Das Mannheimer Schloss

Hintergrundinformationen

Geschichte

Die Geschichte des Mannheimer Schlosses beginnt mit der Grundsteinlegung durch Kurfürst Karl Philipp am Fest Mariä Heimsuchung, dem 2. Juli 1720. Diesem Ereignis vorausgegangen war die für Mannheim so wichtige Entscheidung des Kurfürsten, seine Residenz von Heidelberg nach Mannheim zu verlegen. Ursache für diese Verlegung war unter anderem der Streit des katholischen Kurfürsten mit den Reformierten über die Nutzung der Heiliggeistkirche in Heidelberg. Nach der Grundsteinlegung wurde vermutlich nach Plänen von Louis Remy de la Fosse unter der Bauleitung von Johann Casper Herwarthel mit den Arbeiten am Corps de logis (Mittelbau) des Schlosses begonnen. Ziel der Arbeiten war eine möglichst rasche Vollendung der Wohnräume des Kurfürsten, da dieser seit November 1720 während der Wintermonate in einer provisorischen Unterkunft im Palais Oppenheimer am Mannheimer Marktplatz residieren musste.

Zur Finanzierung der Bauarbeiten wurde eine zusätzliche Schlossbausteuer von jährlich 75.000 Gulden eingeführt, die jedoch die tatsächlichen Ausgaben nicht decken konnte. Nach dem plötzlichen Tod von Herwarthel übernahm Johann Clemens Froimon im November 1720 die Bauleitung. Unter seiner Leitung wurde zunächst das westliche Corps de logis und der westliche Ehrenhofflügel bis zur Schlosskirche errichtet. Trotz des raschen Baufortschritts kam es dennoch zu langwierigen und kostspieligen Verzögerungen, da Kurfürst Karl Philipp immer wieder Planänderungen wünschte, so dass sogar bereits errichtete Gebäudeteile wieder abgerissen werden mussten. Diese unterschiedlichen Auffassungen über die Schlossplanung führten letztlich 1726 zur Entlassung von Froimon und zur Verpflichtung des französischen Architekten Guillaume d'Hauberat als neuen Bauleiter.

In den folgenden Jahren wurde nun die Innenausstattung von Rittersaal, Haupttreppenhaus und Schlosskirche mit den Deckengemälden von Cosmas Damian Asam vollendet und die Bauarbeiten mit der Weihe der Schlosskirche am 13. Mai 1731 zu einem vorläufigen Abschluss gebracht.

Schlosskirche
Schlosskirche
© LMZ-BW

Im November des gleichen Jahres bezog Karl Philipp seine Prunkgemächer im westlichen Corps de logis. Nachdem im Jahr 1733 mit den Bauarbeiten an der großen Jesuitenkirche begonnen worden war, wurden 1737 auch die Arbeiten am Schloss wiederaufgenommen. Nun folgte die Innenausgestaltung der Repräsentationsräume östlich des Rittersaals, des sogenannten Kaiserlichen Quartiers, mit Deckengemälden von Antonio Pellegrini und der Bau des westlichen Querflügels mit der großen Hofoper durch Alessandro Galli da Bibiena. Mit der Einweihung der Hofoper anlässlich der prächtigen Hochzeit des Thronfolgers Karl Theodor mit Elisabeth Auguste, einer Enkelin Karl Philipps, am 17. Januar 1742 endete die zweite Bauperiode. Im gleichen Jahr starb am 31. Dezember Kurfürst Karl Philipp, in der Gruft der Schlosskirche wurde er beigesetzt.

Aufgrund der desolaten Staatsfinanzen konnten die Bauarbeiten unter seinem Nachfolger Kurfürst Karl Theodor (reg 1742-1799) erst 1750 fortgesetzt werden. Unter der Bauleitung des 1752 zum Oberbau- und Gartendirektor beförderten französischen Architekten Nicolas de Pigage (1723-1796) erfolgte die Errichtung des östlichen Querflügels mit der Hofbibliothek, des Schneckenhofbaus mit den Stallungen sowie der Reitschule mit Remisen und Kosakenbau. 1760 wurden die Arbeiten am Schloss ohne den geplanten Küchenflügel eingestellt. Die von Pigage erbaute prächtige Hofbibliothek wurde ab 1763 für alle Bürger geöffnet (vgl. Bibliotheksordnung von 1763, AB 3 ).

Ehemalige Hofbibliothek
Ehemalige Hofbibliothek
© LMZ-BW

In der Regierungszeit Karl Theodors wurde das Schloss zum vielgepriesenen "Mannheimer Musenhof". Von Anfang an förderte er, der selbst Flöte und Cello spielte, die Musik am Mannheimer Hof. Die Mannheimer Hofkapelle zählte im 18. Jahrhundert zu den besten Orchestern Europas. Der Aufführungsort für die musikalischen Akademien der Hofkapelle war der zentrale Rittersaal des Schlosses.

Rittersaal
Rittersaal
© LMZ-BW


Die musikalischen Neuerungen der Mannheimer Komponisten gingen als sogenannte "Mannheimer Schule" in die Musikgeschichte ein. Ein weiteres Anliegen war Karl Theodor die Förderung der deutschen Sprache. So gründete er 1775 die Kurpfälzische Deutsche Gesellschaft, die sich der Pflege deutscher Literatur widmete. Karl Theodor förderte jedoch nicht nur die Kunst und Kultur, sondern auch die Wissenschaft. 1763 gründete er nach bayerischem Vorbild die pfälzische Akademie der Wissenschaften. Ebenso unterstütze er Forschungen des Jesuiten und Astronomen Christian Mayer, der auf den Gebieten der Landvermessung und der Wetterbeobachtung bedeutende Leistungen erbrachte.

Die glanzvolle Residenzzeit in Mannheim fand 1778 ein plötzliches Ende. Durch den Tod des bayerischen Kurfürsten Maximilian Joseph von Bayern erbte Karl Theodor die bayerische Kurwürde und verlegte zu Beginn des Jahres seine Residenz nach München. Damit verlor das Mannheimer Schloss nicht nur seine eigentliche Funktion, sondern auch einen Großteil seiner wertvollen Ausstattung. Bei der Belagerung Mannheims 1795 durch die österreichischen Truppen wurden zudem das Ballspielhaus und die Hofoper zerstört. 1803 wurde schließlich die Kurpfalz als eigenständiges Fürstentum aufgelöst und Mannheim fiel an das neue Großherzogtum Baden. Das ehemals kurpfälzische Schloss wurde hinter Karlsruhe zur großherzoglichen Nebenresidenz und wurde ab 1806 bewohnt vom badischen Erbgroßherzog Karl und seiner Frau Stephanie de Beauharnais, einer Adoptivtochter Napoleons. Nach dem frühen Tod ihres Mannes erhielt Stephanie 1818 das Mannheimer Schloss als Witwensitz und bezog mit ihrem Hofstaat das ehemalige kurfürstliche Quartier. Mit ihrem Tod 1860 wurde die Mannheimer Hofhaltung endgültig aufgelöst.

Nach der 1918 erfolgten Abdankung des letzten badischen Großherzogs Friedrich II. ging das Mannheimer Schloss durch den Abfindungsvertrag in den Besitz des Freistaates Baden über. Große Teile der Innenausstattung, darunter die kostbaren Wandteppiche, gelangten jedoch in den Besitz des Hauses Baden und verschwanden in Depots der Familie. Die verbliebene Ausstattung wurde zusammen mit kultur- und stadtgeschichtlichen Sammlungen ab 1926 im neu errichteten Schlossmuseum präsentiert. Während des Zweiten Weltkrieges wurde das Schloss durch die alliierten Luftangriffe fast völlig zerstört. Nur wenige Räume, darunter das Bibliothekskabinett der Kurfürstin Elisabeth Auguste, blieben verschont.

Bibliothekskabinett der Kurfürstin Elisabeth Auguste
Bibliothekskabinett der Kurfürstin Elisabeth Auguste
© LMZ-BW


Nach dem Krieg gab es ernsthafte Überlegungen, die ausgebrannte Ruine vollständig abzureißen und stattdessen die Auffahrten zur Rheinbrücke durch den Ehrenhof zu führen. Zur Rettung des Schlosses führte letztlich die Entscheidung des Staatlichen Hochbauamtes, den nur wenig beschädigten Westflügel des Ehrenhofes wiederherzustellen und als Verwaltungsgebäude zu nutzen. In den folgenden Jahren wurde der Außenbau mit Ausnahme der Mansarddächer über dem Corps de logis wiederhergestellt. In die neugestalteten Innenräume zogen nach und nach das Finanzamt, das Landgericht und die Wirtschaftshochschule ein. Lediglich die Schlosskirche, das Treppenhaus, der Rittersaal und die beiden angrenzenden Vorzimmer wurden nach den originalen Vorbildern wiederhergestellt. Die Deckengemälde konnten von Carolus Vocke jedoch nur annähernd rekonstruiert werden.

Deckengemälde im Rittersaal
Deckengemälde im Rittersaal
© LMZ-BW


Die 1967 erfolgte Erhebung der Wirtschaftshochschule zur Universität zog weitere Umbaumaßnahmen nach sich. Der in mehreren Etappen erfolgte Auszug der Landesbehörden aus dem Schloss führte dazu, dass heute das gesamte Schloss mit Ausnahme von Schlossmuseum und Schlosskirche von der Universität genutzt wird. In den Jahren 2002-2007 wurden erneut umfangreiche Baumaßnahmen durchgeführt. Neben einer kompletten Außenrenovierung mit neuem Anstrich, wurden die ursprünglichen Mansarddächer über dem Corps de logis wiederhergestellt. Ebenso erhielt der Ehrenhof eine neue vollständige Natursteinpflasterung. Anlässlich des 400jährigen Stadtjubiläums wurde am 31.März 2007 das neue Schlossmuseum in den neu eingerichteten Repräsentationsräumen des Corps de Logis eröffnet. Gleichzeitig feierte in diesem Jahr die Mannheimer Universität ihren 100. Geburtstag.

Rekonstruierter Thronsaal im Schlossmuseum 2007
Rekonstruierter Thronsaal im Schlossmuseum 2007
© LMZ-BW