Buchtipps, Methoden, Konzepte und Projekte rund ums Lesen und Vorlesen bietet der Ideenpool Lesen gegliedert für alle Schularten und auch für den Elementarbereich.

Steffen Gailberger: Systematische Leseförderung für schwach lesende Schüler ( Lehrkräfte)

Der Behauptung Gailbergers, schwache Leserinnen und Leser kämen vor allem aus sozial schwachen Schichten (S. 19, 54ff.), kann nur eingeschränkt zugestimmt werden, da jede Lehrkraft heute schwach lesende Schülerinnen und Schüler aus allen sozialen Schichten in allen Klassen und Schulformen vorfindet, auch am Gymnasium. Uneingeschränkt zugestimmt werden kann dem Autor bei der These, dass Versuche der Leseanimation bei leseschwachen Schülerinnen und Schülern kaum oder gar keine Wirkung zeigen. Es gibt zunehmend mehr Lernende, deren Lesekompetenz, wenn sie von der Grundschule auf eine weiterführende Schule kommen, nicht ausreichend ausgeprägt ist.

Voraussetzung für eine Verbesserung der Lesekompetenz ist laut Gailberger die Lesebewusstheit der Lehrenden (S. 56 ff.). Das heißt, Lehrkräfte müssen ihre diagnostische und ihre Förderkompetenz weiter entwickelt haben, um „eine eigene Bewusstheit zum komplexen Konstrukt 'Lesekompetenz' auszubilden.“ Hierfür werden in seiner Monographie verschiedene Wege aufgezeigt. In einem zweiten Schritt wird der erste Schritt operationalisiert und in den Unterricht eingebracht, damit die Schülerinnen und Schüler selbst Kompetenzen ausbilden können.

Gailbergers Ausführungen über den Einsatz von Hörbüchern im Deutschunterricht im Rahmen des Lüneburger Modells sind sehr praxisorientiert und überzeugend. Er erläutert seine Testverfahren, geht dabei sowohl auf die Lernenden ein als auch auf die Methode und Testinstrumente. Er weist darauf hin, dass die Schülerinnen und Schüler ein Interesse für die Hörbücher haben müssen. Tipps für geeignete Bücher werden angeboten. Die Methoden des wiederholten Lautlesens und begleitenden Lautlesens werden anschaulich dargestellt, wobei die Umsetzung in einer großen Klasse problematisch sein könnte, in der individuellen oder sogar Kleingruppen-Förderung aber sicher sehr gut durchführbar ist.

Generell wird das Hörbuch bzw. simultane Hören und Lesen als Möglichkeit der Förderung der Lesekompetenz dargestellt, das das Dekodieren laut Gailberger erleichtern kann. Die Schülerinnen und Schüler hören neben dem Text auch „expressive Ausdrucksformen vor ihrem 'inneren Ohr' […], die ihnen sonst verschlossen bleiben müssen“ (S. 196). Gailberger kam zu dem überraschenden Testergebnis, dass sich das „simultane Lesen und Hören von Buch und Hörbuch als eine Kombination aus Lautleseverfahren und Vielleseverfahren positiv auf die Entwicklung der Leseflüssigkeit bei schwach lesenden Schülerinnen und Schülern auswirkt“ (S. 201). Der Lese-Rückstand von Hauptschülerinnen und –schülern von ca. zwei Schuljahren konnte innerhalb von sechs Wochen aufgeholt werden (S. 198). Der mögliche Einwand, die Lesegeschwindigkeit könne ein Problem darstellen, konnte durch Gailbergers Tests entkräftet werden. Es scheint tatsächlich eine neue Methode zu sein, die bei den Schülerinnen und Schülern Leseneugier weckt, es können sich Lesegenuss und sogar literarische Geselligkeit entwickeln.

Insgesamt eine handlungsorientierte und erprobte Lesedidaktik, die den Lehrkräften ein Konzept an die Hand gibt, mit dem leseschwache Schülerinnen und Schüler ihre Lesemotivation und ihren Leseerfolg in überschaubarer Förderzeit steigern können.

 

Steffen Gailberger: Leseförderung nach dem Lüneburger Modell. Ein ganzheitliches Fördermodul für schwache und schwächste Leser(innen). November 2009.

 


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