3. Welches didaktische Konzept zeigt am meisten Wirkung, wenn mit Computern im Anfangsunterricht gearbeitet wird?

Grundsätzlich eignet sich die Arbeit mit Computern in der Grund- schule nur, wenn offener Unterricht stattfindet, d. h. wenn Kindern die Möglichkeit gegeben wird, selbst zu bestimmen, woran sie mit wem und mit welchem Medium arbeiten wollen. Schüler könnnen vom Beginn ihrer Schulzeit an lernen, sich selbstbestimmt und eigenaktiv Wissen anzueignen in einem ihnen angemessenen Lern- tempo.
Dabei können schwächere Schüler durchaus von leistungsstärkeren profitieren, und diese lernen wiederum mehr und besser, wenn sie anderen den Lernstoff erklären. Kinder wissen oft besser als Erwachsene, in welchen Kategorien und Strukturen ihre Mitschüler verhaftet sind.
Ungeduldige Helfer findet man nur dann, wenn diesen keine Zeit für eigene Vorhaben bleibt, weil sie immer Unterstützung geben sollen. Dies muss man unbedingt beachten.
Der pädagogisch-didaktische Rahmen ist damit ereits abgesteckt, einiges bleibt aber noch zu ergänzen:
- Kinder brauchen Lese- und Schreibanlässe, nicht immer finden sie diese von selbst. Das können zum Beispiel Briefe sein, die unter- einander oder mit Figuren oder anderen Klassen getauscht werden.
- Kinder brauchen die Gewissheit, dass die von ihnen produzierten Texte wichtig sind, gelesen und gegebenenfalls veröffentlicht werden, dass sie etwas mit ihnen selbst, ihren Gedanken und Gefühlen zu tun haben. Es ist wichtig, dass es dabei kein richtig oder falsch gibt.
- Kinder brauchen vielfältige Arbeitstechniken und materielle Hilfsmittel, die sie beim Prozess des Lesen- und Schreibenlernens unterstützen. Sie brauchen ein reichhaltiges Angebot an Materialien und Aufgaben, aus denen sie auswählen können. Die Arbeit mit Computer und Textverarbeitung ist eine unter vielen Herausfor- derungen.
- Kinder brauchen eine Lehrkraft, die ihnen ihre Fehler nicht rot anstreicht oder sie fragt, warum sie wieder nichts verstanden haben, sondern sie brauchen jemand, der mit ihnen über ihre Versuche der Verschriftung spricht und ihnen Hilfen anbietet, es besser zu machen.
- Kinder brauchen viel Zeit, ihre eigenen Vorstellungen zu ent- wickeln, sie zu überprüfen und sie zu berichtigen und damit voran- zutreiben.
- Kinder müssen wissen, dass das >Lesen- und Schreibenlernen ihre ureigenste Aufgabe ist. Sie müssen denken und lernen wollen. Die Eltern und Lehrkräfte können sie dabei nur so gut wie möglich unter- stützen, aber sie können es ihnen niemals abnehmen.
- Kinder brauchen keinen Leselehrgang, der ihnen das Wissen häppchenweise anbietet, was für manche dann zu viel, für andere viel zu wenig ist.
- Kinder brauchen auch nicht unbedingt eine Fibel, sie kann als Buch dienen, in dem immer wieder freiwillig gelesen wird, aber nie Seite für Seite.

Sollten Lehrkräfte Ängsten ausgesetzt sein, wenn sie keinen Lese- lehrgang mehr als Richtschnur verwenden können und plötzlich alleine für die Lernfortschritte der Schüler verantwortlich sind, so gibt es die Möglichkeit einer Zwischenlösung. Sehr gute Anregun- gen finden sich dazu von Erika Brinkmann und Hans Brügelmann in der "Grundschulzeitschrift" (Heft 115, S. 44ff) unter der Über- schrift "Ein Lehrgangsöffner für Ihre Fibel".

Aber - wie oben bereits angedeutet - warten noch mehr Herausforderungen auf uns Grundschullehrkräfte: "Schriftsprach- licher Anfangsunterricht muss künftig auch das Lesen in elektroni- schen Informationsmedien entfalten helfen - allerdings als komplexe, umfassende Verständigungshandlung, nicht nur als Kulturtechnik des Entzifferns." (Kochan in Huber u. a., S. 57)
Es gibt viel zu tun und zu lernen ...