Die Villa rustica in Hechingen-Stein

Hintergrundinformationen

Bedeutung

Das Römische Freilichtmuseum in Hechingen-Stein ist ein äußerst lohnender Lernort. Die freigelegten Überreste und die teilweise rekonstruierte Portikusvilla mit Säulengang und Badehaus ist nördlich der Alpen ein einmaliges Beispiel einer römischen Gutsanlage. Das Museum bietet jüngeren Besuchern durch erlebnisorientierte Angebote einen altersgemäßen Zugang zu verschiedenen Aspekten des römischen Lebens. Durch die Rekonstruktion der Villa wird eine Begegnung mit dem römischen Leben in Südwestdeutschland für alle Altersstufen besonders anschaulich. Die Präsentation neuerer Funde aus dem Tempelbezirk verdeutlicht besonders gelungen wie Geschichte ausgehend von nur bruchstückhaft erhaltenen Überresten rekonstruiert werden kann.

Die Gutsanlage Hechingen-Stein lag in der Nähe einer wichtigen Römerstraße, die von Süden (Windisch/Schweiz) kommend das obere Neckargebiet erschloss. Sie ist in ihrer Art eine der größten und besterhaltenen in Süddeutschland.

Portikusvilla von Süden

Portikusvilla von Süden
© Christa Landwehr


Geschichte

Während der Besetzung durch die Römer besiedelten keltische Stämme das Gebiet. Die römische Besatzungszeit begann im Jahre 15 v. Chr. mit der Eroberung des Alpenvorlandes. Unter Kaiser Claudius stießen die Römer in der Mitte des ersten Jahrhunderts bis zur Donau vor, ca. 85 n. Chr. unter Domitian bis zum Neckar. Es kam zur Errichtung von militärischen Stützpunkten, den Kastellen, stadtähnlichen Befestigungen und den Gutsanlagen. Mit dem Vordringen der Alemannen endete um 260 n. Chr. die römische Besatzungsperiode.
Die Gutsanlagen, die für die römische Wirtschaft von großer Bedeutung waren, zerfielen im Laufe der Zeit und wurden von den Alemannen zweckentfremdet. Der landwirtschaftliche Betrieb der Gutshöfe diente in römischer Zeit der Versorgung der Truppen und der Bevölkerung. Oft wurden verdiente Veteranen der römischen Truppen als Erbpächter mit der wirtschaftlichen Nutzung solcher Betriebe abgefunden. Grund und Boden blieben im Besitz des Staates. Die Villa rustica in Hechingen-Stein war seit dem Ende des 1. Jahrhunderts n.Chr. für ca. 170 Jahre römische Wohn- und Arbeitsstätte. 1973 entdeckte der Bürgermeister der Gemeinde Stein, Gerd Schollian, Überreste und initiierte die Ausgrabungen.

Militäranlagen und Zivilsiedlungen von 115 n. Chr. bis Anfang 3. Jahrhundert n. Chr.
© ziegelbrenner, Limes2, CC BY-SA 3.0


Anlage

Die Anlage in Hechingen-Stein weist typische Merkmale einer römischen Gutsanlage auf:
- Lage am Hang, weitgehend nach Süden ausgerichtet
- Portikusvilla mit Eckrisaliten für die Pächterfamilie und ihre Bediensteten
- Badeanlage mit Hypocaustum (Fußbodenheizung)
- Gebäude zur landwirtschaftlichen und handwerklichen Nutzung innerhalb der Ummauerung
- Hofmauer mit Eingangstor

Das Hauptgebäude des Freilichtmuseums Hechingen-Stein bildet eine Portikusvilla mit Eckrisaliten, die von 1978 bis 1981 unter der Leitung von Prof. Hartmann Reim vom Landesdenkmalamt Baden-Württemberg, Außenstelle Tübingen, ausgegraben und in Teilen nach damaligem allgemeinen Vorbild rekonstruiert wurde.

Gesamtplan der Anlage 2007

Gesamtplan der Anlage 2007
© Gerd Schollian

Im Gebäude ist ein Museum mit Originalfunden untergebracht (Keramik, Eisenwerkzeug, Münzen, Artefakte und Gebrauchsgegenstände aus Bronze und Knochen). Bild- und Texttafeln erläutern die kulturgeschichtlichen Hintergründe.

Funde im Museum

Funde im Museum
© Christa Landwehr

Terra sigillata

Terra sigillata
© Christa Landwehr

Auf zwei Wohnebenen befinden sich detailliert ausgestattete Wohnräume sowie Schlaf- und Esszimmer mit einer Küche. Im Untergeschoss erwartet die Besucher eine Tonbildschau und ein Modell der Anlage.

Rekonstruktion einer Küche

Rekonstruktion einer Küche
© Christa Landwehr

Im Außenbereich sieht man das Eingangstor der Anlage, einen selten anzutreffenden Tempelbezirk mit einer vermuteten ursprünglichen Jupitergigantensäule, ein Mühlengebäude, eine Schmiede, eine Getreidemühle mit Backofen und einen Fahrzeugschuppen mit rekonstruierten handwerklich-landwirtschaftlichen Geräten.
Im Badehaus sind die Kanäle einer Unterbodenheizung freigelegt, eine Latrinenanlage ist rekonstruiert.
Auf dem mindestens 5 Hektar großen Gutsgelände sind weitere Ausgrabungen im Gange.

Eingangstor mit Ummauerung rekonstruiert

Eingangstor mit Ummauerung rekonstruiert
© Christa Landwehr

freigelegte Hypocaustanlage

freigelegte Hypocaustanlage
© Christa Landwehr

Rekonstruktion einer Jupitergigantensäule

Rekonstruktion einer Jupitergigantensäule
© Christa Landwehr

Fund- vollplastischer Kopf einer Venusstatue

Fund- vollplastischer Kopf einer Venusstatue
© Christa Landwehr

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Tübingen -