Portlets für "Die Stauffenberg-Erinnerungsstätte im Alten Schloss Stuttgart" verwalten

Hintergrundinformationen

1. Bedeutung

Am 15. November 2006 wurde im Archivbau des Alten Schlosses in Stuttgart die Erinnerungsstätte für die Brüder Claus und Berthold Graf Stauffenberg feierlich eröffnet: an jenem Ort, an dem die Familie des württembergischen Oberhofmarschalls Alfred Schenk Graf von Stauffenberg zwischen 1909 und 1919 lebte. Stuttgart war die Heimatstadt der Brüder. Hier wuchsen sie auf, hier gingen sie zur Schule, hier erfuhren sie die Prägungen, die sie auf ihr Leben als Erwachsene vorbereiteten.

Neben Führungen und Workshops bilden die auf dem Landesbildungsserver angebotenen Lehr- und Lernmaterialien ein weiteres Vermittlungselement, die Schulklassen einen eigenständigen Zugang zur Ausstellung bieten sollen. 

Das Thema Widerstand gegen den Nationalsozialismus ist in Baden-Württemberg für alle Schularten bildungsplanrelevant. Die Beschäftigung mit dem Umsturzversuch vom 20. Juli 1944 ist zudem ein wichtiges Element der staatsbürgerlichen Bildung, verweist sie doch auf ein durchaus positives Element der demokratischen Traditionsbildung in der Bundesrepublik. Eine solche Beschäftigung kann jedoch nicht ohne ein kritisches Hinterfragen der Intentionen erfolgen. Vor einseitigen Vereinnahmungen und vorschnellen Konstruktionen muss gewarnt werden. Allerdings erscheint gerade der Aspekt der “umstrittenen Erinnerung“ an den 20. Juli 1944, die Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Formen der Interpretation und Aneignung ausgesprochen lehrreich. Der Umgang mit der Erinnerung ist daher ebenfalls ein wichtiger Bestandteil der präsentierten Handreichungen, die sich an alle Schularten richtet.
Ein modularer Aufbau der Arbeitsblätter soll eine individuell unterschiedliche und zugleich flexible Aneignung der Ausstellung ermöglichen. Deshalb werden sowohl Arbeitsblätter für Einzelarbeit als auch für Gruppen angeboten.


2. Geschichte

Berthold Schenk Graf von Stauffenberg

1905
Am 15. März wird Berthold Graf Stauffenberg als erster Sohn des königlich württembergischen Stallmeisters Alfred Graf Stauffenberg im Stuttgarter Marstall geboren. Die Mutter Caroline, eine Hofdame und eine Freundin der Königin, stammt ebenso wie der Vater aus einer alten adeligen Familie.

1913-1923
Berthold Graf Stauffenberg und sein Zwillingsbruder Alexander besuchen das Stuttgarter Eberhard-Ludwigs-Gymnasium und legen dort das Abitur ab.

1923
Der Dichter Stefan George nimmt Berthold Graf Stauffenberg in den Kreis seiner engsten Vertrauten auf.

Stefan George mit Claus und Berthold Graf Stauffenberg, Berlin 1924

B 2 Stefan George mit Claus und Berthold Graf Stauffenberg, Berlin 1924
© Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Berlin


1923-1927
Sein Jurastudium führt Stauffenberg an die Universitäten Heidelberg, Jena, Tübingen, Berlin und München, um schließlich in Tübingen das Erste Juristische Staatsexamen abzulegen.

1929
Sein Referendariat unterbrach Berthold Graf Stauffenberg für eine Doktorarbeit und -prüfung in Völkerrecht. Da sich Pläne, Diplomat zu werden, zerschlugen, arbeitete der Jurist ab März in Berlin beim Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht.

1931-1933
Berthold Graf Stauffenberg wechselte in die Verwaltung des Ständigen Internationalen Gerichtshofs in Den Haag.

1934
Nach dem deutschen Völkerbundsaustritt ging der Graf an das Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Berlin zurück.

1936
Berthold Graf Stauffenberg heiratet seine langjährige Freundin Maria Claasen.

1939
Als Seekriegsrechtsspezialist wird Berthold Graf Stauffenberg bei Kriegsbeginn eingezogen und dient als völkerrechtlicher Berater im Oberkommando der Marine.

1943
Berthold Graf Stauffenberg führt im Herbst seinen Bruder Claus in militärische und zivile Widerstandskreise ein. Zusammen mit seinem Bruder und Henning von Tresckow beginnt er, die Walküre-Befehle für einen Umsturz umzuarbeiten.

1943/1944
Berthold Graf Stauffenberg versucht bei Aufenthalten in Schweden und der Schweiz, für die Widerstandskreise Kontakte zum Kriegsgegner herzustellen.

1944
Berthold Graf Stauffenberg zählt zum Kern des Umsturzversuchs vom 20. Juli. Seinem Bruder Claus hilft er bei den letzten Attentatsvorbereitungen. Während des Umsturzversuchs hält er sich als Kontaktperson zur Marine im Bendlerblock auf und wird dort abends verhaftet. Vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt wird Graf Stauffenberg am 10. August 1944 in Plötzensee hingerichtet.

Berthold Graf Stauffenberg vor dem Volksgerichtshof, 10. August 1944

B 3 Berthold Graf Stauffenberg vor dem Volksgerichtshof, 10. August 1944
© Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Berlin



Claus Schenk Graf von Stauffenberg

1907
Am 15. November wird Claus Graf Stauffenberg als dritter Sohn des königlich württembergischen Hofmarschalls Alfred Graf Stauffenberg geboren. Die Mutter Caroline, eine Hofdame und eine Freundin der Königin, stammt ebenso wie der Vater aus einer alten adeligen Familie.

Begleitet von ihrem Bruder Alexander spielen Berthold und Claus Graf Stauffenberg Geige und Cello, Lautlingen 191

B 4 Begleitet von ihrem Bruder Alexander spielen Berthold und Claus Graf Stauffenberg Geige und Cello, Lautlingen 1917
© Privat/Haus der Geschichte Baden-Württemberg

1916-1926
Claus Graf Stauffenberg besucht das Stuttgarter Eberhard-Ludwigs-Gymnasium. Das Abitur legt er aufgrund längerer Krankheit als externer Kandidat ab.

1923
Der Dichter Stefan George nimmt Claus Graf Stauffenberg in den Kreis seiner engsten Vertrauten auf.

1926
Nach dem Abitur schlägt Claus Graf Stauffenberg eine Offizierslaufbahn bei der Kavallerie ein.

1933
Claus Graf Stauffenberg heiratet Nina Freiin von Lerchenfeld.

1936-1938
In Berlin erhält der Graf eine zweijährige Generalstabsausbildung an der Kriegsakademie.

1938-1940
Als Generalstabsoffizier sorgt er bei einer motorisierten Division während des Einmarsches ins Sudetenland, beim deutschen Überfall auf Polen und beim Feldzug gegen Frankreich für den Nachschub.

1940
Aufgrund seiner organisatorischen Fähigkeiten wird Claus Graf Stauffenberg ins Oberkommando des Heeres versetzt.

1942
Der Holocaust, das brutale deutsche Vorgehen gegen die sowjetische Zivilbevölkerung und die sich den Realitäten verweigernde deutsche Kriegsführung irritieren Claus Graf Stauffenberg zutiefst. Er entscheidet sich zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus.

1943
Nach Afrika zur 10. Panzerdivision versetzt, die den Rückzug General Erwin Rommels decken soll, verliert Stauffenberg nach wenigen Wochen bei einem Tieffliegerangriff seine rechte Hand, zwei Finger der linken Hand und das linke Auge.
Wieder genesen führt ihn sein Bruder Berthold in Berlin in militärische und zivile Widerstandskreise ein. Zusammen mit Henning von Tresckow arbeiten die beiden Brüder die Walküre-Befehle für einen Umsturz um.

1944
Nach einer Beförderung erhält Claus Graf Stauffenberg Zugang zu Hitler.

Claus Graf Stauffenberg und Adolf Hitler

B 5 Claus Graf Stauffenberg und Adolf Hitler
am 15. Juli 1944 im Führerhauptquartier „Wolfsschanze“
© Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Berlin

Er übernimmt die Aufgabe, eine Bombe im Führerhauptquartier zu zünden, um Hitler zu töten. Am 20. Juli 1944 führt der Graf das Attentat aus und kehrt nach Berlin zurück. Dort treibt er energisch den Umsturzversuch voran, dessen Scheitern er jedoch nicht verhindern kann. Im Bendlerblock verhaftet, wird er noch in der Nacht standrechtlich erschossen.

 


3. Anlage

Stauffenberg-Erinnerungsstätte - ein historischer Ort

Die Stauffenberg-Erinnerungsstätte ist Berthold und Claus Schenk Graf von Stauffenberg gewidmet. Sie erzählt parallel die Lebenswege der beiden Brüder von ihrer Kindheit und Jugend in Stuttgart über die Zeit im Kreis um den Dichter Stefan George und ihre Karrieren im Staatsdienst bis zu ihrem Wirken im Widerstand gegen den Nationalsozialismus, den sie mit dem Leben bezahlten.

Haus der Geschichte Baden-Württemberg

B 6 © Haus der Geschichte Baden-Württemberg

Das Gebäude-Ensemble, zu dem die Erinnerungsstätte gehört, ist ein historischer Ort. Hier, im Alten Schloss in Stuttgart, verbrachten die Brüder Stauffenberg einen wesentlichen Teil ihrer Kindheit und Jugend. Ihr Vater hatte als Oberhofmarschall des letzten württembergischen Königs eine Dienstwohnung im dritten Stock des Zentralbaus. Große Teile des Alten Schlosses wurden bei einem Brand 1931 und infolge von Luftangriffen 1944 zerstört. Beim Wiederaufbau wurde die Stauffenbergsche Wohnung jedoch nicht wieder hergestellt. Die Erinnerungsstätte befindet sich deshalb im Archivbau, einem der ältesten erhaltenen Gebäudeteile aus dem 16. Jahrhundert.

Die Ausstellungskonzeption - authentische Objekte und eine Klanginstallation

Haus der Geschichte Baden-Württemberg

B 7 © Haus der Geschichte Baden-Württemberg

Die Ausstellung besteht aus zwei aufeinander bezogenen Elementen: authentischen Objekten, die mit ihrer jeweiligen Geschichte die Lebenswege der Brüder Stauffenberg beleuchten und einer Klanginstallation, die mit künstlerischen Mitteln die beiden Grafen in ihre Zeit einordnet und ihre Entscheidung zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus thematisiert.

Überblick
Beim Betreten der Erinnerungsstätte werden die Besucher auf der ihnen gegenüberliegenden Wand über die Namen und Lebensdaten der Stauffenberg-Brüder informiert. Ein Monitor holt sie bei gegenwärtigen Geschichtsbildern ab, indem er die beiden Grafen in Ausschnitten eines aktuellen Spielfilms zeigt.

Das Cello Claus Graf Stauffenbergs
Den Ausstellungsraum längs durchschreitend nähern sich die Besucher dem einzigen hervorgehoben präsentierten Exponat, einem Cello, das Claus Graf Stauffenberg in seiner Kindheit zu spielen begann und auf dem er auch als junger Offizier in der Kaserne musizierte. Dieses Objekt erzählt nicht nur seine Geschichte, sondern steht stellvertretend für die ausgeprägten musischen Neigungen, die das Leben der Brüder Stauffenberg bis zum 20. Juli 1944 prägte.

Kindheit und Jugend
Rechts neben dem Cello beginnt die parallele Erzählung der Lebenswege der beiden Grafen. In begehbaren Nischen präsentieren Wandvitrinen als “Fenster in die Vergangenheit“ authentische Ausstellungsobjekte, die durch Fotoreproduktionen ergänzt werden. Die erste Nische ist der Kindheit und Jugend der Stauffenbergs in Stuttgart gewidmet. Diese Lebensphase ist durch die Herkunft aus einer alten süddeutschen Adelsfamilie und die Zugehörigkeit zum württembergischen Königshof geprägt. Hinzu kommen bürgerliche Freunde, eine humanistische Schulausbildung und ausgeprägte kulturelle Interessen.

Haus der Geschichte Baden-Württemberg

B 8 © Haus der Geschichte Baden-Württemberg

Im Kreis um Stefan George
1923 wurden die jungen Grafen in den Kreis um den Dichter Stefan George aufgenommen. Kurze Gedichte der Brüder geben in der zweiten Nische Einblicke in ihre Gedankenwelt. Zwei Bronzeköpfe des Schulfreundes Frank Mehnert verweisen auf das Selbstverständnis des George-Kreises als neuer Elite der Edelsten und Besten, die auf eine geistige Erneuerung Deutschlands hinarbeitete.

Im Dienst für den Staat
Beruflich machten die Stauffenberg-Brüder im Staatsdienst Karriere. Berthold Graf Stauffenbergs Wirken als Völkerrechtler und Claus Graf Stauffenbergs Tätigkeit als Offizier ist die dritte Nische gewidmet. Zeitlich wird der Bogen jeweils von der Weimarer Republik bis in den Zweiten Weltkrieg hinein gespannt.

Der 20. Juli 1944 - Umsturz
Welche bedeutende Rolle die Stauffenberg-Brüder für den Umsturzversuch des 20. Juli 1944 spielten, zeigt die vierte und letzte Nische. Der Perspektive der Ausstellung folgend konzentriert sich die Darstellung hier auf Claus und Berthold Graf Stauffenberg.

Weiterführende Informationen zum 20. Juli 1944 sind am benachbarten Raumende an einem Computer abzurufen. Biographien von Mitverschwörern zeigen die Vielfalt der Widerstandsgruppen auf, die den Umsturzversuch des 20. Juli mittrugen. Außerdem können sich Besucher über die wichtigsten Handlungsorte informieren: neben Berlin und der “Wolfsschanze“ sind dies Paris, Wien und Prag. Stuttgart dient als Beispiel für die Truppenstandorte, an denen die Verschwörer keine Erfolge erzielten. Ein chronologischer Zugriff verdeutlicht die Dramatik der Ereignisse am 20. Juli 1944 und die Parallelität von Umsturzversuch und Niederschlagung.


Haus der Geschichte Baden-Württemberg

B 9 © Haus der Geschichte Baden-Württemberg


Die Nische zum 20. Juli befindet sich an einer zentralen Stelle der Ausstellung. Angrenzend ist nicht nur die beschriebene Informationsstation zum 20. Juli 1944. Der Nische gegenüber befindet sich auch der erwähnte Monitor mit den Spielfilmausschnitten, der eine aktuelle filmische Auseinandersetzung mit dem Umsturzversuch zeigt.

Umstrittene Erinnerung
Dieser Monitor spannt den Bogen auf die andere Seite der Ausstellung, auf der die “Umstrittene Erinnerung“ an die Brüder Stauffenberg und den 20. Juli 1944 thematisiert wird. Ausstellungsstücke in einem Archivschrank beleuchten den Wandel der Stauffenberg-Deutungen von 1944 bis heute. Schubladen stehen für verschiedene zeitliche Schichten und ermöglichen durch ihre gläsernen Böden Rückblicke auf vorangegangene Phasen der Erinnerung.


Haus der Geschichte Baden-Württemberg

B 10 © Haus der Geschichte Baden-Württemberg

Klanginstallation
Integral mit dieser Präsentation von authentischen Ausstellungsstücken verzahnt ist eine Klanginstallation. Sie besteht aus Stauffenberg-Zitaten, aus eigens komponierter Cellomusik und aus Originaltönen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, deren Bandbreite von der württembergischen Königshymne bis zu Reden Adolf Hitlers reicht.

Diese Klanginstallation bietet einen anderen Zugang zum Gegenstand der Ausstellung an. Sie bettet nicht nur die einzelnen Phasen der Biographien in den historischen Kontext ein und liefert so ergänzende und vertiefende Informationen, sondern führt auch die einzelnen Ausstellungsteile mit akustischen Mitteln zusammen und beleuchtet den Weg der Stauffenberg-Brüder in den Widerstand.

Dieser Entscheidungsprozess, der zum Widerstand führte, ist einerseits nicht ohne den Holocaust, das brutale deutsche Vorgehen gegen die sowjetische Zivilbevölkerung und die sich der Realität verweigernde deutsche Kriegsführung zu verstehen. Andererseits wurde er maßgeblich durch langfristige Prägungen beeinflusst, die aus der Kindheit und Jugend sowie aus der Zeit im George-Kreis stammen. Hinzu kommt das Selbstverständnis der Brüder als Jurist bzw. Offizier verbunden mit der jeweiligen Verantwortung gegenüber dem Staat und dem Volk, Lebensabschnitten, denen in der Ausstellung Nischen mit originalen Ausstellungsstücken entsprechen. Die Klanginstallation ergänzt diese klassisch museale Darstellung durch Töne und Zitate, die auf den Widerstand der Brüder Stauffenberg verweisen.

Zwölf über den Raum verteilte Lautsprecher ermöglichen es, die jeweiligen Inhalte der Klanginstallation den Nischen zugeordnet einzuspielen und so auch in Klangräumen inhaltliche Verzahnungen herzustellen. Als Ganzes kann die Klanginstallation so die verschiedenen Teile der Ausstellung zusammenführen und das Verständnis für den Weg von Berthold und Claus Graf Stauffenberg in den Widerstand vertiefen. Eine Sitzskulptur in der Mitte des Raumes lädt zum Verweilen, Zuhören und Nachdenken ein.


 

- Haus der Geschichte Baden-Württemberg -


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Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de

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