Hintergrundinformationen

Das Konstanzer Konzil 1414 - 1418: Krisenbewältigung und Kulturaustausch an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit

1.1 Bedeutung

Das Konstanzer Konzil 1414 – 1418 war ein vielschichtiges Ereignis, das sowohl in der Kirchengeschichte wie in der politischen und Kulturgeschichte bedeutsame Spuren hinterlassen hat, die teilweise noch bis in die Gegenwart hineinreichen.
Für die überregionale Geschichte bedeutsam wurde es als Kongress der geistlichen und weltlichen Gesandten aus allen Teilen Europas, der die Einheit der katholischen Kirche wieder herstellte, als Umschlagplatz für die Ideen des Humanismus und der Renaissance, durch den Machtzuwachs, den die Eidgenossenschaft infolge ihrer Territorialgewinne aus österreichischem Besitz nach der Ächtung Herzog Friedrichs IV. von Österreich erlangte, durch den Aufschwung, den die tschechische Nationalbewegung nach der Verbrennung von Johannes Hus und Hieronymus von Prag nahm und durch die danach folgenden Hussitenkriege.

Neben der Vermittlung historischer Strukturen und Entwicklungen, wie sie die Bildungspläne für die weiterführenden Schularten vorrangig ausweisen, bildet die Befassung mit geschichtlichen Ereignissen eine wertvolle Ergänzung des Unterrichts, weil sie mit ihrem narrativen Charakter die Unterschiede früherer und heutiger Lebensformen konkret und anschaulich erfahrbar machen.

Nie zuvor in der Geschichtsschreibung ist ein Großereignis des Mittelalters, wie das Konstanzer Konzil eines war, so detailliert in Text und Bild aus alltagsgeschichtlicher Perspektive dargestellt worden wie in der zeitgenössischen Chronik des Konstanzer Bürgers Ulrich Richental. Ausschnitte aus der Chronik gewähren lebensnahe Einblicke in die Herrschafts-, Alltags-, Kultur- und Mentalgeschichte jener Epoche am Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. Sie machen deutlich, wie stark kirchliche Strukturen und Vorgänge mit politischen verknüpft waren und den Alltag prägten. Andere Quellen vermitteln Erkenntnisse darüber, mit welchen stadtrechtlichen Regelungen die Versorgung der zahlreichen Konzilsgäste sichergestellt wurde, wie der italienische Humanist Poggio Bracciolini als Augenzeuge der Verbrennung von Hieronymus von Prag diesen Weggefährten des böhmischen Reformators Johannes Hus bewertet und welches Bild von Hus Rainer Maria Rilke 1897 in seinem Gedicht „Vision“ entwirft.

Die Debatten und Dekrete des Konzils bleiben aufgrund ihrer Komplexität und Lehrplanferne mit Ausnahme des Dekretes Haec sancta, mit dem sich das Konzil über den Papst stellt, ausgespart.

Bezüge des Themas zum Bildungsplan ergeben sich für das Gymnasium in Klasse 7 und 10, in der Realschule in Klasse 6, in der Haupt-/Werkrealschule in Klasse 9, in der Grundschule in Klasse 4. Die hier dargebotenen Materialien eignen sich für den Unterricht in den Sekundarstufen I und II, besonders für Projektunterricht. In der Grundschule dienen sie als Informationsquellen für die Lehrenden. In ihrer Gesamtheit vermitteln sie ein abgerundetes Bild des Konzilsgeschehens in seinen verschiedenen Facetten. Je nach Altersstufe, Unterrichtsziel und –zeit können sie auch selektiv eingesetzt werden. Die Arbeitsblätter lassen sich durch Kürzung, Änderung oder Herstellung eigener dem gewünschten Schwierigkeitsgrad anpassen.


1.2 Geschichte

1378 Beginn des großen Schismas, der Kirchenspaltung durch gleichzeitige Amtsausübung von zwei, seit 1409 von drei Päpsten

1413 Einberufung eines Konzils nach Konstanz zur Beendigung des Schismas, zur Bekämpfung der Häresie und zur Reform der Kirche an Haupt und Gliedern auf Druck des deutschen Königs Sigismund durch Papst Johannes XXIII. in Lodi

Herbst 1414 bis Frühjahr 1415 Anreise der Konzilsteilnehmer

5.11.1414 Eröffnung des Konzils

25.12.1414 Eintreffen König Sigismunds in Konstanz

6.4.1415 Mit dem Dekret Haec sancta stellt sich das Konzil über den Papst

29.5.1415 Papst Johannes XXIII. wird vom Konzil abgesetzt

4.7.1415 Papst Gregor XII. dankt ab

6.7.1415 Johannes Hus wird zum Ketzer verurteilt und verbrannt

15.7.1415 Aufbruch König Sigismunds nach Südfrankreich zu Papst Benedikt XIII.

30.5.1416 Hieronymus von Prag wird zum Ketzer verurteilt und verbrannt

18.4.1417 König Sigismund belehnt den Burggrafen von Nürnberg, Friedrich von Zollern, mit der Mark Brandenburg auf dem Konstanzer Obermarkt

26.7.1417 Das Konzil setzt Papst Benedikt XIII. ab, damit ist der Weg zur Wahl eines neuen Papstes frei

8.11.1417 Beginn des Konklaves im Kaufhaus am Konstanzer Hafen

11.11.1417 Wahl des Römers Otto Colonna zum Papst (Martin V.)

22.4.1418 Abschluss des Konzils, Abreise der Teilnehmer

Eine ausführliche Darstellung des Konzilsverlaufs findet sich im Materialteil.

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