Das kalte Herz, Märchen von Wilhelm Hauff

Hintergrundinformationen

Geschichte

6. Wilhelm Hauff (1802 bis 1827) – ein Dichter der Spätromantik

Wilhelm Hauff

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Bildnis von Wilhelm Hauff auf der Anzeigetafel der Glashütte von Buhlbach © Foto Ludwig Hanisch

Die Romantik mündet ein in die Biedermeierzeit
Die Romantik als literarische Epoche ist anzusiedeln im ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts, also etwa zwischen 1793 und 1835. In Romanen, Erzählungen, Gedichten und Dramen wird stets die Sehnsucht nach dem Verlorenen, vor allem nach der verlorenen Harmonie des Menschen mit der Welt artikuliert.

Dies zeigt sich dem romantischen Schriftsteller im Verlust der religiösen Weltordnung, die sich in der allgemeinen Säkularisierung manifestiert oder in der neu entstehenden Arbeitswelt, die in der Industrialisierung und Rationalisierung den Menschen seiner Grundwerte beraubt. Dem romantischen Dichter wird somit das Mittelalter zur Projektionsfläche seiner Wünsche und Sehnsüchte.

Der kulturgeschichtliche Terminus „Romantik“ umfasst aber auch viel Widersprüchliches, sodass ein gemeinsamer Nenner nicht leicht zu finden ist. Die Geschichtsforschung unterscheidet Frühromantik, Hochromantik und Spätromantik. Die Frühromantik ist dadurch gekennzeichnet, dass Literatur in intellektuellen Kreisen zum Gegenstand geselliger Erörterungen wurde. In der Hochromantik lag der Schwerpunkt auf der Beschäftigung und Auseinandersetzung mit der Geschichte, der Mythologie und der Philosophie. Es ist die große Zeit der Sammlung von Volksliedern und Märchen (Brüder Grimm). In der Spätromantik profiliert sich mit den Dichtern Ludwig Uhland, Justinus Kerner, Gustav Schwab, Wilhelm Hauff und Eduard Mörike Württemberg (Schwaben) als literarische Landschaft.

Außer den territorialen Verschiebungen durch Napoleon wurden mit dem Wiener Kongress 1815 die alten Zustände, die zunächst einmal durch die französische Revolution durchbrochen wurden, wiederhergestellt.

Den Autoren dieser Epoche war aber klar, dass diese Restauration nicht so bleiben würde, und sie empfanden in dieser Zeit deshalb die Menschen als in ihrem Lebensgefühl Zerrissene, wie es in dem beschriebenen Märchen vom kalten Herzen auch zum Ausdruck kommt. Etliche Autoren waren geprägt von einer konservativen bis reaktionären Grundhaltung. Industrialisierung und Urbanisierung ließen den Wunsch und Gedanken nach einfachem, harmonischen Leben aufkeimen und der christlichen Sichtweise gesellte sich die pantheistische hinzu.

Der Schriftsteller Wilhelm Hauff:
Im 17. Jahrhundert

Die Familie Hauff verließ in den Religionskriegen und Wirren des 17. Jahrhunderts ihren niederösterreichischen Landadelssitz und suchte Zuflucht im protestantischen Württemberg.

Im 18. Jahrhundert
Der Großvater Wilhelms
, Johann Wolfgang Hauff (1721 – 1801), war Landschaftskonsulent (Rechtsberater) des Herzogs von Württemberg. Wilhelm Hauff setzte ihm in seiner Novelle „Jud Süß“ ein Denkmal und zwar in der Person des Lanbeck.
Der Vater Wilhelms, Friedrich August Hauff (1772-1809), zunächst Regierungssekretär, machte sich der württembergischen Regierung verdächtig und wurde neun Monate auf dem Asperg gefangengehalten. Nach seiner Rechtfertigung wurde er Sekretär am Oberappellationstribunal in Tübingen. 1808 bekam er den Posten eines Geheimen Ministerialsekretärs im Ministerium für auswärtige Angelegenheiten in Stuttgart, wo er ein Jahr später starb.
Die Mutter Wilhelms, Hedwig Wilhelmine, geb. Elsäßer (1773 –1845), war die Tochter des damals berühmten Juristen und Professors in Erlangen Karl Friederich Elsäßer, dem späteren Rat am Obertribunal in Tübingen. Die bereits im Jahr 1808 früh verwitwete Frau hatte vier Kinder zur Welt gebracht, zwei Söhne und zwei Töchter. Der um zwei Jahre ältere Bruder Wilhelms, Hermann Hauff, setzte nach dem frühen Tod seines Bruders dessen begonnene redaktionelle Tätigkeit fort.
Wilhelm Hauff wurde am 29. November 1802 in Stuttgart geboren.
1806 Übersiedlung nach Tübingen.
1808 erneute Rückkehr nach Stuttgart.
1809 zweite Übersiedlung nach Tübingen, wo der Großvater Karl Friederich Elsässer lebte.
Bis 1817 war er Schüler des dortigen Gymnasiums, der Schola Anatolica.
Von 1817 an besuchte er die Klosterschule in Blaubeuren, da er auf Wunsch der Mutter Theologe werden sollte.
1820 nahm er an der Universität in Tübingen das Studium der Theologie und der Philologie auf und wohnte im „Stift“.

Während seiner Universitätsjahre verliebte er sich 1823 in seine Cousine Luise, die er am 13. Februar 1827 heiratete.
Am 27. Oktober 1824 hatte Hauff sein Studium als Magister und Doktor der Philosophie beendet. Die Meinung über seine Fähigkeiten hatten sich geändert, so dass ihm ein Verwandter, Konsistorialrat Klaiber, riet, sich auf die Erlangung einer Professur vorzubereiten.
1825 bestand er seine letzte theologische Prüfung.
1824 bis 1826 war Hauff Hauslehrer für die Kinder des württembergischen Generals und Kriegsratspräsidenten von Hügel.

In den Ferien 1826, die er auf den Gütern des Vaters von Frau Hügel verbringen durfte, entstand die Rahmenerzählung „Die Karawane“ zu den Märchen, die im „Märchen-Almanach auf das Jahr 1826 für Söhne und Töchter gebildeter Stände“ gesammelt sind. Sie sind gekennzeichnet von hohem Einfühlungsvermögen in die orientalische Lebensweise.

1827 erschien der zweite Band des Märchenalmanachs mit der Rahmenerzählung „Der Scheich von Alessandria und seine Sklaven“. In ihm verließ Hauff den rein orientalischen Handlungsraum und übernahm einige andere europäische Märchen.
Am 10. November gebar seine Gattin eine Tochter mit Namen Wilhelmine.

Am 18. November 1827 erlag Hauff, kaum 25 Jahre alt, einer tückischen Krankheit (Nervenfieber), Folge einer nichtbeachteten Erkältungskrankheit, die er sich bei dem Begräbnis eines Stuttgarter Freundes zugezogen hatte.
1828 erschien nach seinem Tod der 1827 entstandene dritte Band des Märchenalmanachs mit der Rahmenerzählung „Das Wirtshaus im Spessart“. Dieser Band greift europäische Sagenstoffe auf, die geschickt in die Märchenhandlung und mit ihr verwoben sind.
„Das kalte Herz“ ist in zwei Teilen in die Rahmenerzählung „Das Wirtshaus im Spessart“ eingefügt.

Urbild aller Erzählkunst ist die erzählende Großmutter umringt von Enkelkindern. Sie bestätigt gleichsam die Grundsituation des Erzählens als einer Begebenheit menschlichen Lebens. Durch seine Rahmenerzählungen schafft Hauff eine der erzählenden Großmutter vergleichbare Situation. Nun tritt gleichsam aus der Rahmenerzählung eine ausgewählte Person als Erzähler in den Mittelpunkt und die anderen in der Rahmenerzählung erwähnten und agierenden Personen werden zu den Angesprochenen. Der Erzähler redet nicht zu einer fremden großen Menge hin, sondern zu bereits dem Leser bekannten Personen der Rahmenerzählung.

Erzählende Großmutter

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Erzählende Großmutter umringt von den Enkeln. Zeichnung von Ludwig Richter (1803 bis 1884).© Foto Ludwig Hanisch

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