Dichter und Schriftsteller in Baden-Württemberg

3. Landeskundliche Einordnung

Autor: Ulrich Maier (Arbeitskreis RP Stuttgart)

 

Schillerdenkmal auf der Marbacher Schillerhöhe vor dem Literaturmuseum der Moderne
Schillerdenkmal auf der Marbacher Schillerhöhe vor dem Literaturmuseum der Moderne
© Ulrich Maier

Wer das Dichten will verstehen
Muss ins Land der Dichtung gehen
Wer den Dichter will verstehen,
Muss in Dichters Land gehen.

Goethe

Auf dem Titelblatt von: Noten und Abhandlungen zu besserem Verständnis des west-östlichen Divans (Goethes Werke, vollständige Ausgabe letzter Hand, Band 6, Cotta Tübingen und Stuttgart 1827

 

"In Dichters Landes" lautete vor Jahren ein Titel einer Publikation des Marbacher Schiller-Nationalmuseums. Er weist auf das Image hin, welches das "Land der Dichter und Denker" lange Zeit gepflegt hat. Der ehemalige Maulbronner Ephorus Eduard Paulus hatte vor über hundert Jahren bereits auf dieses Image Bezug genommen:
Der Schelling und der Hegel,
der Schiller und der Hauff,
das ist bei uns die Regel,
das fällt uns gar nicht auf.
Bis heute werden diese Verse häufig zitiert, wenn es um baden-württembergischen Patriotismus geht, manchmal auch leicht verändert mit anderen Dichternamen aus dem deutschen Südwesten. Paulus meinte das ursprünglich ironisch, was aus den meist nicht zitierten, vorangestellten Versen hervorgeht:
Wir sind das Volk der Dichter,
ein jeder dichten kann,
man seh’ nur die Gesichter
von unsereinem an.

Verständlicher Weise hat dieser Vers nicht nur Liebhaber gefunden. So hat ihn Peter Bamm als einen der arrogantesten Verse der deutschen Literatur bezeichnet. Dennoch lässt sich nicht wegdiskutieren: Zahlreiche literarische Museen, Archive und Gedenkstätten finden sich in allen Regionen Baden-Württembergs in einer Dichte wie sonst nirgendwo in Deutschland.

Die meisten von ihnen stehen in enger Verbindung mit dem Deutschen Literaturarchiv auf der Marbacher Schillerhöhe, dem zentralen Ort für die Literaturwissenschaft schlechthin. Dort betreut sie eine eigens dafür eingerichtete "Arbeitsstelle für literarische Museen, Archive und Gedenkstätten in Baden-Württemberg". Viele von ihnen wurden in Verbindung mit der Marbacher Arbeitsstelle konzipiert, eingerichtet und mitfinanziert. Ausführlich informiert die Marbacher Arbeitsstelle in ihrer Homepage darüber: www.literaturland-bw.de

Aus: www.literaturland-bw.de
"Baden-Württemberg hat eine einzigartige Literaturlandschaft. Über achtzig literarische Museen und Gedenkstätten dokumentieren die Geschichte der Literatur von der Klosterkultur bis zu den aktuellen Tendenzen der Gegenwart."

"Literaturland Baden-Württemberg" präsentiert die Vielfalt des literarischen Lebens und bietet die Möglichkeit, alle wichtigen Informationen über die Museen und Gedenkstätten direkt abzurufen.
Aktuelle Hinweise sowie weiterführende Literatur- und Linklisten garantieren einen schnellen Zugriff auf Geschichte und Gegenwart der Literatur - und ermöglichen so jedem Literaturliebhaber, sich auf den Spuren baden-württembergischer Autorinnen und Autoren zu bewegen."

Über die Homepage der Arbeitsstelle können die Adressen aller literarischen Gedenkstätten, Archive und Museen in Baden-Württemberg abgerufen werden.

 

Pflegestätte der deutschen Literatur: Die Schillerhöhe in Marbach
Pflegestätte der deutschen Literatur: Die Schillerhöhe in Marbach
© Ulrich Maierr

Friedrich von Schiller (Ölgemälde von Franz Gerhard von Kügelgen, 1808)
Friedrich von Schiller (Ölgemälde von Franz Gerhard von Kügelgen, 1808)
© LMZ-BW

Bei der Konkretisierung der Bildungspläne in den einzelnen Schulcurricula sollen Museen und Archive der Region einbezogen werden. Ihr Besuch ist immer lohnend. Häufig stehen hier auch Arbeitsräume für Schulklassen zur Verfügung. Ein Verzeichnis der Arbeitsstelle nennt über 30 solcher Museen ( www.alim-bw.de).

In den Literaturempfehlungen zum Bildungsplan Deutsch (Lektürelisten) sind viele Dichter und Schriftsteller verzeichnet, die sich so vor Ort entdecken lassen: Goethes Faust in Knittlingen, Schiller in Marbach, Mörike in Cleversulzbach, Hölderlin in Lauffen und Tübingen, Hermann Hesse in Calw und Gaienhofen, um nur einige zu nennen. Im Literaturmuseum der Moderne in Marbach begegnen Schülerinnen und Schüler Kafka, Döblin, Kästner, Rilke oder Thomas Mann.

Mörikes Wohnhaus in Cleversulzbach, Gemeinde Neuenstadt am Kocher 1910
Mörikes Wohnhaus in Cleversulzbach, Gemeinde Neuenstadt am Kocher 1910
© LMZ-BW

In allen dieser Einrichtungen sind Schüler und Lehrer gerne gesehen. Reichhaltig ist das pädagogische Angebot, z. B. im "Jungen Literaturmuseums" im Literaturmuseum der Moderne des deutschen Literaturarchivs in Marbach.

Mörikes Hölderlin im Profil (Federzeichnung von 1786)
Hölderlin im Profil (Federzeichnung von 1786)
© LMZ-BW

Hölderlinturm in Tübingen
Hölderlinturm in Tübingen
© LMZ-BW

Justinus Kerner mit G. Schwab u. L. Uhland im Garten des Weinsberger Kernerhauses (Lithographie um 1850)
Justinus Kerner mit G. Schwab u. L. Uhland im Garten des Weinsberger Kernerhauses (Lithographie um 1850)
© LMZ-BW

Staatenübergreifender/europäischer Bezug

Bei vielen literarischen Museen lassen sich auch europäische Bezüge herstellen: So steht beispielsweise im Calwer Hesse-Museum die weltweite Wirkung von Hesses Werk im Vordergrund. Im Knittlinger Faustmuseum wird die europäische und weltweite Wirkungsgeschichte von Goethes Faust dokumentiert. Im Weinsberger Kernerhaus lassen sich beispielsweise Spuren deutsch-polnischer Beziehungen entdecken: So findet sich über einer Tür des Alexanderhäuschens im Kernergarten der Namenszug eines polnischen Freiheitskämpfers, den Kerner mit vielen seiner Gefährten auf dem Weg ins Exil bei sich beherbergt hat.
Die Reihe von Beispielen solcher historischer und kultureller Vernetzungen ließe sich beliebig fortsetzen. Sie beweisen, dass der Blick vom konkreten Lernort aus immer auch hinausgeht in die Welt und vielfältige globale Bezüge sich im regionalen Fokus spiegeln.

Inschrift in einer inzwischen zugemauerten Tür im Weinsberger Alexanderhäuschen. Von links: Rybinski (polnischer Freiheitskämpfer), Alexander von Württemberg, Nikolaus Lenau
Inschrift in einer inzwischen zugemauerten Tür im Weinsberger Alexanderhäuschen. Von links: Rybinski (polnischer Freiheitskämpfer), Alexander von Württemberg, Nikolaus Lenau
© Ulrich Maier

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Stuttgart -

 


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