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Buch des Monats April 2012

In diesem Monat empfehlen wir folgendes Buch:

Martina Dierks: Als plötzlich alles anders war (ab 9 Jahre)


Martina Dierks: Als plötzlich alles anders war

cbj, 2011
ISBN 978-3-570-22195-2
192 Seiten
Altersempfehlung: ab 9 Jahre
Taschenbuch, Broschur, 12,5 x 18,3 cm, 15 s/w Abbildungen

Dieses für den Unterricht der Klassen 4-6 gut geeignete Buch behandelt auf sehr einfühlsame aber nicht deprimierende Weise, welche Folgen ein Unfall für eine Familie haben kann.

Louisa ist elf Jahre alt, als ein Fahrradunfall ihr Leben und das ihrer Familie vollkommen verändert. Das Mädchen, das vorher ein bewunderte Eisprinzessin und gute Schülerin war, das mit seinem Lachen alle anstecken konnte, muss mühsam wieder Sprechen, Schreiben und Gehen lernen.
Die Handlung des Romans setzt ein, als Louisa schon große Fortschritte gemacht hat. Sie kann sich schon wieder alleine anziehen, kann mühsam ein paar Schritte gehen und hat ihren ersten Schultag nach vier Monaten ohne Schule vor sich.
Doch der Schulalltag bringt für Louisa viele Schwierigkeiten mit sich und das Lernen, das ihr vorher immer leicht gefallen war, bereitet ihr viel Mühe. Sie kämpft zwar und versucht, vorwärtszukommen, doch sie hat ihre Lebensfreude verloren und ist zu einem misstrauischen und verzweifelten Menschen geworden.
Doch nicht nur für Louisa hat sich alles verändert: Ihre ältere Schwester Teresa hat Schuldgefühle, sie fühlt sich für den Unfall verantwortlich und trägt dieses Geheimnis seitdem mit sich herum. Ihr ganzes Leben ist nun auf ihre kleine Schwester ausgerichtet, sie vernachlässigt ihre Freundin Jette und gesteht sich selbst nicht mehr zu, Spaß zu haben. Während Louisas Mutter noch einigermaßen normal mit ihr umgehen kann, kommt ihr Vater, der zuvor immer so stolz auf seine kleine Tochter war, wohl am wenigsten mit der Situation zurecht. Er kann seine Tochter nicht einmal mehr ansehen und zieht sich immer mehr von der Familie zurück.
Diese droht an dem tragischen Unfall zu zerbrechen, doch als Louisa sich mit Tinka und Perle, zwei behinderten Mädchen anfreundet, findet sie wieder neuen Mut und auch die Familiensituation verbessert sich.

Besonders hervorzuheben ist, dass dieses Buch sich mit den Problemen aller Beteiligten beschäftigt, so geht es zwar vor allem um Louisa, die mit ihrem Schicksal fertig werden muss, aber auch um Freunde und Familie, deren Leben ebenfalls beeinflusst werden. Dies wird auch an der Erzählperspektive deutlich, die zwischen Louisa und ihrer Schwester Teresa wechselt.
Das Buch berührt, gibt viele Einblicke in den Alltag von Behinderten und regt zu vielen Diskussionen an, dennoch gelingt es Martina Dierks, nicht vollkommen zu erschüttern, und dass am Ende Louisas Situation deutlich besser ist, entlässt die Leserinnen und Leser mit einem guten Gefühl. Glücklicherweise hat die Autorin aber kein unwahrscheinliches Happy-End gewählt, bei dem Louisa wieder den Zustand von vor dem Unfall erreicht hätte, sondern zeigt eine Louisa, die gelernt hat, mit ihren Einschränkungen zurechtzukommen.

Dadurch, dass die beiden Erzählerinnen Mädchen sind, werden sicherlich vor allem Mädchen sich in diesem Buch wiederfinden. Jedoch ist der Stoff auch für Jungen interessant und kurzweilig aufbereitet. Die große Schrift und die Illustrationen motivieren auch Schülerinnen und Schüler, die nicht so gerne lesen. Insgesamt ein wirklich empfehlenswertes Buch.

(sw, Arbeitskreis Lesen)