Europa im Mittelalter - Lebenswelten in der Agrargesellschaft und Begegnungen mit dem Fremden

Kloster - Landesgeschichtliche Einordnung

Autorin: Maria Würfel (Arbeitskreis RP Stuttgart)

Mit insgesamt etwa 800 nachweisbaren Klöstern gehört Baden-Württemberg zu den klosterreichsten deutschen Bundesländern. Es handelt sich allerdings zum größeren Teil um aufgehobene Klöster, deren Bausubstanz sich teilweise nur in Resten, häufig jedoch fast ungestört erhalten hat.

Klöster haben die Landesgeschichte entscheidend geprägt. Gemäß dem benediktinischen Gebot „ora, labora et studia“ widmeten sie sich nicht nur dem Gebet als Dienst an Gott, sondern auch der praktischen Arbeit und der wissenschaftlichen Bildung. In der landwirtschaftlich geprägten Arbeit errangen die Mönche unvergleichliche Verdienste in der Kultivierung von Land in der Rodung und in der Züchtung neuer und ertragreicher Obstsorten; in den Skriptorien entstanden wertvolle Handschriften, die antikes und theologisches Gedankengut weiter überlieferten. Nicht vergessen werden dürfen auch ihre Verdienste in der Sozialfürsorge bei der Pflege von Alten, Armen und Kranken. In der Neuzeit schließlich leisteten die Klöster des Landes maßgebliche Beiträge zur Förderung der Wirtschaft im Land.
Schließlich und endlich haben Klöster wie Hirsau oder St. Peter durch die Überlieferung ihrer frühen Schenkungsgeschichte (Codex Hirsaugensis und Rotulus Sanpetrinus) auch einen wichtigen Anteil an der Geschichtsschreibung des Landes.

Kloster Maulbronn, Luftaufnahme
Kloster Maulbronn
© LMZ #LMZ029514
Bebenhausen, Klosterkirche mit Dachreiter
Kloster Bebenhausen
© LMZ, #LMZ326111

Ein vollständiges Bild einer spätmittelalterlichen Klosteranlage bietet das ehemalige Zisterzienserkloster Maulbronn (Weltkulturerbe). Aber auch Klöster wie zum Beispiel Bebenhausen bei Tübingen, Bronnbach bei Wertheim oder Heiligkreuzthal bei Riedlingen geben Aufschluss über die Gestalt hoch- und spätmittelalterlicher Klosteranlagen. Für die Beschäftigung mit barocken Anlagen liefert das Gebiet zwischen Donau und Bodensee zahlreiche außerordentlich eindrückliche Beispiele.

Der Grund für die große Zahl gut erhaltener Anlagen ist häufig ihre Zweitverwendung: Die spätmittelalterlichen Mönchsklöster wurden nach der Aufhebung in der Reformation spätestens ab der Mitte des 16. Jahrhunderts im Herzogtum Württemberg zu Klosterschulen, den sog. Niederen Seminaren als Vorstufe für das Theologiestudium an der Landesuniversität Tübingen. Größere, die Anlagen stark verändernde Umbauten waren für diesen Verwendungszweck nicht notwendig.

Klosterkirche Heiligkreuztal von Westen
Klosterkirche Heiligkreuztal
© LMZ,
Ochsenhausen, Klosterkirche von Westen
Kloster Ochsenhausen
© LMZ, #LMZ008161

Die barocken Anlagen Oberschwabens, die erst mit der Säkularisation an das Großherzogtum Baden und das Königreich Württemberg fielen, wurden häufig im Sinne der wirtschaftlichen Produktivierung, wie sie die Aufklärung gefordert hatte, zu Krankenhäusern, Behinderteneinrichtungen, Gefängnissen oder Manufakturen umgewidmet. Auch da hielt sich - außer bei den Manufakturen - die bauliche Veränderung in Grenzen.

Im Bereich der Kurpfalz dagegen wurden die bereits im 16. Jahrhundert aufgehobenen Klöster (in Baden-Württemberg vor allem das Zisterzienserkloster Schönau) zunächst zu Fabrikationsstätten umgewandelt und bald abgerissen und durch zweckmäßigere Gebäude ersetzt.

Die Klosteranlagen, auch die heute noch besiedelten (wie z.B. das Zisterzienserinnenkloster Lichtenthal in Baden- Baden, die Benediktinerklöster Beuron im Donautal, Neresheim auf der Ostalb, Weingarten bei Ravensburg), sind durchweg auf Grund umfassender denkmalpflegerischer Bemühungen im Lande in gutem baulichem Zustand und eignen sich vortrefflich als historische Lernorte

 
- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Stuttgart -

 


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Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de

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