Methodenvorschlag

2 Behandlung des Themas in der Schule

Herzog Ulrich im Jahre 1520

B 9 Herzog Ulrich im Jahre 1520
(gemeinfrei, Quelle: Germanisches Nationalmuseum Nürnberg)

Didaktische Struktur:
Schülerinnen und Schüler arbeiten in Gruppen und wählen sich aus vorgegebenen Aufgabenbündeln ihre Aufträge selbst aus. Diese unterscheiden sich in ihrer Komplexität, ihrem Anspruchsniveau und ihrem Ansatz. Analytisch zu bearbeitende stehen neben kreativ zu gestaltenden Aufträgen. Die Ergebnisse werden in einem Portfolio gesammelt und in zwischengeschalteten Plenumsphasen verglichen.

Die Unterrichtsmaterialien lassen z.B. auch folgende Binnendifferenzierung zu: Alle Schülerinnen und Schüler befassen sich mit den Aufgaben zum Grundniveau und haben die Möglichkeit, Aufgaben aus dem erweiterten Niveau zusätzlich zu bearbeiten.

Einstieg in das Thema:
Der „Arme Konrad“ formiert sich: Die Schülerinnen und Schüler setzen sich - ausgehend vom Peter-Gais-Denkmal von Fritz Nuss - mit der Aktion des Peter Gais in Beutelsbach auseinander. Sie vergleichen die künstlerische Gestaltung durch den Bildhauer mit Texten von Historikern, die das Geschehen schildern. Die SuS können im Sinne der horizontalen Differenzierung aus verschiedenen Aufgabentypen auswählen. (Grundniveau)

Sie analysieren eine zeitgenössische Druckschrift von 1514 (gekürzt und an heutiges Deutsch angeglichen), sie deuten deren Titelbild, welches die Konstellation des Konflikts sinnfällig vor Augen führt: Der „gemeine Mann“ bzw. der „Arme Konrad“ mit Rechen steht einem Ritter in Rüstung mit Hellebarde gegenüber. (Erweitertes Niveau)

Sie setzen sich in vergleichender Textarbeit zum einen mit den Forderungen der Aufständischen auseinander, die deutlich machen, dass diese sich vor allem auch an die Beamtenschaft wenden, die von den Besitzbürgern gestellt wird. Deren Reaktion zeigt zum anderen, dass sich die bürgerliche Oberschicht vom Armen Konrad distanziert. Schülerinnen und Schüler erkennen die gesellschaftliche Bedingtheit politischen Verhaltens. (Grundniveau/Erweitertes Niveau)

Von da aus lassen sich Fragen stellen: Was werden die Aufständischen tun? Wie reagiert die Obrigkeit? Wie geht der Konflikt wohl aus?

AB 1  AB 1a  AB 1b  AB 1c 

Erarbeitung:
Schülerinnen und Schüler befassen sich mit den Ergebnissen, die durch den Aufstand des Armen Konrad initiiert und von den Vertretern der bürgerlichen Landschaft mit dem Herzog unter Vermittlung des Kaisers und weiterer Fürsten ausgehandelt wurden. Sie reflektieren die Bestimmungen des Tübinger Vertrags, unterscheiden solche, die die Macht des Bürgertums stärken von solchen, die auch dem „gemeinen Mann“, sogar den Leibeigenen, zugutekamen. Sie betrachten den Tübinger Vertrag im größeren Zusammenhang der württembergischen Geschichte und vergleichen ihn mit einem anderen europäischen Verfassungsdokument, der Magna Charta von 1215. Sie erkennen Parallelen, etwa in den jeweils vorausgegangenen Regierungskrisen, aber auch Unterschiede: Verhandlungspartner der Magna Charta waren der Monarch und seine adeligen Lehensleute, Verhandlungspartner des Tübinger Vertrags der Herzog und die bürgerlichen Landstände unter der Vermittlung der kaiserlichen Räte.

AB 2  AB 2a  AB 2b  AB 3  AB 3a 

Vertiefung/Reflexion:
Schülerinnen und Schüler setzen sich mit kontroversen Bewertungen des Tübinger Vertrags und eines möglichen Vergleichs mit der Magna Charta von 1215 auseinander. (Erweitertes Niveau)

Sie analysieren das Gedicht von Ludwig Uhland aus dem württembergischen Verfassungskampf (1805 – 1819) als Zeugnis der Wertschätzung des Tübinger Vertrags bei der Aushandlung der württembergischen Verfassung von 1819 (Erweitertes Niveau)

AB 4  AB 4a  AB 4b  AB 4c 

Folgende Kompetenzen werden gefördert:
Bildungsplanbezug:
„Die SuS können Ursachen sowie wesentliche Erscheinungen der
Epochenwende zwischen Mittelalter und Neuzeit
benennen und die Auflösung der mittelalterlichen Ordnung erläutern“

Am Beispiel des Tübinger Vertrags bedeutet dies:
Umbruchsituation – Die gesellschaftliche Gliederung der mittelalterlichen Gesellschaft wird in Frage gestellt.
Bürgerliche Freiheitsrechte werden in einer Konfliktsituation durchgesetzt.
Demokratie hat Geschichte: Die Ergebnisse des Tübinger Vertrags prägen die württembergische Verfassungsgeschichte.

Fragekompetenz: Schülerinnen und Schüler formulieren Fragen an den historischen Vorgang des Volksaufstandes „Armer Konrad“, zum Zustandekommen des Tübinger Vertrags und zu seiner Fortwirkung.

Methodenkompetenz: Sie beschreiben die Denkmalgestaltung durch Fritz Nuss in Beutelsbach, werten die zeitgenössische Quelle aus (Bild und Text) und bereiten ihre Ergebnisse adressatengerecht auf (z.B. fiktives Interview, darstellendes Spiel, Geschichtserzählung, Textanalyse und Textvergleich).
Sie erschließen unterschiedliche Texte zur Geschichte des Tübinger Vertrags zu seiner Bewertung im landesgeschichtlichen und europäischen Rahmen und breiten ihre Ergebnisse adressatengerecht auf.

Reflexionskompetenz: Sie überprüfen unterschiedliche Sichtweisen auf den Volksaufstand des Armen Konrad und den Tübinger Vertrag und beziehen argumentierend Stellung dazu. Sie vergleichen die Kausalzusammenhänge der beiden Verfassungsdokumente Tübinger Vertrag und Magna Charta und überprüfen Hypothesen dazu.

Orientierungskompetenz: Sie bewerten die Aussage des Denkmals, der Text- und Bildquellen und setzen sich kritisch mit dem ihnen vermittelten Geschichtsbild auseinander.
Sie erkennen die unterschiedliche historische Bedingtheit von Tübinger Vertrag und Magna Charta im Rahmen der europäischen Geschichte.
Sie begreifen den Tübinger Vertrag als Grundstein zur Entwicklung unserer heutigen Gesellschafts-, Rechts- und Staatsordnung.

Sachkompetenz: Sie verstehen die am Konflikt um den Tübinger Vertrag und die Magna Charta Beteiligten als gesellschaftlich definierte Gruppen mit spezifischen Interessen und können ihr Verhalten daraus erklären. Sie erkennenn den Tübinger Vertrag als wichtige Etappe des Kampfes um Partizipation.
Sie können das regionale Beispiel der Regierungskrise 1514 in Württemberg, dem daraus folgenden Volksaufstand des „Armen Konrad“ und die staatliche Neuordnung des Herzogtums im Tübinger Vertrag in einen größeren europäischen Zusammenhang einordnen.

Das Modul in einer Doppelstunde (Reduktionsmodell):
Unterrichtsskizze für eine Kurzfassung des Bausteins in zwei Unterrichtsstunden:

In der ersten Stunde wird ausgehend vom Peter-Gais-Denkmal in Beutelsbach die Konfliktkonstellation im Herzogtum Württemberg 1514 betrachtet. Schülerinnen und Schüler formulieren den Konflikt zwischen Bauern und Regierung einerseits und Bauern und bürgerlicher Oberschicht („Ehrbarkeit“) andererseits.

AB 1  AB 1a  Additum: AB 1c 

In der 2. Stunde setzen sie sich mit den Ergebnissen des Tübinger Vertrags auseinander und vergleichen ihn mit der Magna Charta.

AB 2  AB 2b 

 

 

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Stuttgart -

 


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Quelle: https://www.schule-bw.de

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