Föderalismusreform

Wesentliche Änderungen bei der Zustimmungsbedürftigkeit von Gesetzen

Eine Reform des föderalen Systems wurde als notwendig erachtet, weil einerseits der Anteil der Gesetze, die von einer ausdrücklichen Zustimmung des Bundesrats abhängig waren, im Lauf der Zeit immer weiter anstieg und weil andererseits bestimmte Konstellationen zwischen Regierungspartei und Opposition im Bund die Arbeit des Bundesrats zu lähmen schienen. Es galt daher, die Anzahl der Gesetze, die der Zustimmung durch den Bundesrat bedürfen, zu reduzieren, um so Blockademöglichkeiten abzubauen, Verfahren transparenter zu gestalten und Verantwortlichkeiten eindeutiger zuweisen zu können.

Ziel – und Versprechen – der Reform war, die Zahl der zustimmungspflichtigen Gesetze von letztlich fast 57% auf 30 – 35% zu senken.

Nach Ansicht der Bundesregierung wurde durch die Reform „das Vetorecht der Länder deutlich reduziert“. War durch den notwendigen Ausgleich zwischen Bundestag und Bundesrat der („nicht unmittelbar aus Wahlen hervorgegangene“) Vermittlungsausschuss „das wichtigste Organ der Bundesgesetzgebung“ geworden, sei diese Funktion wieder zum Bundestag zurückgekehrt (Artikel „Vorteile der Föderalismusreform“ im Internet-Aufritt der Bundesregierung ().

Einer der Kernpunkte der Reform war Art. 84, Absatz 1 GG, der früher Bundesgesetze, durch die Einrichtungen der Länder in der Ausführung von Bundesgesetzen als eigene Angelegenheit betroffen waren, der Zustimmung des Bundesrats unterwarfen. Diese grundsätzliche Zustimmung fiel mit der Reform weg. Im Gegenzug dürfen die Länder jedoch jetzt eigene landesgesetzliche Regelungen zur Einrichtung von Behörden und zur Durchführung des Verwaltungsverfahrens erlassen. Eine Zustimmung des Bundesrats ist nur noch notwendig, wenn das jeweilige Bundesgesetz dieses Recht der Länder ausschließt.

Ein solcher Ausnahmefall, in dem die Länder keine Möglichkeit haben, durch eigene Gesetze eine vom Bundesgesetz abweichende Regelung zu treffen, ist das Umweltverfahrensrecht (Gemeinsame Entschließung von Bundestag und Bundesrat, BR-Drs. 462/06, S. 3 und BT-Drs. 16/2052, S. 2).

Gänzlich abgeschafft wurde die früher in Art. 75 GG festgeschriebene Rahmengesetzgebung des Bundes, die die Länder verpflichtete, innerhalb des vom Bundestag beschlossenen inhaltlichen Rahmens eigene Gesetze zu beschließen. Die in Art. 75 beschriebenen Sachgebiete, wie z.B. die Rechtsverhältnis des Öffentlichen Dienstes, das Hochschulwesen etc. wurden ganz in die Zuständigkeit der Länder übertragen. Damit ist der zentrale Bereich der Bildungs- und Hochschulpolitik gänzlich in die Verantwortung der Länder übergegangen und der Einflussnahme des Bundes entzogen.

War bisher ein besonderer Streitfall entstanden, wenn der Bund durch seine Gesetzgebung Pflichten und Leistungen festlegte, die die Länder zu tragen hatten, legt jetzt Art. 104 Absatz 4 GG die Zustimmungsbedürftigkeit für solche Fälle fest („bedürfen der Zustimmung des Bundesrates, wenn daraus entstehende Ausgaben von den Ländern zu tragen sind“). Solche Kosten entstehen z.B. bei der Unterbringung von Asylbewerbern, der Bereitstellung von Tagesbetreuungsplätzen oder durch Sozialleistungen.

Weiterhin zustimmungsbedürftig bleiben darüber hinaus alle verfassungsändernden Gesetze (Artikel 79 Abs. 2 GG) und Gesetze, die die Steuereinnahmen der Länder oder der Gemeinden berühren (Artikel 105 Abs. 3 GG).

Der Deutsche Bundestag hat die Gesetzentwürfe am 30. Juni 2006 angenommen. Der Bundesrat hat am 7. Juli 2006 den Gesetzentwürfen mit der erforderlichen verfassungsändernden Zwei-Drittel-Mehrheit zugestimmt.