Das Museum für Literatur am Oberrhein im PrinzMaxPalais Karlsruhe

Hintergrundinformationen

1. Bedeutung

Das seit 1998 im Karlsruher PrinzMaxPalais beheimatete Museum für Literatur am Oberrhein kann seine Traditionslinien auf das 1926 in Karlsruhe eröffnete Scheffel-Museum zurückführen und gehört damit nach dem Goethehaus in Weimar und dem Schillermuseum in Marbach zu den ältesten Literaturmuseen Deutschlands.

Träger des Museums ist die Literarische Gesellschaft (Scheffelbund), die mit über 6.000 Mitgliedern größte literarische Vereinigung Mitteleuropas. Deren "Literaturhaus im PrinzMaxPalais Karlsruhe" präsentiert wöchentlich Lesungen namhafter Autorinnen und Autoren sowie regelmäßig die Kritikerinnen und Kritiker der SWR-Bestenliste. Außerdem veranstaltet die Literarische Gesellschaft im Zweijahresrhythmus in Zusammenarbeit mit dem Kulturamt der Stadt Karlsruhe das "Karlsruher Literaturforum", bei dem Autorinnen und Autoren aus der Region ihre Neuerscheinungen vorstellen. Weiter ist die Literarische Gesellschaft seit 2002 Herausgeberin der Literaturzeitschrift "allmende", die der Gegenwartsliteratur und insbesondere jungen Autorinnen und Autoren ein Forum geben will, und betreibt die Internetportale www.literaturland.de und www.autoren-bw.de.

Gesellschaft zum Haarenen Ring

Schon seit 1784 bestanden in Karlsruhe "Lesegesellschaften". Hier die "Gesellschaft zum Haarenen Ring", der auch Frauen angehörten. Die literarisch Interessierten trugen bei ihren wöchentlichen Sitzungen jeweils einen aus Haaren der Mitglieder gefertigten Ring.
© Museum für Literatur am Oberrhein


Ein wesentlicher Teil der von der Literarischen Gesellschaft geleisteten Arbeit besteht schließlich in der Förderung herausragender schulischer Leistungen im Fach Deutsch: Jährlich vergibt die Literarische Gesellschaft an annähernd 700 Gymnasien den renommierten Scheffelpreis für die beste Leistung im Fach Deutsch, der seit 2005 im Scheffel-Förderpreis für das Berufsvorbereitungsjahr und das Berufseinstiegsjahr eine wichtige Ergänzung gefunden hat. Seit 2006 wird der Scheffel-Preis als einziger Deutsch-Förderpreis auch an den deutschen Auslandsschulen vergeben.

Joseph Victor v. Scheffel

Joseph Victor v. Scheffel; Photographie aus dem Jahr 1876
© Museum für Literatur am Oberrhein

Das Museum für Literatur am Oberrhein verfolgt den einzigartigen Ansatz, das literarische Leben einer Region - eben des Oberrheingebiets (Baden, Rheinland-Pfalz, Elsass, deutschsprachige Schweiz) - von seinen frühmittelalterlichen Anfängen bis hin zur Gegenwart grenzüberschreitend zu dokumentieren. Anhand regionaler Beispiele werden die Grundzüge der verschiedenen literarischen Epochen exemplarisch veranschaulicht, was das Museum für Literatur am Oberrhein zum idealen Lernort macht, um das literaturgeschichtliche Orientierungswissen von Schülerinnen und Schülern zu festigen und zu vertiefen.
Neben der Dauerausstellung werden im Museum regelmäßig Sonderausstellungen gezeigt. Ausstellungsthemen waren bisher z. B. "Die Bücher des Stahlberg-Verlags", "Gustav Landauer", "Otto Flake", "Badische Literatur 1806-2006" oder "50 Jahre Suhrkamp-Verlag".

Das Museum für Literatur am Oberrhein bietet für jugendliche Besucher eine engagierte Betreuung. Angeboten werden ein selbständiges Begehen der Ausstellungen des Museums mit Hilfe des "Acustiguide" (16 Exemplare) und Arbeitsblättern (vgl. AB 1 ), Überblicksführungen durch das gesamte Museum, Führungen unter spezifischen thematischen Aspekten, Workshops zu mit der Lehrkraft vereinbarten Themen und Schreibkurse ("Kreatives Schreiben").

Der

Der "Büchernarr" in Sebastian Brants "Narrenschiff" (1494)
© Museum für Literatur am Oberrhein

Angeschlossen an das Literaturmuseum sind die Oberrheinische Bibliothek und das Scheffel-Archiv. Die auch durch einen Online-Katalog erschlossene Oberrheinische Bibliothek umfasst ca. 8.000 Bände Primär- und Sekundärliteratur sowie zahlreiche Zeitschriften. Den Grundstock des Scheffel-Archivs bildet der umfangreiche Nachlass Joseph Victor v. Scheffels: Manuskripte, Reiseskizzen, Notiz- und Tagebücher, Zeichnungen und Aquarelle sowie die erhaltene Korrespondenz des Dichters. Darüber hinaus bewahrt das Scheffel-Archiv wertvolle Erstausgaben, Handschriften, Briefe und Dokumente von über 150 Schriftstellern auf (darunter Johann Heinrich Jung-Stilling, Johann Peter Hebel, Oskar Loerke, Hans Arp, Max Barth, Hermann Hesse, Marie Luise Kaschnitz, Reinhold Schneider, Ernst Jünger, Georg Friedrich Jünger, Paul Celan, Walter Helmut Fritz und Martin Walser), eine umfangreiche Sammlung von Zeitungsausschnitten zur Geschichte der badischen Literatur und schließlich ein Archiv mit Tonaufnahmen von Dichterlesungen seit den 1960er Jahren. Im so genannten "Tonkabinett" der Literarischen Gesellschaft, das in das Museum integriert ist, können Besucher die seit 1995 veranstalteten Lesungen (über 400 an der Zahl), Autoreninterviews sowie weitere literarische Tondokumente direkt abrufen.

Schriftstellerin Marie Luise Kaschnitz

Die Schriftstellerin Marie Luise Kaschnitz wurde 1901 in Karlsruhe geboren; Teile ihres Nachlasses werden vom Museum für Literatur am Oberrhein archiviert.
© Museum für Literatur am Oberrhein


Nicht zuletzt sei darauf hingewiesen, dass sich bei einem Besuch des Literaturmuseums in hervorragender Weise Fächer übergreifende Unterrichtsansätze verfolgen lassen. Im ersten Obergeschoss des PrinzMaxPalais ist das Karlsruher Stadtmuseum beheimatet, das auf nahezu 800 Quadratmetern drei Jahrhunderte Karlsruher Stadtgeschichte präsentiert. Damit nicht genug steht das PrinzMaxPalais selbst mit wichtigen Stationen der deutschen Geschichte in engstem Bezug. Zunächst legt das PrinzMaxPalais als gründerzeitlicher Monumentalbau Zeugnis ab vom Repräsentationsbedürfnis und Lebensstil der bürgerlichen Oberschicht im Kaiserreich, dann war es ab 1900 Wohnsitz des Prinzen Max von Baden (1918 letzter Reichskanzler des kaiserlichen Deutschlands), und von 1951 bis 1969 fungierte es als Sitz des Verfassungsgerichts der jungen Bundesrepublik Deutschland.

Der Eintritt in das Museum für Literatur am Oberrhein und die vom Museum angebotenen Betreuungsprogramme sind frei. Aufgrund seiner zentralen Lage in der Karlsruher Innenstadt ist das PrinzMaxPalais auch aus allen Richtungen sehr gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar, so dass dem Besuch des Museums keine organisatorischen Probleme entgegenstehen dürften.


2. Geschichte

PrinzMaxPalais

1881-1884
Erbauung des heute als "PrinzMaxPalais" bekannten Gebäudes durch den Architekten Josef Durm im Auftrag des Bankiers a. D. August Schmieder

Villa Schmieder,

Die Villa Schmieder, vor 1896.
© Stadtarchiv Karlsruhe

1899
Verkauf der "Villa Schmieder" an Prinz Max von Baden

1918
Max v. Baden wird von Kaiser Wilhelm II. zum Reichskanzler ernannt.

Prinz Max von Baden mit Ehefrau Marie-Luise und den beiden Kindern Marie Alexandra und Berthold

Prinz Max von Baden mit Ehefrau Marie-Luise und den beiden Kindern Marie Alexandra und Berthold
© Stadtarchiv Karlsruhe


1929
Nach dem Tod Max von Baden wird die Handelskammer für die Kreise Karlsruhe und Baden neuer Besitzer des Gebäudes.

1944
Zerstörung der gesamten Inneneinrichtung des PrinzMaxPalais durch Brandbomben

1951-1969
Das PrinzMaxPalais dient dem Bundesverfassungsgericht als Sitz.

Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Aufnahme aus dem Jahr 1968
© Stadtarchiv Karlsruhe

1969
Erwerb des PrinzMaxPalais durch die Stadt Karlsruhe. Das Gebäude wird zunächst der Pädagogischen Hochschule zur Verfügung gestellt.

1977/81
Umbau des PrinzMaxPalais zum städtischen Kulturzentrum (Karlsruher Kinder- und Jugendbibliothek, Städtische Galerie, Stadtgeschichtliche Sammlung, Karlsruher Kommunales Kino "Kinemathek")

1997/98
Umzug der Städtischen Galerie ins ZKM und Einzug der Literarischen Gesellschaft (Scheffelbund) und des Museums für Literatur am Oberrhein in das PrinzMaxPalais



Literarische Gesellschaft (Scheffelbund) und Museum für Literatur am Oberrhein

1924
Gründung des "Deutschen Scheffel-Bundes" in Heidelberg

1926
Eröffnung des "Scheffel-Museums" im Bibliotheksbau des Karlsruher Schlosses

1928
erstmalige Vergabe des "Scheffelpreises" an einen Abiturienten

1931
Dem Scheffelbund gehören 1.614 Mitglieder an.

1932
Umzug von Scheffelbund und -museum in das "Haus Solms" (Bismarckstr. 24)

1936
Erweiterung des Scheffelmuseums um das "Badische Dichtermuseum"

1939
Angliederung des Scheffelbundes an das "Reichswerk Buch und Volk"; Eröffnung der Museumsabteilung "Lebende Dichter um den Oberrhein"

1944
Der Scheffelbund muss seine Aktivitäten kriegsbedingt einstellen.

1946
Neugründung des Scheffelbundes als "Volksbund für Dichtung, vormals Scheffelbund"

1965
Umzug des Scheffelbunds und des literarischen Museums in die Röntgenstraße 6; Umbenennung des Museums in "Oberrheinisches Dichtermuseum"; die moderne Gegenwartsliteratur findet im Veranstaltungsprogramm des Volksbunds für Dichtung zunehmende Berücksichtigung.

1972
Umbenennung des Volksbunds für Dichtung in "Literarische Gesellschaft (Scheffelbund)"

1998
Umzug der Literarischen Gesellschaft und des Dichtermuseums (neue Bezeichnung: "Museum für Literatur am Oberrhein") in das PrinzMaxPalais

2000
erstes "Karlsruher Literaturforum"

2002
Literarische Gesellschaft wird Herausgeberin der Literaturzeitschrift "allmende"; Einrichtung eines digitalen Autorenverzeichnisses ( www.autoren-bw.de)

2005
erstmalige Vergabe des Scheffel-Förderpreises

2006
erstmalige Vergabe des Scheffel-Preises an deutschen Auslandsschulen

2008
Der Literarischen Gesellschaft gehören mehr als 6.000 Mitglieder an; Neugestaltung des Literaturmuseums.

Nähere Informationen vgl. D 1


3. Anlage

Das Museum für Literatur am Oberrhein im PrinzMaxPalais Karlsruhe befindet sich im 2. Obergeschoss des PrinzMaxPalais und verfügt über zwei große Ausstellungsräume und zwei Kabinette, die Joseph Victor v. Scheffel und Johann Peter Hebel gewidmet sind.

Im Raum 1, von dem aus man zu allen anderen Räumen weitergeführt wird, befinden sich die Ausstellungsabteilungen "Mittelalter", "Humanismus", "Barock", "Das Jahrhundert der Aufklärung", "Sturm und Drang", "Heidelberger Romantik" und "19. Jahrhundert".
Jeder dieser Abteilungen sind Informationstafeln, Schauvitrinen für die Ausstellungsobjekte, Hörtexte und z. T. Ölgemälde zugeordnet. Weiter befinden sich in Raum 1 zwei PC-Arbeitsplätze: PC-Arbeitsplatz 1 bietet Kindern die Möglichkeit, auf ihr Alter zugeschnittene Informationen über das Museum für Literatur am Oberrhein sowie die Schriftkultur und Literatur des Mittelalters abzurufen, an PC-Arbeitsplatz 2 können sich Schülerinnen und Schüler der Oberstufe Kenntnisse über literarische Avantgarden erarbeiten.

Raum 1 des Museums

Raum 1 des Museums für Literatur am Oberrhein mit den beiden PC-Arbeitsplätzen; im Hintergrund das Scheffel-Kabinett.
© Museum für Literatur am Oberrhein

Raum 2 ist dem 20. Jahrhundert gewidmet und präsentiert die Themenfelder "Die Moderne und ihre Gegenströmungen", "Bücherverbrennung, Exil und innere Emigration" sowie die Literaturszene der Oberrheinregion nach 1945.

René Schickele auf der Rheinbrücke zwischen Kehl und Straßburg,

René Schickele auf der Rheinbrücke zwischen Kehl und Straßburg, um 1930.
© Museum für Literatur am Oberrhein

Optisch dominiert wird Raum 2 von zwei großen Ölbildern (164 x 218 cm) Friedrich August Pechts: "Schiller nach der Erstaufführung der Räuber von 1782, vor dem Hoftheater in Mannheim", ursprünglicher Titel: "Friedrich Schiller verlässt nach einer Aufführung im Mai 1782 in Begleitung von Henriette von Wolzogen und Luise Vischer das Mannheimer Theater und wird Gegenstand einer Ovation des Publikums" (1865), und "Die Faust-Lesung Goethes am Karlsruhe Hof in Gegenwart Klopstocks" (1860).

Schiller verlässt nach einer Aufführung im Mai 1782 das Nationaltheater Mannheim

Schiller verlässt nach einer Aufführung im Mai 1782 das Nationaltheater Mannheim. Ölgemälde Friedrich August Pechts aus dem Jahr 1865.
© Museum für Literatur am Oberrhein

Der Scheffel-Raum (zur Karlsstraße hin) gibt, wenn auch auf kleinem Raum, lebendige und eindrückliche Impressionen vom Leben Joseph Victor v. Scheffels (1826-1886). Um Scheffel, dessen Name heute vielleicht nur dank des nach ihm benannten Scheffel-Preises noch nicht in Vergessenheit geraten ist, entwickelte sich schon in den Jahren vor der Reichsgründung ein regelrechter Scheffel-Kult. Der Großherzog von Baden erhob Scheffel 1876 in den erblichen Adelsstand, und Scheffel selbst inszenierte sich in seiner Radolfzeller Villa "Seehalde" zunehmend als "Dichterfürst". All dies lässt sich von Schülern anhand von Informationstafeln, Manuskripten, verschiedenen Werkausgaben, Büsten, Ölbildern, Photographien, Möbelstücken und den verschiedensten Objekten aus dem Nachlass v. Scheffels sehr gut nachvollziehen.

Der Scheffelraum im Museum für Literatur am Oberrhein

Der Scheffelraum im Museum für Literatur am Oberrhein. Der Eichenholzschrank wurde Scheffel anlässlich seines 50. Geburtstags von der Karlsruher Handwerker-Innung zum Geschenk gemacht.
© Museum für Literatur am Oberrhein

Die Raummitte des Johann-Peter-Hebel-Raums nimmt der Original-Schreibtisch des Dichters ein. Der Dokumentation von Hebels (1760-1826) Leben dienen mehrere Informationstafeln, zahlreiche Werkausgaben Hebels (auch in übersetzter Form), Originalbriefe, eine Hebel-Büste und Bildobjekte verschiedenster Art. In den Hebelraum ist das Tonkabinett der Literarischen Gesellschaft integriert, das zahlreiche Autorenlesungen, Autoreninterviews und weitere literarische Tondokumente dokumentiert.

Der Schreibtisch Johann Peter Hebels

Der Schreibtisch Johann Peter Hebels
© Museum für Literatur am Oberrhein


Dem Museum angeschlossen sind die Oberrheinische Bibliothek und das Scheffel-Archiv (nähere Informationen).

Das Tonkabinett

Das Tonkabinett archiviert mehr als 400 Lesungen, die im Museum für Literatur am Oberrhein seit 1995 stattfanden.
© Museum für Literatur am Oberrhein


Eine detaillierte Beschreibung des Aufbaus der Dauerausstellung des Museums für Literatur am Oberrhein mitsamt einer Auflistung der vorhandenen Informationstafeln und Exponate bietet D 2 .

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Karlsruhe -