Europa im Mittelalter - Lebenswelten in der Agrargesellschaft und Begegnungen mit dem Fremden

Historischer Lernort Burgen

Landesgeschichtliche Einordnung

Autor: Ulrich Maier(Arbeitskreis Stuttgart)

 Festung Hohentwiel Der Hohentwiel wurde wohl schon in vorgeschichtlicher Zeit als Fluchtburg benutzt. Eine mittelalterliche Burg ist bereits um 900 bezeugt. Bis in das Jahr 1800 blieb der Hohentwiel eine Festung.

Festung Hohentwiel Der Hohentwiel wurde wohl schon in vorgeschichtlicher Zeit als Fluchtburg benutzt. Eine mittelalterliche Burg ist bereits um 900 bezeugt. Bis in das Jahr 1800 blieb der Hohentwiel eine Festung.
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Die Burg ist ein typisches, bedeutendes und vielfältiges Element der historischen Prägung Südwestdeutschlands, eng mit der Siedlungs- und Herrschaftsentwicklung dieses Raumes verbunden. Geographische Gegebenheiten begünstigten die Erbauung von Burgen, vom Odenwald über den Kraichgau, dem Westrand des Schwarzwaldes über der Rheinebene, dem Neckartal, dem Kocher- und Jagstgebiet, dem Albrand bis hinunter zu Hegau und Bodensee. Gleichwohl ist der Burgenbau durch die geschichtliche Entwicklung Südwestdeutschlands bestimmt und bestimmte diese seinerseits.

Meersburg am Bodensee ist eine der ältesten Burganlagen, bezeugt seit 988, vermutlich schon in der Merowingerzeit entstanden.

Meersburg am Bodensee ist eine der ältesten Burganlagen, bezeugt seit 988, vermutlich schon in der Merowingerzeit entstanden.
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Der Begriff “Burg” bezieht sich hier auf die hoch- und spätmittelalterliche Reichs-, Fürsten- und Adelsburg, nicht auf vor- und frühgeschichtliche Flieh- oder Stammesburgen. Die Burgenforschung unterscheidet Höhenburgen, Wasserburgen, Inselburgen und Stadtburgen. In unserem Zusammenhang dominiert der Typ der Höhenburg. Die einzelnen Perioden des Burgenbaus lassen sich folgendermaßen gliedern:

  1. Vorstaufische Zeit (11. und beginnendes 12. Jh.)
  2. Stauferzeit (Mitte 12. bis Mitte 13. Jh.)
  3. Spätmittelalter (Mitte 13. bis Ende 15. Jh)

Bergfried der Ravensburg im Kraichgau.

Bergfried der Ravensburg im Kraichgau.
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Burgenbau

Die frühen Burgen bis in die Mitte des 11. Jahrhunderts wurden von geistlichen und weltlichen Fürsten, Bischöfen und Grafen gebaut. Sie waren in erster Linie befestigte Adelswohnungen. In der Stauferzeit kommen viele Burgen von Ministerialen und Edelfreien hinzu, vor allem im Zuge der Binnenkolonisation, des Landesausbaus. Neben die Funktion des befestigten Wohnsitzes traten nun strategische. Burgen dienten zunehmend als Herrschaftsstützpunkte. Den Höhepunkt erreichte der Burgenbau in Südwestdeutschland vom 13. auf das 14. Jahrhundert. Bauherren sind vor allem Angehörige des niederen Adels, die aus ihren Herrenhöfen in den Dörfern auf die Höhenburgen umzogen. Dieser Vorgang entsprach der sich differenziert ausprägenden ständischen Gesellschaftsordnung, dem Lehnswesen und dem System der Grundherrschaft. Burgen wurden zu ihrem sichtbaren Symbol.

Burg Dilsberg bei Neckargemünd entstand um das Jahr 1200

Burg Dilsberg bei Neckargemünd entstand um das Jahr 1200.
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Burgen als Ausgangspunkt der Geschichtsbetrachtung

Die zahlreich über das ganze Land verteilten Burgen und Burgruinen sind der natürliche Zugang zur mittelalterlichen Welt. Sie sind Schauplätze des Mittelalters und deshalb häufig auch Hintergrundkulisse für die historische Traditionspflege. Aber auch für den Geschichtsunterricht ist die Burg geeigneter und häufig im konkreten Wortsinne nahe liegender Ausgangspunkt für die Behandlung der mittelalterlichen Sozial-, Wirtschafts- und Herrschaftsgeschichte. Hier können am regionalen Beispiel exemplarisch wesentliche Faktoren der mittelalterlichen Geschichte erarbeitet werden, denn die Burg ist ein europäisches Phänomen.

Vom Burgenbau zum Festungsbau

Im Im Laufe des 15. Jahrhunderts - mit dem Ende des Mittelalters - ging der Burgenbau zurück. Das Schloss löste die Burg als repräsentative Wohnanlage des Adels ab. Das hatte auch wehrtechnische Gründe. Mit der Entwicklung der Geschütze bot die Burg nicht mehr die Sicherheit wie zuvor. Als Spätphase des Burgenbaus kann der Festungsbau seit dem 16. Jahrhundert begriffen werden. Landesfestungen sollten die Sicherheitsinteressen der Landesherren erfüllen (Hohenasperg, Hohenneuffen, Hohentwiel).

Festung Hohenneuffen

Festung Hohenneuffen.
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Burgen bieten anschauliche Zugänge zur Lebenswelt des europäischen> Mit Mittelalters. In allen europäischen Ländern erinnern Burgen an die Zeit des Feudalismus. Ihre Vielfalt reicht von einfachen Befestigungen bis hin zu Anlagen, die einer ummauerten Stadt gleichen. Das Wort „Bürger” macht deutlich, dass die Übergänge im Mittelalter hier tatsächlich fließend waren.

Burg Elsberg im Elsass

Burg Elsberg im Elsass.
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Stauferburg Castel del Monte in Apulien (Italien)

Stauferburg Castel del Monte in Apulien (Italien).
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- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Stuttgart -

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