Lernzirkel Gicht Station 4

Ernährung bei Gicht

Liebe Patientin, lieber Patient,

nachdem man bei Ihnen das Vorhandensein einer Gicht diagnostiziert hat, möchten wir Sie hier über die Grundlagen rund um Gicht informieren. Selbstverständlich dürfen Sie jederzeit mit Fragen zu uns, dem Ernährungsteam, kommen.

Die Stoffwechselkrankheit Gicht ist schon seit langem bekannt. Sie ist eng mit unserem Wohlstand verbunden, in Zeiten der Not ist sie selten zu finden, bei überreichlicher Ernährung tritt sie dagegen häufiger auf.

    

Was ist Hyperurikämie und wie entsteht Gicht?

Als Hyperurikämle bezeichnet man Harnsäurewerte über 6,4 mg pro 100 ml Blutserum. Die Häufigkeit von überhöhten Harnsäurespiegeln ist je nach Alter und Region unterschiedlich. Bei den Alters- und Geschlechtsunterschieden werden hormonelle Faktoren diskutiert.

Bestimmte mit der Nahrung aufgenommene Stoffe, die so genannten Purine, werden im Körper in Harnsäure umgewandelt und anschließend hauptsächlich über die Nieren ausgeschieden. Purine kommen in fast allen Lebensmitteln in sehr unterschiedlichen Mengen vor. Sie sind Bestandteile der Zellen und besonders viel enthalten in zellkernreichen Geweben wie Innereien und Haut. Der Mensch verwertet die Nahrungspurine nicht, sie werden komplett in Harnsäure umgewandelt. Ist dieser Stoffwechsel gestört, wird mehr Harnsäure gebildet oder im Körper zurückgehalten. Diese reichert sich im Blut an und kann zu Gicht führen.

Gicht entsteht somit durch ständig überhöhte Harnsäurewerte im Blut, bei Werten über 9 mg pro 100 ml Blutserum tritt fast immer ein Gichtanfall auf. Verantwortlich dafür sind die stabilen Salze der Harnsäure (Urate), die auskristallisieren und sich in den Gelenken und Geweben absetzen. Die scharfkantigen Kristalle schädigen die umliegenden Zellen, wodurch sich die vielfältigen Gichtbeschwerden erklären lassen. In den Gelenken kommt es zu akuten, schmerzhaften Entzündungen, dem Gichtanfall, in den Nieren zu Nierensteinen, unter der Haut von Fingern, Ellenbogen, in Sehnenscheiden und Knochen zur Ausbildung von so genannten Gichtknoten. Der häufigsten Form der Gicht liegt ein angeborener Fehler im Harnsäurestoffwechsel zu Grunde. Bei entsprechender Vorbelastung können purinreiche Ernährung, erhöhter Alkoholkonsum, Übergewicht sowie Bewegungsmangel die Entstehung der Gicht auslösen. Um die genannten Beschwerden zu vermeiden bzw. zu vermindern, sollten anfällige Menschen durch geeignete Auswahl von purinarmen Lebensmitteln den Harnsäurespiegel im Blut reduzieren. Hyperurikämie und Gicht sind häufig mit dem „Metabolischen Syndrom“ verbunden, sie stellen daher einen Risikoindikator für koronare Herzkrankheiten dar.

Therapie der Gicht und Hyperurikämie

Langfristig wird eine dauerhafte Senkung des Harnsäurebestands des Körpers in den oberen Normbereich (um 5,5 mg/100 ml) angestrebt. Als Basis dient eine purinarme Diät. Auch eine medikamentöse Behandlung wird durch eine purinarme Ernährung unterstützt. Eine konsequent und lebenslang durchgeführte purinarme Ernährung hilft bei der Vermeidung von Gichtanfällen. So können Arzneimittel eingespart bzw. eine medikamentöse Behandlung mehr oder weniger überflüssig werden.

Praktische Diätempfehlungen:

  • Einschränkung der Purinzufuhr mit der Nahrung: In Lebensmitteltabellen (vgl. Lesetipps) werden die Puringehalte umgerechnet in Harnsäure angegeben. Wenn Sie solche Tabellen nutzen, ist darauf zu achten, dass auch der Harnsäuregehalt pro Portion angegeben ist, denn nur die tatsächlich verzehrten Mengen sind entscheidend. Eine purinarme Diät sollte nicht mehr als 500 mg Harnsäure pro Tag bzw. maximal 3000 mg pro Woche enthalten.
  • Meiden Sie besonders purinreiche Lebensmittel wie Innereien, Fleischextrakt, Hering, Sardellen, Sprotten, Ölsardinen, geräucherten Fisch, Muscheln sowie die Haut von Geflügel und Fisch und die Schwarte vom Schwein. Fleisch- und Fleischprodukte sollten selten und in kleineren Mengen verzehrt werden.
  • Bei pflanzlichen Lebensmitteln sollte der relativ hohe Puringehalt insbesondere von Hülsenfrüchten (weiße Bohnen, Erbsen, Linsen) und Kohlgemüse beachtet werden, besonders wenn dazu zusätzlich Fleisch oder Würstchen gegessen werden. Hefe- und Algenprodukte haben ebenfalls erhebliche Puringehalte. Pflanzliche Rohkost in Form von Obst und Gemüse sollte jedoch täglich auf Ihrem Speiseplan stehen. Die meisten Gemüsesorten sind kalorien- und purinarm und liefern Ihnen wichtige Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe. Verwenden Sie vegetarische Gemüsebrühe anstelle von Fleischbrühe.
  • Fettreiche Kost steigert den Serumharnsäurespiegel. Vermeiden Sie besonders fettreiche Lebensmittel wie Mayonnaise, fette Käsesorten, Chips und Pommes Frites. Als tierische Eiweißquellen sollten Sie fettarme Milch- und Milchprodukte den Fleisch- und Wurstwaren vorziehen. Bevorzugen Sie fettsparende Zubereitungsarten wie Dünsten und Grillen anstelle von Braten.
  • Die Zuckeraustauschstoffe Fructose, Sorbit und Xylit, die häufig in Diabetikerprodukten und zuckerfreien Süßigkeiten eingesetzt werden, sind ungeeignet, da sie in hohen Dosen zu einem Anstieg der Serumharnsäurewerte führen.
  • Trinken Sie viel, mindestens 2 – 3 Liter täglich. Je mehr Urin sie bilden, desto niedriger liegt auch der Harnsäurespiegel. Bevorzugen Sie kalorienfreies Mineralwasser, ungesüßte Kräuter- und Früchtetees und verdünnte Obst- und Gemüsesäfte. Die in Kaffee, Kakao und schwarzem Tee enthaltenen Purine können unberücksichtigt bleiben, da sie nicht zu Harnsäure abgebaut werden.
  • Alkoholhaltige Getränke sollten Sie meiden. Alkohol steigert die Harnsäurebildung in der Leber und vermindert die Harnsäureausscheidung über die Nieren, sodass der Harnsäurespiegel im Serum ansteigt. Darüber hinaus führt die Purinbelastung von Bier (auch alkoholarmes bzw. alkoholfreies Bier) zur Anhebung des Harnsäurespiegels.
  • Bei Gicht und gleichzeitigem Übergewicht führt eine Normalisierung des Körpergewichts oft schon zur Senkung des Harnsäurespiegels. Strenge Fastenkuren sollten vermieden werden, da dabei der Harnsäurespiegel erhöht wird und so ein Gichtanfall ausgelöst werden kann.