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Ideologisch-rassistische Begründungen für die Ausgrenzung der Sinti und Roma

Der moderne biologische Rassismus entsteht im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Sein Kern ist die Einteilung und Behandlung von Menschengruppen nach einer angeblich angeborenen unterschiedlichen Wertigkeit. Durch ihre Vertreter vehement propagiert, findet die neue "Rassenlehre" nicht nur Eingang in die Universitäten, sondern auch in das Denken breiter bürgerlicher Schichten.
Im Nationalsozialismus wird die Lehre von der "Minderwertigkeit" und "Höherwertigkeit" der Rassen, ihre Einteilung in "Herrenmenschen" und "Untermenschen", zur Staatsdoktrin erhoben. Schon seit 1931 sammeln NS-Stellen Daten über die deutschen Sinti und Roma. Sie werden ebenso wie Juden zu "Fremdrassigen" erklärt, die aus der "Volksgemeinschaft" auszuschließen und letztlich "auszumerzen" seien.


Todesnachricht von Christine Lehmann
NS-Propagandschema zur Genealogie:
Rassistische Kriterien sollen ausschlaggebend für die Auswahl des Lebenspartners sein.
Vorlage: Hauptstaatsarchiv Stuttgart E 151/53 Bü 172


Die Rassenideologie ist das eigentliche Bewegungsgesetz des Nationalsozialismus; sie bleibt für die Entscheidungen der NS-Führung trotz aller taktischen Wendungen und Anpassungen stets bestimmend. Ziel ist die Schaffung einer neuen Gesellschaft auf "rassischer" Grundlage bis hin zur "rassischen Neuordnung" Europas unter "arischer" Vorherrschaft. Dabei dient die vorgebliche "Wissenschaftlichkeit" der Rassendoktrin als Rechtfertigung für die Ausgrenzung und schließlich für die systematische Vernichtung von Millionen Menschen.


M 1: Zeitschrift des Deutschen Ärztebundes, 1938
"Ratten, Wanzen und Flöhe sind auch Naturerscheinungen, ebenso wie die Juden und Zigeuner ... Alles Leben ist Kampf. Wir müssen deshalb alle diese Schädlinge biologisch allmählich ausmerzen, und das heißt heute, die Lebensbedingungen durch Sicherheitsverwahrung und Sterilisationsgesetze so grundlegend ändern, dass alle diese Feinde unseres Volkes langsam aber sicher zur Ausmerze gelangen."


Die Indoktrination der Bevölkerung ist ein zentrales Element des nationalsozialistischen Herrschaftssystems. Tausende Mitarbeiter im Propagandaapparat unter Joseph Goebbels kontrollieren die öffentliche Meinung und das kulturelle Leben. Neben den neuen Medien Rundfunk und Film wird die gleichgeschaltete Presse zum zentralen Instrument der NS-Propaganda. Wie die jüdische Bevölkerung, so sind auch die deutschen Sinti und Roma gezielten Pressekampagnen ausgesetzt. Ihre systematische Kriminalisierung soll dazu beitragen, die Verfolgungsmaßnahmen zu rechtfertigen und die Akzeptanz der Bevölkerung wie auch die Mitarbeit der Verwaltung sicherzustellen.
Die nationalsozialistische Rassenideologie findet Eingang in Lehrpläne und Schulbücher; selbst in medizinischen Fachzeitschriften wird unverhohlen die "Ausmerzung" aller Sinti und Roma gefordert.


M 2: Biologie-Schulbuch "Das Leben" für die 5. Klasse, 1942
"Während die farbigen Völker meist weit entfernt von uns wohnen und auch durch ihre körperlichen Abweichungen das Trennende stark offenbaren, liegen für unser Volk zwei andere Gefahren der Rassenmischung viel näher. Hier handelt es sich um fremde Rassenelemente, die zwar hellhäutiger sind, aber seelisch besonders stark von den Eigenschaften unserer Rasse abweichen. Das sind einmal die Zigeuner …
In Deutschland halten sich heute etwa 6.000 Rassezigeuner und 12.000 Zigeunermischlinge (Halbzigeuner) auf. Natürlich beziehen sich unsere Rassenschutzgesetze auch auf die Zigeuner, da sie ja nicht 'deutschblütig', sondern fremdrassig sind."
"Für die Gesamtheit der im deutschen Volk unter dem bestimmenden Einfluss der nordischen Rasse vereinigten eigenrassischen Bestandteile verwendet man den Ausdruck 'arisch'. Arischer Abstammung ist also ein Mensch, der frei von anderem (fremdem) Rassenerbgut ('Blut') ist. Als fremd gelten außer den Juden alle eingeborenen Rassen der nichteuropäischen Erdteile sowie die Zigeuner. Arische Abstammung ist Bedingung für alle Berufsbeamten (Gesetz vom 7. April 1933), Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Apotheker; Ärzte, Zahnärzte und Zahntechniker bei den Krankenkassen; für Wehrmacht; Arbeitsdienst und NSDAP."


Das Zerrbild des "Zigeuners" in der NS-Propaganda trägt wesentlich dazu bei, ein gesellschaftliches Klima zu schaffen, in dem die Deportation der Sinti und Roma in die Todeslager schließlich ohne Proteste hingenommen wird.


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