Judenverfolgung im Nationalsozialismus

Methodenvorschlag

Lernorterkundung

Grundschule

Ein Besuch mit einer Grundschulklasse erscheint möglich mit einer Führung für diese Altersstufe. Es bietet sich vor allem das Fach Religion oder MNK an.
Der Schwerpunkt liegt dann auf dem Vergleich des wahrscheinlich bekannten christlichen Gotteshauses und des jüdischen Gotteshauses. Die Grundschulkinder benennen wesentliche Unterschiede oder stellen diese zeichnerisch dar. Eine Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus scheint jedoch erst in der Sekundarstufe sinnvoll.


Hauptschule/Realschule/Gymnasium (S I)

  • Vorbereitung der Lernorterkundung: Deutschland im Nationalsozialismus
  • Einstieg ins Thema "Judenverfolgung im Nationalsozialismus" mit dem Besuch der Synagoge

A. Besuch der Synagoge mit gebuchter Führung
Führung: ehemalige Synagoge und evtl. jüdischer Friedhof sowie der Gedenkort Synagogenstraße
Anschließende Erarbeitung im Unterricht ( AB 3 , AB 4 , AB 6 , AB 7 )

Als Vertiefung bietet sich ein Überblick über die Verfolgung der Juden in Deutschland mit einem Darstellungstext im Schulbuch, einem überblicksartigen Arbeitsblatt oder einer Recherche in LeMO, dem Internetangebot des Deutschen Historischen Museums Berlin ( www.dhm.de/lemo/html/nazi/antisemitismus/ausgrenzung/index.html) an.

Diese Ausweitung auf die Vorgänge in Deutschland liefert zusätzliche Informationen zu den Nürnberger Gesetzen von 1935, die in den in diesem Modul verwendeten Hechinger Zeitungsberichten nicht vorkommen. Beim Vergleich der Judenverfolgung in Deutschland und in Hechingen fällt jedoch die weitgehende Übereinstimmung auf, d. h. Hechingen kann durchaus als exemplarisches Beispiel für die zunehmende Diskriminierung, Ausgrenzung, Entrechtung und Enteignung der jüdischen Mitbürger herangezogen werden. Im Falle des Schwimmbadverbots für Juden hat Hechingen noch vor der Veröffentlichung der Nürnberger Gesetze die jüdischen Mitbürger zu 'Menschen minderen Rechts' erklärt.


B. Besuch der Synagoge ohne Führung:

  1. AB 1 Begegnung mit dem Lernort
    Schüler und Schülerinnen erkunden das äußere und innere Erscheinungsbild der restaurierten Synagoge ausgehend von Beobachtungsaufgaben. Sie formulieren ihre Eindrücke und die Wirkung auf sie und halten aus dieser Beobachtung entstehende Fragen und Hypothesen fest.

  2. AB 3 , AB 4 , AB 5 Erarbeitung im Unterricht/vor Ort.
    Unter der Leitfrage "Wie kam es zu dieser gewaltsamen Zerstörung?" können drei weitere Arbeitsblätter (Verhältnis von Juden und Christen bis 1933, Diskriminierung, Ausgrenzung, Entrechtung, Enteignung und Terror) im Unterricht oder - bei genügend Zeit, mit einer festen Schreibunterlage und bei noch vorhandener Konzentration - teilweise in der Synagoge bearbeitet werden.
    In der Regel wird an dieser Fragestellung im sich anschließenden Geschichtsunterricht gearbeitet, dazu können die Arbeitsblätter 3, 4 und 5 verwendet werden.

  3. AB 6 Ergebnissicherung und Reflexion
    Als Abschluss wird der 2001 angelegte Gedenkort vor der Synagoge besucht, die Bedeutung der Jahreszahlen erläutert und die Frage nach dem Sinn solcher Gedenkorte reflektiert.

Zusätzliche Möglichkeiten:

  1. Ausstellung "Lebensbilder" ( AB 10 )
    Bei ausreichend Zeit sollte die Ausstellung auf der ehemaligen Frauenempore, die Lebensbilder von jüdischen Persönlichkeiten oder Familien und deren Bedeutung für Hechingen zeigt, erkundet werden.
    Dies kann nach der "Besinnung" oder nach dem Besuch des Gedenkorts erfolgen.
  2. Bei genügend Zeit kann ein Blick auf das Kriegerdenkmal (5 Minuten Fußweg hinter der Stiftskirche) für die Gefallenen des Ersten und Zweiten Weltkriegs geworfen werden, das zur Illustration in das Arbeitsblatt "Verhältnis von Juden und Christen bis 1932" aufgenommen wurde.

Kriegerdenkmal

Kriegerdenkmal
© Christa Landwehr

  1. Ein Besuch des jüdischen Friedhofs wird zu Fuß (30 bis 40 Minuten) kaum mit einer Schulklasse zu machen sein.

Vertiefung und Ausweitung auf die nationale Geschichte

Mit dem Geschichtsbuch oder einer überblicksartigen Zusammenfassung der Judenverfolgung bis zum Holocaust kann ein Vergleich zur Entwicklung in Deutschland gezogen werden und aufgezeigt werden, dass das Schicksal der Hechinger Juden durchaus exemplarisch für das Schicksal aller Juden im Nationalsozialismus gesehen werden kann.

Die planmäßige Ermordung in den Vernichtungslagern sollte auf jeden Fall im Anschluss an das regionale exemplarische Beispiel im Geschichtsunterricht behandelt werden.

Weitere Vertiefungsmöglichkeiten:
Unter: www.alemannia-judaica.de/hechingen_friedhof.htm kann ein "virtueller Besuch" des jüdischen Friedhofs in Hechingen stattfinden. Besonders interessant erscheint der Zeitungsartikel über die Beerdigung von Arthur Fauser, dem im letzten Moment die Flucht aus dem nationalsozialistischen Deutschland gelungen war und der sich wieder in Hechingen niederließ.


Sekundarstufe II

  1. Auch Schülern und Schülerinnen der Oberstufe sollte eine Erkundung der restaurierten Synagoge und die Formulierung eigener Eindrücke, wenn auch in kürzerer Zeit, ermöglicht werden ( AB 1 ).
  2. Die Erarbeitung des Verhältnisses von Juden und Christen ab 1933 erfolgt ebenfalls über die Auswertung von Zeitungsberichten, allerdings unter Betrachtung der gesamten Entwicklung ( AB 8 ).
  3. Die Perspektivität des Berichts über die Pogromnacht in den "Hohenzollerischen Blättern" wird explizit herausgearbeitet durch die Kontrastierung zu dem Bericht des jüdischen Augenzeugen Carl Hamburger ( AB 9 ).
  4. Die Aufarbeitung der Vergangenheit sollte auf dieser Stufe besonderes Augenmerk haben und kann evtl. vertieft werden durch den Film "Die Rückkehr der verlorenen Bürger" (vgl. AB 6 ).
    Unter: www.alemannia-judaica.de/hechingen_friedhof.htm kann ein "virtueller Besuch" des jüdischen Friedhofs in Hechingen stattfinden. Besonders interessant erscheint der Zeitungsartikel über die Beerdigung von Arthur Fauser, dem im letzten Moment die Flucht aus dem nationalsozialistischen Deutschland gelungen war und der sich wieder in Hechingen niederließ.

Behandlung des Themas in der Schule

Hauptschule/Realschule/Gymnasium (S I)

  1. Einstieg ( AB 11 )
    Die Begegnung mit dem historischen Lernort erfolgt über ein Medium, z. B. Tageslichtprojektor oder Beamer.
    Nach der Wiedergabe der Informationen, die dieser Überrest und die Hinweistafel liefert, werden Hypothesen über mögliche Ereignisse oder sich ergebende Fragen formuliert.
  2. Erarbeitung ( AB 3 , AB 4 (S. 1, evtl. 2), AB 5 )
    Die Erarbeitung thematisiert zunächst die Integration der jüdischen Mitbürger in die bürgerliche Gemeinde bis 1932. ( AB 3 )

    Der Schwerpunkt der Erarbeitung liegt jedoch auf der zunehmenden Verfolgung der jüdischen Bürger Hechingens auf der Grundlage von Zeitungsberichten, d. h. von veröffentlichten und damit überall bekannten Berichten. ( AB 4 , AB 5 )
    Den Schülerinnen und Schülern sollte bewusst werden, dass die dezidiert parteiische Berichterstattung eine Folge der Gleichschaltung der Presse war.
  3. Ausweitung und Vertiefung
    Durch den Vergleich mit der Darstellung der Judenverfolgung im eingeführten Schulbuch oder einem von mehreren Verlagen angebotenen zusammenfassenden Arbeitsblatt oder einer Recherche in LeMO, dem Internetangebot des Deutschen Historischen Museums Berlin ( www.dhm.de/lemo/html/nazi/antisemitismus/ausgrenzung/index.html) kann die Frage nach der Exemplarität der Entwicklung in Hechingen geklärt werden. Neben der Vergleichbarkeit der wichtigsten Vorgänge werden die Schülerinnen und Schüler feststellen, dass in die Arbeitsblätter keine Zeitungsartikel zu den Nürnberger Gesetzen oder zur Pflicht des Tragens des Judensterns aufgenommen wurden. Der Inhalt der Nürnberger Rassegesetze und die Bedeutung für die jüdischen Mitbürger, vor allem auch für zum Christentum konvertierte Menschen jüdischer Abstammung, sollte noch ergänzend behandelt werden. Es wird durch diesen Vergleich aber auch deutlich, dass Hechingen mit dem Schwimmbadverbot zeitlich noch vor den Nürnberger Gesetzen die Degradierung der Juden zu Bürgern minderen Rechts vollzogen hat.
  4. Reflexion und Gegenwartbezug ( AB 6 , evtl. nur als Folie):
    Präsentation der Gedenktafel mit Jahreszahlen in der Synagogenstraße mit Hilfe von Medien (Tageslichtprojektor oder Beamer)
  5. Weiterführung:
    Der Holocaust, d. h. die Deportation der europäischen Juden in die Vernichtungslager und die planmäßige Ermordung von ungefähr sechs Millionen Menschen jüdischen Glaubens oder jüdischer Abstammung sollte im Anschluss an dieses Unterrichtsmodul behandelt werden.

Sekundarstufe II

Die Behandlung des Themas im Unterricht der Sekundarstufe II kann zunächst dem Vorschlag für die Sekundarstufe I folgen.

  1. Einstieg ( AB 11 )
    Die Begegnung mit dem historischen Lernort erfolgt über ein Medium, z. B. Tageslichtprojektor oder Beamer.
    Nach der Wiedergabe der Informationen, die dieser Überrest und die Hinweistafel liefert, werden Hypothesen über mögliche Ereignisse oder sich ergebende Fragen formuliert.
  2. Erarbeitung ( AB 8 , AB 9 )
    Der Schwerpunkt der Erarbeitung liegt auf der Auswertung von propagandistischen Zeitungsberichten. Bei der Behandlung der Pogromnacht sollte auf jeden Fall ein Textvergleich des Zeitungsberichts mit dem Augenzeugenbericht eines jüdischen Mitbürgers durchgeführt werden (AB 9).

Selbständige Recherchen im Internet, z. B. unter www.alemannia-judaica.de/hechingen_synagoge.htm, haben in dieser Altersstufe größere Bedeutung, ebenso die Frage nach dem Umgang mit der Vergangenheit und der Schwierigkeit einer angemessenen Erinnerungskultur. Der Film "Die Rückkehr der verlorenen Bürger der Stadt Hechingen" kann in diese Problematik einführen.
Alemannia-judaica bietet unter der oben genannten Internetadresse auch Auskunft über den jüdischen Friedhof Hechingens und bietet anschauliches Bildmaterial.


- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Tübingen -

 


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Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de

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