Alamannenmuseum Ellwangen

Methodenvorschlag

I. Arbeitsmaterialien

Die folgenden Arbeitsmaterialien und ihre Erläuterungen gehören zu 6 Themen, die für die Lernorterschließung (genaue Auflistung siehe dort) vorgeschlagen werden.
Ausgewählt wurden in erster Linie Exponate, die als Bildquellen (B) eingestuft werden, und Rekonstruktionen (R), ferner Textquellen (T). Die Informationen zu den Materialien umfassen auch Hinweise auf das weitere Umfeld der Materialien, um für die Bearbeitung durch unterschiedliche Schularten genügend Basisinformationen für alle zu geben.


Zu Thema 1:
Inszenierung um das Deckengemälde von Zöbingen
( B 1  ):

Inszenierung um das Deckengemälde von Zöbingen

Inszenierung um das Deckengemälde von Zöbingen
© Archäologisches Landesmuseum BW


Die Inszenierung zeigt in einer Kopie aus einem Deckengemälde in der Wallfahrtskirche von Zöbingen im Zeitkolorit des Barock die Auffindung des ersten alamannischen Baumsarges im Jahre 1161 oder 1261. Die so genannten Totenbäume waren im 6. und 7. Jh. bei den Alamannen üblich. Es handelt sich um längsgespaltene, ausgehöhlte Eichenstämme, die auf dem Deckel häufig mit einer doppelköpfigen Totenschlange verziert wurden. Die Schlange galt wegen ihrer jährlichen Häutung als Symbol der Unsterblichkeit. Der Baumsarg wurde - laut einer Inschrifttafel in der Sakristei von Zöbingen - entdeckt, als ein Reiter mit seinem Pferd plötzlich in einem Hohlraum versank. Als man ihn befreite und nachgrub, fand man "einen ausgehauenen trog, wie man den deig darinnen knethen thut". Er enthielt ein Kästchen mit Münzen, Totenköpfe und drei Äpfel. In Erinnerung daran vervollständigen eine Kopie eines Baumsarges und drei Äpfel die Inszenierung.

Die SchülerInnen erkennen, dass ein Zufallsfund, den die Zeitgenossen gar nicht richtig einordnen konnten, am Anfang der Beschäftigung mit alamannischen Bodenfunden steht.
Die SchülerInnen erfahren den heutigen wissenschaftlichen Umgang damit aus der Bearbeitung der für die Sekundarstufe I bestimmten Publikation des Verbandes der Landesarchäologen (vgl. Lit.Verz. Nr.9).


Zu Thema 2:
Rekonstruktion eines Grubenhauses
( R 1 ):

Rekonstruktion eines Grubenhauses

Rekonstruktion eines Grubenhauses
© Archäologisches Landesmuseum BW

Das Einsenken der Webhütten in den Boden war für die Leinenherstellung notwendig, denn die Faser brauchte eine feuchte Umgebung, damit sie geschmeidig blieb. Daran hatte sich bis ins 19./20. Jh. (vgl. die so genannten Weberdunken) nichts geändert. Gearbeitet wurde an einem senkrecht stehenden Gewichtswebstuhl. Die Webgewichte aus Stein oder Ton dienten zum Spannen und Anheben der Kettfäden. Da die organische Substanz der hölzernen Rahmen und der Fasern zumeist vergangen ist, fanden die Archäologen in den ehemaligen Webhütten in der Regel nur die Webgewichte in Reihe auf dem Boden liegend. Das Weben war ebenso wie die Herstellung der Garne und das Nähen Aufgabe der Frauen - allerdings wohl nicht der adligen. So fand man z. B. im Herrenhof von Mittelhofen / Lauchheim keine Webhütte.

Die SchülerInnen erproben in der begehbaren Rekonstruktion der Webhütte das Funktionieren des Gewichtswebstuhls.
Die SchülerInnen erkunden außerdem die Bauweise des Grubenhauses.

Die ebenfalls im AM nachgebaute Holzwerkstatt dokumentiert den hohen Stand des holzverarbeitenden Handwerks der Schreiner, Drechsler und Böttcher. Obwohl Holz ein vergänglicher Werkstoff ist, lässt sich aufgrund der in grundwasserführenden Bodenschichten erhaltenen Überreste nachweisen, dass die Schreiner alle Gegenstände des täglichen Lebens herstellen konnten und vor allem für die Verzierungen an Möbeln mit Drechslern kooperierten, sofern sie nicht ohnedies beide Handwerke selbst beherrschten. Die Herstellung von Daubengefäßen wie Eimern und Fässern, Kannen und Bechern oblag dem Böttcher, der sich zur Verzierung seiner Gefäße häufig Beschläge aus Bronze vom Feinschmied herstellen ließ.

Das Schmiedehandwerk war in allen Zweigen bei den Alamannen hoch entwickelt und angesehen. Man unterschied die Feinschmiede, die sich vor allem mit Bronzeguß beschäftigten, die Eisenschmiede, die bereits die Kunst der Herstellung der Damaszenerklingen beherrschten, und die Goldschmiede. Auf welch hohem Standard letztere schon um das Jahr 600 waren, wurde erst kürzlich (2000/2001) durch das Experiment des Nachbaus der Goldscheibenfibel aus Grab 66 von Mittelhofen / Lauchheim nachgewiesen.


Goldscheibenfibel ( B 2  ):

Goldscheibenfibel aus Grab 66

Goldscheibenfibel aus Grab 66
© Archäologisches Landesmuseum BW

Die Funktion von Fibeln oder Gewandspangen bestand im Zusammenhalten von Kleidungsstücken, da man Knöpfe noch nicht kannte. Für ihre Trägerin oder ihren Träger hatten sie aber auch eine Schmuckfunktion. Dies erklärt deren oft aufwändige Gestaltung wie die der Filigran-Goldscheibenfibel, die im Grab einer etwa 45 Jahre alt gewordenen Adeligen aus Mittelhofen / Lauchheim gefunden wurde.

Um ein Zentrum sind Ringe angeordnet, die durch Segmente unterteilt werden. Auf die Ringe wurden unterschiedlich geformte Drähte in kunstvoller Ornamentik aufgelötet. Die Segmente sind durch Stege strukturiert (die aber nicht zur Aufnahme von Steinen bestimmt waren). Die Anordnung der Teile erfolgte so, dass sich um das Zentrum die deutlich erkennbare Form eines Kreuzes ergab. So ist dieses Schmuckstück auch ein Zeugnis für die Christianisierung der Alamannen (vgl. Thema 6).

Die SchülerInnen entdecken die kunstvolle Gestaltung der Fibel durch genaues Beobachten selbst.

Folgende Zusatzinformation dient der Konkretisierung des hohen technischen Standards der alamannischen Goldschmiede: Beim Nachbau der Fibel ergab sich, dass nicht nur eine große künstlerische, sondern auch eine enorme technische Leistung vorlag: Abgesehen vom Zeitaufwand für die wissenschaftliche Erforschung brauchte der moderne Goldschmied eine reine Arbeitszeit von 100 Stunden. Alle Schmuckdrähte mussten eigens für das Stück hergestellt und dann aufgelötet werden: Der alamannische Goldschmied hatte auf die kleine Fläche der Fibel (Durchmesser 5,8 cm) 4 m der zuvor von ihm selbst gestalteten Drähte (0,35 bis 0,5 mm "Dicke") aufgelötet.

Das hoch entwickelte Handwerk stand im Dienst einer Agrargesellschaft. Im AM wird der hohen Bedeutung der Landwirtschaft durch einen eigens dafür eingerichteten Ausstellungsraum und den Nachbau eines Getreidespeichers (vgl. Bild) im Museumshof Rechnung getragen. Die Rekonstruktion macht vor allem für sehr junge SchülerInnen die Frage der Lagerung von Vorräten spannend erlebbar, besonders durch die am Speicher erkennbaren Versuche, das Eindringen von Mäusen durch Stelzenbau und das Einschieben von flachen Steinen, den sog. Mäusesteinen, (vgl. Bild ) zu verhindern.

Wichtigste Getreidearten waren Gerste, Dinkel und Hafer. Angebaut wurde für den Eigenbedarf. Allerdings fanden sich im Herrenhof von Mittelhofen / Lauchheim vier Speichergebäude, so dass anzunehmen ist, dass auf den großen Flächen dieses Hofes Überschussproduktion betrieben wurde.


Zu Thema 3:
Inszenierung Reihengräberfeld
( B 3  ):

Inszenierung Reihengräberfeld

Inszenierung Reihengräberfeld
© Archäologisches Landesmuseum BW

In der 2. Hälfte des 5. Jh.s trat die Sitte der Reihengräberbestattung bei den Alamannen, aber auch bei anderen germanischen Stämmen, auf. Es handelt sich um kontinuierlich belegte Friedhöfe mit west-ost ausgerichteten Gräberfeldern. Der Friedhof von Mittelhofen / Lauchheim im Gebiet "Wasserfurche" wurde von ca. 460/70 bis 680 genutzt. Auf ihm wurden 1308 Gräber freigelegt. Damit ist er der größte bisher gefundene alamannische Friedhof.

Die Inszenierung konkretisiert am Beispiel der Beigaben aus vier Gräbern - zwei Frauen-, zwei Männergräbern - wie die soziale Stellung der Bestatteten an Qualität und Quantität der Gegenstände abgelesen werden kann. Zugrunde gelegt ist dabei das in der Archäologie übliche System der Qualitätsgruppen, in dem von A- bis D-Gräbern unterschieden wird:

A1: beigabenlose Gräber

A2: wenige und einfache Beigaben

B: deutliche Zunahme in Männergräbern vor allem an Waffen, in Frauengräbern an Schmuck

C: weitere Steigerung der Beigaben an Quantität und Qualität; in Männergräbern kommt z. B. das Pferdegeschirr hinzu, das den Verstorbenen als Reiterkrieger ausweist; bei Frauen nehmen der Wert des Schmuckes und die Beigaben wertvoller Gegenstände wie z. B. importierter Glasgefäße zu.

D: Die Beigaben sind vor allem in Materialwert und Ausführung noch aufwändiger als die in den C-Gräbern.

Die SchülerInnen beschreiben die Beigaben in den vier Bestattungen der Inszenierung.
Die SchülerInnen ordnen sie dem System der A- bis D-Gräber zu.

In den Beigaben spiegelt sich auch der fränkische Einfluss nach der Unterwerfung der Alamannen. Zur Konkretisierung dienen die folgenden beiden Textquellen. Sie zeigen die Härte der Unterwerfung (vgl. T 1 ) und charakterisieren den Ango, eine typisch fränkische Waffe (vgl. T 2 ), die von den Alamannen übernommen wurde und sich in zahlreichen Gräbern findet.


Aus einem Brief Theoderichs an Chlodwig nach der Unterwerfung der Alamannen ( T 1 ):

Textauszug aus einem Brief Theoderichs an Chlodwig nach der Unterwerfung der Alamannen

© Zitiert nach: Quellen zur Geschichte der Alamannen, Bd. II, S.102 (vgl. Lit.Verz. Nr.6)

Der Ostgotenkönig Theoderich ermahnt in seiner Rolle als Verwandter den Frankenkönig, gegenüber den ins ostgotische Gebiet geflüchteten Alamannen Milde walten zu lassen. Der Brief ist in den Variae Cassiodors überliefert. Nur aus diesem Schreiben wissen wir von der zweiten alamannischen Niederlage (506) gegen die Franken.

Flavius Magnus Aurelius Cassiodorus stammte aus höchstem senatorischem Adel und war seit 506/7 in hohen Ämtern im Dienst König Theoderichs tätig. Als sein Geheimsekretär kannte er dessen Politik und amtlichen Schriftwechsel. In den Variae sind die von Cassiodor zwischen 507 und 537 verfassten amtlichen Schreiben des Königs gesammelt.


Bericht über den Ango aus der Zeitgeschichte des Agathias zum Jahr 554 ( T 2 ):

Bericht über den Ango aus der Zeitgeschichte des Agathias zum Jahr 554

© Zitiert nach: Quellen zur Geschichte der Alamannen, Bd. II, S.91 (vgl. Lit.Verz. Nr. 6)

Agathias berichtet von einem Kriegszug germanischer Verbündeter gegen Ostrom im Jahr 554 in Italien. Dabei schildert er auch die Bewaffnung der daran beteiligten Franken, vor allem den Ango, der offensichtlich wegen seiner verheerenden Auswirkungen für den Verwundeten besonderen Schrecken bei den Zeitgenossen ausgelöst hatte. Der Bericht des Agathias ist die einzige literarische Nachricht über den Ango, der sonst nur aus Grabfunden bekannt ist.

Agathias (536-582) stammte aus Myrina in Kleinasien und war Jurist, Dichter und Historiker. Er verfasste u. a. eine Zeitgeschichte. Vollendet wurden nur die Jahre 552-558.


Zu Thema 4:
Das Schmuck-Ensemble der Langobardin
( B 4  ):

Schmuck-Ensemble einer Langobardin

Schmuck-Ensemble einer Langobardin
© Alamannenmuseum Ellwangen, Konrad Rainer

Um das Jahr 500 kamen Angehörige anderer Stämme in das alamannische Gebiet. Ab der Mitte des 6. Jh.s waren es vielfach Langobarden. Sie wanderten in dieser Zeit von Pannonien (heute Niederösterreich / Westungarn) nach Italien aus. Manche von ihnen zogen weiter, manche blieben am Ort wie z. B. eine langobardische Frau, die - für damals hoch betagt - mit etwa 60 Jahren bald nach dem Jahr 567 in Mittelhofen starb. Der in ihrem Grab gefundene Schmuck wirft Fragen über ihr Schicksal auf.

Das Schmuck-Ensemble umfasst

  • Zwei Bügelfibeln, jede 11,9 cm, künstlerisch so gestaltet, wie es bei den Langobarden üblich war; diese Fibeln wurden meist als Gegenstück zum Gürtelgehänge getragen und dienten zum Zusammenhalten des Rockes. Beide Stücke zeigen Spuren des langen Tragens. Die Frau hatte sie wohl mit ihrer Volljährigkeit noch in Pannonien bekommen.
  • Zwei S-Fibeln, mit denen das Oberteil des Kleides zusammengehalten wurde; die Schmuckform des "S" könnte auch einen stark stilisierten Vogel darstellen.
  • Eine Gürtelschnalle; sie ist vom langen Tragen schon stark abgenützt und beschädigt; es handelt sich um eine Adlerkopf-Schnalle, wie sie bei den Ostgoten üblich war, und wird auf das Jahr 520 datiert.

Ostgotischer Schmuck - langobardischer Schmuck - Bestattung im alamannischen Mittelhofen:

  • War die Frau ostgotischer Abstammung?
  • Wurde sie langobardisch verheiratet?
  • Verließ sie Pannonien erst, als sich der ganze Stamm Richtung Italien bewegte, oder schon früher?
  • Gibt es noch andere Möglichkeiten, wie sie in den Besitz der kostbaren Stücke gekommen sein könnte (Kauf, Geschenk aus Beutegut, Hochzeitsgeschenk)?

Vermutlich haben ihr diese Stücke sehr viel bedeutet, da sie als vornehme Frau diese schon abgenutzten Schmuckstücke bis ins hohe Alter trug.

Die SchülerInnen beteiligen sich an der Suche nach möglichen Antworten.
Die SchülerInnen erkennen, dass es zwar nicht möglich ist, die Fragen mit Sicherheit zu beantworten, dass man aber sehr wohl menschlichen Schicksalen, die sich hinter dem Fundgut verbergen, ein wenig nachgehen kann.


Zu Thema 5:
Goldener Siegelring
( B 5  ):

Goldener Siegelring

Goldener Siegelring
© Archäologisches Landesmuseum BW

Der Ring (um 660/680) wurde im Grab eines adeligen Kriegers auf dem Friedhof Lauchheim-Wasserfurche gefunden. Material (Gold) und Größe (Gewicht 12,58 g, Durchmesser der Ringplatte 1,9 cm) machen ihn über seine Funktion als Siegelring hinaus auch zum Statussymbol. Außerdem ist er durch die auf dem Ring wiedergegebene Symbolik ein wichtiges Zeugnis für die Christianisierung der Alamannen (vgl. Thema 6).

Die Beigaben der Adelsgräber (vgl. Thema 3) umfassen nicht nur die Waffen (Kurzschwert / Sax, Langschwert / Spatha, Lanze, Widerhakenlanze / Ango, Schild), sondern auch andere Ausstattungsgegenstände wie z. B. reich verzierte Schwertgürtel und das Pferdegeschirr. Etwa 5 % der Bevölkerung konnten es sich leisten, dem Toten auch das Reitpferd mitzugeben, das ganz in der Nähe des Grabes ebenfalls beigesetzt wurde.

Goldscheibenfibeln waren das vorherrschende Statussymbol der adeligen Frauen, begleitet von silbernen Haarnadeln, Ohrringen, Perlenketten, Ringen, Amulettanhängern. Kostbare Bronzegefäße und Gläser - in Frauen- und in Männergräbern - spiegeln die Lebenswelt einer Oberschicht, die sich über den Fernhandel diese Wertobjekte ebenso beschaffte wie Brokatstoffe und Seidengewebe.

Spielsteine (vgl. Bild ) und Spielbrett weisen darauf hin, dass sich die Angehörigen dieser sozialen Gruppe auch Freizeit gönnen konnten. Einige der kostbaren Fundstücke wie z. B. das Goldgriffschwert aus Villingendorf (vgl. Bild ) könnten auch Ehrengeschenke fremder Herrscher an alamannische Kleinkönige (reguli) gewesen sein. Die meisten der Luxusartikel stammten jedoch aus dem Fernhandel.

Der Reichtum, der die Beschaffung derart aufwändiger Statussymbole ermöglichte, kam nicht allein aus der Landwirtschaft. Vielmehr beruhte er auf der Verarbeitung der Braunjura-Erze (Bohnerze). Dies gilt für die gesamte Ostalb und wird auch durch Funde im Bereich von Mittelhofen / Lauchheim (Reste von Eisenschlacke, Roherzbrocken und Bohnerzknollen) bestätigt.

Die SchülerInnen erkennen aus dem Fundgut, dass die Oberschicht der Alamannen in der im AM dokumentierten Zeit bereits einen hohen kulturellen und zivilisatorischen Standard besaß.
Den SchülerInnen wird bewusst, dass es innerhalb der alamannischen Gesellschaft starke soziale Unterschiede gab, die man aus dem Vorhandensein oder Fehlen von Beigaben ablesen kann. Da die unteren Schichten ihre Toten beigabenlos bestatteten, ist über die Lebenswelt dieser Gruppen wenig bekannt. Nur über ihre rechtliche Stellung kann man einiges aus Pactus und Lex Alamannorum (vgl. Lit.Verz. Nr.7) entnehmen.


Zu Thema 6:
Goldblattkreuze
( B 6  ):

Goldblattkreuze

Goldblattkreuze
© Archäologisches Landesmuseum BW

Seit dem Ende des 6. Jh.s treten in Mittelhofen / Lauchheim christliche Zeugnisse auf, bei denen die Kreuzform nicht als bloße Schmuckform, sondern bewusst als ein christliches Symbol eingesetzt wurde. Dazu gehören die aus Goldfolie geschnittenen Goldblattkreuze. Sie wurden, auf ein Tuch aufgenäht, dem Verstorbenen über das Gesicht gelegt. Diese Bestattungssitte stammte ursprünglich aus dem langobardischen Italien. Der zu Mittelhofen gehörige Friedhof ist die reichste Fundstätte von Goldblattkreuzen nördlich der Alpen.
Es gibt völlig unverzierte Stücke, und solche, die mit abgepressten Ornamenten versehen wurden (links im Bild). Bei der Darstellung des bärtigen Gesichts (rechts oben) könnte es sich sowohl um eine Christusdarstellung als auch um ein Wodanbild handeln. In diesem Fall würde ein interessantes Dokument des Synkretismus (siehe unten) vorliegen. Die Darstellung von weiteren Kreuzen auf dem Goldblattkreuz (rechts unten) ist ein singulärer Fall.


Goldscheibenfibel mit Kreuzesdarstellung ( B 7  ):

Goldscheibenfibel mit Kreuzesdarstellung

Goldscheibenfibel mit Kreuzesdarstellung
© Archäologisches Landesmuseum BW

Zentrales Schmuckelement ist das Kreuz, das durch den blauen Glasstein im Zentrum und die vier Almandine zwischen Filigranornamentik hervorgehoben wird. Unter diesem Aspekt ähnelt die Fibel der Goldscheibenfibel B 2. Die gestalterische Betonung der Kreuzform ist in beiden Fällen so ausgeprägt, dass man sie als christliche Zeugnisse interpretieren darf.


Goldene Kreuzfibel ( B 8  ):

Goldene Kreuzfibel

Goldene Kreuzfibel
© Archäologisches Landesmuseum BW

Wegen ihrer großen Bedeutung sowohl als christliches Symbol als auch als Kunstwerk, verbunden mit einem hohen Materialwert (u.a. 54 Almandine, 4 Achate und eine antike Karneolgemme im Mittelpunkt) wurde von der Kreuzfibel eine nicht nur in der Form, sondern auch im Material identische Kopie im Römisch-germanischen Zentralmuseum in Mainz angefertigt. Die Fibel ist gestaltet nach dem in der frühchristlichen Kunst entwickelten Typus des Juwelenkreuzes (crux gemmata), einer Großform, die als Vortragekreuz diente.

Das Auftreten christlicher Symbole im Fundgut beweist zwar, dass dem Christentum schon ein bedeutender Stellenwert beigemessen wurde, aber es sagt nichts darüber aus, wie die einzelnen Personen mental zum Christentum standen und was sie von der germanisch-heidnischenTradition noch beibehalten hatten und praktizierten. Häufig wurden nach dem Befund der Beigaben beide miteinander verbunden; man spricht dann von Synkretismus.

Synkretistisch könnte die Christus-Wodan-Darstellung auf dem Goldblattkreuz sein, ebenso die Bildsprache des Siegelringes B 5: Der Träger dieses Ringes verband sein persönliches Heilszeichen, den stürzenden Hengst, mit unterschiedlichen Symbolen. Über ihm steht ein christliches Doppelkreuz, das von den ebenfalls christlich zu deutenden Symbolen von Sonne und Mond bzw. Alpha und Omega flankiert wird. Zu Füßen des Hengstes aber dürften die wellenartigen Bögen als Schlange zu deuten sein, dem germanisch-heidnischen Symbol der Unsterblichkeit (vgl. Baumsärge). Auch in Frauengräbern finden sich Zeugnisse des Synkretismus. So trug z. B. eine wohlhabende Frau am Kopftuch ein Bronzekreuz, aber am Gürtelgehänge hingen noch germanisch-heidnische Amulette.

Die SchülerInnen erarbeiten aus den künstlerischen Gestaltungselementen und der Kombination von Beigaben deren religionsgeschichtliche Aussage.
Die SchülerInnen erkennen aus dem Nebeneinander von christlichen und gerrmanisch-heidnischen Traditionen (Synkretismus) die Schwierigkeit des Übergangsprozesses.


II. Lernorterkundung

Die Erkundung des Lernorts AM folgt dem dreischrittigen Grundmuster, nach dem Lernorterschließungen grundsätzlich angelegt sind: Vorbereitungsphase, Arbeit vor Ort (Lernorterkundung i.e.S.), Nachbereitung. Die im folgenden Modell enthaltenen inhaltlichen und methodischen Vorschläge werden in ihrem Leistungsanspruch von der Lehrkraft den schulart- und altersstufenspezifischen Erfordernisse ihrer Lerngruppe angepasst (siehe auch Vorschläge in: Lernorterkundung Abschnitt B: schulartspezifische Ausgestaltung).

Der folgende Entwurf geht von einer Klassengröße von 30 SchülerInnen aus, die in maximal Fünfergruppen arbeiten. Auf die dafür notwendigen Teil-Themen zur Geschichte der Alamannen stößt man beim Planen der Lernorterschließung mit Hilfe des Museumsführers (vgl. Lit.Verz. Nr. 3). Die für die Geschichte der Alamannen bedeutsamen und zugleich für die SchülerInnen spannenden Aufgabenstellungen gehen von Einzelexponaten oder Exponat-Ensembles und Rekonstruktionen aus.

Die von den Gruppen erarbeiteten Themen werden am Schluss vor den Objekten im Plenum präsentiert. Vor der Gruppenarbeit sollte eine kurze überblicksartige Museumsführung (dafür stehen auf Wunsch Fachkräfte des Hauses zur Verfügung, die auch die Gruppen begleiten können) eingeplant werden. Gesamtarbeitszeit samt Führung maximal 3 Stunden - "ein Nachmittag im Museum".


Goldgriffschwert

Goldgriffschwert
Der Schwertgriff ist mit Goldblech umwickelt, wertvolle Schmuckelemente kommen hinzu. Es handelt sich um eine Prunkwaffe, die als Rangabzeichen eines Würdenträgers oder als Auszeichnung eines Gefolgsmannes diente. Goldgriffschwerter wurden bisher nur in einem eng begrenzten Gebiet zwischen Basel, Ulm und Wiesbaden gefunden. Dieses stammt aus einem Grab in Villingendorf bei Rottweil.
Bildnachweis: © Archäologisches Landesmuseum BW

Für die Gruppenarbeit (außer Sekundarstufe II) werden die folgenden Teil-Themen vorgeschlagen. Sie haben ein durchschnittliches Anspruchsniveau, um problemlos schulartspezifisch verändert werden zu können. Die zur Umsetzung notwendigen Materialien sind jeweils um ein zentrales Exponat oder ein kleineres Exponat-Ensemble gruppiert.

Themen für die Sekundarstufe I

Es handelt sich um insgesamt 6 Themen, deren Materialschwerpunkte sich zu je zweien auf die drei Ausstellungsebenen des Museums verteilen. So wird zugleich vermieden, dass sich die Gruppen bei der Arbeit gegenseitig behindern.


ERDGESCHOSS:
1. Thema:
Wie man die Alamannen fand und findet

Zielsetzung: In die Archäologie einführen.
Materialschwerpunkt: Inszenierung zum Zufallsfund von Zöbingen sowie
"Vorsicht Ausgrabung", hrsg. v. Verband der Landesarchäologen in der Bundesrepublik Deutschland, Stuttgart 2009 (vgl. Lit.Verz. Nr. 9, aus dem Bestand des Hauses, eventuell von da auch weitere Literatur).

2. Thema:
Landwirtschaft und Handwerk

Zielsetzung: Lebens- und Arbeitswelt im alamannischen Dorf darstellen.
Materialschwerpunkt: Begehbare Rekonstruktionen der Webhütte (des Grubenhauses), der Holzwerkstatt und des Getreidespeichers sowie die darin und im Raum 'Landwirtschaft' angeordneten Funde.

OBERGESCHOSS:
3. Thema:
Sozial- und Geschlechtergeschichte im Spiegel der Grabbeigaben

Zielsetzung: Die soziale Stellung der Bestatteten und die Rolle von Mann und Frau aus dem System der A- bis D-Gräber ablesen.
Materialschwerpunkt: Inszenierung Reihengräberfeld - vor allem Waffen, Schmuck und Gürtelgehänge.

4. Thema:
Als Langobardin unter Alamannen

Zielsetzung: Das menschliche Schicksal hinter den Grabbeigaben erahnen.
Materialschwerpunkt: Fund-Ensemble aus dem Grab einer etwa 60-jährigen Langobardin - vier Fibeln und eine Gürtelschnalle.

DACHGESCHOSS:
5. Thema:
Die Welt des Adels

Zielsetzung: Einblick in Lebensstandard und Lebensformen des alamannischen Adels aus den Funden gewinnen.
Materialschwerpunkt: Abteilung Adelsgräber - neben Waffen und Schmuck (Siegelring vgl. 6. Thema) kostbare Produkte des Fernhandels.

6. Thema:
Christianisierung

Zielsetzung: Relativ spätes Einsetzen der Christianisierung und lange synkretistische Übergangsphase erkennen; Ausbau dieser Thematik für die Sekundarstufe II.
Materialschwerpunkt: Abteilung Christianisierung - Goldblattkreuze, Kreuzfibel, Kreuze und Amulette aus Gürtelgehängen, Siegelring.


A. Modell der Durchführung

Vorbereitungsphase:

Aufgabe der Vorbereitungsphase ist es, den SchülerInnen vor allem jene Kompetenzen zu vermitteln, die sie zur Arbeit vor Ort befähigen. Für den Lernort archäologisches Museum gehört auch dazu, dass die Lernenden Einblick in wenigstens einige Grundsätze archäologischen Arbeitens bekommen (vgl. Lit.Verz. Nr.9). Bei entsprechender Einsatzbereitschaft können die SchülerInnen selbst im Internet, in Lexika und anderer Literatur recherchieren oder die Lehrkraft vermittelt das Vorwissen. Im Hinblick auf die Funde aus Mittelhofen wäre auch eine Einführung in die Grabungsgeschichte von Nutzen (siehe Abschnitt " Geschichte"). Daran könnte dann die Kurzführung im Museum anknüpfen.

Um die Museumsarbeit zeitlich und organisatorisch zu entlasten, empfiehlt es sich, die Themen (siehe oben) bereits in der Vorbereitungsphase bekannt zu geben und die sie bearbeitenden Gruppen zu bilden.

Spielsteine

Spielsteine
Nicht nur in Kindergräbern findet man Spielsteine wie diese. Sie wurden aus Knochen oder Glas gefertigt. Gelegentlich stößt man auch auf das dazu gehörige Spielbrett, so z.B .im Grab eines Mannes, dem außerdem seine Leier mitgegeben worden war. Der adelige Lebensstil bot offensichtlich auch Feiräume für Erholung und Spiel.
© Archäologisches Landesmuseum BW


Lernorterschließung i. e. S. (Arbeitsphase vor Ort):
Die Kurzführung am Anfang der Arbeit im Museum sollte eine Dauer von 20 Minuten nicht überschreiten. Sie hat nur die Aufgabe, den SchülerInnen eine Orientierungshilfe für die Erarbeitung ihrer Aufgaben zu bieten, ohne Details vorweg zu nehmen. Die genaue Beschäftigung mit einzelnen Exponaten gehört in die nachfolgende selbstständige Schülerarbeit.

Diese ist als arbeitsteilige Gruppenarbeit entsprechend der oben genannten Themenliste angelegt und orientiert sich an den Leitfragen. Im Zentrum der Arbeit steht das genaue Beobachten, unterstützt von den in der Vorbereitungsphase erworbenen Kenntnissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten.

Am Ende der Gruppenarbeit werden SprecherInnen bestellt, die die jeweiligen Ergebnisse direkt vor den Objekten (Visualisierung, Konkretisierung) dem Plenum vorstellen. Mit einer Frage-Runde an die einzelnen Gruppen endet die Lernorterschließung.


Nachbereitungsphase:
Gelingt es, vor Ort das gesamte Programm einschließlich der Schlussrunde zu realisieren, ist eine Nachbereitungsphase nicht mehr notwendig. Aus Zeitgründen oder auf Grund einer zu langsamen Arbeitsweise der SchülerInnen ist es aber möglich, dass das für den Lernort vorgesehene Programm nicht vollständig erfüllt werden konnte und eine Nachbereitung notwendig ist. Wenn die Lernorterschließung nicht zu lange zurückliegt, kann einfach die Frage-Runde nachgeholt werden. Sobald es sich aber um mehrere Tage handelt, muss die Vertiefung oder Erweiterung anders angestrebt werden. Denkbar ist für jüngere SchülerInnen der S I z. B. ein Alamannen-Quiz, in dem zentrale Begriffe, auf die sie während der Lernorterschließung gestoßen waren, spielerisch wiederholt werden. Ähnliches kann ein Lückentext leisten.
Bei älteren Schülern der SI empfiehlt es sich, von vorn herein die Möglichkeit einer umfangreicheren Nachbereitung einzuplanen, indem eine Schülergruppe mit einer Fotodokumentation beauftragt wird. Die Bilder werden dann in der Nachbereitung in einer kleinen Ausstellung - ergänzt durch Werbematerial aus dem Museum - von der Klasse z. B. im Foyer der Schule präsentiert.


B. schulartspezifische Ausgestaltung der Vorschläge

Grundschule:

Das Vorgehen in der Grundschule kann sich nur teilweise an dem obigen Modell orientieren. Für die Vorbereitung steht nicht die Sachinformation im Vordergrund, sondern die GrundschülerInnen werden mit einem Höchstmaß an Anschaulichkeit mit "der Alamannin" und "dem Alamannen" bekannt gemacht. Als Hilfsmittel dazu eignen sich Übernahmen sowohl aus dem Spiralheft gleichen Titels (vgl. Lit.Verz. Nr.4) als auch aus der CD, die sich in der Arbeitsmappe von Bertet und Meyenhofer (vgl. Lit.Verz. Nr.1) befindet.

Vor Ort bei der Lernorterkundung steht das Suchen und Zuordnen im Vordergrund; dabei könnte besonderer Wert gelegt werden auf

  • den Infoflur, wo die SchülerInnen akustisch der Alamannin und dem Alamannen begegnen, da deren fiktive Stimmen die Exponate in den Bullaugen der Fische und Vögel erklären;
  • die begehbaren Rekonstruktionen von Grubenhaus, Holzwerkstatt und Getreidespeicher zur Konkretisierung der Lebenswelt der Alamannen;
  • die Inszenierungen wie das Wohnhaus oder die Reihengräber.

Anschließend suchen dann die SchülerInnen unter den Exponaten Beispiele, die ursprünglich zur Ausstattung der rekonstruierten und inszenierten Orte gehörten und erkennen die hohe Bedeutung, die in der Überlieferung den Grabfunden zukommt.

Die Nachbereitung kann mit einer einfachen Form des Quiz erfolgen.


Hauptschule:

Es bietet sich an, mit HauptschülerInnen das AM unter einem technischen und gestalterischen Aspekt zu erschließen, da sie ja das Fach Geschichte nicht haben. Die Informationen der Vorbereitungsphase legen den Schwerpunkt auf die Bauweise der Wohn- und Wirtschaftsgebäude, das Textilhandwerk , den Umgang mit Holz und auf die Schmuckformen, die sich auf Metall- und Edelmetallarbeiten befinden.

Zierscheiben

Zierscheiben
Sie wurden von alamannischen Frauen an langen Bändern am Gürtelgehänge getragen, zusammen mit Amuletten und kleinen Gegenständen des alltäglichen Gebrauchs wie z. B. einem Kamm - so wie wir es heute aus Handtaschen kennen.
© Archäologisches Landesmuseum BW

Die Lernorterschließung konkretisiert die Informationen: Die SchülerInnen machen sich Notizen über die praktische Umsetzung und fertigen Zeichnungen.
Bevorzugte Arbeitsbereiche sind die begehbaren Rekonstruktionen. Anregungen für Schmuckformen werden in den Vitrinenbereichen gefunden. Mit der Feststellung des hohen Standards der handwerklichen und künstlerischen Leistungen am Beginn des Mittelalters wird den SchülerInnen zugleich eine historische Dimension bewusst gemacht.

Die Nachbereitungsphase ist in diesem Fall ein eigenständiger Schwerpunkt der praktischen Umsetzung wie z. B. das Bauen eines Hauses nach Art eines alamannischen Kornspeichers, etwa einsetzbar im Spielbereich des Schulhofes - Brettchenweben für Borten und Bänder (Anleitung dazu über eine Fachkraft des Museums möglich) - Gestaltung von eigenen Schmuckentwürfen nach Vorlagen aus dem Museum. Das Ganze kann mit einer Ausstellung abgeschlossen werden.


Realschule/Gymnasium (S I):

Während GS und HS kein eigenständiges Fach Geschichte haben und sich die Arbeitsziele an anderen Anforderungen der Schulart orientieren müssen, haben RS und GY Geschichte als Fach behalten. Die Alamannen können in Klasse 6 im Rahmen der Römischen Geschichte (Limes/Völkerwanderung) thematisiert werden.

Für diese Bedingungen ist das obige Modell der Lernorterschließung angelegt und kann damit unmittelbar für die Sekundarstufe I der beiden Schularten übernommen werden.

Grabbeigaben aus einem Frauengrab um 700
Zur Zeit der Bestattung dieser adeligen Frau hatte das Christentum schon längst einen bedeutenden Stellenwert unter den Alamannen. Beigaben verloren auf Grund der anderen Jenseitsvorstellungen ihren Sinn. Trotzdem finden sich noch um 700 Gräber der germanisch-heidnischen Tradition wie dieses mit seinem umfangreichen Schmuckbestand vom Herrenhof Mittelhofen - ein Beweis für den langen Übergangsprozess.

 

Gymnasium Sekundarstufe II (Kl.10):

Der Einsatz des AM auf der Sekundarstufe II ist möglich innerhalb des dritten Großabschnitts im Bildungsplan "Vielfalt und Einheit Europas" und zwar im Unterabschnitt "Formierung Europas im Mittelalter".

An der Dreischrittigkeit des Vorgehens kann grundsätzlich festgehalten werden, allerdings verlagern sich die Schwerpunkte. Die Vorbereitungsphase ist davon am meisten betroffen, denn sie wird im Folgenden zur Erarbeitungsphase für Fragen der Christianisierung und des Rechts im europäischen Frühmittelalter - Themen, die für das Verständnis dieser Epoche von großer Bedeutung sind. Die Lernorterschließung konzentriert sich dann auf die Beschaffung von Belegen. Die Nachbereitungsphase hat nur noch eine abschließende Funktion - z. B. durch eine Präsentation des Erarbeiteten. Angesichts der kleineren Lerngruppen auf der S II werden sich wohl je Thema nicht mehr als zwei Gruppen bilden.

Umsetzung der Themen auf der Sekundarstufe II
Der Abschnitt des Bildungsplans "Formierung Europas im Mittelalter" setzt mit der Erwähnung der Klöster und der fränkischen Herrschaft bereits das Auftreten des Christentums und die Unterwerfung der Alamannen durch die Franken voraus. Diese stillschweigenden Voraussetzungen können durch die Einbeziehung des AM von den SchülerInnen als Faktum realisiert werden. Durch das hohe Maß an selbstständiger Schülerarbeit in allen Phasen bekommt das Unternehmen Projektcharakter.

Für das Thema der Christianisierung eignen sich die SchülerInnen in der Vorbereitung durch Literatur-Recherche Folgendes an:

  • Auftreten des Christentums im Gefolge der Römer
  • Bischofssitze in römischen Städten
  • Reste von Kirchenbauten
  • christliche Grabsteine und Beigaben

Dies betrifft ab dem 4./5. Jh. das Gebiet links des Rheins und südlich der Donau in Bayerisch Schwaben.

Spuren der Christianisierung finden sich im Gegensatz dazu in Alamannien, rechts des Rheins und nördlich der Donau, erst später:

  • Fundgut mit christlichen Symbolen
  • ohne römischen Einfluss
  • Erdbestattung in der Tradition der Reihengräber
  • ohne Grabstein
  • jedoch mit Grabbeigaben
  • mit christlichen Symbolen
  • häufig Synkretismus
  • allmähliches Aufhören der Beigaben ab Ende 7.Jh.
  • statt Reihengräberfeldern Kirchhöfe ab etwa 700

Die Exponate, die anschließend im AM aufgesucht werden, belegen das aus der Literatur Gewonnene. Die SchülerInnen

  • erkennen auf den Beigaben die christlichen Symbole;
  • grenzen sie von den heidnischen ab;
  • werden sich dadurch des Synkretismus bewusst;
  • werden sich der Bedeutung der Beigaben für die Forschung bewusst sowie der Folgen, die das Ende der Beigabensitte für die Forschung hat.

Grundlage für das Thema des Rechts sind Pactus/Lex Alamannorum. Sie werden in Teilen in der Vorbereitungsphase erschlossen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Spiegelung der sozialen Hierarchie. Diese wird dann von den SchülerInnen im Museum vor allem an der Inszenierung des Reihengräberfeldes verifiziert, wo die soziale Schichtung in den Gräbertypen (A- bis D-Gräber) greifbar wird.

Genaueres zu den hier erwähnten Fakten finden Sie in den Materialerklärungen.


III. Behandlung des Themas in der Schule

Das Thema der Alamannen kann selbstverständlich auch im Klassenzimmer bearbeitet werden, verliert allerdings für die SchülerInnen viel von seiner Attraktivität. Denn auch die besten Reproduktionen, ja selbst die Animationen, können die Begegnung mit dem originalen Exponat im Museum und die Verdichtung historischer Erfahrungen am Lernort nicht ersetzen. Immerhin kann aber doch die DVD über den virtuellen Gang durch Mittelhofen (vgl. Verz. AV-Med. Nr.1) eine Hilfe sein.


Grundschule:
Das Ziel, den SchülerInnen die Alamannin und den Alamannen vorzustellen, kann beibehalten werden. Die oben genannte Vorbereitungsphase für die Lernorterkundung wird inhaltlich und zeitlich zum Hauptteil der unterrichtlichen Vermittlung ausgebaut. Da Suchen und Zuordnen von Sachüberresten am Lernort entfallen müssen, können an deren Stelle zur Vertiefung und Erweiterung Szenen aus der virtuellen Reise (vgl. Verz. AV-Med. Nr.1) ins alamannische Dorf treten. Eine zusätzliche, der Nachbereitung vergleichbare Vertiefung entfällt.

Alamannin in rekonstruierter Kleidung

Alamannin in rekonstruierter Kleidung
Die Frau trägt, was auf Grund von Grabungsbefunden eine wohlhabende Alamannin an Schmuck getragen haben dürfte: Ohrringe, Perlenkette, Fibel, Gürtel mit Beschlägen und Gehänge. Die Richtigkeit der übrigen Tracht bleibt weitgehend offen, da sich textile Reste nur selten erhalten haben.
© Archäologisches Landesmuseum BW

Hauptschule:
Die für die Lernorterschließung dargestellte handlungsorientierte Aufgabenstellung kann auch im Falle der Arbeit in der Schule beibehalten werden. Der Vor- und Nachbereitung entsprechende Arbeitsphasen bleiben erhalten. Den Augenschein im AM ersetzt wenigstens teilweise die DVD (vgl. Verz. AV-Med. Nr. 1), in der u. a. auch die Bauweise unterschiedlicher Haustypen vorgestellt wird. Muster für die Entwürfe von Schmuckformen können ersatzweise Abbildungen liefern.


Realschule/Gymnasium (S I):
Am stärksten betroffen von einer Verlegung in die Schule ist die Sekundarstufe I beider Schularten, denn im Klassenzimmer fehlt die enge Verknüpfung von archäologischen Informationen in der Vorbereitungsphase, Inszenierungen und Präsentationen im AM und die darauf abgestimmten Themen für die Gruppenarbeit.

Zu empfehlen ist, für die Arbeit in der Schule diese Themenliste als Grundlage für ein Stationenlernen einzusetzen. Hauptlieferant für das dazu notwendige Material ist der Museumsführer (vgl. Lit.Verz. Nr. 3). Er kann ergänzt werden durch Abschnitte aus den übrigen im Literaturverzeichnis genannten Titeln.


Gymnasium Sekundarstufe II (Kl.10):
Die Arbeit auf der Sekundarstufe II ist durch eine Verlegung des Unterrichts in die Schule wenig betroffen. Die unterrichtsbegleitende Literatur-Recherche, der schon als Teil der Vorbereitungsphase größere Bedeutung zugekommen war als der Arbeit am Lernort, bleibt erhalten, damit auch der Projektcharakter.

Da die Lernorterkundung in erster Linie Belege für das Erarbeitete liefern sollte, kann die Materialbeschaffung - wenn auch weniger ergiebig und motivierend - über Abbildungen erreicht werden oder über die Suche nach passendem Material in der Kreisbildstelle. Letzteres könnte auch zur Visualisierung in der abschließenden Präsentation eingesetzt werden.

 

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Stuttgart -



Der Text dieser Seite ist verfügbar unter der Lizenz CC BY 4.0 International
Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de

Bitte beachten Sie eventuell abweichende Lizenzangaben bei den eingebundenen Bildern und anderen Dateien.