Hintergrundinformationen

Dolinenweg Hengen

1.1 Bedeutung

Dolinen, Trockentäler, Höhlen und Kalksinter
- Karstformenschatz der Schwäbischen Alb

Die Schwäbische Alb ist Bestandteil der südwestdeutschen Schichtstufenlandschaft und bildet zusammen mit der Fränkischen Alb das größte zusammenhängende Karstgebiet Deutschlands.

Seinen reichen Karstformenschatz hat das Mittelgebirge den Ausgangsgesteinen des Weißen Jura (Malm) zu verdanken. Vor allem Formen des bedeckten Karstes lassen sich auf der Albhochfläche und im Bereich des Traufes besonders gut beobachten.
Zu den auffälligen Karsterscheinungen der Schwäbischen Alb gehören neben einem Netz aus unzähligen Trockentälern zahlreiche Dolinen in unterschiedlicher Ausprägung. Bislang wurden auf der Schwäbischen Alb zudem über 2100 Höhlen entdeckt (Binder, S. 10).

Trockentäler im Karst
Die Trockentäler entstanden durch fluviatile Formung und fielen durch sukzessive Verkarstung und Hebung seit dem Tertiär trocken (vgl. Binder, S. 21). Während der Plombierung durch den Permafrost der quartären Kaltzeiten wurde in den sommerlichen Auftauphasen durch das anfallende Schmelzwasser bei gleichzeitig hohem Dargebot an Erosionswerkzeugen in Form von Frostschutt nochmals erodiert (vgl. Ahnert, S. 312). Ein ähnliches Phänomen zeigt sich alle paar Jahre für ein paar Tage während der Schneeschmelze, während der Boden noch gefroren ist.

„Trockental“ zwischen Offenhausen und Kohlstetten

B 1  „Trockental“ zwischen Offenhausen und Kohlstetten, aufgenommen im Februar 2009 bei noch gefrorenem Boden und gleichzeitig starkem Niederschlag. Normalerweise tritt das Grundwasser erst im Quelltopf der Lauter in Offenhausen zutage.
© Michael Hägele


Karsthöhlen
Die Gesteinsholräume der Schwäbischen Alb entstanden durch Lösung entlang von Klüften und Schichtfugen, meist in der Höhe des Karstwasserspiegels als epiphreatische Höhlen. Häufig finden sich hier formenreiche Stalagmiten, Stalagtiten, Travertinsäulen und weitere Formen von Calcitausfällungen.

Stalagmiten, Stalagtiten und im Hintergrund eine Travertinsäule

B 2  Stalagmiten, Stalagtiten und im Hintergrund eine Travertinsäule (Stalagnat) im Anfangsstadium. Aufgenommen in der Bärenhöhle bei Sonnenbühl.
© Michael Hägele

Dolinen
Dolinen stellen eine weitere typische Form der verkarsteten Hochfläche dar, manchmal wird in diesem Zusammenhang auch der Begriff Erdfall gebraucht. Genau genommen ist dies jedoch nur dann richtig, wenn sich die Doline durch nachrutschenden Boden bis zur Oberfläche durchpaust.

Zwei Dolinenypen werden unterschieden: Lösungsdolinen entstehen durch intensive Lösungsverwitterung an der Gesteinsoberfläche, v.a. im besonders wasserdurchlässigen Bereich über Kluftkreuzungen, Einsturzdolinen mit anfänglich recht scharfen Rändern entstehen dagegen durch das Einbrechen eines Karsthohlraumes. Auf der Schwäbischen Alb überwiegen die Lösungsdolinen.

Blockbild mit den zwei häufigsten Dolinentypen
B 3  Blockbild mit den zwei häufigsten Dolinentypen (DE = Einsturzdoline, DL = Lösungsdoline, KL = Kluft, H = Höhle)
© Praxis Geographie 5/2008: Ein Loch und viele Gerüchte. Karstformen auf der Schwäbischen Alb. S. 36.

Durch die Abrisskante der Grasnarbe nachweislich langsam wachsende Lösungsdoline auf dem Truppenübungsplatz Münsingen.

B 4  Durch die Abrisskante der Grasnarbe nachweislich langsam wachsende Lösungsdoline auf dem Truppenübungsplatz Münsingen.
© Michael Hägele

Ablagerung von Kalksinter
Nicht sofort ins Auge springend sind die teils sehr ausgedehnten Vollformen aus Kalksinter, beispielsweise im Bereich der zahlreichen Karstquellen und der Flusstäler. Letztere besitzen oft mehrere Meter mächtige Sohlenfüllungen aus dem Material, das früher als beliebtes Baumaterial abgebaut wurde. Die Karstquellen am Albtrauf sind meist Schichtquellen oder durch Schutthalden verschleppte Schichtquellen.
Der umgangssprachlich „Kalktuff“ genannte Sinter entsteht durch das Ausfällen von Calcit (CaCO3) infolge der Erniedrigung des Partialdruckes nach Verlassen des Karstgrundwassersystems, durch Erwärmung oder turbulenten Fließens des Wassers.

Wo wie hier Kalksinter abgelagert wird, wird alles mit einer Schicht aus Calcit überzogen

B 5  Wo wie hier Kalksinter abgelagert wird, wird alles mit einer Schicht aus Calcit überzogen.
© Michael Hägele


Vulkanschlote
Im Gebiet der mittleren Schwäbischen Alb gab es im Tertiär vor etwa 18-16 Mio. Jahren vulkanische Aktivität infolge des tektonischen Stresses bei der Kollision der afrikanischen mit der eurasischen Kontinentalplatte. Lava trat dabei jedoch so gut wie nie aus, meist blieben die Vulkanschlote im Untergrund stecken. Häufig kam es beim Kontakt mit Grundwasser zu phreatomagmatische Explosionen, wodurch Maare entstanden. Bislang sind ca. 360 Vorkommen vulkanischer Gesteine im so genannten Urach-Kirchheimer-Vulkangebiet bekannt. Oft wird auch vom „Schwäbischen Vulkan“ gesprochen. Für die frühen Albbewohner hatte das vulkanische Gestein eine überlebenswichtige Bedeutung: Im Gegensatz zum verkarsteten Weißjura stauen die überwiegenden Basalttuffe (selten Basalte) das Niederschlagswasser (vgl. Villinger, S. 16). An den Standorten, wo aus diesem Grund Oberflächengewässer entstanden (Teiche bzw. „Hülen“, Quellhorizonte und oft sehr kurze Bäche), konnten erste Siedlungen entstehen.

Besonders am Rand der Areale mit vulkanischem Gestein häufen sich Verkarstungserscheinungen. Einerseits liegt dies am hier erhöhten Wasserdargebot, andererseits könnte zu Zeiten des aktiven Vulkanismus durch besonders starke Kohlendioxydanreicherung im Grundwasser der Prozess der Verkarstung intensiviert worden sein. Daraus resultierendes stärker kohlesäurehaltiges Sickerwasser hätte in der Folge die Verwitterung intensiviert (vgl. Künkele, S. 46).

Vorkommen vulkanischer Gesteine im Gebiet der mittleren Schwäbischen Alb

B 6  Vorkommen vulkanischer Gesteine im Gebiet der mittleren Schwäbischen Alb (Urach-Kirchheimer-Vulkangebiet)
© LGRB


1.2 Anlage

Der Dolinenweg führt in etwa 2 Stunden über die Hochfläche der Schwäbischen Alb östlich von Hengen.

B B 7  Der Dolinenweg führt in etwa 2 Stunden über die Hochfläche der Schwäbischen Alb östlich von Hengen.
© LRGB (aktualisiert)

Rundwanderung „Dolinenweg Hengen“

Die reine Gehzeit des ca. 8 km langen Wanderweges beträgt ca. 2 Stunden. Je nach Aufbereitung des vermittelten Stoffes sollte mit Schülern mindestens die doppelte Zeit eingerechnet werden.

Ausgangspunkt der Rundwanderung ist der Wanderparkplatz beim Hengener Sportplatz. Auf einer großen Tafel wird der Verlauf des Weges dargestellt (Hinweis: Die auf dieser Homepage verwendete Karte (s.o.) ist genauer.). Ein Text erläutert die Entstehung verschiedener Karstphänomene mit Schwerpunkt auf den Dolinen.

Der Lehrpfad führt zunächst am Sportplatz entlang zum Waldrand. Von dort aus folgt man nach links einem Feldweg. Bereits nach wenigen Metern gelangt man an die „Hengener Goslach“ (Gos = Gans; Lach = Pfütze). Dieses für die verkarstete Albhochfläche eher untypische Feuchtbiotop diente früher als Gänsetränke. Heute bildet die Goslach einen Rückzugsraum für Erdkröten und Grasfrösche, Berg- und Teichmolche sowie für viele Wasserkäfer und Libellen.

Nach dem Wanderparkplatz „P 33 – Zimmerbuch“ und kurz vor der Landstraße muss man nach rechts auf einen Grasweg abbiegen, der als solcher nicht ganz leicht zu erkennen ist. Parallel zur Straße kommt man so zu einem wechselfeuchten Biotop. Dieses besteht aus einer teilverfüllten Doline, die durch den Bau der Straße angeschnitten wurde. Mehrere Meter mächtige Feuersteinlehmschichten halten hier das Wasser fast ganzjährig. Diese Residualtone sind bereits im Tertiär entstandene, stark versauerte Verwitterungsrückstände des Weißen Jura.

Nachdem man auf dem Grasweg ca. 80 m in Richtung Hengen zurückgegangen ist, biegt man nach links auf einen Feldweg ein, der einen zur „Heidekrautdoline“, einer Doppeldoline, bringt.

Hinter dieser Doline macht der Weg eine weite Rechtskurve in Richtung Bundesstraße. Kurz vor derselben trifft man auf einen parallel verlaufenden Teerweg. Von hier aus geht man zuerst nach links, nach wenigen Metern nach rechts auf einen Grasweg in Richtung Westen zu den „Aulöchern“. Hier verbindet sich der Karstformenschatz mit einem Phänomen, das auf vulkanischer Aktivität basiert: Am Rand der Dolinen liegt einer der über 350 Vulkanschlote des Kirchheim-Uracher Vulkangebietes, dessen Verwitterungston das Wasser staut und in Richtung der Dolinen abfließen lässt. Ein solcher Ponor, noch dazu in Verbindung mit vulkanischem Gestein, ist auf der Schwäbischen Alb recht selten.

Das Dolinensymbol hilft beim Auffinden der Standorte und Infotafeln

B 8  Das Dolinensymbol hilft beim Auffinden der Standorte und Infotafeln. Im Hintergrund liegt die Doppeldoline Auloch.
© Michael Hägele

Von den Aulöchern aus geht es wieder in Richtung Straße und auf dieser nach links durch die Unterführung. Nach etwa 200 m biegt man auf einen geteerten Weg nach rechts in den Wald ab. Dort findet sich die „Heidelbeerhau-Doline“, in deren Umgebung – eher untypisch für die Schwäbische Alb – Heidelbeeren zu finden sind. Als Indikator für Bodenversauerung sind Sie ein Hinweis auf die Residualtone am Grund der Doline.

Heidelbeerhaudoline

B 9  Die Heidelbeerhaudoline ist eine der relativ häufig erhaltenen Dolinen im Wald. Im Gegensatz zu Dolinen im freien Gelände wurden diese nur selten verfüllt.
© Michael Hägele

Trockentäler

B 10  Trockentäler sind charakteristische Formen für die Hochfläche der verkarsteten Schwäbischen Alb. Der hier abgebildete obere Abschnitt des Erdtals (Blickrichtung SW) entwässerte vor der Verkarstung des Weißen Jura oberflächlich nach NO in die Lenninger Lauter.
© Michael Hägele

Etwa 200 m hinter dem Waldrand – man befindet sich inmitten eines hier noch flachen Trockentales - biegt der Rundweg nach rechts in einen Feldweg ein, der dann leicht bergauf und nach einer Linksbiegung wieder an den Waldrand zurück führt. Von hier aus folgt man einfach dem mit einem gelben Dreieck gekennzeichneten Wanderweg des Schwäbischen Albvereins zum Wanderparkplatz „P 33 – Zimmerbuch“, der bereits vom Hinweg bekannt ist. Ab hier folgt man der bereits bekannten Wegstrecke zum Ausgangspunkt der Rundwanderung.

In Anlehnung an „Rundwanderung über den Dolinenweg bei Bad Urach“, herausgegeben von der Verwaltungsstelle Hengen.

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- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Tübingen -