Buchtipps, Methoden, Konzepte und Projekte rund ums Lesen und Vorlesen bietet der Ideenpool Lesen gegliedert für alle Schularten und auch für den Elementarbereich.

Unsere Buchempfehlungen im Januar 2018

Patrick Wirbeleit : Kiste - Roboteralarm (ab 6 - 9 Jahren)
Verlag: Reprodukt

Brigitte Endres: Der Tag, an dem mein Meerschweinchen Kriminaloberkommissar wurde (ab 10 Jahren)
Verlag: Thienemann

Saphia Azzeddine: Bilqiss (ab Junge Erwachsene)
Verlag: Wagenbach


Patrick Wirbeleit: Kiste

Untertitel: Roboteralarm

Verlag: Reprodukt 2016
Illustrator/in: Uwe Heidschötter
Übersetzer/in: Ute Löwenberg und Miriam Scholz
ISBN - 13: 978-3956401091
Gebunden : 80 Seiten
Comic/ Graphic Novel
Altersempfehlung: ab 6 - 9 Jahren

„Kiste“ liegt mittlerweile in vier Bänden vor. Für den ersten Band wurde der Autor Patrick Wirbeleit 2015 mit dem mit dem Leipziger Lesekompass ausgezeichnet. Der Comic ist ein ideales Jungen-Buch. Die Hauptfigur Mattis ist ein Tüftler und Bastler. Eines Tages findet er vor dem Haus eine Kiste, die sprechen kann. Auch sie bastelt und erfindet für ihr Leben gern, denn sie war einmal die Werkzeugkiste eines Zauberers. Mattis und Kiste freunden sich an und erleben viele Abenteuer, die in den Bänden schön illustriert dargestellt werden.
Im vorliegenden vierten Band „Roboteralarm“ möchte Kiste unbedingt mit Mattis in die Schule gehen. Mattis kann diesen Wunsch nicht nachvollziehen, denn er findet Schule langweilig. Außerdem soll niemand etwas über die Existenz von Kiste erfahren. Als die Schule einen Ideenwettbewerb ausschreibt, geht Kistes Wunsch in Erfüllung. Mattis nimmt ihn als Erfindung mit in die Schule. Kiste soll einen sprachgesteuerten Roboter spielen. Kiste hält sich natürlich nicht an die Vorgaben, die Mattis ihm macht – schon ist das Chaos perfekt.

Das Buch eignet sich für Kinder ab der zweiten Klasse. Die Bilder sind lebendig, der Text ist lustig und überschaubar. Das Thema „Freundschaft“ wird in allen Facetten geschildert, denn Matti und Kiste gehen zusammen durch dick und dünn. Das betrifft alle Kinder, denn der Wunsch nach einem verlässlichen Freund, einer verlässlichen Freundin bewegt viele. Kinder können den Comic auch mit Erwachsenen zusammen lesen. Jede Person übernimmt eine andere Rolle, wodurch das Gelesene noch lebendiger wird. Gerade Jungen lieben Kiste, da sie sich schnell mit Matti identifizieren und ihn „cool“ finden, weil er eine sprechende Kiste hat. Auch zu lachen gibt es viel, da Kiste einen eigenen Kopf hat und oft nicht das tut, was erwartet wird.

M.S. Ideenpool Lesen


Brigitte Endres: Der Tag, an dem mein Meerschweinchen Kriminaloberkommissar wurde

Verlag: Thienemann, 2015
Illustrator/in: Vera Schmidt
ISBN-10: 3522183916
ISBN-13: 978-3522183918
Gebunden: 240 Seiten
Krimi
Altersempfehlung: ab 10 Jahren

Die dreizehnjährige Valentine hat nicht dieselben Interessen wie ihre gleichaltrigen Mitschülerinnen und ist äußerlich nicht sehr attraktiv. Zudem leiten ihre Eltern ein Bestattungsinstitut, was viele Gleichaltrige unheimlich finden. All dies zusammengenommen macht Valentine zur Einzelgängerin. Sie leidet darunter, dass sie keine Freunde findet, und flüchtet sich in die Welt der Bücher, analysiert ihre Lage aber gleichzeitig mit viel Humor. Ihr ständiger Begleiter ist ihr Meerschweinchen Bully, das sie immer mit sich herumträgt. Nach einem Kurzschluss im Bestattungsinstitut, bei dem Bully verletzt wurde, fängt das Meerschweinchen plötzlich an, mit Valentine zu reden. Nach dem ersten Schreck stellt sich heraus, dass offensichtlich der Geist von Kriminaloberkommissar Kasimir in Valentines Meerschweinchen gefahren ist. Dieser vertraut ihr an, dass er nicht eines natürlichen Todes gestorben ist, sondern ermordet wurde. Valentine soll ihm bei den Ermittlungen helfen, denn im Körper eines Meerschweinchens kann er allein nichts ausrichten. Das ungleiche Ermittlerteam rauft sich zusammen, um den Mörder zu finden.
Das ist nicht so einfach, denn Valentine ist zunächst ziemlich genervt von diesem Kriminaloberkommissar, der sie überheblich von oben herab behandelt und herumkommandiert. Da war ihr der Hamster als kuscheliger und stummer Gefährte lieber! Valentine ist jedoch klug und witzig und vermag es, dem Kommissar auch mal Kontra zu geben, so dass sich allmählich eine Beziehung auf Augenhöhe entwickelt. Mit viel Humor wird die skurrile und zugleich spannende Geschichte der gemeinsamen Mordermittlungen aus Valentines Sicht mit viel Sprachwitz erzählt.
Der peppige Titel des Buches macht neugierig, das kindlich anmutende Buchcover hingegen lässt als Zielgruppe eher Kinder im Grundschulalter vermuten und wird die eigentliche Zielgruppe daher nicht unbedingt ansprechen. Wer das Buch trotzdem aufschlägt, wird rasch gefesselt und nicht enttäuscht. Daher eignet sich das Buch für jede Schulbibliothek für die Sekundarstufe I, gleichzeitig aber auch als Leseempfehlung und auch für Buchpräsentationen in den Klassen 5 und 6. Durch die weibliche Protagonistin werden sich in erster Linie Mädchen angesprochen fühlen, das Buch eignet sich aber ebenso für Jungen.

Direkter Link zur Leseprobe

Inzwischen ist ein zweiter Band über das ungleiche Ermittlerteam erschienen, „Kriminaloberkommissar Kasimir – Ein brillanter Geist in der unwürdigen Hülle eines Nagetiers“ (Thienemann-Verlag, 2016).


S.K. Ideenpool Lesen


Saphia Azzeddine: Bilqiss

Verlag: Wagenbach, 2016
Übersetzer/in: Birgit Leib
ISBN-10: 3803132819
ISBN-13: 978-3803132819
Gebunden: 176 Seiten
Roman
Altersempfehlung: Junge Erwachsene

Der Roman, aufgeteilt in sechs Kapitel, spielt in einem fundamentalistisch-islamischen Land mit amerikanischer Besatzung, bei dem es sich möglicherweise um den Irak oder, wahrscheinlicher noch, um Afghanistan handelt. Die Geschichte wird erzählt aus der Perspektive der klugen und attraktiven Protagonistin Bilqiss, die in einer Gerichtsverhandlung mit angedrohter Todesstrafe durch Steinigung steht. Es wird ihr vorgeworfen, anstelle des betrunkenen Muezzin den morgendlichen Gebetsruf vom Minarett gesungen zu haben und dessen Inhalte nach eigenem Gutdünken interpretiert zu haben, was nach Ansicht der patriarchalischen Gesellschaft eine Todsünde ist. Sie nimmt sich keinen Verteidiger, sondern verteidigt sich, immer in Bezug auf den Koran und die Worte des Propheten Mohammed, rhetorisch feinsinnig und provokativ selbst. Bilquiss war mit 13 Jahren aus der Schule genommen und mit dem 46-jährigen Quasim verheiratet worden, der sie misshandelte und den sie verabscheute. Zuvor war sie von ihrer gebildeten Lehrerin Nafisa zu eigenem Denken und Lernen und zur Kritikfähigkeit erzogen worden, Eigenschaften, die in der konservativen dörflichen Gesellschaft wie auch bei ihrem Ehemann auf Ablehnung stießen. Nach dem Tod Quasims wurde sie als  junge schöne Witwe zur gesellschaftlichen Bedrohung, sodass  ihr Gesetzesverstoß eine willkommene Gelegenheit bot, sich ihrer zu entledigen.

In einigen Kapiteln wechselt die Perspektive auf andere handelnde Personen wie Hasan den Richter oder die amerikanische Prozessbeobachterin Leandra, eine New Yorker Zeitungsreporterin mit jüdischen Wurzeln.

Hasan ist fasziniert von Bilqiss und versucht sich auch intellektuell mit ihr auseinander zu setzen, weiß aber um die Erwartungen, die von der fundamentalistischen Gesellschaft an ihn gestellt werden. Zudem will er seine gesellschaftliche Stellung nicht gefährden.

Leandra wiederum stößt auf der Suche nach einer spannenden Story im Internet auf Videoaufzeichnungen vom Prozess gegen die junge Frau und ist ebenfalls fasziniert von der Angeklagten. Im Auftrag des  „New York Magazine“ reist sie in das Land und begleitet den Prozess. Sie sucht die weiblich-solidarische Nähe zu Bilquiss, muss sich aber von dieser und anderen vorwerfen lassen, die gesellschaftlichen Wurzeln und Traditionen des islamischen Landes nicht verstehen zu können.

Erzählend, zum Teil in Form innerer Monologe, erklärt Saphia Azzeddine die Sichtweise weiterer Beteiligter und deren Handlungsmotive. Die 1979 in Marokko geborene und ab neun Jahren in Frankreich aufgewachsene Saphia Azzeddine schreibt ihren dritten Roman „mit viel Ironie und leichter Hand, dabei ist es ihr bitter ernst“1.
Didaktischer Kommentar
Das Buch gibt durch die verschiedenen Perspektivwechsel Einblicke auf traditionell-konservative und intellektuell-aufgeklärte Strukturen in islamischen Gesellschaften. Es beleuchtet die Rolle von Frauen in unterschiedlichen Milieus, zu Hause und in der Öffentlichkeit.
Der Roman bietet ebenfalls hervorragend die Gelegenheit, am Beispiel der Reporterin Leandra westliche Denkschemata und Sichtweisen zu hinterfragen, mit denen wir den islamischen Gesellschaften begegnen.
 „Neben der Ironie, dank derer Saphia Azzaddine diese eigentlich schreckliche Geschichte zu einer vergnüglichen Lektüre zu gestalten versteht, verleiht vor allem das Aufeinandertreffen der drei (Haupt-)Figuren, die sich jeweils in der ersten Person äußern, dass der Text eine ganz eigene Spannung erhält. Der Richter ist ebenso wenig ein Henker wie ein religiöser Fanatiker, aber Gefangener des Regimes, während die Frauen des Dorfes Leandra die Beschränktheit ihres Gutmenschentums vor Augen führen“2.

 1Wagenbach Verlag
 2Carolin Fischer im Deutschlandradio Kultur vom 02.09.2016


A.R. Ideenpool Lesen

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