Messung der Fallbeschleunigung mit der Soundkarte.
Mit Computer und Soundkarte lassen sich zusammen mit dem Programm Goldwave
genaue Zeitmessungen durchführen. Die Idee zu diesem Experiment hatte
Herrn Dr. Heiß vom Gymnasium Korschenbroich.
Auf den Webseiten der Schule
http://home.t-online.de/home/Gymnasium.Korschenbroich/
findet man auch eine Anleitung zu diesem Experiment und weiteren Versuchen mit
der Soundkarte.
Es sei dennoch hier kurz vorgestellt , einige Tipps für die praktische
Versuchsdurchführung und einen geschickten Aufbau schließen sich an.
1.1.) Versuchsprinzip.
Als fallender Körper dient ein metallischer Testkörper, z.B. eine
Münze oder eine Metallmutter. Dieser wird zunächst von einer
Wäscheklammer festgehalten, in deren Enden zwei Schrauben eingearbeitet
wurden. (vgl. Abbildung)
Diese Wäscheklammer bildet also eine Art "Schalter", den man
in die Zuleitung von einer 9V-Blockbatterie zu einem geeigneten Summer legt.
So lange der Testkörper von der Klammer festgehalten
wird, ist der Schalter geschlossen und der Summer ertönt.
Wird die Klammer geöffnet, beginnt der Körper zu fallen, der
"Wäscheklammer-Schalter" ist nun geöffnet und der Summton
hört auf. (Die Klammer bleibt gedrückt, so dass kein Kontakt mehr
zustande kommt)
Wenig später prallt der Testkörper auf der Tischplatte auf, was ein
Aufschlaggeräusch erzeugt.
Diese Geräusche werden von einem "Computermikrofon"
aufgenommen, das an den MIC-Eingang einer Soundkarte angeschlossen wird. Das
Mikofon wird dabei in der Nähe des Summers und unmittelbar über der
Tischplatte platziert.
1.2.) Beispiel einer Aufzeichnung mit Goldwave.

Hier sieht man die Aufzeichnung einer Messung, links ist das Aufhören
des Summtons zu erkennen, rechts das Aufprallgeräusch auf der Tischplatte.
Die Zeit zwischen diesen beiden Ereignissen ist die Fallzeit des
Testkörpers.
( Eine Anleitung zum Arbeiten mit
dem Programm Goldwave findet man hier).
Während der Aufprall (und damit das Ende der Fallbewegung) gut zu
erkennen ist, stellt sich die Frage nach dem Start. Wenn der Stromkreis
unterbrochen wird, hört der Ton des Summers natürlich nicht
"schlagartig" auf, sondern die Summer-Membran schwingt aus. Wenn man
also den Startpunkt möglichst gut finden will, muss man den Punkt suchen,
an dem die Summeramplitude gerade abzunehmen beginnt.
Man kann nun die Fallhöhen variieren und jeweils die Fallzeiten
messen. So kann man die beschleunigte Fallbewegung untersuchen. Möchte man
die Fallbeschleunigung g möglichst genau bestimmen, sollte man mehrere
Experimente machen (ggf. auch nur mit einer Fallhöhe) und Mittelwerte
bilden.
Als Auswertprogramm eignet sich auch
Audacity hervorragend. Das Programm ist Freeware und
für Windows, Mac und Linux erhältlich.
Wir haben das Programm
hier vorgestellt.
1.3.) Praktische Hinweise zum Aufbau.
Die nötigen Vorrichtungen für das Experiment kann man leicht
selbst basteln. Vielleicht können dies sogar Schülerinnen und
Schüler nach einer Anleitung durch den Lehrer durchführen.
Haltevorrichtung.
Als Halteklammern eignen sich notfalls stabile Wäscheklammern aus Holz.
Noch besser geeignet sind auch die etwas größeren, hölzernen
Reagenzglasklammern, die man im Lehrmittelhandel für Chemieausrüstung
- z.B. bei der
Firma Hedinger in Stuttgart -
bekommt. Besonders geeignet ist die Nr. 61. Eine solche Reaganzglasklammer
kostet etwa 1 Euro. (Staffelpreise Stand Ende 2008)
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Eine sehr einfache und haltbare Lösung ist in die
Reagenzglashalter Nr. 61 Polklemmen (Laborbuchsen mit Gewinde) einzubauen. Dazu
bohrt man, am besten auf einer Standbohrmaschine, ein 4 mm Loch im Bereich der
Öffnung durch beide Klammerhälften. Das Buchenholz ist stabil genug,
dass die Klammer nicht bricht.
Von beiden Seiten her werden dann Polklemmen mit M4 Gewinden eingeschraubt,
wobei eine Haltemutter außen und eine in der Öffnung liegt (vgl.
Foto Mitte).
Ich habe dazu 30 mm lange Polklemmen verwendet, wie man sie z.B. bei
Conrad unter der Nummer 734624 bekommt, es eignet
sich auch die PKI10A von
Mükra Elektronik. Die Gewindelänge
sollte mindestens 15 mm betragen. Kürzer sollten die Polklemmen nicht
sein, länger wäre kein Problem, ein Teil des Gewindes bleibt dann
eben außen an der Klammer.
Wenn man beide Muttern gegeneinander anzieht, hält die Polklemme
hervorragend.
Die beiden Schraubgewinde der Polklemmen berühren sich - bei den
verwendeten Polklemmen - dann in der Mitte gerade doch nicht, es ist ein Spalt
von etwa 1 - 2 mm dazwischen (vgl. Foto Mitte).
Evtl. kann man auch noch Distanzscheiben unterlegen, wenn die Gewinde zu lange
sein sollten.
In diese Öffnung kann man dann - quer - eine Münze einklemmen, die
den Kontakt schließt. Es passen alle gängigen Münzen
dazwischen. So wird der Schaltkontakt geschlossen (vgl. Foto unten).
Wird die Klammer ausgelöst, so fällt die Münze. Der Kontakt wird
nicht wieder geschlossen, auch wenn die Klammerhälften wieder zusammen
kommen, denn es ist ja ein Spalt zwischen den Polklemmen.
Die Polklemmen lassen sich mit normalen Laborkabeln mit dem Summer
verbinden. So können keine Lötstellen abreißen und es
"vertorken" sich keine Kabel, wenn man mehrere Klammerschalter in
einer Kiste aufbewahrt.
Der bastlerische Aufwand für diesen Klammerschalter ist wirklich
minimal, wenn man die richtigen Teile dazu hat. Ein Klammerschalter ist in
weniger als zwei Minuten gebaut und man muss nicht löten.
Notfalls lassen sich die Löcher auch mit dem Akkuschrauber bohren, man
sollte nur darauf achten, dass man möglichst senkrecht bohrt. Wenn man
"in einem Rutsch" durch beide Hälften bohrt, stehen sich die
Gewinde der Polklemmen auf jeden Fall gegenüber.
Die Polklemmen bekommt man im Elektronikhandel (vgl.
Quellen für Elektronikteile)
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Summer und Quelle in einem Gehäuse.
Für den prakischen Einsatz (insbesondere in einem Praktikum) sollte der
Aufbau möglichst wenig Fehlerquellen enthalten. Daher ist folgende
Anordnung sehr geeignet:
Man besorgt sich ein kleines Kunststoffgehäuse mit Batteriefach für
einen 9V-Block, das z.B. unter der Nummer 524050 (weiß) oder 523992
(schwarz) bei
Conrad
erhältlich ist. Diese Gehäuse bietet auch noch Platz für einen
kleinen Summer, den Batterieclip und zwei Laborbuchsen.
An diese beiden Buchsen wird der "Wäscheklammerschalter"
angeschlossen. Im Mustergerät wurden die Buchsen so angeordnet, dass eine
Kurzschlußbrücke von Phywe dazwischen passt (Mittenabstand 2,0 cm).
Man kann so die Funktion von Batterie und Summer einfach testen und eine
entladene Batterie schnell feststellen. Es gibt dann auch keine Probleme mit
falsch angeschlossenen Summern, denn bei diesen muß man auf die Polung
achten! Der Summer sollte für die Spannung von 9 Volt geeignet sein. Ein
12 Volt Summer funktioniert meist im Spannungsbereich von 8V bis 16 V.
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Ein Aufbauvorschlag wird aus den Aufnahmen deutlich. Das Batteriefach, hier
mit einem 9V-Akku-Block, wird normalerweise mit einem Deckel geschlossen.
Computermikrofon.
Computermikrofone sind im Elektronikhandel für etwa 3 - 5 Euro zu
bekommen. Sie werden einfach an den MIC Eingang der Soundkarte angeschlossen.
Vor dem Durchführen des Experiments sollte man sich vergewissern, dass
auch der richtige Eingang der Soundkarte aktiviert ist (
vgl. Hinweise zum Umgang mit dem Programm Goldwave)
Zusammen sind mit Kosten von etwa 15 Euro je Messeinrichtung (Summerbox,
Klammerschalter und Computermikrofon) zu rechnen.
2.) Erfahrungen aus der Praxis.
2.1.) Durchführung in einem Praktikum in der Schule.
Die Durchführung des Experiments in einem Schülerpraktikum ist
völlig unproblematisch. Man muss lediglich vor Beginn der Messungen kurz
durch Überbrücken der beiden Buchsen überprüfen, ob die
Batterien im Summergehäuse noch einsatzfähig sind.
Das Mikrofon wird an den Micro-Eingang eines Computers angeschlossen und
nahe beim Summer platziert. Dies ist erforderlich, damit das Tonsignal
mit der nötigen Intensität aufgezeichnet wird, so dass man gut
erkennen kann, wann die Amplitude abnimmt.
Diesen Zeitpunkt gut zu finden ist der größte Fehlerfaktor bei der
Messung. Den Zeitpunkt des Aufpralls festzustellen ist weniger schwierig, er
hebt sich deutlich ab.
In meinen Experimenten mit verschiedenen Klassen habe ich sechs Laptops
(=sechs Gruppen) eingesetzt, auf denen das Freeware-Tonaufzeichnungsprogramm
Audacity installiert war.
Jede Gruppe erhielt zusätzlich ein Computermikrofon, eine Summerbox, einen
Klammerschalter und eine Messlatte.
Ich war am Anfang skeptisch, ob eine solche Gruppenarbeit in einem Raum
überhaupt durchführbar ist und ob sich die Gruppen akustisch nicht zu
sehr stören.
Diese Befürchtung erwies sich aber als unbegründet, es geht ohne
Probleme.
Wahrscheinlich wären auch acht Gruppen möglich, wenn man die Rechner
und das Material dazu hat.
Als Fallkörper werden Münzen aus den Geldbörsen der
Schüler verwendet. Dabei ist es für die Schülerinnen und
Schüler auch sehr lehrreich nicht nur die Fallzeiten in Abhängigkeit
von der Höhe für eine Münze zu messen, sondern dieselbe
Messreihe z.B. einmal für eine 1 ct Münze und einmal für eine 2
Euro Münze aufzunehmen.
Man muss dann allerdings darauf achten, dass die Unterkanten der Münzen
den gleichen Abstand von der Tischoberfläche haben, d.h. man muss
die Halteklammer ggf. nachjustieren, weil die Münzen ja unterschiedliche
Durchmesser haben.
Die Schülerinnen und Schüler waren doch sehr überrascht, dass
hier im Rahmen der Messgenauigkeit für gleiche Fallstrecken auch die
gleichen Zeiten herauskommen -das hatten sie nicht erwartet.
Bei Fallhöhen von weniger als 1 m spielt der Luftwiderstand
tatsächlich praktisch keine Rolle.
Alternativ dazu könnte jede Gruppe auch nur eine Experimentreihe
durchführen und verschiedene Gruppen mit verschiedenen Münzen
arbeiten. Danach trägt man die Ergebnisse dann zusammen und vergleicht.
2.2.) Durchführung als Heimexperiment.
Herr Klaus J. Koch vom Amt für Lehrerbildung in
Gießen hat die Erfahrung gemacht, dass viele Lehrerinnen und Lehrer
die Bastelarbeit scheuen und er hat sich Gedanken gemacht, wie es auch ohne
Klammerschalter und Summer gehen könnte:
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"Nach mehrjährigem Nachdenken kam mir die Idee, wie man aus
dem Korschenbroicher Konzept einen wirklichen Freihandversuch machen kann:
man muss einfach dafür sorgen, dass beim Beginn des freien Falls auch ein
kurzes Geräusch erzeugt wird.
Und das ist zum Glück gar nicht so schwer: man legt das Objekt, das den
Fall ausführen soll, überhängend auf irgendetwas, das auch mal
einen Schlag aushält, z.B. einen Karton, notfalls auch auf die Muffe eines
Leybold-Stativs.
Und dann führt man mit einem Hammer (oder was immer man gerade griffbereit
hat) einen kurzen, aber heftigen Schlag auf den Karton aus, so dass der
daraufliegende Gegenstand nicht mehr unterstützt wird, herunterfällt
und seinerseits einen Aufschlag erzeugt. Und schon hat man zwei abklingende
Geräusche (Knall?), von denen man die Startzeiten subtrahieren muss. Und
das macht jedes Tonaufzeichnungsprogramm. Es genügt das eingebaute
Mikrofon des Notebooks. So kann jeder Schüler den Versuch auch zu Hause
durchführen."
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So könnte dann das Ergebnis einer solchen Aufzeichnung
aussehen:
links erkennt man das Signal, das vom auslösenden Schlag herrührt.
Wenn der Gegenstand wirklich sofort mitfällt, dann ist der Beginn dieses
Signals auch der Fallbeginn. Das rechte Signal rührt vom Aufschlag her.
Die Zeit, die zwischen dem Beginn des jeweiligen Tonsignals vergangen ist, ist
dann die Fallzeit.
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 Herrn Kochs
Wave-Datei zum Herunterladen. 
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In einem Praktikum wäre ich mir nicht sicher, ob bei dieser Art der
Messung sich verschiedene Schüler nicht akustisch zu sehr stören. Bei
einem Heimversuch besteht dieses Problem natürlich nicht.
Eine mögliche Komplikation dieses Konzeptes könnte in der
Halterung bestehen:
muss man den Schülerinnen und Schülern Stativmaterial mit nach Hause
geben, dann fehlt dieses in der Schule. Stativmaterial wird ja bei den
unterschiedlichsten Experimenten benötigt und ist in der Schule eigentlich
immer knapp, während das Fehlen der Summer und Klammerschalter sicher
nicht bemerkt würde, wenn man sich bei Parallelklassen abspricht.
Natürlich kann man den Versuch mit Summer und Klammerschalter auch Zuhause
durchführen. Hierfür benötigt man nicht unbedingt
Stativmaterial, denn die Münze wird ja von der Klammer gehalten, die
ihrerseits von der Hand gehalten wird.
Da einzige Problem, das ich in diesem Falle sehen würde, ist, dass die
Schüler die Summer sicherlich extensiv nutzen und so die Batterien schnell
verbraucht sind ;-)
Auf jeden Fall sind wir (sowohl Herr Koch als auch ich) an ihren eigenen
Erfahrungen mit diesen Experimenten interessiert. Schreiben Sie einfach an die
Fachgruppe Physik am Landesbildungsserver (siehe Link unten).
Klaus-Dieter Grüninger, Landesbildungsserver
Baden-Württemberg
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