Vorwort zu den Unterrichtsmodellen zu Nationalsozialismus - Verfolgung

1. Leitgedanken

 

Bereits in den Leitgedanken der Bildungsstandards der Grundschulen wird die Bedeutung des systematischen Aufspürens, Erkundens, Beschreibens und Dokumentierens für eine Auseinandersetzung mit der Heimat im weiteren historischen Kontext hervorgehoben. Der Erwerb dieser vor allem methodischen, verbunden mit sozial-personalen Kompetenzen könnte in Klasse 4 nur mit Einschränkungen durch eine vorsichtige, altersgemäße, am Schicksal einzelner Personen und an Einzelereignissen orientierten Annäherung an Gedenkstätten zur nationalsozialistischen Verfolgung gefördert werden.

Deutlicher führen die Leitgedanken der Bildungsstandards der anderen Schularten über auch konkrete fachlich-inhaltliche Bezüge (Kompetenzen und Inhalte der Klasse 9 bzw. 10, im Gymnasium auch der Kursstufe 12) zu den Lernorten nationalsozialistischer Verfolgung.

Methodische und fachspezifische Kompetenzen stehen im Vordergrund, wenn sowohl in der Hauptschule-Werkrealschule (Fächerverbund Welt-Zeit-Gesellschaft) als auch in der Realschule (Geschichte) und im Gymnasium (Geschichte) die besondere Bedeutung der Beschäftigung mit Beispielen, Themen und Zeugnissen der Lokal- und Regionalgeschichte betont und der konkrete Bezug zu lebensnahen Fallbeispielen (Hauptschule-Werkrealschule), zu außerschulischen Lernorten (Realschule) und zu lokalgeschichtlich relevanten Personen, Ereignissen, Quellen und Zeitzeugen (Gymnasium) hergestellt wird.

Eine zweite Schiene auch im Bereich sozial-personaler Kompetenzen erschließt sich durch die Betonung des entdeckenden und problemorientierten Unterrichts, des Vergleichs historischer Erfahrung mit der eigenen Lebenssituation (Hauptschule-Werkrealschule), der Selbstorganisation der Lernprozesse und der Bewährung in verschiedenen Sozialformen (Realschule) ebenfalls schulartenübergreifend, da auch in den Leitgedanken und stufenspezifischen Hinweisen des Gymnasiums die Förderung von Selbstständigkeit, Selbstverantwortung und sozialem Handeln innerhalb und außerhalb des Unterrichts sowie der Einsicht in den Wert einer pluralistischen und demokratischen Gesellschaftsordnung besonders hervorgehoben wird.

Durch den Besuch von Gedenkstätten nationalsozialistischer Verfolgung im lokalen und regionalen Umfeld und die selbstständige, selbstorganisierte, projektorientierte Arbeit vor Ort bzw. die Arbeit mit Materialien zu diesen Lernorten können historische Ereignisse konkret erfahrbar gemacht, aber auch eine generalisierende Betrachtung ermöglicht, methodische Kompetenzen gefördert und in besonderer Weise die eigenständige Urteilsbildung, die Sensibilisierung für das Schicksal anderer und für ihr eigenes Handeln sowie die Wertorientierung der Schülerinnen und Schüler gestärkt werden.

In der Kursstufe des Gymnasiums baut der Unterricht auf den in der Sekundarstufe I erworbenen Kompetenzen auf, d.h. dass bei gewachsener Abstraktionsfähigkeit eine thematische Vertiefung mithilfe von altersangemessenen komplexen Kategorien angestrebt wird. Die projektorientierte Arbeit in und mit Gedenkstätten nationalsozialistischer Verfolgung kann insbesondere zur Stärkung der fachspezifischen methodischen (z.B. Quellen- und Archivarbeit), der fachlich-inhaltlichen (historische Dimensionen der nationalsozialistischen Verfolgung, Geschichtsbewusstsein) sowie der sozial-personalen Kompetenzen (Offenheit, Verantwortung, soziales Handeln) beitragen.

 

Thomas Hagen (Arbeitskreis RP Karlsruhe)

 

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Karlsruhe -