Einführung der Reformation in Ulm - ein Rollenspiel
Hintergrundinformationen
1. Bedeutung
Die Frage nach der Einführung der Reformation in Ulm 1530 war für den Rat der Stadt ein Ereignis von geradezu existenzieller Bedeutung, weshalb er Verantwortung auf die Bürgerschaft abwälzte, die in namentlicher Abstimmung entscheiden sollte. Am Beispiel der Einführung der Reformation in Ulm lassen sich die Probleme der Konfessionalisierung regionalgeschichtlich greifbar machen.
Ulmer Münster von Süden - Bauzustand im 16. Jh.
© Stadtarchiv Ulm
Die Form des Rollenspiels eignet sich besonders gut, die Diskussionen innerhalb der Bürgerschaft verdeutlichen. Die handelnden historischen Figuren erlauben einen hohen Grad von Identität seitens der Schüler, da das Ergebnis der Entscheidung die Lebensverhältnisse der Ulmer Familien tiefgreifend geprägt hat. Zudem ist für alle Schüler das stadtbildprägende Ulmer Münster im Bewusstsein präsent, so dass sich kirchliche Themen leichter damit verknüpfen lassen.
2. Geschichte
Die Einführung der Reformation in Ulm erfolgt vor deren Einführung in Württemberg. Selbst nach 1534 ist Ulm mit seinem Territorium vor allem im Osten und Süden von katholisch gebliebenen Gebieten umgeben.
Der Ulmer Rat verhält sich zunächst der lutherischen Lehre gegenüber ablehnend, dann abwartend. Er manövriert sich ab 1528 mehr und mehr in eine außenpolitisch isolierte Lage, aus der er sich im Herbst 1530 mit einer Bürgerbefragung zu befreien versucht.
Barfüßerkirche auf dem Münsterplatz (ca. 1875 vor dem Abriss)
© Stadtarchiv Ulm
Überblick über die Ereignisse
1521/22
Die Franziskanermönche Eberlin von Günzburg und Heinrich von Kettenbach werden wegen aufrührerischer Predigten aus dem Ulmer Barfüßerkloster ausgeschlossen und verlassen die Stadt.
1523
Der Ulmer Rat verfügt, dass die Predigt "nach Gottes Wort" erfolgen müsse.
Bernhard Besserer (1471- 542)
© Ulmer Museum
1524
Der Zwinglianhänger Konrad Sam wird zum Ratsprediger ernannt.
1525
Abschaffung der Prozessionen, Einführung der deutschen Sprache in der Liturgie
Sog. Karg-Retabel aus dem Ulmer Münster; Beispiel für Bildersturm
© Evangelische Münstergemeinde Ulm
1526
Den Dominikanern und Franziskaner wird das öffentliche Betteln und das Begräbnis in den Kirchen untersagt, die Zahl der Konventualen wird eingeschränkt.
1528-1530
Ergebnislose Bündnisverhandlungen des Ulmer Rates mit verschiedenen evangelischen Landesfürsten (u. a. Hessen, Kursachsen, Brandenburg) und Reichsstädten (u. a. Nürnberg, Straßburg, Augsburg, Zürich)
1530
Vergebliche Aussöhnungsversuche des Ulmer Rates mit Kaiser Karl V. während des Reichstages von Augsburg, Ablehnung der "Confessio Augustana" durch den Kaiser, Wiederholung des Reichstagsbeschlusses von Speyer: Rücknahme aller reformatorischen Maßnahmen in den Reichsterritorien und -städten bis 1531.
Der Beschluss wird in Ulm verlesen. Der Rat beruft einen Ausschuss von 12 Männern ein, der über das weitere Vorgehen beraten soll, und beschließt schließlich die Durchführung einer Bürgerbefragung. Eine Ratskommission besucht reihum die Versammlungen der Patrizier und der Zünfte. Nach Verlesung des sog. Vorhaltes werden die Mitglieder zur namentlichen Abstimmung aufgerufen. Die Mehrheit der Bürger entscheidet sich gegen den Reichstagsbeschluss und damit für die Einführung der Reformation.
1531
Ulm tritt dem Schmalkaldischen Bund bei. Die Theologen Bucer, Blarer und Ökolampad werden nach Ulm berufen, um die kirchliche Neuordnung in Ulm zu organisieren. Diese ist bis 1531 weitgehend abgeschlossen. Alle Pfarrer der Stadt und des Ulmer Territoriums werden examiniert. Im Sommer wird die Messe abgeschafft, Gottesdienste, Abendmahl und Kasualien werden nach evangelischem Ritus gefeiert, alle Altäre samt der Orgel aus dem Münster entfernt. Eine Kirchenordnung regelt bis in die Details das religiöse Leben.
Ulmer Kirchenordnung 1531
© Stadtbibliothek Ulm
Wie viele Ulmer die Stadt verlassen haben, weil sie am alten Glauben festhalten, ist nicht bekannt. Die Dominikaner- und Franziskanermönche ziehen unter Protest aus der Stadt. Trotz aller Bemühungen seitens des Rates lässt sich aber keine konfessionelle Einheitlichkeit durchsetzen. Bis 1803 bleiben die Konvente der Augustiner und der Deutschherren in der Stadt. Neben patrizischen Familien, die bis ins 17. Jahrhundert am alten Glauben festhalten, findet man in der evangelischen Stadt zahlreiche katholische Menschen aus dem Umland, die als Dienstpersonal Arbeit gefunden haben.
Die Stadt schließt sich dem Schmalkaldischen Bund an. Nach dessen Niederlage 1546 erzwingt der Kaiser zwar die Aufhebung der Zunftverfassung von 1397. Im Gegensatz zu anderen Reichsstädten (z. B. Biberach, Ravensburg, Dinkelsbühl) bleibt Ulm aber evangelisch.
- Arbeitskreis für Landeskunde/Landesgeschichte RP Tübingen -
Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de
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