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Vogelrufe und -gesänge - Angeboren oder erlernt

Akustische Lautäußerungen von Vögeln können reine Erbkoordinationen sein: Dreieck: Reiz, Reaktion und Handlungsbereitschaft=Motivation. Dann sind sie wenig formveränderlich aber u.U. stark intensitätsveränderlich. Bei Dorngrasmücken sind alle 3 Gesangsformen und die 25 Rufe angeboren, was man in Caspar-Hauser-Versuchen bewiesen hat.

Zu diesen Lautäußerungen gibt es entsprechende angeborene Auslösemechanismen (AAM), also neurosensorische Filtermechanismen, die das Ansprechen auf die Auslösereize (=Schlüsselreize) bestimmen. Der AAM kann aber auch durch Erfahrung modifiziert werden, z.B. wird durch Lernprozesse die Selektivität des AAM erhöht. Die AAMs wiederum müssen so spezifisch sein, dass zwischenartliche Verwechselungen weitgehend vermieden werden.

Die Motivation ist bei Reviergesängen von Singvögeln stark jahreszeitenabhängig. Bei den Männchen ist ein starker endogener Faktor ist die Konzentration des Sexualhormons Testosteron. Dessen Produktion wird von der Tageslänge gesteuert, die wahrscheinlich über die Epiphyse gemessen wird. Dabei bewirkt ein vom Hypothalamus ausgeschüttetes Gonadotropin-Releasing-Hormon die Ausschüttung von Follikelstimulierenden Hormon durch den Hypophysenvorderlappen. Das FSH bewirkt wiederum, dass die Gonaden entsprechend mehr weibliche und männliche Sexualhormone ausschütten.

Bei den Weibchen verändert sich das Hörzentrum im Gehirn durch die hohen Spiegel des Geschlechtshormons Östrogen so, dass die Tiere praktisch nur noch auf die Balztöne ansprechen und andere Gesänge ignorieren. Das geschieht dadurch, dass die Aktivität einer Reihe von für die Paarung unwichtigen Gene zurückgefahren wird. Dieses Filtersystem hilft den Vogelweibchen, unwichtige Informationen auszublenden und sich ganz auf die wichtigen Reviergesänge zu konzentrieren.

Die Keimdrüsen sind im Winter sehr klein und wachsen im Frühjahr auf bis zu zehnfache Größe an. Nach der Brutzeit werden sie wieder zurückgebildet. Ab September setzt die Reaktionsbereitschaft wieder ein: im Herbst kann man singende Kohlmeisen, Stare, Hausrotschwänze, Rotkehlchen, Grünlinge, Hausrotschwänze, Zaunkönige und Zilpzalps hören. Im Spätsommer ist bei den meisten Singvögeln auf Grund der Mauser Singpause.

Die Gesänge der Singvögel als Schlüsselreize für das Fortpflanzungsverhalten können mit Hilfe von Lautattrappen untersucht werden.

Akustische Lautäußerungen von Vögeln können auch erlernt sein. So wird der artspezifische Gesang des Gimpels stets vom Vater erlernt. Der Buchfink erlernt ebenfalls den artspezifischen Gesang, wobei die sensible Phase für die Gesangsprägung erst nach 13 Monaten abgeschlossen ist. Wesentliches wird im ersten Sommer erlernt, die Feinheiten des örtlichen Dialekts aber erst im folgenden Frühjahr. Bei lernenden Singvogelarten findet man auch häufig das Spotten, bei dem Teile des Gesangs anderer Arten in den eigenen Gesang übernommen werden. Beispiele sind der Star, der Eichelhäher, der Sumpfrohrsänger, Braunkehlchen, Gartenrotschwanz, Feldlerche und Amsel.

Singvögel als tagaktive Tiere haben ein Hauptaktivitätsmaximum am Morgen und ein Nebenmaximum am Abend. Je länger die Tage werden, umso früher liegt das Morgenmaximum und umso später das Abendmaximum.

Bei den meisten Singvögeln singen nur die Männchen, es gibt aber Ausnahmen z.B. das Rotkehlchen.