26.05.2023 Biologie
16.04.2023 Kursstufe

Informationen und Materialien zum Fach Biologie in allen Schulformen und für alle Schulstufen

 

Plasmodium, ein einzelliger Parasit

Autorin: Gabrielle Schwendinger, gabi.schwendinger@gmx.de


1. Einordnung der Stunde in die Unterrichtseinheit

Das übergeordnete Thema "Biotische Faktoren" umfasst die vielfältigen Beziehungen, welche Lebewesen mit anderen Lebewesen eingehen. Wir haben uns mit intra- und interspezifischen Beziehungen, mit Konkurrenz und der Bildung von ökologischen Nischen befasst. In der letzten Stunde haben wir die verschiedenen Formen des Parasitismus erarbeitet und am Beispiel des Fuchsbandwurms die Merkmale und den Entwicklungszyklus eines Darmparasiten kennen gelernt. In der aktuellen Stunde werden wir uns aufgrund der Aktualität des Themas mit dem einzelligen Endoparasiten Plasmodium, seinem Überträger und Endwirt, der Anophelesmücke und seiner nicht zu unterschätzenden Gefahr für den Menschen als Zwischenwirt beschäftigen.

2. Begründungszusammenhang der Unterrichtsstunde

Didaktische Analyse

Die ökologisch Bedeutung des Parasitismus wird offensichtlich, wenn man bedenkt, dass schätzungsweise über ein Viertel aller Organismen parasitisch lebt. In der Auseinandersetzung mit dem einzelligen Parasiten Plasmodium sollen sich die Schülerinnen und Schüler dieser Bedeutung bewusst werden und erkennen, dass der Mensch von der Gefahr des Parasitenbefalls nicht ausgenommen ist. Die Schülerinnen und Schüler lernen den komplizierte Entwicklungszyklus des Malariaerregers Plasmodium kennen und begreifen, dass dieser für die sichere Fortpflanzung und das Auffinden eines Wirts sinnvoll ist. Das gewählte Beispiel zeigt, wie wichtig das Funktionieren interspezifischer Beziehungen für die Verbreitung und Erhaltung einer Art ist. Spezielle Anpassungen an das Leben in einem Wirtsorganismus sind die Grundvoraussetzungen für das Überleben des Parasiten.
Aus Gründen der didaktischen Reduktion verzichte ich auf die Differenzierung zwischen den verschiedenen Arten von Plasmodium bzw. Anopheles, trotz ihrer teilweise deutlich zu unterscheidenden Krankheitsbildern bzw. Lebensräume, und spreche verallgemeinernd von Plasmodium als Erreger und der Anopheles-Mücke als Überträger. Ich werde nur näher darauf eingehen, wenn diesbezüglich Fragen seitens der Schüler auftreten. Ebenso werden die selektiven Vorteile der Sichelzellanämie nicht explizit angesprochen.
Inzwischen machen sich Fachleute Gedanken darüber, dass im Zuge der Klimaveränderungen und als Folge des Wiedereinschleppens sowohl von Anopheles-Mücken als auch von Plasmodien diese Krankheit bei uns wieder zu einem Problem werden könnte. Daher finde ich es besonders wichtig im Oberstufenunterricht auf das Problem der Malaria als einer drohenden Seuche einzugehen.Die Möglichkeiten erfolgreicher Bekämpfungs- und Vorbeugungsmaßnahmen sollen die Schülerinnen und Schüler als Hausaufgabe erörtern, da diese Auseinandersetzung zur Vertiefung der im Unterricht besprochenen Inhalte hervorragend geeignet ist und ihre Eigenverantwortlichkeit in puncto Reisevorbereitungen schult.

3. Lernziele

Die Schülerinnen und Schüler sollen...

fachlich:

  • eine Stechmücke am Körperbau und an den stechend-saugenden Mundwerkzeugen erkennen
  • die interspezifische Beziehung zwischen der Stechmücke als temporären Ektoparasiten und dem Menschen als Wirt benennen können.
  • an der Fieberkurve des 3-Tage-Fiebers (Malaria tertiana) die Besonderheit der regelmäßigen Fieberschübe erkennen und problematisieren.
  • Malaria, Sumpffieber und Wechselfieber als Synonyme kennen lernen und ihre Herleitung als Merkhilfe erfassen.
  • herausfinden, dass das Verbreitungsgebiet der Malaria wesentlich kleiner ist, als das Verbreitungsgebiet der Anopheles-Mücke.
  • das Problem erkennen, dass Stiche der Anopheles-Mücke nicht alleinige Ursache für die Erkrankung sein können.
  • erfahren, dass die Anopheles-Mücke einen einzelligen Endoparasiten überträgt (Plasmodium).
  • durch Bearbeitung des Entwicklungszyklus herausfinden, dass Plasmodium einen obligaten Wirtswechsel, gekoppelt mit einem Generationswechsel, durchlaufen muss, um sich zu verbreiten.
  • den Mensch als Zwischenwirt, die Mücke als Endwirt erkennen.
  • erkennen, dass der Mensch als Wirt keine Sonderstellung einnimmt- außer, dass er sich gegen seine Besiedler durch Medikamente künstlich zur Wehr setzen kann.

sozial:

  • motiviert werden, besonders bei Reisen ins Ausland, Hygienemaßnahmen ernst zu nehmen.


4. Unterrichtsverlauf

4.1 Übersicht

Zeitbedarf: 90 Minuten

Unterrichtsphase/ Unterrichtsschritte Methodische Grundformen/
Sozialform
Medien
Einstieg: Kurze Geschichte, Anopheles-Mücke kennenlernen. UG F1: Mücke
Überleitung: Fieberkurve interpretieren, Wechselfieber, Verbreitung, Rückschluss auf Ursachse des Fieber

SV
UG

F2:
Verbreitungskarte

Erarbeitung:

Sachinformation mit Tafelanschrieb.
Entwicklungszyklus von Plasmodium.



StA
PA

TA

M1: AB-Text
M2: AB-Abb.

Ergebnissicherung: Gemeinsame Beschriftung der Folie Schülerpräsentation

F3: Entwicklung von
Plasmodium

Vertiefung/Puffer: ökologische Faktoren und ihre Bedeutung für die Verbreitung der Malaria UG
F4: Modell
Schluss: HA: Bekämpfungsmöglichkeiten. LV AB

Materialien:
Folien: F1-4, Folienstifte, OHE-Projektor, Arbeitsblätter M1-2, Tafel, Kreide

 

4.2 Methodische Analyse

Einstieg:
1. "Todkrank aus dem Urlaub"
Der Einstieg in die Stunde erfolgt über einen fiktiven Zeitungsartikel "Todkrank aus dem Urlaub" [1], der sich auf einen bekannten Fall von Malaria aus dem Jahre 1996 bezieht. Ich habe den Text jedoch so verändert, dass er weder die Krankheit Malaria noch den Parasiten Plasmodium nennt. Diese Verrätselung dient als "Aufhänger" für die Frage nach der Tierfamilie der jetzt projizierten Abbildung einer Anopheles-Mücke[1]. Die Schüler sollen erkennen, dass es sich um eine Stechmücke handelt. Sie sollen die Beziehung zwischen Mücke und Mensch nach den in der letzten Stunde besprochenen Formen des Parasitismus als Ektoparasit und Wirt beschreiben.

2. Die "Fiebermücke" und das "Wechselfieber"
Die Einführung des Begriffs "Fiebermücke" für die Gattung der Anopheles-Mücken leitet über zu der Abbildung einer Fieberkurve[1]. Die Schülerinnen und Schüler sind aufgefordert, die Besonderheiten dieser Kurve herauszuarbeiten. Sie unterscheidet sich vom typischen Verlauf einer Fieberkurve bei einer Infektionskrankheit, wie die Schülerinnen und Schüler sie aus eigener Erfahrung kennen, durch einen regelmäßigen Wechsel von Fieberschüben mit hohem Fieber bis 41°C und einem fieberfreien Tagen. Die Schülerinnen und Schüler kennen wahrscheinlich die Bezeichnung Malaria für diese Erkrankung.

Überleitung:
Der Vektor und der Parasit
Die Schülerinnen und Schüler werden auf Grund einer Verbreitungskarte[1] mit dem Problem konfrontiert, dass die Anopheles-Mücke nahezu weltweit anzutreffen ist, so auch in Mitteleuropa. Dennoch sind den Schülerinnen und Schülern keine Fälle von Malaria in ihrem Umfeld bekannt. Nun stellt sich die Frage nach dem eigentlichen Auslöser des Wechselfiebers. Sie folgern, dass ein weiterer, wesentlich kleinerer Parasit Verursacher sein muss, der durch den Speichel auf den Menschen übertragen wird und endoparasitisch lebt. Der Begriff Plasmodium für den Erreger der Malaria wird eingeführt. Die Karte belegt, dass die geographische Verbreitung von Plasmodium allerdings nicht identisch mit der seines Überträgers (Vektors), der Anopheles-Mücke ist. Es kann die Behauptung aus dem Artikel belegt werden, dass es sich bei den Infektonsgebieten um feucht-warme Gebiete, hier in der Karte als tropische und subtropische Gebiete erkennbar, handelt.

Ich habe den Einstieg möglichst lebensnah gewählt, in der Annahme, dass die Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe II häufig schon von abenteuerlichen Reisen in ferne Länder träumen, um so eine größtmögliche Motivation zu erreichen. Durch das fragend-gelenkte Unterrichtsgespräch werden die Schülerinnen und Schüler zum Thema hingeführt und erkennen die Problematik, dass Plasmodium, ein einzelliger Endoparasit, eine große Gefahr für den Menschen bedeutet. Das Wissen aus den vorausgegangenen Stunden findet hier bereits Anwendung. So dient der Einstieg auch gleichzeitig als Wiederholung.

Erarbeitung und Ergebnissicherung:
1. Thema der Stunde, erste Erkenntnisse festhalten
Die Ergebnisse des Einstiegs werden stichwortartig an der Tafel festgehalten.

2. Entwicklungszyklus des Plasmodiums

Die Schülerinnen und Schüler sollen sich in Partnerarbeit anhand eines Schaubildes[1] und eines Textes[1] einen groben Überblick über den Entwicklungszyklus des Malariaerregers Plasmodium verschaffen. Dazu teile ich die Klasse in zwei Gruppen. Eine Gruppe beschäftigt sich mit der Entwicklung im Menschen, die andere mit der Entwicklung in der Anopheles-Mücke. Beide Gruppen tragen ihre Ergebnisse am Overhead-Projektor in das Schaubild ein, das ich auf Folie kopiert habe und erläutern sie.
Den Schülerinnen und Schüler wird klar, dass ein Wirtswechsel gekoppelt mit einem Generationswechsel vorliegt. Der Mensch ist Zwischenwirt, weil in ihm nur ungeschlechtliche Vermehrung stattfindet, die Anopheles-Mücke ist Endwirt, weil in ihr eine geschlechtliche Vermehrung stattfindet.

Überleitung:
Nun stellt sich die Frage nach Sinn und Zweck eines so komplizierten Entwicklungszyklus. Die Schülerinnen und Schüler sollen darauf kommen, dass ein so komplexes System eine spezielle Anpassung des Parasiten an seinen Wohnraum Mensch bzw. Mücke bedingt. Die massenhafte ungeschlechtliche Vermehrung im Zwischenwirt Mensch dient der sicheren Verbreitung und damit der Arterhaltung, die geschlechtliche Vermehrung in der Mücke dem genetischen Austausch. (Plasmodien sind in der Lage, durch kleine Veränderungen in ihrer Proteinoberflächenstruktur dem menschlichen Immunsystem immer wieder zu entgehen. Ebenso bilden sie auch Resistenzen gegen Malariamedikamente.)

Puffer:
Wenn die Zeit es zulässt, soll ein Modell zur Beurteilung der Auswirkungen einer Klimaänderung auf das Übertragungspotential von Malaria Anwendung finden. Hier können die SchülernInnen ihr bisher erworbenes, ökologisches Wissen erproben an der Fragestellung: Welche Auswirkungen zeigt eine Veränderung der abiotischen Faktoren Temperatur oder Wasser auf den Parasiten oder den Vektor?

Die Anopheles-Mücke ist ein wechselwarmes Tier. Sie kann ihre Körpertemperatur nicht selbst regulieren und ist deshalb in ihrer Verbreitung und Reproduktion stark von der Temperatur, aber auch von anderen klimabedingten Umweltfaktoren wie Oberflächenwasser, Feuchtigkeit etc. abhängig. Sie benötigt z. B. stehende Gewässer zur Eiablage. Das Minimum ihrer Temperaturtoleranz liegt zwischen 15 und 19°C, das Maximum zwischen 33-39°C, das Optimum zwischen 30-32°C. Wenn sich die Temperatur von Gewässern erhöht, reifen die darin befindlichen Larven schneller, wodurch mehr Nachwuchs produziert wird. In einem wärmeren Klima saugen weibliche Anopheles-Mücken das Blut schneller und steigern damit die Übertragungsintensität. Außerdem verkürzt sich die Inkubationszeit der Plasmodien in den Mücke, wenn die Temperatur steigt. Eine Erwärmung über 34 o C hat dagegen im allgemeinen negative Folgen für das Überleben von Vektoren und Parasiten. Auch Niederschlagsveränderungen besitzen einen Einfluss auf das Verhalten der Vektoren. Zunehmende Niederschläge können die Anzahl und Qualität der Brutplätze für Vektoren steigern, abnehmende Niederschläge erschweren dagegen deren Überleben.

Schluss:
HA: Sammle Informationen über Vorbeugungs- und Bekämpfungsmöglichkeiten der Malaria. Ziehe die wichtigsten Informationen heraus und fasse sie stichwortartig zusammen. Vergiss nicht, die genauen Quellenangaben. Bitte lege eine Kopie des Informationsmaterials bei.

[1] UB 271/ 26. Jahrg./ Januar 2002, S. 36. 

5. Anhang

5.1 Tafelanschrieb

Plasmodium, ein einzelliger Parasit

Wirtssystem: 1. Anopheles Mücke: Endwirt, da geschlechtliche Vermehrung stattfindet
2. Mensch: Zwischenwirt, da ungeschlechtliche Vermehrung stattfindet

Obligatorischer Wirtswechsel gekoppelt mit Generationswechsel

Erkrankung beim Menschen: Malaria = Wechselfieber = Sumpffieber

Symptome: - in regelmäßigen Intervallen wiederkehrendes hohes Fieber (39-41°C)
- Schüttelfrost
- Allgemeine Krankheitssymptome( z.B. Schwäche, Übelkeit, Schmerzen)

Verbreitungsgebiete:

-
hauptsächlich Tropen und Subtropen, aber auch gemäßigte Gebiete
- die Ausbreitung schreitet aufgrund der Klimaerwärmung stetig voran.

5.2. Literatur

Schulbücher:

  • Natura 10/11: Biologie für Gymnasien Baden-Württemberg. Klett-Verlag Stuttgart 1999.
  • Biologie Oberstufe: Ökologie. Cornelsen-Verlag Berlin 1999.
  • Biologie heute 9-11. Schroedel-Verlag Hannover 2001.

Fachzeitschriften:

  • Unterricht Biologie: UB 271/ 26. Jahrg./ Januar 2002.

Wissenschaftliche Literatur:

  • Katharina Munk (Hrsg.): Grundstudium Biologie. Biochemie, Zellbiologie, Ökologie, Evolution. Heidelberg, Berlin, Spektrumverlag 2000.