Homepage des Museums in Baltringen
(Alle Links aufgerufen am 11.11.2025 )
- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte an der ZSL-Regionalstelle Tübingen -
Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de
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