Der Heidengraben - ein keltisches Oppidum der Superlative

Autor: Markus Fiederer

Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte an der ZSL-Regionalstelle Tübingen


 
Digitale Visualisierungen als Abbild des aktuellen Forschungsstandes: Fortifikation und Siedlungsbild des spätkeltischen Oppidum Heidengraben 

Kurzbeschreibung des Moduls:

Das Unterrichtsmodul ermöglicht, im Rahmen der Unterrichtseinheit zur griechisch-römischen Antike, einen vergleichenden Blick auf eine weitere urbane Kultur, die spätkeltische Oppidazivilisation des 2. und 1. Jahrhunderts v. Chr. zu werfen. Die Lernenden schlüpfen in die Rolle eines römischen „Spähers“, der das größte keltische Oppidum des europäischen Festlandes, den Heidengraben, auskundschaftet, um den Entwicklungsstand der keltischen „Barbaren“ einschätzen zu können. Anhand digitaler Visualisierungen wird das Leben im Oppidum analysiert. In der zweiten Hälfte der Doppelstunde widmen sich die Lernenden einem Interview mit dem Urheber der Visualisierungen. Sie werten das Interview im Hinblick auf Chancen und Grenzen der digitalen Rekonstruktionen aus.


1. Hintergrund

a) Historische Einordnung

Im 3. und 2. Jahrhundert unterwarf und verdrängte das expandierende Römische Reich die Kelten in Italien und Südgallien. Damit rückte auch das Gebiet nördlich der Alpen allmählich in den Fokus der aufstrebenden Großmacht und ihrer militärischen und wirtschaftlichen Interessen. Sicher nicht ohne den Einfluss der mediterranen Welt und des immer wichtiger werdenden überregionalen Handels veränderten sich nun auch die Verhältnisse nördlich der Alpen. Das Leben der Kelten war hier bisher von ländlichen Strukturen geprägt. Im 2. und 1. Jahrhundert entstanden nun Großsiedlungen, für die sich der Begriff „Oppida“ etabliert hat. Die Bezeichnung geht auf Caius Julius Caesar zurück, der den Begriff in seinem berühmten Bericht über seine Feldzüge in Gallien in den Jahren 58-51 v.Chr. verwendete. Ein Oppidum war ein multifunktionaler, urbaner Zentralort, der politisch-administrative, kultische, religiöse, wirtschaftliche und fortifikatorische Funktionen erfüllte. Die Blütezeit der keltischen Oppidazivilisation dauerte nicht einmal ein Jahrhundert. Dies gilt auch für das Oppidum Heidengraben: Der Zentralort wurde um 120 v. Chr. gegründet und bereits um 80 v. Chr. wieder aufgegeben. Die Gründe für den raschen Niedergang sind bis heute unklar. Das Ende der Oppidazivilisation im letzten vorchristlichen Jahrhundert markiert auch das Ende der eigenständigen keltischen Kultur in unserem Raum.

b) Historische Bedeutung

Der Heidengraben zählt zu den bedeutendsten archäologischen Denkmälern Baden-Württembergs. Mit einer Gesamtfläche von fast 1700 ha ist er mit Abstand das größte der etwa 140 keltischen Oppida und überhaupt das größte bisher nachgewiesene keltische Geländedenkmal auf dem europäischen Kontinent. Die signifikante Lage des Heidengrabens auf einer der Schwäbischen Alb vorgelagerten Berghalbinsel verdeutlicht die militärische Bedeutung der Anlage, aber auch ihre wirtschaftliche Funktion als wichtige Drehscheibe mitten im damaligen keltischen Handelsnetz.


2. Das Thema im Unterricht

a) Impulse und Material für den Unterricht mit didaktischen Hinweisen

Zeit/Phase Inhalte/methodische Hinweise
Erste Stunde Die Kelten - keine Barbaren!
Einstieg Die Römer auf dem Weg zur Großmacht – und was war „bei uns“?
Blick auf den Albtrauf bei Erkenbrechtsweiler: Ein für Archäologen „verdächtiger“ Befund
  • Die Lernenden äußern anhand des außergewöhnlichen Georeliefs und der archäologischen Spuren (AB 1, Folie 1 bis 4 [4 MB]) Vermutungen zur Vergangenheit der Berghalbinsel (optionale Vertiefung: Interaktives 3D-Modell des Landesamts für Denkmalpflege)
  • Die Lehrkraft informiert anhand von AB 1 [4 MB], Folie 5 über die keltische Oppidazivilisation und den Heidengraben als größtes keltisches Oppidum Mitteleuropas (Informationen für die Lehrkraft: D1 [101 KB])
Erarbeitung Als verkleideter römischer „Späher“ im keltischen „Barbarenland“
PA: Die Lernenden schlüpfen in die Rolle eines römischen Spähers, der das keltische Oppidum Heidengraben auskundschaftet (AB 2, [82 KB]). Anhand digitaler Visualisierungen (AB 4, [7 KB]), die bestenfalls am Computer / IPad betrachtet werden können, untersuchen sie den Entwicklungsstand der keltischen Oppida-Zivilisation. Sie formulieren Argumente dafür, dass das Leben der Kelten nicht „barbarisch“, sondern relativ weit entwickelt war und sortieren diese nach Oberbegriffen. Jedes Team erhält zusätzlich einen „Joker“ (AB 3, [76 KB]). Dieser „Joker“ enthält Hinweise, aufgrund derer ein Aspekt vertieft untersucht werden kann.
Auswertung Präsentation der SchülerInnen-Ergebnisse
Reflexion / Transfer

Unterrichtsgespräch:

  • Römisches und keltisches Leben: Vergleichbar?
  • „Erfolgsfaktor“ Schrift - ein entscheidender Unterschied zwischen römischer und keltischer Kultur?
  • Mögliche Ursachen für das Ende des Oppidum Heidengraben nach nur 40 Jahren
Zweite Stunde Digitale Visualisierungen: Abbilder der historischen Vergangenheit?
Einstieg Problemaufriss: Vom LIDAR-Bild zur digitalen Rekonstruktion (AB 1 [4 MB], Folie 6 bis 8) 
Erarbeitung Die Lernenden arbeiten aus einem Interview mit Dieter Hagmann (AB 5 [240 KB] : Langversion, AB 6: Kurzversion [193 KB]), der als 3D-Artist die Visualisierungen des Keltenzentrum Heidengraben erstellt hat, Chancen und Grenzen digitaler Rekonstruktionen des Heidengraben heraus. 
Auswertung Auswertung der SchülerInnen-Ergebnisse
Reflexion / Transfer Zwei Museen auf dem Heidengraben – zwei gegensätzliche Konzepte:

Welches Konzept überzeugt mehr – und warum? Wie sieht "das Museum der Zukunft" aus?

  Download aller Materialien [zip, 51 MB]


b) Bildungsplanbezug

Inhaltbezogene Kompetenzen:

3.1.3 Griechisch-römische Antike - Zusammenleben in der Polis und im Imperium

(3) die Expansion Roms zum Großreich charakterisieren

Inhalt:

Expansion, Imperium Romanum


Prozessbezogene Kompetenzen:

nachvollziehe2.2 2.2 Methodenkompetenz:

(1) Die Schülerinnen und Schüler werten Informationen eines außerschulischen Lernortes aus (digitale Visualisierungen des Keltenzentrum Heidengraben)

2.3 Reflexionskompetenz:

DIe Schülerinnen und Schüler treffen ein vergleichendes Sachurteil zum Entwicklungsstand der keltischen Oppidazivilisation

Die Schülerinnen und Schüler hinterfragen die historische Triftigkeit der im Keltenzentrum präsentierten digitalen Visualisierungen


Leitperspektive

Medienbildung:

Die Schülerinnen und Schüler werden zu einer reflektierten Mediennutzung befähigt.


Der Bildungsplan ist nicht unter CC veröffentlicht: (C) Bildungsplanplattform Baden-Württemberg"
"Leitperspektive" ist nicht unter CC veröffentlicht: (C) Ministerium für Jugend, Kultus und Sport Baden-Württemberg

Literatur

  • Der Heidengraben auf der Uracher Alb, Vor- und frühgeschichtliche Befestigungen 23, hrsg. v. Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart, Wiesbaden 2017.
  • Der Heidengraben – Ein keltisches Oppidum auf der Schwäbischen Alb, Führer zu archäologischen Denkmälern in Baden-Württemberg 27, hrsg. v. Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart, Stuttgart 2012.

Links

(Alle Links aufgerufen am 07.10.2025 )


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