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Europäische Integration bis 1970

Die wirtschaftliche Integration Europas bricht im August 1914 zusammen, auch zivilgesellschaftliche Kontakte erlahmen während des 1. Weltkrieges; die Zwischenkriegszeit wird geprägt vom Völkerbund, der ohne die USA als hochgradig europäische Organisation versucht hat, internationale Strukturen wiederzubeleben. Mitte der 20er Jahre gibt es Diskussionen über eine europäische Zollunion und Richard Coudenhove-Kalergi mit seiner Pan-Europa-Union kann als Vordenker der späteren Integrationsbewegung gelten. In der Realität erschöpfte sich die Annäherung jedoch häufig in bilateralen Handelsverträgen. Während die Nationalsozialisten keine Europapolitik betrieben, entwickelte sich in der Gegnerschaft zum Nationalsozialismus die Utopie von der friedlichen Einheit Europas für die Zukunft.

Zwischen 1945 und 1955 werden nahezu alle europäischen Institutionen gegründet - nachhaltig gefördert von den USA. Die enge wirtschaftliche Kooperation mit dem Ziel, Handelsbarrieren abzubauen, wird begleitet von einer engen militärischen Kooperation, die sich vor allem gegen den Osten richtet. Auch politisch schreitet die Integration voran mit der Bildung des Europarates. 1950 arbeitete der Europarat die Europäische Konvention der Menschrechte aus, die 1953 in Kraft trat, und errichtete zu deren Sicherstellung den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der sich 1959 konstituierte.

Plenarsaal des Europarates, Straßburg
Plenarsaal des Europarates, Straßburg
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Das Prinzip der Supranationalität wurde erstmals in der sog. Montanunion (offiziell: EGKS für Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl umgesetzt. All diese Entwicklungen sowie weitere Verhandlungen über eine Agrarunion, eine Gesundheitsunion, eine politische Union und eine Verteidigungsgemeinschaft lösten eine regelrechte Europa-Begeisterung in der Bevölkerung Europas aus. Im Laufe der 50er-Jahre, als die atomare Entwicklung als Zukunftsindustrie galt, kam noch die Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM) hinzu. Alle diese Entwicklungen wurden politisch durch die Römischen Verträge vom 25. März 1957 auf ein neues Niveau gehoben. Seither existierten neben der EURATOM die EWG (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft) sowie ein Abkommen über gemeinsame Organe, die neben dem Europäischen Gerichtshof auch eine gemeinsame parlamentarische Versammlung postulierte, aus der später das Europäische Parlament hervorging.

1. April 1957. Unterzeichnung der römischen Verträge
1. April 1957: Unterzeichnung der römischen Verträge
Foto: Bundesarchiv Bild 183-45653-0001

Von Beginn beschäftigte die europäische Integration aber auch die Frage, wie viel Souveränität ein Staat aufgab, wenn er supranationale Verträge abschloss. Der französische Staatspräsident Charles de Gaulle setzte als Gegenkonzept zum Souveränitätstransfer die Idee des "Europa der Vaterländer". In den 60er-Jahren hielt der Streit zwischen den unterschiedlichen Konzepten die Europäische Gemeinschaft über Jahre in Atem. Gelöst wurde der Konflikt erst 1966 durch den sog. Luxemburger Kompromiss, der bis auf Weiteres das Einstimmigkeitsprinzip bei gesamteuropäischen Entscheidungen vorschrieb.

Diese politisch-institutionellen Entwicklungen wurden nach 1945 aber von einem noch viel wichtigeren Prozess begleitet: Die transnationalen Verflechtungen nahmen in nie dagewesener Weise zu: die deutsch-französische Aussöhnung war nicht mehr ein Projekt der Eliten wie in den 20er-Jahren, sondern ein Bürgerprojekt: Austauschprogramme, Schul- und Städtepartnerschaften sowie Auslandsreisen in einem ungekannten Ausmaß führten dazu, dass sich Europäer besser kennenlernten. Voraussetzung hierfür war ein allgemeiner Wirtschaftsboom in Westeuropa, der von 1945 bis in die 70er-Jahre weitgehend ungebrochen anhielt.

Erst ab 1969 setzt sich die Europäische Gemeinschaft als wichtigstes Integrationsforum durch – bis dahin bestand sowohl Konkurrenz als auch eine gewisse Offenheit, welche Form der Integration sich durchsetzen würde: neben der EG gab es das Konkurrenzprojekt EFTA, eine Freihandelsassoziation, der Großbritannien, Österreich, Portugal und die skandinavischen Länder angehörten. Nicht zu vergessen ist auch, dass die Integration Osteuropas nach 1945 durch die Sowjetisierung und den militärischen Zusammenschluss der Staaten des Warschauer Paktes sowie durch den Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe vorangetrieben wurde.


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