Hintergrundinformationen
 1. Bedeutung
 Historiker schätzen, dass etwa 40.000 bis 60.000 Menschen dem 
 Hexenwahn in Europa zum Opfer fielen, überwiegend Frauen. Die Zeit von 1560 bis 
 1720 (also die frühe Neuzeit) gilt als "Höhepunkt" dieser Epoche. Während die 
 Ketzerprozesse früherer Jahrhunderte in der Hand der Kirche lagen, war die 
 Hexerei ein Delikt, das von staatlicher Seite verfolgt wurde. Die Carolina 
 enthält genaue Bestimmungen, was unter Hexerei zu verstehen und wie sie zu 
 bestrafen ist, der "Hexenhammer" kann als "Handbuch" zur Durchführung der 
 Verhöre und Prozesse angesehen werden. Besonders in Territorien, wo kirchliche 
 Oberhäupter gleichzeitig die staatliche Gewalt ausübten, waren Hexenprozesse 
 überdurchschnittlich häufig, so in den Hochstiften und Erzbistümern Würzburg, 
 Bamberg, Eichstätt und Mainz. In unserem Raum ist die Fürstpropstei Ellwangen 
 trauriger Spitzenreiter bei der Verfolgung so genannter Hexen.
 
 War auch die Durchführung der Prozesse von Territorium zu Territorium durchaus 
 unterschiedlich, so ist im Ablauf doch meist ein gleiches Schema zu entdecken. 
 Die Anlässe (Unwetter) ähneln sich, die Verhöre, also die Folterungen, werden 
 durch Gesetzbücher und Hexenhammer vorgegeben, die Besagungen sind deren 
 Resultate und das Urteil bzw. seine Vollstreckung wird wieder vom Gesetz 
 geregelt. Somit ist dieses Thema leicht übertragbar. Allein in der kleinen 
 Reichsstadt Gmünd forderten die verschiedenen Hexenjagden ein halbes Hundert 
 Opfer. Der Teufelskreis von Denunzierung, Verhaftung, Verhör, Folter, 
 Denunzierung weiterer Personen, weiterer Verhaftungen und schließlich dem 
 Hexenbrand lässt sich auch hier aufzeigen. 
 
 
 
 2. Geschichte
 
 1435
 Agnes Bernauer wird als Hexe in der Donau ertränkt.
 
 1484/85-1545
 Lebenszeit von Hans Baldung, gen. Grien
 
 1484 (4. Dez.)
 Bulle von Papst Innozenz VIII. zur Hexenverfolgung in Deutschland
 
 1486
 Heinrich Kramer und Jacob Sprenger veröffentlichen den "Hexenhammer" ("Malleus 
 Maleficarum"), in dem systematisch Argumente zusammengetragen werden, die die 
 Hexenverfolgung rechtfertigen. Bis 1669 wurde dieses Buch 28 mal aufgelegt.
 
 1532
 Kaiser Karl V. erlässt die "Constitutio Criminalis Carolina", die sich in 
 Artikel 44 und Artikel 109 mit Hexerei beschäftigt.
 
 1560
 Beginn der Hexenverfolgungen in Deutschland (Vorderösterreich). Sie dauern bis 
 1720.
 1588 und 1611-1618
 Verfolgungswellen in Ellwangen mit etwa 450 Opfern
 
 1590
 Hexenverfolgung in Nördlingen (mit bewegenden Dokumenten, den Briefen der 
 Rebekka Lemp)
 
 1613-1617
 Hexenverfolgung in Gmünd mit 42 Opfern
 
 1615
 Prozess gegen Katharina Keppler, die Mutter des Astronomen Johann Keppler
 
 1631
 Friedrich Spee von Langenfeld verfasst die "Cautio Criminalis", in der er die 
 Durchführung der Hexenprozesse scharf kritisiert.
 
 1684
 zweite Welle der Hexenverfolgung in Gmünd mit 4 Opfern
 
 1720
 Abebben der Verfolgungswellen in Deutschland
 
 1782
 Verbrennung von Anna Göldi, der letzten "Hexe" Europas in Glarus (Schweiz)
 
  
 
 
 3. Anlage
  Das Unterrichtsmodell erfasst die Hexenverfolgungen aus der 
 historischen Sicht mit den traurigen Fakten, stellt Ursachen, Ablauf und Ende 
 von Hexenprozessen dar und versucht, die Schüler und Schülerinnen emotional 
 anzusprechen. Eine Zeitschiene verdeutlicht Prozesswellen und Prozessdauer. 
 Ältere Schüler können hier selbstständig arbeiten und auch die juristischen 
 Fragestellungen erörtern, die damals von den Stadtadvokaten diskutiert wurden.
 Hexenprozesse waren nur möglich aus dem Geist ihrer Zeit, so dass auch dieser 
 erfasst werden muss. Zugang hierzu bieten die Holzschnitte des aus Gmünd 
 stammenden Künstlers Hans Baldung, gen. Grien, der sich in seiner Kunst mit dem 
 Thema Hexen beschäftigte. Die Sage vom Hexentanzplatz auf der Schönhardter 
 Heide belegt, wie lange noch im Volk der Glaube an Hexerei verwurzelt war.
 
 
 Die Schönhardter Heide, im Volksglauben und der Sage nach 
 ein Hexentanzplatz.
 © Wilhelm Lienert
 
- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Stuttgart -


