Die Revolution 1848/49: Landesgeschichtliche Einordnung

Autor: Markus Bultmann (Arbeitskreis RP Freiburg)

Die Revolution von 1848/49 ist ein europäisches Ereignis. Sie beschränkt sich keineswegs auf den deutschen Südwesten. Reform und Revolution, Revolutionsabwehr und Gegenrevolution bilden die Koordinaten eines gemeinsamen europäischen Erfahrungs- und Handlungsraumes im Kontext einer gewaltigen Umbruchsituation in der Mitte des 19. Jahrhunderts.

Die Forderungen des Volkes

Bild 1: Offenburger Forderungen
© Stadtarchiv Offenburg

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Im Kontext der Revolution 1848/49 in Deutschland und Europa lässt sich am Beispiel des deutschen Südwestens das äußert spannungsgeladene Panorama der Revolutionszeit aufzeigen.

In Deutschland setzt im September 1847 die Versammlung im Offenburger Salmen ein erstes Zeichen des demokratischen Aufbruchs. Ausgehend von Baden breitet sich damit die Demokratiebewegung in Deutschland aus.

Chronologisch kann man mit der Verabschiedung der Offenburger Forderungen des Volkes am 12. September 1847 die Revolution in Deutschland beginnen lassen. Mit der Kapitulation der Freiheitsfestung Rastatt am 23. Juli 1849 endet sie.

Entwaffnung der Insurgentenbesatzung von Rastatt

Bild 2: Kapitulation Rastatt © Bundesarchiv

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Im Kontext der gesamtdeutschen Revolution sind aus badischer Sicht drei Aspekte wichtig:

  • Die Soldaten schließen sich fast geschlossen der Revolution an. Der Ausgangspunkt dieser Soldatenerhebung in Baden ist die Festung Rastatt. Der Großherzog und seine Regierung verlassen Baden. Eine provisorische Regierung übernimmt die Regierungsgewalt.
  • Bereits am 3. Juni finden Wahlen zu einer verfassungsgebenden Versammlung statt. Es ist die erste demokratische Wahl in der deutschen Geschichte, die auf der Grundlage eines allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrechts durchgeführt wird. Eine Woche später tritt das neugewählte Parlament zusammen. Damit wird Baden der erste republikanisch regierte deutsche Staat und dies mit überwiegend friedlichen Mitteln, gestützt und getragen von der Zustimmung und Mitwirkung eines großen Teiles der badischen Bevölkerung. Die erste friedliche Revolution in Deutschland.
  • Nur in Baden gelingt es, weite Teile der Bevölkerung in Volksvereinen straff zu organisieren und somit als Massenbasis für die Revolution zu mobilisieren.

Die Revolution verläuft in Baden spektakulärer als in Württemberg. Hier versuchen Liberale und Demokraten vergeblich, in drei parlamentarischen Anläufen bis zum 6.11.1851 zentrale Ergebnisse der Revolutionsjahre in einer neuen Verfassung zu verankern. Es hängt aber dem Mythos der Gewalt an, wer den Württembergern ihre Revolution abspricht. Im Kontext der gesamtdeutschen Revolution ist der Verlauf in Württemberg vermutlich repräsentativer.

In der Endphase der Revolution sind die Unterschiede zwischen Baden und Württemberg besonders offensichtlich. Während es in Baden zu einer breiten Volksbewegung kommt, der sich die regulären badischen Truppen von Rastatt ausgehend anschließen, und schließlich Krieg gegen die Bundestruppen geführt wird, lässt die liberale Regierung in Württemberg das Rumpfparlament gewaltsam auflösen, hebt sie die württembergische Neutralität auf und gestattet den preußisch geführten Bundestruppen, zu denen auch württembergische Regimenter zählen, den Vorstoß über württembergisches Territorium. Militärisch gesehen führt diese undichte Stelle zur entscheidenden Niederlage der Revolutionsarmee bei Gernsbach und dem anschließenden Rückzug der Truppen in die Festung Rastatt. Eine kleine Gruppe Reutlinger Freischärler schließt sich dagegen am 21. Juni 1849 knapp einen Monat nach der großen Pfingstversammlung zur Durchsetzung der Reichsverfassung (28. Mai 1849) dem bunten Haufen der badischen Revolutionsarmee an.

Ein Württemberger aus Stuttgart-Feuerbach, Ernst Elsenhans, hebt während der Belagerung der Freiheitsfestung Rastatt den Durchhaltewillen und die Kampfmoral der Eingeschlossenen. Sein Konzept der sozialen Demokratie greift den sozialdemokratischen Reformvorstellungen voraus. Er wird in Rastatt standrechtlich hingerichtet.

Der Festungsbote

Bild 3: Festungsbote, © Bundesarchiv
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Ein weiterer Württemberger, Ludwig Pfau aus Heilbronn, der Herausgeber des Eulenspiegels in Stuttgart, dichtet im Dezember 1849 das Badische Wiegenlied , das eine Strophe zu Rastatt enthält und die Atmosphäre der Besatzungszeit in Baden eindrücklich vermittelt.

[mehr] Revolution und Reform. Aspekte der deutschen Demokratiebewegung von 1848/49 am Beispiel Badens und Württembergs

Die Beiträge zu den Stätten südwestdeutscher Demokratiebewegung konzentrieren sich zunächst auf Baden. Neben der Vorstellung der authentischen Lernorte werden Materialien für den Unterricht an der Schule didaktisch aufbereitet. Die Erinnerungsstätten deutscher Demokratiegeschichte werden folglich daraufhin befragt, wofür sie jeweils repräsentativ sind und was sich an ihnen jeweils zeigen lässt, das auch überregional von Bedeutung ist. So lässt sich deutsche Demokratiegeschichte landesgeschichtlich verorten und problemlos in den Geschichtsunterricht integrieren.

[mehr] Die Demokratiebewegung von 1848/49. Weitere didaktische Impulse

Beispiele:

1. Im Spannungsfeld zwischen Demokratie und Diktatur: Der Salmen in Offenburg
a) Die Eroberung der Straße: Aktionsformen außerparlamentarischer Partizipation am Beispiel der Offenburger Versammlung 1847-49
b) Zugestanden und Verweigert. Jüdische Emanzipationserfahrungen in Baden
c) Freiheit und Recht. Das Offenburger Programm im Spannungsfeld zwischen Demokratie und Diktatur

2. Rastatt: Lernort deutscher Demokratiegeschichte. Die Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte
a) Der Staatsbürger in Uniform. Demokratiebewegung und Militär
b) Erbe und Verantwortung. Demokratische Traditionsbildung
c) Partizipation und Gewalterfahrung

[weiter:] [Daten zur südwestdeutschen Demokratiegeschichte]

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Freiburg -

 


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