Hintergrundinformationen

Schloss Weikersheim - fürstliche Residenz, barocker Garten, alchemistisches Laboratorium

1. Bedeutung

Schloss Weikersheim, vom Marktplatz gesehen

Schloss Weikersheim, vom Marktplatz gesehen
© Levin Lüftner

Das Schloss Weikersheim war der Stammsitz des Hauses Hohenlohe, das hier seit 1153 nachweisbar ist, jenem mächtigen Geschlecht, das seit dem Mittelalter dem Reichsgrafenstand und seit 1757 dem Reichsfürstenstand angehört. Weikersheim gehört zu einem der schönsten Renaissanceschlösser Süddeutschlands und dient heute als Museum fürstlicher Wohnkultur. Erbaut wurde es in Teilen von Graf Wolfgang II. (1546-1610), der es von 1595 bis 1603 an der Stelle der mittelalterlichen Wasserburg errichten ließ. Heute findet man Bauteile aus dem Mittelalter, der Renaissance und Ergänzungen aus dem Barock vor, die geschickt und harmonisch zu einem Ensemble zusammengefügt wurden.

Der Innenhof mit dem mittelalterlichen Bergfried

Der Innenhof mit dem mittelalterlichen Bergfried
© Levin Lüftner


Das Besondere an Weikersheim liegt darin, dass die Innenräume samt Mobiliar und Ausstattung in seltener Geschlossenheit erhalten blieben, da mit dem Tod des Grafen Carl Ludwig 1756 die Weikersheimer Linie des Hauses Hohenlohe erlosch, das Schloss nie mehr ständig bewohnt war und damit in demjenigen Zustand auf die Nachwelt kam, wie es Carl Ludwig hinterlassen hatte. Als 1945 Prinz Constantin von Hohenlohe aus Böhmen nach Weikersheim kam, wurde das Schloss allmählich aus seinem Dornröschenschlaf erweckt und Besuchern zugänglich gemacht. Heute befindet sich das Schloss Weikersheim im Besitz des Landes Baden-Württemberg.


Der barocke Garten mit Orangerie und Blick ins Taubertal

Der barocke Garten mit Orangerie und Blick ins Taubertal
© Levin Lüftner

Sehr sehenswert ist neben dem Schloss auch der von Carl Ludwig 1709 angelegte barocke Garten mit seinen Terrassen, Skulpturen und Wasserspielen. Berühmt ist der sogenannte "gerahmte Fensterblick" ins Taubertal, den die zweigeteilte Orangerie den Besuchern schenkt. Unter den Skulpturen besitzt zweifellos die Zwergen- oder Gnomengalerie die größte Anziehungskraft auf Kinder. Hier werden die Mitglieder des Hofstaates humoristisch dargestellt. Je acht Zwergenfiguren säumen die Balustrade rechts und links vor der Gartenseite des Schlosses.


Die Zwergengalerie von Schloss Weikersheim

Die Zwergengalerie von Schloss Weikersheim
© Levin Lüftner


Die Zwerge erinnern eindrücklich daran, dass neben der fürstlichen Familie eine Vielzahl von Menschen im Schloss lebten. Der Hofstaat zählte zu Zeiten des Grafen Wolfgang II. 115 Personen. Die Zwerge gewähren einen Einblick in die mannigfachen Berufe und Aufgaben der Bediensteten. Im Westen beginnend sieht man zur Mitte hin: Hofjägermeister, Hofnarr, Hirtin, Kellermeister, Hofgärtnerin, Faulpelz, Haushofmeisterin und Trommler. Von Osten her, zur Mitte hin sind dargestellt: Wachtmeister, Hofdame, Hofrat, Kammerzofe, Kammerkassier, Hofjude und Baumeister.

Blick in die Alchemie-Ausstellung

Blick in die Alchemie-Ausstellung
© Levin Lüftner

Die dritte Besonderheit neben Schloss und Garten ist die Dauerausstellung "Alchemie in Schloss Weikersheim - Graf Wolfgang II. und sein alchemistisches Laboratorium um 1600". Der Erbauer des Schlosses Weikersheim beschäftigte sich wie viele andere Fürsten seiner Zeit ernsthaft, d. h. unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten, mit Alchemie. Im ehemaligen Burgzwinger ließ er ein alchemistisches Laboratorium errichten, von dem heute noch Spuren vorhanden sind. Dort widmete er sich alchemistischen Experimenten, d. h. Versuchen, unedle Metalle in Silber und Gold umzuwandeln. Die Ausstellung befindet sich in der ehemaligen Schlossküche und zwei angrenzenden Räumen.

Auf neun Tafeln sind die Hauptthemen der Ausstellung kurz erläutert:
1. Alchemie - Aberglaube, Betrug, Wissenschaft?
2. Alchemistische Symbole - Kurzschrift oder Geheimcode?
3. Graf Wolfgang II. von Hohenlohe 1546-1610
4. Alchemie - ein fürstliches Steckenpferd
5. Ein Betrüger - Michael Polhaimer
6. Die alchemistische Bibliothek
7. Graf Wolfgang II. und sein Laboratorium
8. Alchemisten-Alltag - Chemikalien, Geräte und Verfahren
9. Experimente des Grafen Wolfgang II.

Auf dem ehemaligen Standort des Laboratoriums befindet sich heute das Alchemie- und Hexengärtchen, das Pflanzen und verschiedene Gegenstände zum Hexen- und Volksglauben enthält.


2. Geschichte

1153
In einer Würzburger Urkunde erscheinen zum ersten Mal die Herren Konrad und Heinrich von Wikartesheim. Die Familie der Herren von Weikersheim dürfte schon um 1100 eine große Wasserburg mit anschließender Siedlung, geschützt durch Tauber und Vorbach, errichtet haben. Weikersheim gilt somit als Hohenloher Stammsitz.

Um 1170
Der Hauptsitz des Adelsgeschlechts wird nach der Burg Hohenloch über dem Dorf Hohlach bei Uffenheim verlegt. Die Familie nennt sich nun von Hohenloch, das dann zum heute noch gültigen Namen Hohenlohe wird.

1256
Mit Kraft I. bildet sich eine selbständige Linie Hohenlohe-Weikersheim, die bis 1394 ständig in Weikersheim wohnte.

1394-1494
Verpfändung der Burg an Würzburg, dann lange Zeit an das Haus Weinsberg und schließlich noch an die Herren von Rechberg

1555
Nach einem zehnjährigen Erbstreit fällt Weikersheim an den Grafen Ludwig Kasimir von Hohenlohe-Neuenstein, dessen Sohn Albrecht in Weikersheim lebte, bevor er 1575 in Stuttgart bei einem Turnier der befreundeten Herzöge von Württemberg tödlich verunglückte.

Graf Wolfgang II. von Hohenlohe (1546-1610)

Graf Wolfgang II. von Hohenlohe (1546-1610)
© Levin Lüftner


1566
Graf Wolfgang II. (1546-1610), Herr von Langenburg, heiratet Magdalena Gräfin von Nassau-Katzenelnbogen.

1587
Nach erfolgter Erbteilung verlegt Graf Wolfgang II., der Bruder des kinderlos verstorbenen Albrecht, seinen Wohnsitz von Langenburg nach Weikersheim.

1587/88
Graf Wolfgang lässt die alte Wasserburg modernisieren und instandsetzen. Bis zum Neubau des Schlosses dient diese als provisorische Wohnung.

1595
Graf Wolfgang schließt einen Vertrag mit dem betrügerischen Goldmacher Michael Polhaimer und gibt diesem einen Vorschuss von 116 Gulden. Nach dessen Flucht nach Würzburg wird er gefangen genommen und zwei Jahre im Weikersheimer Gefängnisturm inhaftiert. Anschließend arbeitet Polhaimer seine Schulden bei Graf Wolfgang als Kanzleischreiber ab. 1598 wird er von dem Kalkschneider Gerhard Schmidt, der bei den Bauarbeiten im Schloss mitwirkt, im Streit erstochen.

1595-1603
Der Südflügel mit Saalbau und Altane werden erbaut.

1602/03
Graf Wolfgang lässt ein alchemistisches Laboratorium errichten. Schon vor dem Neubau dient dem Grafen ein älteres Gebäude zu alchemistischen Studien und Experimenten. Heute befindet sich an der Stelle des Laboratoriums ein Alchemie- und Hexengärtchen mit Pflanzen und Gegenständen zum Volksglauben.

1600-1605
Der 35 Meter lange, zwölf Meter breite und acht Meter hohe Rittersaal wird ausgestaltet. Die Decke konstruiert Elias Gunzenhäuser und hängt am Dachstuhl, ohne dass Säulen oder Pfeiler den Saal beengen. Der Saal zeigt Jagdszenen an der riesigen Kassettendecke (Ölgemälde von Balthasar Katzenberger), lebensgroße Tierreliefs (von Gerhard Schmidt), das Portal mit dem Schlachtenrelief und den Kamin als ein Glanzstück der fränkischen Renaissanceplastik (von Michael Junker mit den Söhnen Zacharias und Hans).

1610
Graf Wolfgang II. stirbt im Alter von 64 Jahren. Mit seinem Tod kommen zunächst weitere Bautätigkeiten größeren Ausmaßes zum Erliegen, so dass das von Wolfgang geplante Renaissanceschloss letztlich unvollendet blieb.

Graf Carl Ludwig von Hohenlohe (1674-1756)

Graf Carl Ludwig von Hohenlohe (1674-1756)
© Levin Lüftner

1708
Durch Erbteilung kommt die Herrschaft Weikersheim an den Grafen Carl Ludwig. Unter seiner Regentschaft erfährt das Schloss weitere Ausgestaltung im barocken Stil. Auch die repräsentative Schauseite gegen das Städtchen mit den Zirkelbauten und dem Marktplatz entstehen in seiner Regierungszeit.

1709
Graf Carl Ludwig lässt den barocken Schlossgarten mit seinen Skulpturen anlegen. 1719 wird der Schlosspark mit der Erbauung der Orangerie im Süden begrenzt.

1713
Graf Carl Ludwig heiratet Prinzessin Elisabeth Friederike Sophie von Öttingen, die 1716 Sohn Albrecht gebärt. 1744 verunglückt dieser tödlich bei einem Ritt.

1756
Nach dem Tod Carl Ludwigs wird Weikersheim als Residenz aufgegeben und nicht mehr ständig bewohnt. So verbleibt das Schloss weitestgehend in dem originalen Zustand der Barockzeit.

1757
Das Hohenlohische Territorium wird vom Kaiser in den Reichsfürstenstand erhoben.

1806
Das Fürstentum Hohenlohe wird in das Königreich Württemberg eingegliedert. Die Herrschaft Schillingsfürst kommt an das Königreich Bayern.

1945
Prinz Constantin von Hohenlohe kommt von Böhmen nach Weikersheim. Selbst Künstler und Kunstliebhaber erweckt er das Schloss aus seinem Dornröschenschlaf und beginnt mit den Restaurierungsarbeiten. Nach seinem Tod 1967 erwirbt das Land Baden-Württemberg Schloss Weikersheim und stellt es unter die Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten.



3. Anlage

Lageplan Schloss und Gartenanlage Weikersheim

Lageplan Schloss und Gartenanlage Weikersheim
© Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg


Vom Marktplatz betritt man das Schloss von Osten kommend. Zwischen den Arkadenbauten hindurch und über den ehemaligen Graben der Wasserburg schreitend erblickt man den Marstall mit seiner Tordurchfahrt. Der Vorhof weitet sich nach Norden hin, wo sich der Rosengarten befindet. An seiner westlichen Seite befindet sich an der Nordspitze des Schlosses der Zugang zum versteckten Alchemiegärtchen im ehemaligen Zwinger der Burg.

In der zweiten Tordurchfahrt befindet sich der Zugang zum Schloss und zum barocken Garten. Im Innenhof stehend sieht man im Osten den Bergfried, daneben im Nordosten den Prinzessinnenbau und im Nordwesten weitere Gebäudeteile der mittelalterlichen Burg (Hausmeisterbau). An den Saalbau im Süden schließt sich im Westen der Küchenbau an, wo im Erdgeschoss in der ehemaligen Küche die Alchemieausstellung untergebracht ist. Im Osten zum Bergfried hin befindet sich der sogenannte Langenburgerbau.

Durch eine Durchfahrt im Erdgeschoss des Saalbaus gelangt man in den barocken Garten, der sich südlich an das Schloss anfügt. Man erreicht ihn über eine Brücke über den ehemaligen Burggraben. Zunächst findet man hier links und rechts des Zugangs die Zwergengalerie. Zentral in der Mitte des Gartens dominiert der Herkulesbrunnen den Blick. Nach Süden begrenzt den Garten die Orangerie mit dem "gerahmten Blick" ins Taubertal.

 

- Projektgruppe RP Stuttgart -