Unterrichtliche Maßnahmen

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Unterrichtliche Maßnahmen werden einerseits auf der Grundlage, der individuellen Voraussetzungen, der Stärken und Bedarfe der Lernenden, gestaltet. Diese werden zu verschiedenen Zeitpunkten durch diagnostische Verfahren erhoben. Sie orientieren sich andererseits gerade bei den leistungsstarken und leistungsorientierten Lernenden in der VKL an den Anforderungen des Regelunterrichts, an die sie herangeführt werden sollen.

„Checklisten“

Leitende Prinzipien

LEITENDE PRINZIPIEN

Die Förderung von leistungsstarken Schülerinnen und Schülern erfordert, dass ...

aktiv aufgegriffen bzw. bewahrt und weiterentwickelt werden.

 

Schulische Vorerfahrungen nutzen
Dass schon erworbene Kompetenzen und Qualifikationen gesehen und wertschätzend aufgegriffen werden, bedeutet eine Anerkennung von bisher Geleistetem. Die Lernenden erfahren sich als kompetent und empfinden ihr Ankommen weniger als Bruch. Ihre Herangehensweisen an Aufgaben sind unter Umständen andere als an deutschen bzw. westlichen Schulen und die Lehrkräfte und Mitschülerinnen und Mitschüler lernen dabei selbst etwas Interessantes dazu.
Z. B. gibt es in anderen Kulturen andere Rechenwege oder es sind andere mathematische Symbole gebräuchlich, die die eingewanderten Lernenden in der neuen Klasse lehren können. In anderen Schulsystemen gibt es unter Umständen keine Text- oder Sachaufgaben. Die Kinder und Jugendlichen können die Rechenaufgaben an sich bewältigen, müssen aber den (nicht nur für sie schwierigen) Umgang mit dem sprachlich vermittelten Anwendungsbezug erst noch lernen. Die Kenntnisse der Schülerinnen und Schüler dürfen deswegen nicht als defizitär behandelt werden. Vielmehr ist es notwendig, ihnen die Vorgehensweisen und den Sinn dieser Aufgaben im deutschen Mathematikunterricht zu erklären bzw. das Verständnis teils durch sprachliche Unterstützung zu erleichtern, damit die Lernenden diese problemorientierten Aufgaben als Erweiterung ihrer sprachlich-kognitiven Kompetenz in Angriff nehmen.
Gerade die Gesellschaftswissenschaften unterliegen sehr stark kulturellen Konzepten. Kinder und Jugendliche aus anderen Herkunftskulturen dürfen nicht den Eindruck bekommen, dass ihre dort angeeigneten Perspektiven auf gesellschaftliche Themen und Strukturen „wertlos“ seien. Es gilt in der interkulturellen Kommunikation Weltbilder aufzugreifen und sie einander anzunähern (s. auch Interkulturelle Identitätsarbeit).


Stärkung der Mehrsprachigkeit

Lehrkräfte verstehen Mehrsprachigkeit als Chance und Ressource und nutzen diese gezielt in ihrem Unterricht. Dies bedeutet, die Herkunftssprachen der Schülerinnen und Schüler in den Unterricht zu integrieren, sie als Mehrwissen anzuerkennen und nach Möglichkeit auf die Erstsprache als Brücke für die Förderung der Zweitsprache Deutsch zurückzugreifen. Die Didaktik der Mehrsprachigkeit bietet Vorschläge (vgl. Ahrenholz/Oomen-Welke 2010) für den Umgang mit den zahlreichen Herkunftssprachen in einer Vorbereitungsklasse (s. auch Mehrsprachigkeit).

Bei leistungsstarken Schülerinnen und Schülern ist die Unterstützung ihrer Arbeit an der deutschen Fach- und Bildungssprache mit Bezug zu ihren Herkunftssprachen besonders sinnvoll, um die Möglichkeit zu eröffnen, bereits erworbene sprachliche Fähigkeiten zu nutzen und weiterzuentwickeln. Außerdem wird den kognitiv komplexeren Fertigkeiten der Kinder und Jugendlichen Rechnung getragen z. B. durch mehrsprachige Vokabel- und Wortschatzarbeit, Texte und Sprachsysteme im Vergleich. 

Gerade Schülerinnen und Schüler, die am Gymnasium von Klasse 7 bis 10 eine Feststellungsprüfung als Ersatz für die zweite Fremdsprache ablegen können, sind darauf angewiesen, ihre herkunftssprachlichen Fähigkeiten wachzuhalten bzw. auszubauen.


Interkulturelles Lernen

Sprachliche Vielfalt bedeutet gleichzeitig kulturelle Vielfalt. Sie können nicht getrennt voneinander gesehen werden. Diesen kulturellen Reichtum der Schülerinnen und Schüler gilt es als solchen wahrzunehmen und auf kognitiver und sozialer Ebene im Unterricht konstruktiv zu nutzen.
Dabei werden die Kinder und Jugendlichen in ihrer individuellen Biografie wertgeschätzt und in ihren transkulturellen Identitäten gestärkt. Komplexe Reflexions- und Bewusstheitsprozesse werden bei leistungsstarken Schülerinnen und Schülern an interkulturellen Themen auf kognitiv anspruchsvoller Ebene gefördert und gefordert (s. Interkulturelle Identitätsarbeit). Es kann bei leistungsstarken Schülerinnen und Schüler genutzt werden – wenn die Bereitschaft dazu besteht –, dass sie reflektiert aus ihren eigenen kulturellen Erfahrungen berichten und so schon früh dazu motiviert werden können, (kleine) Präsentationen darüber in der Vorbereitungsklasse und darüber hinaus halten.
Viele literarische und gesellschaftswissenschaftliche Themen bieten großes Potenzial, um die eigene kulturelle Verfasstheit zu reflektieren. Sie können somit einen emotionalen Zugang bereithalten, um anspruchsvollen sprachlichen Herausforderungen motiviert zu begegnen (s. Interkulturelle Öffnung des Fachunterrichts).
Einen optimalen kulturellen und sprachlichen Austausch bietet diesbezüglich die Einrichtung einer außerunterrichtlichen Theater-AG, in der sich Schülerinnen und Schüler aus der Vorbereitungsklasse und deutsche Muttersprachler aus den Regelklassen begegnen. (s. Interkulturelle Veranstaltungen)

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SPRACHLICHES LERNEN

Bei leistungsstarken Schülerinnen und Schülern steht das schriftsprachliche Register der Fach- und Bildungssprache von Anfang an im Vordergrund der Förderung. Eine schnell voranschreitende eigenständige und kreative Sprachverwendung wird wesentlich durch eine ständige Reflexion des eigenen sprachlichen Lernprozesses gefördert (s. Sprachreflexion).

Sprachliches Lernen findet individualisiert statt. Den organisatorischen Rahmen für individualisiertes Lernen bildet in erster Linie die Klassengemeinschaft. Durch binnendifferenzierende Maßnahmen können dort dem Niveau der leistungsstarken Lernenden entsprechende Aufgaben formuliert werden, die sich schon an den Erfordernissen des Regelunterrichts orientieren.
Bei entsprechenden Ressourcen und Schülerzahlen ist eine äußere Differenzierung möglich und es können für das sprachliche Lernen leistungshomogenere Gruppen mit bestimmten Schwerpunkten gebildet werden.

Die inhaltliche Bearbeitung von und der Austausch über die für die Lernenden relevanten Themen und Erfahrungen jenseits des Lehrbuchmaterials wird nach Möglichkeit sprachlich ritualisiert, z. B. in Schreibroutinen, Erzähl- und Reflexionsrunden und in der Vorbereitung und im Anschluss an Präsentationen. Es bieten sich Themen an, zu denen die Lernenden schon Vorkenntnisse mitbringen, bzw. die schon einen starken Bezug zu Inhalten des Regelunterrichts haben. Sie sollten die Themen selbst wählen können.

BLITZLICHT IN DIE PRAXIS

PAUL-KLEE-GYMNASIUM, ROTTENBURG

Sprachliches Lernen in der VKL orientiert am Regelunterricht

„Leistungsstarke Schülerinnen und Schüler zeigen erfahrungsgemäß ein hohes Sprachbewusstsein und ein ausgeprägtes Eigeninteresse an expliziter Grammatikvermittlung und Sprachvergleichen, weswegen diesem Aspekt eine besondere Bedeutung für unsere Gruppe zukommt. Die Grammatikthemen richten sich ...
dabei individuell nach dem Stand des jeweiligen Schülers / der jeweiligen Schülerin (orientiert an der jeweiligen Diagnose) und werden im Kontext fachlicher Anforderungen des Regelunterrichts vermittelt (z. B. Adverbialsätze als sprachliche Anforderung einer Argumentation/Erörterung, verkürzte Wenn-Sätze oder erweiterte Partizipialattribute in naturwissenschaftlichen Texten). Dazu werden die jeweils im Regelunterricht aktuellen Unterrichtseinheiten und Textsorten erfragt und exemplarisch auf ihre sprachlichen Anforderungen hin untersucht.“

Isabel Platz, Leitung und Koordination der Vorbereitungsklasse, Multiplikatorin „Quo vadis?“

 

BLITZLICHT IN DIE PRAXIS

JUSTINUS-KERNER-GYMNASIUM, HEILBRONN

Äußere und innere Differenzierung des sprachlichen Lernens


Äußere Differenzierung

Das JKG hat zwei DaZ-Vorbereitungsklassen, eine Anfängerklasse (Basisniveau) und eine fortgeschrittene Sprachklasse (Aufbauniveau).
Die Zuordnung in eine der Klassen basiert auf einer schriftlichen wie mündlichen Testierung in Deutsch, die zu Beginn der Aufnahme erfolgt. Ähnlich geht man auch in den Fächern Englisch und Mathematik vor, die in beiden Klassen angeboten werden.
Auf diese Weise können leistungsstarke VKL-Schülerinnen und -Schüler mit fortgeschrittenen Kenntnissen in Deutsch, Englisch und Mathematik in die 2. Vorbereitungsklasse aufgenommen werden bzw. im höheren Niveau des Basisniveaus in Deutsch anfangen. Die DaZ­-Prüferin teilt der DaZ-Lehrkraft mit, in welcher Klasse der Start erfolgen kann und mit welcher Lektion der Start in der jeweiligen DaZ-­Klasse erfolgen kann.

Die Kriterien zur Weiterleitung an die Fortgeschrittenen-Klasse, die mit dem Aufbauniveau beginnt, sind folgende:
  • weitestgehend sichere Beherrschung der grund­legenden sprachlichen Phänomene des Basisniveaus (mündlich wie schriftlich)
  • Selbstkorrektur (mündlich)
  • gut ausgeprägter Wortschatz (mündlich wie schriftlich)   

Die Forderung von leistungsmotivierten und leistungsstarken Schülerinnen  und Schüler leistet das JKG auch durch die Einladung in den additiven DaZ-­Förderunterricht (7. Stunde), während des Besuches in der VKL.
Im additiven Förderunterricht (eine Gruppe aus max. 5 Personen) können leistungsmotivierte Lernende zusätzliche Arbeitsmaterialien erhalten, wie z. B. zur Vertiefung aufsatzspezifischen Wortschatzes oder Stilübungen. Die Arbeitsgrundlage bilden hierfür die Materialien aus dem VKL-­DaZ-Unterricht.

Innere Differenzierung

Die Arbeit an jahrgangsspezifischen Materialien/Aufgaben ermöglicht besonders leistungsmotivierten und -starken Lernenden, sich mit typischen Aufgabenstellungen des Deutschunterrichts auseinanderzusetzen und ein neues Anwendungsgebiet / eine neue Herausforderung (mit Blick auf Sprache) zu erhalten. Zum Beispiel kann man nach der Behandlung des Themas ,Deklination von Adjektiven im Nominativ, Akkusativ und Dativ‘ die Schüleinnen und Schüler eine Charakterisierung über eine literarische Figur (Kl.7/8) oder eine Tierbeschreibung (Kl.5./6.) verfassen lassen. Nicht nur wird auf diese Weise der Gebrauch und die Funktion pränominaler Adjektive in verschiedenen Aufsatzformen entdeckt, sondern die Aufsatzform selbst.
Die vorentlasteten Aufgaben werden in verschiedenen Bearbeitungsniveaus angeboten (leicht, mittelschwer, schwer), sodass leistungsmotivierte Lernende immer die Möglichkeiten haben, ihren Potentialen, Vorerfahrungen und Vorwissen entsprechend gefordert und gefördert zu werden wie auch die langsameren Schülerinnen und Schüler. Die differenzierten Aufgaben werden von der VKL­-Lehrkraft erstellt. Bei der Aufgabengestaltung berücksichtig die VKL-Lehrkraft die Lernervoraussetzungen, den Sprachstand und das anvisierte Lernziel/ Kompetenzziel. Leistungsstarke Schülerinnen und Schüler versucht man auch über Sprachenvergleiche (kontrastiver Ansatz) abzuholen, um über sprachliche Phänomene zu reflektieren, aber auch um auf einer Metaebene über bspw. das Textsortenwissen zu reden, um den Lernfortschritt anzukurbeln. Leistungsmotivierte Lernende haben die Möglichkeit, relativ schnell Unterrichtsergebnisse eigenständig mit Powerpoint oder Folien zu präsentieren, die bei der Aufgabenstellung bedacht werden: Ausbau der vorhandenen Methodenkompetenz!
Leistungsmotivierte fertigen selbstständig ein Leseportfolio an.
Es ist in Überlegung, leistungsmotivierte Schülerinnen und Schüler eine GFS schreiben und halten zu lassen.
Die DaZ-VKL-Lehrkräfte stellen gerade eine Bücherbox für das Basis- und Aufbauniveau zusammen, damit die Lernenden mit Antolin arbeiten können und durch extensives Lesen die Spracherwerbsprozesse, Verstehensprozesse und der Wortschatzerwerb gesteigert wird.“

Susann Abdukerimov, Leitung und Koordination der Vorbereitungsklasse, Multiplikatorin „Quo vadis?“, Mitautorin der Broschüre Deutsch im Kontext von Mehrsprachigkeit – Curriculum

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DIDAKTISCHE ANSÄTZE UND KOMPETENZBEREICHE DES SPRACHLICHEN LERNENS

Didaktische Ansätze und Kompetenzbereiche der Spracharbeit, die bei leistungsstarken Lernenden von vorneherein gleichmäßig Beachtung benötigen, werden im Folgenden dargestellt:

Sprachreflexion,

Schreiben,

Wortschatz,

Lesen,

Scaffolding und

Sozialformen: Kooperative Lernformen.

Sie sind nicht einzeln oder getrennt voneinander zu verfolgen, sondern sie laufen parallel und ergänzen sich gegenseitig, z. B.

  • Das in vielen Handreichungen und Materialien genannte ScaffoldingScaffoldingEin Scaffold beschreibt eine Unterstützung von Lernenden. Ausgehend vom individuellen Ausgangspunkt ermöglichen Aufgaben mit passenden „Lerngerüsten“ ihnen das Erreichen eines Lernziels, das in ihrem Entwicklungsbereich liegt. Nach Erreichen der nächsten Entwicklungsstufe, werden die Gerüste wieder abgebaut. Die Analyse der Lernausgangslage, des Lernpotenzials und des zu erreichenden Lernziels sowie die Gestaltung der Lerngerüste gehört zum Makro-Scaffolding der Unterrichtsvorbereitung. Die konkrete Unterstützung im der Interaktion mit den Lernenden im Unterricht im Einzelnen gehört zum Mikro-Scaffolding. Ausführlicher dazu: Kniffka, G. (2010): Scaffolding. In: ProDaZ spiegelt sich in anderen
    Vorgehensweisen wider und gehört wie auch die Modellierung in den konstruktivistischen Ansatz des Cognitive ApprenticeshipCognitive ApprenticeshipModell zur Darstellung des Lernprozesses als mehrschrittig: 1. Modelling (Präsentieren des zu Lernenden) 2.Scaffolding (durch die Lehrkraft vorgeplante und unterstützte Eigentätigkeit der Lernenden) 3.Fading (Abbau der Gerüste) 4.Coaching (Beobachten, betreuen, Beraten) 5.Reflexion Vgl. auch Viele Sprachen – eine Schule, S.188 , in dem eine kompetente andere Person den Lernenden beim Erreichen der nächsten Kompetenzstufe hilft. Die GenredidaktikGenredidaktik:hauptsächlich schreibdidaktischer Ansatz, der sich am angeleiteten, schrittweisen Entwickeln von Textsorten, z.B. Protokoll, Zusammenfassung, Erörterung, Antwortformate auf Operatoren, etc. orientiert. Ausführlicher in Gürsoy, E. (2018): Genredidaktik. In: ProDaZ.  etwa wendet dies auf das Erlernen von Textsorten an und wird in der Schreibdidaktik verwendet.

  • Die Sprachreflexion ist ein didaktischer Ansatz, der sich mit allen Kompetenzbereichen verbindet, indem er ihre Aneignung und ihre Formen durch Reflexion bewusst macht.

  • Ein Produkt im Schreibportfolio ist verbunden mit einem mehr oder minder unterstützten Lesen von Texten und mit dem Einüben eines bestimmten Genres.

  • Außerdem geht das individualisierte Sprachenlernen auch mit dazu passenden Sozialformen einher.

  • Kompetenzbereiche, wie sie in den Bildungsplänen genannt werden, wie Orthografie und Zuhören, werden hier aufgrund der Fokussierung auf situatives Lernen an möglichst authentischen, lernanlassbezogenen Herausforderungen nicht als für sich zu erreichende Kompetenzen genannt. Vielmehr werden sie integrativ in Bereichen wie Wortschatz, Textüberarbeitung, Sprachreflexion oder Kommunikation mitgedacht.

 

Sprachreflexion: Der grundlegende Ansatz der Entwicklung und des Ausbaus von Language AwarenessLanguage Awarenessim Deutschen greift die Übersetzung mit Sprachbewusstheit etwas zu kurz. Das Konzept beihaltet darüber hinaus eine sehr starke gesellschaftliche Komponente, die auf soziales/politisches Empowerment der Sprechenden abzielt. Ausführlicher Gürsoy, E. (2010): Language Awareness und Mehrsprachigkeit. In: ProDaZ.  – worunter ein umfassendes Verständnis von SprachbewusstheitSprachbewusstheitist die Aufmerksamkeit für formale Aspekte von Sprache. Die Fähigkeit, über Sprache(n) zu reflektieren (Metasprache), ist Teil der Sprachbewusstheit. Sprachbewusstheit fördert eine eigenständige und vielfältige sprachliche Gestaltungskompetenz. Gerade mehrsprachige Lernende können bei entsprechender Förderung ein breiteres Sprachbewusstsein entwickeln, da es sich auf einer größeren sprachlichen Basis entwickeln kann.  verstanden wird (Gürsoy 2010), - wird bei der Förderung von leistungsstarken Schülerinnen und Schülern in jedem Kompetenzbereich mitgedacht. Diese Lernenden weisen nämlich in der Regel durch ihre metakognitiven Fähigkeiten, Mehrsprachigkeit und Vorerfahrungen im Sprachenlernen bereits ein hohes Sprachbewusstsein und eine ausgeprägte Sprachreflexivität auf, die im Rahmen des sprachlichen und thematischen Lernens gefördert werden. Wenn durch die bewusste Verknüpfung von Sprache und Denken sprachliche Prinzipien und Strukturen erkannt und verstanden werden, können sie auch produktiv auf andere Bereiche angewendet werden, was eine differenzierte Ausdrucksfähigkeit bewirkt.
Language Awareness ist gleichzeitig Mehrsprachigkeitsdidaktik. Dabei spielen auch der Gebrauch und der Rückgriff auf herkunftssprachliche Kompetenzen eine große Rolle, weil sie das bisher bewährte Medium des Verstehens und Konzeptualisierens gewesen sind. Darauf ist aufzubauen. Gerade mit Sprachvergleichen hilft man den mehrsprachigen Lernenden dabei, an ihre bestehenden Konzepte und an ihre bildungssprachliche Sprachkompetenz anzuknüpfen und diese auch auszubauen.

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Schreiben: Geschriebene Texte sind das Medium der Fach- und Bildungssprache, die bei der Förderung von Leistungsstarken im Fokus steht. Das Schreiben hat den Vorteil, dass die Textproduktion verlangsamt und reflektierter von statten geht als bei der mündlichen Sprachproduktion. Die alltagssprachliche, mündliche Annäherung an ein Thema wird durch den Prozess der Verlangsamung in der Verschriftlichung zur vertieften Erkenntnis. Parallel differenzieren sich präzises fach- und bildungssprachliches Register und mentale Konzepte zu den Themen gegenseitig aus (epistemisches Schreibenepistemisches Schreiben(griech. episteme: Erkenntnis) Schreiben als Teil des Denkens, der Erkenntnisse, z.B. Neuordnung der der Gedanken, generiert. Ausführlicher bei Steffens, R. (2004): Schreiben im Fachunterricht - Einführung. In: www.learn-line.nrw.de.). Textplanungs- und Textüberarbeitungsstrategien werden eingeübt und es wird ein Schreibwissen erarbeitet. Ansätze, die metakognitiv ausgerichtet sind und das Schreiben reflektieren, brauchen den Gedankenaustausch, die Verhandlung mit Lernpartnerinnen und Lernpartnern und vollziehen sich idealerweise im kooperativen Lernen/Schreiben bzw. in der Arbeit mit kompetenten Anderen, z. B. Lehrkräften, Schülermentorinnen und -mentoren, etc. Die für das Schreiben zentralen Textplanungs- und Überarbeitungskompetenzen können mit Hilfsmitteln wie Code­Knacker der PH Heidelberg oder Protokoll­ Checker (Fach Chemie, Bayrak/Ralle) unterstützt werden. Im Peer-editingPeer-editingkooperatives Schreiben, bei dem sich die Lernenden gegenseitig im Schreibprozess durch Lesen und Kommentieren unterstützen. (vgl. Dreyer 2016) werden diese Kompetenzen kooperativ entwickelt, was auch die Eigenständigkeit und Selbststeuerung der Lernenden unterstützt.

Schriftliche Texte sind außerdem der Korrektur leichter zugänglich und das Überarbeiten ist bei einem Schreibprodukt akzeptierter. Somit sind sie eine sinnvolle Arbeitsgrundlage für die detaillierte Spracharbeit, wie das Feilen an der sprachlichen Richtigkeit und Angemessenheit. Schreiben sollte eine nicht in Frage gestellte schulische Routine sein und so oft wie möglich erfolgen, auch wenn zum Teil nur kleine und kleinste Texte geschrieben werden.

Ein Ansatzpunkt für die Annäherung an ein Schreibprodukt ist die Modellierung. Das Erreichen eines Lernschritts, z. B. einer Textsorte, wird exemplarisch vorgeführt und von den Lernenden kognitiv mitvollzogen. Im nächsten Schritt führen sie dieselben Schritte dann an einer parallelen Aufgabe selbst durch. Für das sprachliche Lernen entstehen Texte, die dann als Modell für die eigene Textproduktion dienen. Das schreibdidaktische Verfahren der sachtextbezogenen GenredidaktikGenredidaktikhauptsächlich schreibdidaktischer Ansatz, der sich am angeleiteten, schrittweisen Entwickeln von Textsorten, z.B. Protokoll, Zusammenfassung, Erörterung, Antwortformate auf Operatoren, etc. orientiert. Ausführlicher in Gürsoy, E. (2018): Genredidaktik. In: ProDaZ.  geht so vor, dass Lernende das Schreiben fachtypischer GenresGenrehier regelhaft-schematisch abgefasste, hauptsächlich schulische Textsorten, z.B. Protokoll, Zusammenfassung, Erörterung, Antwortformate auf Operatoren, etc.  erlernen, z. B. ein Protokoll, Beschreibung, Textaufgabe, etc. Sie orientiert sich an fünf Schritten, um von der

  • Identifizierung der Kommunikationsabsicht („Kontext modellieren“) über
  • „Text modellieren“ (Strukturen und Funktionen sichtbar machen),
  • „gemeinsame Rekonstruktion“ (z. B. durch Scaffolds unterstützte, am Modell orientierte Vorbereitung auf das eigene Verfassen eines Textes) und
  • „selbstständiges Schreiben“
  • „Bezüge zu anderen Texten und Genres her(zu)stellen“ (z. B. Anwendung des Genres auf ein anderes Thema, Abwandlungen des gleichen Genres betrachten, etc.).

    (Feez 1998, zitiert nach Gürsoy 2018)


In diesem Kontext lohnen sich auch Schreibaufgaben des literarisch orientierten, generativen SchreibensGeneratives SchreibenDas Verfahren ist dem Schreiben von Paralleltexten ähnlich, wobei hier die grammatische Struktur einer Textvorlage imitiert wird und nicht der Inhalt. Das generative Schreiben schließt sich an das Lesen poetischer Texte (Gedichte, Reime, etc.) an. Die Lernenden greifen das sprachliche Muster, das ein poetischer Texte meist wiederholt vorgeben (vor allem bei Liedern), produktiv und kreativ auf. Die Schülerinnen und Schüler generieren mit dem korrekten vorgegebenen Muster (vgl. dem Chunk-Learning) neue eigene Texte. Die Lerngruppe lernt voneinander auch neue Wörter, die sie beim generativen Schreiben verwenden und miteinander austauschen. Das generative Schreiben ist oft in der Grundschule Baustein eines impliziten Grammatikunterrichts. Es spricht aber nichts dagegen, das Verfahren auch mit älteren Lernenden durchzuführen. Eine explizite Thematisierung der im Fokus stehenden sprachlichen Struktur kann sich anschließen. Ausführlicher in Belke, G. (2011): „Generatives Schreiben“ als Grundlage interkultureller sprachlicher Bildung. In : ProDaZ., um „sprachlich richtige Texte zu produzieren, indem sie [die Lernenden] auf der Basis einprägsamer Texte EIGENE Texte generieren. Teile des Originaltextes werden übernommen und für die eigenen Ausdrucksbedürfnisse genutzt.“ (Belke 2012). Bei leistungsstarken Lernenden spielt die explizite Reflexion der Textstrukturen und der Semantik dabei eine wichtige Rolle.
Produkte, die aus diesen Lernprozessen entstehen, und die Rückmeldungen dazu werden Teil des Schreibportfolios und somit auch der Förderdiagnostik und Lernstandsdokumentation.

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Wortschatz: Gerade in der Wortschatzarbeit gilt es, Neues an Vorhandenes anzuschließen und es durch häufige Verwendung und bei Leistungsstarken durch Metakognition so zu verankern, dass sich ein differenziertes mentales Konzept bildet bzw. erweitert. Wörter werden immer bewusst und im inhaltlichen und syntaktischen Kontext eingeführt, reflektiert und durch vielfache Verwendung im Sprechen, Lesen und Schreiben eingeübt, so dass Semantik, Phonetik, Orthografie und Morphologie verknüpft werden. Wortschatzlisten (z. B. als ScaffoldsScaffoldingbeschreibt eine Unterstützung von Lernenden. Ausgehend vom individuellen Ausgangspunkt ermöglichen Aufgaben mit passenden „Lerngerüsten“ ihnen das Erreichen eines Lernziels, das in ihrem Entwicklungsbereich liegt. Nach Erreichen der nächsten Entwicklungsstufe, werden die Gerüste wieder abgebaut. Die Analyse der Lernausgangslage, des Lernpotenzials und des zu erreichenden Lernziels sowie die Gestaltung der Lerngerüste gehört zum Makro-Scaffolding der Unterrichtsvorbereitung. Die konkrete Unterstützung im der Interaktion mit den Lernenden im Unterricht im Einzelnen gehört zum Mikro-Scaffolding. Ausführlicher dazu: Kniffka, G. (2010): Scaffolding. In: ProDaZ ) sind in diesem Zusammenhang nur hilfreich, wenn sie die Grundlage für eine bewusste Bearbeitung darstellen und nicht nur Wörter auflisten. Mehrsprachige Wortschatzlisten sind für leistungsstarke Lernende dann als Verstehenshilfe zielführend, wenn sie einen Begriff in ihrer Herkunftssprache bereits kennen bzw. ihn einordnen können. Mehrsprachige Wortschatzarbeit ist durchaus sinnvoll, auch wenn Lernende Begriffe in ihrer Herkunftssprache noch nicht entwickelt haben, dann aber nicht als Hilfsmittel für schnelleres Verstehen, sondern als Lerninhalt, der der gleichzeitigen Erweiterung der herkunftssprachlichen Kompetenz dient. Die selbstständige Wortschatzarbeit lässt sich beispielsweise auch durch ritualisierte Hausaufgabenformen fördern.
 

BLITZLICHT IN DIE PRAXIS

ELLY-HEUSS-KNAPP-GYMNASIUM, STUTTGART

Permanente Hausaufgabe – Didaktischer Kommentar und Aufgabenblatt (im Aufklapptext)

„Ziel der permanenten Hausaufgabe ist es, die Lernenden an die regelmäßige selbständige Wortschatzarbeit zu gewöhnen. Da der Erwerb von soliden bildungssprachlichen Kompetenzen bis zu sieben Jahre dauert, müssen die Schülerinnen und Schüler auch dann noch, wenn sie die VKL längst hinter sich gelassen haben ...
und komplett eine Regelklasse besuchen, systematisch und vor allem selbständig ihren Wortschatz erweitern. Das sollen sie durch die permanente Hausaufgabe lernen und einüben. Voraussetzung ist, dass sie den Umgang mit einem Wörterbuch und das Eintragen von Vokabeln bereits sicher beherrschen.
Mögliche Erweiterung: Die Aufgabe kann auch dazu genutzt werden, die Lernenden kurze Zusammenfassung des Gelesenen schreiben zu lassen, wenn man dieses Genre einüben will. Aus Motivationsgründen können die Schülerinnen und Schüler in einem gewissen Rahmen frei wählen, an welchen Texten sie zu Hause arbeiten. Gut geeignet sind dafür literarische Jugendbücher (z. B. Die drei Fragezeichen, Gregs Tagebuch, etc.) und Jugendsachbücher (z. B. Was ist was, memo Wissen entdecken, etc.) oder Artikel aus einer Kinderzeitung.
Für die Wortschatzarbeit sollen sie sich jeden Tag zwischen 5 und 12 Wörter, die sie noch nicht kennen, aus ihren gelesenen Texten herausschreiben, die Bedeutung klären und diese lernen. Die Aufgabe ist absichtlich sehr kleinschrittig aufgebaut, damit die Lernenden genau wissen, was sie tun sollen. Selbstverständlich reicht es nicht, ihnen das Aufgabenblatt in die Hand zu drücken. Ich bespreche es ausführlich und übe das ganze Verfahren im Unterricht mindestens einmal ein. Das dauert insgesamt etwa 90 Minuten.
Die Festigung der Hausaufgabenroutine dauert erfahrungsgemäß einige Tage und manchmal auch bis zu drei Wochen. Regelmäßige Kontrolle und Besprechung von Vokabeln unterstützen die Lernenden dabei. Die gelernten Vokabeln müssen auch abgefragt werden, z. B. in Partnerarbeit, so dass sie auch durch den Wortschatz und die Lektüre von anderen neue Impulse bekommen. Wenn die Schülerinnen und Schüler das Verfahren einmal richtig anwenden können, genügt in der Regel eine wöchentliche Kontrolle. Nehmen sie die an, profitieren sie enorm. Nicht alle schaffen das.“

Dr. Arndt Weber, Leitung der Vorbereitungsklasse

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Lesen: Anspruchsvolle Unterstützung, Begleitung und Förderung beim Leseverstehen können durch kognitiv aktivierende Aufgaben erfolgen:

  • vor dem Lesen (Pre-reading Activity): Aktivierung von Vorwissen, von vorhandenen Konzepten, (mehrsprachige) Vokabelvorentlastung, problemorientierte Leitfragen stellen (lassen), etc.;

  • während des Lesens (While-reading Activity):
    • zu Visualisierung, Textstrukturierung anregen, etc.
    • Kommentare/Markierungen/Notizen entsprechend den Leitfragen einfordern, etc.
    • selbstständige Wortschatzarbeit;

  • nach dem Lesen (Post-reading Acitvity): Beantwortung von Leitfragen, Klärung offener Fragen, Reflexion von Inhalt und Textsorte und deren Darstellungsmittel (s. Genredidaktik), Umwandlung in eine andere Textsorte, Diskussion, Aufgaben zum Weiterdenken und Transferaufgaben, etc.

Ziel bei leistungsstarken Lernenden ist eine möglichst zügig zu erreichende eigenständige Bearbeitung von Texten, weshalb Lesestrategien (z. B. 5-Schritt-Lesemethode, Lesenavigator, etc.) sowie Texterschließungsstrategien in der Gruppe etwa im reziproken Lesen (vgl. auch Rest 2005) von Anfang an bei der Stärkung der zielsprachlichen Lesekompetenz eine wichtige Rolle spielen.

Besonders zu berücksichtigen ist die Lesekompetenz bei nicht-linearen Texten wie Schaubildern und Karten, die oft eine anspruchsvolle Verbindung von visuellen und sprachlichen Bestandteilen aufweisen. Oftmals sind Symbole sehr abstrakt und kulturell codiert. Sie müssen in der gemeinsamen (interkulturellen) Reflexion entschlüsselt werden. Nicht nur innerhalb von Schaubildern ist die Kombination von visueller und sprachlicher Darstellung wichtig, sondern auch auf Schulbuchseiten mit Fließtext und Schaubildern, die sich in ihrem Informationsgehalt ergänzen. Die Funktionsweisen der Lehrwerke sollte aktiv reflektiert werden, damit ein eigenständiger Umgang damit ermöglicht wird.

Fest in den Stundenplan integrierte Lesezeiten bieten die Möglichkeit, die Lesekompetenzen der Lernenden in der bildungssprachlichen Kompetenz der Zielsprache zu fördern und mit ihnen über das Gelesene ins Gespräch zu kommen bzw. sie miteinander ins Gespräch zu bringen, was dann auch die mündliche Sprachkompetenz stärkt.
Bei leistungsstarken und motivierten Lernenden bieten sich unter Umständen auch Vielleseverfahren an, bei dem viele sprachliche Strukturen und Wortschatz sich in hohem Maße durch die Quantität implizit vermitteln.

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ScaffoldingScaffoldingEin Scaffold beschreibt eine Unterstützung von Lernenden. Ausgehend vom individuellen Ausgangspunkt ermöglichen Aufgaben mit passenden „Lerngerüsten“ ihnen das Erreichen eines Lernziels, das in ihrem Entwicklungsbereich liegt. Nach Erreichen der nächsten Entwicklungsstufe, werden die Gerüste wieder abgebaut. Die Analyse der Lernausgangslage, des Lernpotenzials und des zu erreichenden Lernziels sowie die Gestaltung der Lerngerüste gehört zum Makro-Scaffolding der Unterrichtsvorbereitung. Die konkrete Unterstützung im der Interaktion mit den Lernenden im Unterricht im Einzelnen gehört zum Mikro-Scaffolding. Ausführlicher dazu: Kniffka, G. (2010): Scaffolding. In: ProDaZ 
dient als Grundlage für Lernprozesse im sprachsensiblen bzw. sprachbewussten Unterricht. Es ist kombinierbar mit den anderen hier aufgeführten Ansätzen und einsetzbar in allen Lernbereichen. Es funktioniert wie der Ansatz des Cognitive Apprenticeship Cognitive Apprenticeship, bei dem eine kompetente andere Person den Lernenden beim Erreichen der nächsten Kompetenzstufe hilft. Dazu werden den Lernenden Scaffolds (Gerüste) angeboten. Zur Wirksamkeit der Scaffolds muss zunächst eine Lernausgangslage ermittelt werden, damit erkennbar wird, wo der nächste Lernschritt liegt und welches Ausmaß und welche Form des Gerüsts notwendig sind. Mit dem Erreichen der anvisierten Kompetenzstufe wird die Unterstützung abgebaut (zum schnellen Überblick dazu Kniffka 2010).

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Sozialformen: Kooperative Lernformen
können den Schülerinnen und Schülern auf ihren unterschiedlichen Spracherwerbsstufen mit unterschiedlichen Wissensständen gerecht werden. Sie ermöglichen gemeinsames Arbeiten an gleichen Themen/Anforderungsbereichen auf unterschiedlichen sprachlichen Niveaus (s. „Peer-editingPeer-editingkooperatives Schreiben, bei dem sich Schüler*innen gegenseitig im Schreibprozess durch Lesen und Kommentieren unterstützen“ oder auch der Ansatz „Lernen durch LehrenLernen durch LehrenMethode bei Schülerinnen und Schüler Gelerntes anderen erklären, um durch die Aufgabe, wissen zu vermitteln und Übungen anzuleiten - zu lehren - das gelernte vertiefend zu reflektieren und nachhaltig zu verinnerlichen.“ ). In altersgemischten Klassen orientieren sich Lernende mit kürzerer Sprachkontaktzeit an den fortgeschrittenen (vgl. Ansatz „Tutorensystem“) und die Fortgeschrittenen teilen ihre Erfahrungen und Erkenntnisse mit den Anfängern und erhalten dabei eine Lerngelegenheit durch Lehren der Anfänger.
Diese Vorgehensweise ist bei leistungsstarken Lernenden besonders erfolgsversprechend, weil sie meist die kognitiven Fähigkeiten, Selbststeuerungskompetenzen und das Problembewusstsein dafür mitbringen einerseits Fragen zu stellen und andererseits sich dem Lernstand ihres Gegenübers anzupassen. Sie ringen aufgrund ihrer bereits vorhandenen Konzepte und ihrer herkunftssprachlichen Kompetenz intellektuell weniger mit dem inhaltlichen Verständnis von Themen und Strukturen und haben daher Kapazitäten, kreativer damit umzugehen. Das gemeinsame sprachliche Ringen ist Teil des Spracherwerbsprozesses und erwünscht.

In einigen Herkunftsländern der Schülerinnen und Schüler werden schülerzentrierte Sozialformen, die in den kompetenzorientierten Bildungsplänen grundlegend sind, unter Umständen nicht oder nur ansatzweise eingeführt. Das selbstverantwortliche, selbstgesteuerte Lernen muss auch mit leistungsstarken Schülerinnen und Schülern häufig noch trainiert werden. Wochenpläne oder langfristig angesetzte, zunehmend umfangreiche Rechercheaufträge oder Checklisten für Arbeitsschritte sind hierzu ein möglicher Weg.

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FACHSPRACHLICHES UND METHODISCHES LERNEN

Fachsensibler Sprachunterricht in der Vorbereitungsklasse
Der fachsensible Sprachunterricht in der Vorbereitungsklasse ist SPRACHunterricht, findet aber anhand thematischer Bausteine statt, die schon mit den inhaltlichen, sprachlichen und methodischen Anforderungen des Regelunterrichts eng vernetzt sind. Der starke fachunterrichtliche Bezug ist ganz besonders für leistungsstarke Jugendliche wichtig, damit sie durch das sprachliche Aufholen nicht wesentlich im fachlichen Kompetenzzuwachs ausgebremst werden, sondern mit ihrem Vorwissen schon anknüpfen können.
Dabei ist ein besonderer Schwerpunkt auf die Fach- und Bildungssprache zu setzen mit dem Ziel, bildungs- und fachsprachliche Kompetenzen in der Zielsprache Deutsch zu entwickeln bzw. zu vertiefen, ohne dabei die vorhandenen herkunftssprachlichen Kompetenzen zu übergehen.
Neben einer frühen individuellen Teilintegration in bestimmte Fächer bietet es sich an, in der Vorbereitungsklasse Themen zu behandeln, in denen je nach Bedarf z. B. die Lesekompetenz für nicht-lineare Texte oder das Verfassen eines naturwissenschaftlichen Protokolls etc. fächerübergreifend in den Blick genommen werden kann. Dabei wird das Rezipieren und Produzieren von lernstandsgemäß grundlegenden Textsorten und Darstellungsformen eingeübt (s. Aufbauniveau in Deutsch im Kontext von Mehr­sprachigkeit – Curriculum).
Durch didaktisch-methodische Vielfalt werden in der Vorbereitungsklasse fächerübergreifend gültige Herangehensweisen an Aufgaben angebahnt und eingeübt. Wie bereits oben angeführt, sind die Zusammenarbeit und der fachliche Austausch mit den Fachlehrkräften der Regelklassen eine grundlegende Voraussetzung, um die Lernenden an die komplexeren Inhalte und Methoden des Regelunterrichts effektiv heranzuführen und ihnen dadurch den Einstieg in den Fachunterricht zu erleichtern.

Sprachsensibler Fachunterricht im Regelunterricht
Der sprachsensible FachunterrichtSprachsensibler Fachunterrichtist Fachunterricht, der mit den inhaltlichen Lernzielen die zur Vermittlung notwendigen sprachliche Lernziele zum Gegenstand des Unterrichts macht. ist FACHunterricht. Er vermittelt dabei die sprachlichen Mittel aktiv mit, die für das Verstehen und Kommunizieren der fachlichen Inhalte notwendig sind (vgl. unter anderem Michalak/Lemke/Goeke 2015). Sprachsensible Unterrichtsplanung formuliert zu den inhaltlichen Lernzielen die dazu passenden fachsprachlichen Lernziele. Das dahinter stehende Konzept der Durchgängigen Sprachlichen Bildung (vgl. Lange/Gogolin 2010) richtet sich an alle Lernende. Nicht nur, aber besonders mehrsprachigen Schülerinnen und Schüler wird das inhaltliche Lernen wesentlich durch die bewusste Thematisierung der sprachlichen Bewältigung zugänglicher.

Je mehr integrative sprachliche Unterstützung an vielen Stellen des Schulalltags die neu eingewanderten Lernenden in der teilintegrativen Phase und auch nach der Vorbereitungsklasse bekommen, desto schneller differenziert sich ihre sprachliche Kompetenz aus. Alle Inhalte werden sprachlich vermittelt (vgl. Leitgedanken zum Kompetenzerwerb in den meisten Fächern der Bildungspläne 2016) und sind somit sprachliche Lernanlässe und Lernchancen, wenn man sie dafür nutzt. Dadurch dass ein (fachorientiertes) sprachliches Lernen im Unterricht stattfindet, sehen sich die Schülerinnen und Schüler in ihren Bedürfnissen wahr und ernst genommen, was ihnen die aktive Mitarbeit erleichtert.

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AUSWAHL VON LEHRWERKEN UND MATERIALIEN

Bei der Auswahl von Lehrwerken gilt grundsätzlich für alle Schülergruppen, dass sich die Unterrichtsthemenzunächst auf den Alltag der Kinder und Jugendlichen beziehen und sie dann verstärkt auf die zukünftigen Anforderungen in den Regelklassen vorbereiten (vgl. die Kriterien zu Lehrwerken in Deutsch im Kontext von Mehrsprachigkeit. Grundlagen und Anregungen für die Spracharbeit in Vorbereitungsklassen, Kap. 3.4: Einsatz von Lehrwerken).

Bei leistungsstarken Schülerinnen und Schülern ist verstärkt auf anspruchsvolle, kognitiv aktivierende Elemente bei der Themen- und Methodenauswahl zu achten, um an die schon bestehenden mentalen Konzepte der Lernenden anzuknüpfen.

Nach Möglichkeit beinhalten die Lehrwerke ...

  • ein dem schnelleren und vertieften Lernen angemessenes Differenzierungsniveau,

  • umfassend Gelegenheit zum Sprachvergleich und zur Sprachreflexion,

  • vertiefende Wortschatzaufgaben,

  • thematische, bildungs- und fachsprachliche Bausteine, die sich an den Inhalten und Methoden des Regelunterrichts orientieren.

Meist müssen dazu mehrere Lehrwerke kombiniert werden.

Viele Lehrwerke für die Vorbereitungsklasse konzentrieren sich ausgedehnt auf den Alltagswortschatz und berücksichtigen den Bildungswortschatz zu wenig bzw. gehen nicht genügend auf Anforderungen des Regelunterrichts ein, an den leistungsstarke Lernende schnell anknüpfen sollen.

Neben den Lehrwerken sollten daher auch weitere Lernmaterialien eingesetzt werden, die vor allem die Selbstständigkeit der Lernenden fördern. Materialien aus dem Regelunterricht finden nach Möglichkeit bereits in der Vorbereitungsklasse Verwendung. Wie auch bei den Lehrwerken gilt bei der Verwendung weiterer Materialien Folgendes: Je konkreter sich die Materialien auf aktuelle bzw. zukünftige Inhalte des Regelunterrichts beziehen (Bildungsplanbezug!), desto gezielter und nachhaltiger kann die Forderung und Förderung leistungsstarker Schülerinnen und Schüler erfolgen und ihre gelungene Integration in die Regelklasse sicherstellen.

Bei leistungsstarken Schülerinnen und Schülern ist besonders darauf zu achten, dass sie schnell dazu in der Lage sind, zielgerichtete Fragen zu stellen und Hilfsmittel zu benutzen, die sie routiniert eigenständig anwenden können, z. B. ein- und mehrsprachige Wörterbücher, Konjugationstabellen, Liste mit KonnektorenKonnektorenbringen Sätze in eine bestimmte semantisch-logische Beziehung zueinander. Es handelt sich dabei um Konjunktionen, Relativpronomen, Partikeln und Adverbien. , Matrix des topologischen Feldermodells (s. Landesinstitut für Schulentwicklung 2016a: Viele Sprachen - eine Schule, Kap. 3.2.1.3: Satzebene), etc.

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