Ankommen

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Grundlagen für ein sicheres und rasches Ankommen der leistungsstarken Lernenden sind Informiertheit auf allen Seiten und ein transparenter und auf die Lernenden zugeschnittener Einstieg in das Schulleben, der ihre Ressourcen aufgreift. Gerade für diese Phase wirken Schulleitung und Lehrkräfte sehr stark zusammen. Die drei Aufgaben, das Ankommen, die Diagnostik und der Übergang in die VKL zu organisieren, benötigen institutionell festgelegte immer gleiche Routinen, die von den Lehrkräften kompetent durchgeführt werden.

                                                 

                                        Aufnahmegespräch

                                        Abb. Gemeinsame Gestaltung von verlässlichen Routinen

 

AUFNAHMEGESPRÄCH

Häufig erfolgt der erste Kontakt mit den Jugendlichen und ihren Eltern beim Aufnahmegespräch. Im Sinne einer fundierten Bildungsentscheidung der Beteiligten ist ein vorgeschaltetes, beratendes Informationsgespräch, das einem Gesprächsleitfaden folgt, sinnvoll. Dieser kann mithilfe der untenstehenden Aufzählungen zusammengestellt werden.
Zur Vermeidung einer Überfrachtung eines Termins sollten konkrete schulische Belange zu einem weiteren Termin besprochen werden. Nötig für die Gespräche ist eine vorurteilsbewusste Haltung, die sensibel für kulturelle Unterschiede und Gemeinsamkeiten ist. Ziele mit dem Blick auf die Erfassung von ersten Anhaltspunkten für Leistungsstärke und gute Anschlussfähigkeit sind: 

Informationen für die Schule  (s. auch Eingangsdiagnostik): 

  • Erfassung der Bildungsbiografie

  • Erfassung von Sprachkenntnissen, idealerweise von bildungssprachlichen Kompetenzen (gegebenenfalls mit Hilfe einer dolmetschenden Person)

  • Austausch über

    • gegebenenfalls vorliegende Zeugnisse,

    • gewohnte schulische und häusliche Lern- und Arbeitsmethoden,

    • digitale Medienkompetenz,

    • Leseerfahrungen und -kompetenz,

    • besonderen Stärken in außerschulischen Bereichen, 

    • das Vorstellungen und Einstellungen der Erziehungsberechtigten bezüglich des Lernens ihrer Kinder,

    • Bildungsaspirationen,

    • soziale Kompetenzen.


Zur Orientierung und Handlungssicherheit benötigen die Erziehungsberechtigten und ihre Kinder

Informationen über die Schule und das Schulumfeld:

  • das deutsche, bzw. baden-württembergische Schulsystem mit Rechten und Pflichten der Beteiligten,

  • aufnehmende Schule, ihre Zusatzangebote, Betreuungs- und Fördermaßnahmen und ihr Leitbild,

  • Schulhaus, Personen, konkrete schulische Abläufe für die neuen Schülerinnen und Schüler gemäß dem erarbeiteten Konzept; gegebenenfalls schon Zuweisung von Patinnen/Paten,

  • Kooperationspartner, die z.B. Zusatzangebote für diese Schülergruppe bereithält, etc.

 

Fokus – Die Rolle der Erziehungsberechtigten/Eltern:
Das Fördern und Fordern leistungsstarker Kinder und Jugendlicher braucht die Kooperation mit informierten Eltern bzw. Erziehungsberechtigten in mehrfacher Hinsicht. Das sollte schon im Aufnahmegespräch kommuniziert werden.

  • Die Stärkung von ResilienzfaktorenResilienz: (lateinisch resilire: zurückspringen, abprallen) innere Widerstandsfähigkeit, durch die Menschen Krisensituationen bewältigen. Siehe auch personale und soziale Schutzfaktoren in: Deutsch im Kontext von Mehrsprachigkeit – Grundlagen und Anregungen für die Spracharbeit, S. 52 der Lernenden liegt vor allem auch im häuslichen Umfeld begründet. Erziehungsberechtigte können ihre Kinder emotional ermutigen und gegebenenfalls inhaltlich sinnvoll unterstützen, wenn sie die besonderen Anforderungen und Angebote kennen, die die Schule bereithält. Damit verbunden sind wichtige Arbeitsvoraussetzungen, die auch zu Hause elementar sind, wie Wertschätzung der Anstrengung, ein eigener Arbeitsplatz und Freiräume zum Lernen und Ausruhen. Wenn das private Umfeld dies (noch) nicht zur Verfügung stellen kann, dann kann die elterliche Einsicht in die Notwendigkeit eines Arbeitsplatzes etwa in der Schule die Motivation der Kinder für entsprechende Maßnahmen stützen.

  • Die richtige Balance zwischen Fordern und Fördern ist nicht nur in der Schule, sondern auch in der Familie wichtig. Der regelmäßige und fundierte Austausch über die schulische Entwicklung und Laufbahnmöglichkeiten hilft den Eltern ihr Kind realistisch einzuschätzen und beugt Über- oder Unterforderung vor.

  • Dabei ist es wichtig, Rollenverständnis und Erwartungen für beide Seiten zu klären. Das Verhältnis zwischen Schule und Erziehungsberechtigten gestaltet sich in den Herkunftsländern der neu eingewanderten Familien unterschiedlich und sieht unter Umständen eine Elternmitwirkung nicht oder nur wenig vor. Daraus können sich von den Gegebenheiten in Deutschland abweichende Erwartungen der Erziehungsberechtigten ergeben, was Schule und sie selbst erzieherisch leisten und zur Verfügung stellen müssen (vgl. Interkulturelle Elternmitwirkung)

  • Idealerweise erklären sich aus der Schulelternschaft Elternmentorinnen und -mentoren (mehr dazu bei der Elternstiftung Baden-Württemberg) zur Verfügung, die bei Fragen weiterhelfen und auch Elternabende begleiten können.

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ANKOMMEN IM SCHULALLTAG
Die neu ankommenden Lernenden erleben mehrere Ankommenssituationen, die geplant und moderiert werden müssen.

Ankommen in der Schule (s. Aufnahmegespräch)
Ankommen im Schulleben
Ankommen in der Vorbereitungsklasse / gegebenenfalls in einer Lerngruppe 
Ankommen in der Stammklasse 

Ziel bei der Gestaltung dieser Phase ist, dass die Schülerinnen und Schüler, die das Potenzial haben, schnell anknüpfen zu können, auch ohne Verzögerung in eine Arbeitsroutine finden. Dabei spielen sowohl die Lehrkräfte als auch die Mitschülerinnen und Mitschüler eine entscheidenden Rolle.



Ankommen im Schulleben

Gelingensfaktoren sind hier:

  • Sichtbarkeit der Lernenden und ihrer Stärken über die Vorbereitungsklasse hinaus als aktiv Teilnehmende an den Unternehmungen der Schulgemeinschaft, z. B. durch ...
    • Teilnahme an außerunterrichtlichen Aktivitäten auch als Gestaltende,
    • SMV,
    • Ordnungsdienste, etc.

  • Möglichst früh angebahntes und hohes Maß an regelmäßiger Kontaktzeit mit Lernenden im Regelunterricht und mit allen anderen am Schulleben Beteiligten zur Stärkung der Kommunikationsfähigkeit, der Lernroutinen und der sozialen Eingebundenheit, z. B. durch ...
    • Etablierung eines Schülermentorensystems jenseits des Klassenverbandes,
    • Teilnahme der neu angekommenen Lernenden an Maßnahmen wie Hausaufgabenbetreuung, AGs (wenn möglich).

  • Einbindung der Eltern in eine (regelmäßige) Kommunikation (s. Eltern als Unterstützung der Lehrkräfte) zur informierten Unterstützung der leistungsstarken und leistungsmotivierten Kinder und Jugendlichen zu Hause, z. B. durch ...
    • Einbindung der Eltern in die schulischen Kommunikationsroutinen,
    • interkulturelle Elternkommunikation
    • Etablierung eines Elternmentorensystems.

Weitere Anregungen dazu in: Landesinstitut für Schulentwicklung (2016b): Gemeinsam den schulischen Anfang gestalten, Kap. 5: Anfänge für neu zugewanderte Kinder und Jugendliche gestalten ... in der Schule.
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Ankommen in der Vorbereitungsklasse oder in einer Lerngruppe

Gelingensfaktor:
Soziale Stabilität ist eine entscheidende Voraussetzung für das Abrufen von Leistungsstärke.
Das zügige Ankommen und das Hineinfinden in eine neue Lernroutine werden befördert, wenn soziale Unsicherheiten weitgehend vermieden werden, die von einer Konzentration auf das schulische Anknüpfen ablenken. Das Gefühl, alleine zu kämpfen und in „Probephasen“ und je nach „Fördermaßnahme“ hierhin und dorthin gesteckt zu werden, wie es bei Integrationsphasen gerne der Fall ist, ist kontraproduktiv, wenn es keinen verlässlichen Bezugspunkt gibt. Die Identifikation mit einer Gruppe und festen Bezugspersonen ist hierbei sehr hilfreich.
Abhängig vom Modell der schulischen Integration ist es die Vorbereitungsklasse als zunächst mehr oder minder geschlossene Gruppe, dann eine Lerngruppe in einer offeneren Phase der Integration (in der Teilintegration) oder die Stammklasse (s. u.), die die neuen Schülerinnen und Schüler wertschätzend in die Klassengemeinschaft integriert. Zum Gefühl der Stabilität und Verlässlichkeit gehören aber nicht nur Personen, sondern auch die notwendige regelmäßige Kontaktzeit.
Weitere Anregungen dazu in: Landesinstitut für Schulentwicklung (2016b): Gemeinsam den schulischen Anfang gestalten, Kap. 5.2: Anfänge für neu zugewanderte Kinder und Jugendliche gestalten ... in der Klasse.

BLITZLICHT IN DIE PRAXIS 10:

GYMNASIUM - HOHENHEIM, STUTTGART

Ankommen

„Nach der Kontaktaufnahme, die idealerweise über die VK-Lehrkräfte erfolgt und bei der bereits erste Informationen zum Leistungsstand der Schülerinnen/der Schüler übermittelt werden, wird ein erstes Kennenlerngespräch mit den potentiellen Lernenden sowie ihren Eltern geführt. Dabei wird das Konzept der Schule...
Durch die Integrationsklassenlehrkraft vorgestellt und offene Fragen beantwortet. Auch für einen persönlichen Austausch muss Zeit eingeplant werden, um die Schülerinnen/die Schüler mithilfe eines dafür konzipierten Frageleitfadens näher kennenzulernen und sie besser einschätzen zu können. Vor allem bei älteren Schülerinnen und Schüler versuchen wir zudem, eine Hospitationswoche zu ermöglichen, um diesen Lernenden ein möglichst authentisches Bild des Unterrichts an einer deutschsprachigen Schule zu ermöglichen und sie anschließend bestmöglich beraten zu können.
Bei einem zweiten Termin wird ein schriftlicher Aufnahmetest zur weiteren Diagnose durchgeführt. Die Ergebnisse und eine passende Einstufung werden mit den VKL-Lehrkräften sowie anschließend mit den Schülerinnen und Schüler und deren Eltern besprochen.
Vor dem ersten Schultag wird die Aufnahme an der Schule vorbereitet: Für die Auswahl einer passenden Klasse ist der Kontakt zu den Klassenlehrkräften sehr wichtig, um den Jugendlichen die Integration in eine wohlwollende, möglichst harmonische und interessierte Klassengemeinschaft zu ermöglichen. Die Klassenlehrkräfte wählen in Absprache mit ihren Klassen mindestens zwei Patinnen/Paten für die neuen Mitschülerinnen und Mitschüler aus. Diese begleiten die Aufnahme der neuen, unterstützen im Schulalltag sowie im Fachunterricht. Die Stundenpläne für die erste Woche werden den SchülerInnen vorab per Mail zugesendet, sodass sie sich mental auf die erste Schulwoche vorbereiten und eventuell auch Rückfragen stellen können.
Bereits vorab werden zudem zwei Termine, einen am Ende des ersten Schultages und ein zweiter Termin gegen Ende der ersten Schulwoche, mit der Integrationsklassenlehrkraft vereinbart. Diese Termine dienen als Ankerpunkte in einem anfangs durchaus überfordernden und verwirrenden Schulalltag. Die Lernenden haben somit bereits am Ende des ersten Schultages sowie gegen Ende der Woche fest vereinbarte Termine, an denen offene Fragen geklärt, Interesse an ihrer Befindlichkeit gezeigt oder einfach ein ungezwungenes Gespräch auf ihrem Sprachniveau geführt werden kann.
Am ersten Schultag selbst werden die neuen Lernenden morgens von der ihnen bereits bekannten Integrationsklassenlehrkraft begrüßt und zur Anmeldung ins Sekretariat begleitet. Dort erhalten sie eine Begrüßungsmappe, die u. a. das schulische Leitbild, diverse Informationsbroschüren, beides idealerweise sprachlich vereinfacht, sowie eine Namensliste aller Lehrkräfte der Schule beinhaltet.
In der ersten Schulwoche nehmen sie ausschließlich am Regelunterricht teil, um möglichst viele Fachlehrkräfte sowie die Klasse gut kennenlernen zu können. In der zweiten Schulwoche finden für die neuen Schülerinnen und Schüler Ankommensstunden statt, in denen schulspezifische Regularien sowie Aktivitäten vorgestellt werden, beispielsweise das Entschuldigungsverfahren bei Krankheit, schulische Aktivitäten (Sommersporttag, Wintersporttag), AGs, Ansprechpersonen an der Schule (Schulleitung, Sekretariat, Schulsozialarbeit, Schülersprecherinnen und -sprecher).
Es ist sinnvoll, im ersten Halbjahr ein bis zwei Gesprächstermine mit den Eltern neuer Lerndender zu vereinbaren, da viele Eltern nur in Notfällen von sich aus den Kontakt zur Schule suchen. Bei diesen Elterngesprächen sollte über das jeweilige Rollenverständnis und die jeweiligen Erwartungen gesprochen werden. So können Missverständnisse oder unausgesprochene Erwartungen im Sinne der Jugendlichen rechtzeitig geklärt bzw. geäußert werden. Diese Gespräche tragen enorm dazu bei, die leistungsmotivierten und leistungsstarken Lernenden vom Erwartungsdruck der Eltern zu entlasten, indem ihre Leistungen explizit gewürdigt und ihre Entwicklung gemeinsam reflektiert wird.“

Dina Stahl, Leitung und Koordination für die Integrationsklasse

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Ankommen in der Stammklasse

Besonders im integrativen Modell erweist sich ein stabiles Schulkonzept, das über die Organisation der Vorbereitungsklasse selbst hinausgeht, als besonders hilfreich. Allen Kolleginnen und Kollegen ist bewusst, dass sie potenzielle Lehrkräfte der neuen Lernenden sind und professionell handeln können müssen. Die aufnehmende Klasse weiß um ihre Rolle und kann die neuen Lernenden wertschätzend empfangen.
Auch im teilintegrativen Konzept sollte die Integration leistungsstarker Schülerinnen und Schülern in eine Regelstammklasse des schnellen Anschlusses wegen möglichst früh beginnen, um in festgelegten Kontaktzeiten gleich ein Zugehörigkeitsgefühl zu etablieren, auch wenn zunächst der Unterricht in der Vorbereitungsklasse noch im Vordergrund steht. Gelingensfaktoren für ein gelungenes Ankommen in der Stammklasse sind:

  • Wahl einer Stammklasse und der Klassenleitung auch nach sozialen Kriterien und kultureller Sensibilität,

  • Zuweisung von Patinnen oder Paten möglichst aus der Klasse,

  • frühzeitige Information aller Beteiligten über die neu hinzukommenden Lernenden,

  • Zeit für eine Vorbereitung der Stammklasse auf die neuen Mitschülerinnen und Mitschüler,

  • Zeit für ein Ankommens- und Kennenlernritual.

Weitere Anregungen dazu in: Landesinstitut für Schulentwicklung (2016b): Gemeinsam den schulischen Anfang gestalten, Kap. 5.2: Anfänge für neu zugewanderte Kinder und Jugendliche gestalten ... in der Klasse.
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Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
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